INV-ROT910 Villa Bernstrasse 26, 1875-1876 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-ROT910
Signatur Archivplan:ROT910
Titel:Villa Bernstrasse 26
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2017)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Rothrist
Ortsteil / Weiler / Flurname:Fleckenhausen
Adresse:Bernstrasse 26
Versicherungs-Nr.:66
Parzellen-Nr.:980
Koordinate E:2635151
Koordinate N:1239611

Chronologie

Entstehungszeitraum:1875 - 1876
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Spätklassizismus

Dokumentation

Würdigung:Zur ehemaligen Buntweberei und Kreppestoff-Fabrik gehörende spätklassizistische Fabrikantenvilla, die 1875/76 für Johann Georg Schmitter erbaut wurde und später mit der Firma an Schwiegersohn Franz Bachmann-Schmitter überging. Das stattliche Gebäude, das seine breitgelagerte, streng axialsymmetrisch gegliederte Schaufront zur Hauptstrasse wendet, lässt trotz eines störenden rückwärtigen Anbaus strassenseitig noch das ursprüngliche Erscheinungsbild erkennen; das Innere ist seit 2015 zu Geschosswohnungen umgebaut. Als ehemalige Fabrikantenvilla bezeugt der Bau die Gewerbegeschichte von Rothrist. Mit seiner markanten Situierung und der noch von der ehemaligen Gartenanlage stammenden grossen Blutbuche besitzt er an der Hauptstrasse zwischen den alten Weilern Rothrist und Fleckenhausen erheblichen Situationswert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1777 gründete Jürg Schmitter in Fleckenhausen eine Filzwalke und Strumpfweberei, die nach mehreren Handänderungen von 1856/57 an durch Johann Georg Schmitter als Buntweberei und später als Kreppestoff-Fabrik betrieben wurde [1]. 1875/76 liess Schmitter gemäss Angabe im Brandkataster die bestehende Villa errichten; der entsprechende Eintrag lautet auf ein „Wohnhaus, 2stökig, nebst Anbau von Stein, Holz & 3 gew[ölbten] Kellern“ [2]. 1887 ging die Liegenschaft an die Bank in Zofingen und 1890 zu geringerem Verkaufspreis an den Schwiegersohn des Erbauers, Franz Bachmann-Schmitter, über. Im nachfolgenden Eintrag von 1899 werden die Erben als Eigentümer genannt, 1904 Ernst und Clara Bachmann, 1926 die Woll- und Crêpeweberei Rothrist AG.
Die ehemaligen Fabrikgebäude auf der Nord- und Westseite der Villa wurden um 2010 abgebrochen, um an ihrer Stelle eine Zufahrtsstrasse zum gleichzeitig erbauten Lebensmittel-Engrosmarkt anzulegen. 2015 erfolgte ein eingreifender Umbau, wobei die Villa in Geschosswohnungen untereilt und um einen grossvolumigen Anbau ergänzt wurde.
Beschreibung:Die spätklassizistische Fabrikantenvilla liegt um einige Meter von der Bernstrasse zurückversetzt an der ehemaligen Zufahrt zum Fabrikareal zwischen den alten Ortskernen Rothrist und Fleckenhausen. Vom heute weitgehend umgestalteten Garten zeugt noch eine mächtige Blutbuche an der Hauptstrasse. Der grosszügig dimensionierte, verputzte Mauerbau erhebt sich mit zwei Vollgeschossen über einem auffallend hohen Kellersockel und wird von einem mittelsteilen, geraden Kniestock-Walmdach abgeschlossen. Gequaderte Sandstein-Ecklisenen fassen die Kanten des glatt verputzten Baukörpers. Die breite, siebenachsig gegliederte Südfassade ist als Hauptschauseite zur Strasse gerichtet und wird über der deutlich weiter gestellten Mittelache von einem nachträglich umgestalteten Quergiebelaufbau bekrönt. Die barockisierenden, stichbogigen Fensteröffnungen besitzen gefalzte Sandsteingewände mit profilierten Bänken, die im Obergeschoss entsprechend der deutlich grösseren Geschosshöhe schlankere Proportionen aufweisen (Gewände teilweise ersetzt). Die Fensterläden sind in Metall ersetzt. Klassizistische Mezzaninfenster mit zwei gekuppelten Quadratöffnungen sitzen knapp unter der verschalten Dachuntersicht. Der mittige Eingang wird über eine hohe, axial angelegte Freitreppe mit Mittelpodest und biedermeierlichem Schmiedeeisengeländer erreicht. Das breite, mit Faszien profilierte und gleichfalls sandsteinerne Rechteckportal wird von einem schmiedeeisernen Glasdach beschirmt, das durch seine schwungvollen Volutenkonsolen auffällt. Von der bauzeitlichen Tür ist noch das Blatt samt seitlichem Beistoss erhalten, während die schmiedeeiserne Fenstervergitterung verschwunden ist. Der Quergiebel zeigte früher ein gekuppeltes Stichbogenfenster, das später zu zwei etwas unproportionierten Rechtecköffnungen umgestaltet wurde.
Die beiden Schmalseiten sind mit zwei Achsen von einzelnen, resp. gekuppelten Stichbogenöffnungen einfacher gestaltet. Vor der rückwärtigen Längsseite lag früher eine wohl nachträglich eingewandete Laubenschicht. Heute erhebt sich hier ein grossvolumiger, eher unorganisch an das Haus gefügter Anbau, der die Gesamtwirkung beeinträchtigt. Unmittelbar vor der Rückfront stehen zudem grosse Lüftungsapparaturen. Der heute vom Anbau verborgene, axial gelegene Hintereingang besitzt ein zweifellos in Zweitverwendung angebrachtes Türgewände aus Sandstein mit der Jahrzahl 1809.
Die Erschliessung der beiden Wohngeschosse geschah ursprünglich jeweils über einen durchlaufenden Mittelgang mit Treppe im rückwärtigen Bereich. Von diesem Flur führten in beiden Geschossen heute nicht mehr genützte Türöffnungen in die an der Südseite liegenden Stuben; die weiteren Zimmer waren über quer zum Flur verlaufende, vielleicht nachträgliche Stichgänge erschlossen. Von der originalen Ausstattung hatte sich vor dem Umbau lediglich im östlichen Wohnteil des Obergeschosses eine Gipsdecke mit gegossenem Mittelmedaillon aus der Erbauungszeit erhalten, dazu in der Küche der einen erdgeschossigen Wohnung ein alter Eisenherd, mit dem eine zweistufige grüne Kunst aus dem frühen 20. Jh. beheizt wurde. Seit dem Umbau von 2015 ist das Gebäude unter teilweiser Erhaltung der Raumstruktur in separate Geschosswohnungen unterteilt. Als Erschliessung dient nach wie vor der erdgeschossige Mittelgang, über den auch der rückwärtige Anbau erreicht wird (Inneres nicht gesehen; Beschreibung nach Umbauplänen).
Von der ehemaligen Umgebungsgestaltung zeugt nebst der markanten Blutbuche noch eine Terrassenmauer, die ostseitig vor der Strassenfront zwei Gartenbereiche abtrennt und von einem gebauchten Schmiedeeisengeländer überhöht. Zur Strasse hin erhebt sich vor dem Haus ein grosser Autounterstand.
Anmerkungen:[1] Boner / Oehler 1959, S. 134.
[2] Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
[3] Umbaupläne im Baugesuchsarchiv.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Literatur:- R[olf] Hofer, Rothrist in alten Ansichten, Zaltbommel (NL), 2. Auflage, 1981, Abb. 3.
- Georg Boner / Robert Oehler, Rothrist, mein Dorf, Aarau [1959], S. 134.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
- Gemeinde Rothrist, Baugesuchsarchiv: Umbau 1915.
- ETH-Bibliothek, Zürich, Bildarchiv: LBS_MH03-0834.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=133544
 

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