INV-ROT911 Grüthof, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-ROT911
Signatur Archivplan:ROT911
Titel:Grüthof
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2017)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Rothrist
Ortsteil / Weiler / Flurname:Grüt
Adresse:Alte Aarburgerstrasse 63
Versicherungs-Nr.:279
Parzellen-Nr.:3658
Koordinate E:2633841
Koordinate N:1239920

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Barock

Dokumentation

Würdigung:Wohnhaus des „Grüthofs“ an der Alten Aarburgerstrasse, das sich nach seinen bernisch-barocken Bauformen in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts datieren lässt. Der früher zum Teil verputzte Fachwerkbau, der unter einem weit ausladenden Gehrschilddach mit nachträglich umgestaltetem Ründegiebel liegt und zweiseitige Obergeschosslauben besitzt, hat sich in der äusseren Erscheinung mitsamt den geschlossenen Dachflächen weitgehend intakt erhalten und besitzt auch noch wesentliche Teile der alten Ausstattung. Die zugehörige herrschaftliche Hofanlage, die seit dem 15. Jahrhundert bezeugt ist, gehörte in früherer Zeit dem bernischen Staat. Sie hat sich mitsamt einigen allerdings stärker veränderten Nebengebäuden und den Pflanzgärten bis heute als eine in sich geschlossene Baugruppe erhalten, während die nähere Umgebung durch die Überführung der Alten Aarburgerstrasse über die Eisenbahnlinie stark umgestaltet ist.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Beim „Grüthof“, der gemäss seinem Namen auf einer gerodeten Fläche angelegt wurde, dürfte es sich um einen der ältesten Höfe der Gemeinde Rothrist handeln. 1457 erstmals erwähnt, befand sich der Hof im Grundbesitz der Feste Aarburg und damit des Staates Bern. Dank eines 1470 erlassenen und im Lauf der Zeit mehrfach erneuerten Verbots der Güterzerstückelung blieb der Hof ungeteilt. Noch 1784 befand er sich mit zwei Häusern, Scheune, Speicher und 16 Jucharten Land in einer Hand, und auch das auf einem Strassenplan von 1787 dargestellte Siedlungsmuster mit freistehenden Wohnhäusern, Scheunen, Speicher, Ofenhaus und Schopf hatte bis in jüngere Zeit Bestand [1]. Das Wohnhaus dürfte nach seinen barocken Bauformen in der zweiten Hälfte des 18. Jh. erbaut worden sein. Vielleicht nur wenig später entstand das Stöckli (heute Vers.-Nr. 275), das in seiner Grundform ebenfalls noch in das späte 18. oder frühe 19. Jh. weist.
Im ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1875 wird das Hauptgebäude als „Wohnhaus mit Schweinscheune v. Stein, Rieg u. Holz, mit 1 gew[ölbtem] u 1 Tremkeller“ beschrieben; es besass harte Bedachung und war Eigentum des Friedrich Jäggi, Kammacher [2]. Das zugehörige Stöckli ist als „Wohnhaus v. Holz mit 1 gew[ölbten] u. 1 Tremkeller“ sowie harter Bedachung beschrieben und entsprach bereits den heutigen Abmessungen; neben weiteren Nebengebäuden gehörte auch das ebenfalls noch bestehende, heute stark umgebaute „Waschhaus mit Brauerei v. Stein u. Holz“ (heute Vers.-Nr. 277) zum Hof. 1891 ging der Hof an Hans Christen und später an dessen Nachkommen über.
Ein 1706 datierter Speicher wurde 1977 für die neue Linienführung der Alten Aarburgerstrasse demontiert und vorerst eingelagert. Seit der Wiederaufrichtung 1993 steht er beim Hof Rössliweg 2 (Kantonales Denkmalschutzobjekt ROT005). 1990/91 wurde die Scheune durch einen Neubau ersetzt. Im gleichen Zeitraum erneuerte man am Wohnhaus zumindest teilweise die Ausfachungen des Fachwerks [3]. Vor einigen Jahren erfuhr das Gebäude eine Renovation.
Beschreibung:Der „Grüthof“, der räumlich auch heute noch ein in sich geschlossenes Ensemble bildet, erstreckt sich aareseits der Alten Aarburgerstrasse. Seit deren Verlegung 1977 liegt das Gehöft, von den Aufschüttungen der Überführung teilweise verdeckt, etwas abseits und wird nur durch einen schmalen Feldweg erschlossen. Die historische Anlage besteht aus dem hier beschriebenen Wohnhaus an der Südwestseite, dem zu einer Garage umgebauten ehemaligen Wasch- und Brennhaus sowie einem Stöckli, welche das Gehöft an der Südseite begrenzen. Ergänzt wird die Baugruppe durch eine grossvolumige Stallscheune von 1991 und weitere, gleichfalls jüngere Nebenbauten auf der Nordseite. Der ehemals zur Hofanlage gehörige Speicher (heute am Rössliweg 2, Kantonales Denkmalschutzobjekt ROT005) stand südlich des Ofenhauses hart an der Landstrasse (vgl. Übersichtsplan Bauernhausforschung 1963). Vor dem Wohnhaus wie auch dem Stöckli erstreckten sich früher ausgedehnte Pflanzgärten. In der Gesamtanlage mit der herrschaftlichen Getrenntbauweise von Wohnhaus und Scheune wie auch in der Typologie des Wohnhauses ist der Hof in Rothrist direkt mit dem wohl in einem ähnlichen Zeitraum entstandenen „Rägelerhof“ (Bauinventarobjekt ROT907) zu vergleichen.
Das bernisch geprägte, noch barocke Wohnhaus ist ein zweigeschossiger, zwischenzeitlich teilweise verputzter Fachwerkbau, der unter einem weit ausladenden Gehrschilddach mit hochliegendem Knick liegt. Die nur an der östlichen Stirnseite bestehende Giebelründe wurde wohl nachträglich ergänzt oder zumindest vergrössert, zumal sie die Fenster des Dachgeschosses überschneidet. Eine zu einem Fenster reduzierte Tür im Giebelfeld lässt auf das frühere Vorhandensein einer Giebellaube schliessen. Der allseitig weit vorspringende, verschalte Dachvorscherm ruht an beiden Stirnseiten auf beschnitzten Bügen. Lauben mit Aussentreppen ziehen sich über die zum Hof gerichtete östliche Giebelfront und über die nördliche Traufseite. Die zur Strasse gerichtete, südliche Trauffassade zeigt sieben Fensterachsen, die mit ihrer Gliederung in zwei Zweier- und eine mittlere Dreiergruppe der Raumteilung im Inneren entsprechen. Die Einzelfenster besitzen Holzeinfassungen mit profilierten Fensterbänken. Die westliche Stirnseite besteht als einzige aus Bruchsteinmauerwerk. Eine spätere Zutat ist der Aborterker, der an der Nordwestecke über die Stirnseite vorspringt. Der Hauseingang, der leicht aus der Mitte gerückt an der östlichen Giebelfront liegt, besitzt noch das aus der Entstehungszeit stammende, gefelderte Türblatt. Die zierförmig ausgesägte Laubenbrüstung stammt aus dem mittleren oder späteren 20. Jh. Zierförmig ausgesägte Ortbretter sind bei der letzten Renovation verschwunden.
Der Erschliessung beider Geschosse erfolgt über einen giebelseitigen Stichgang auf der Hofseite, von dem aus die Stube im Vorderhaus und die Küche im Hinterhaus zu betreten sind. An diese schliessen im sechsteiligen Grundriss beidseits zwei weitere Kammern an. Ein Hintereingang führt an der nördlichen Traufseite direkt in die Küche. Angesichts der Breite des erdgeschossigen Gangs könnte hier früher eine Innentreppe bestanden haben. Von der bauzeitlichen Ausstattung sind Sichtbalkendecke mit Zierfasen und eingeschobenem Schrägboden, stehendes Brettertäfer mit Deckleisten, Füllungstüren mit teils alten Beschlägen sowie Wandkästen erhalten. In der Stube steht ein Einbaubuffet aus Nussbaumholz mit Giessfassnische. Zwei Keller, von denen einer gewölbt ist, erstrecken sich in der Querachse des Gebäudes (Hausinneres gemäss Kurzinventar 1991).
Beim ostseitig gelegenen Stöckli (Vers.-Nr. 275, nicht Bestandteil des Schutzumfangs) handelt es sich um ein zweigeschossiges, vermutlich ebenfalls im Fachwerkbau aufgeführtes Gebäude, das von einem hoch aufragenden Gehrschilddach abgeschlossen wird. Die Fassaden wurden wohl im Lauf des 19. Jh. stark überprägt und sind heute mit einer jüngeren Verbretterung versehen. Das aus dem früheren Wasch- und Brennhaus hervorgegangene Garagengebäude (Vers.-Nr. 277, nicht Bestandteil des Schutzumfangs) präsentiert sich heute als Kalksandsteinbau aus dem mittleren 20. Jh. Vor der Scheune steht ein Laufbrunnen mit einem wohl im 19. Jh. entstandenen Muschelkalktrog und einem schmalseitig aufgestellten, jüngeren Stock.
Anmerkungen:[1] Räber 2002, S. 373; Geschichtlicher Abriss in den Materialien Bauernhausforschung 1967.
[2] Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
[3] Vgl. Aufnahmen von 1991 in der Bilddokumentation.
Literatur:- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 367, 373.
- Fritz Heitz, Von Strassen und Brücken in und um Aarburg, Aarburg 1991, S. 53 (histor. Planzeichnung).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0647-0649, Brandkataster Gemeinde Rothrist, 1875-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Materialien, Bestandesaufnahmen 1963, Mappe 14a.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=133545
 

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