INV-OBL905 Unterdorfstrasse 53, 59, 18. Jh. (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-OBL905
Signatur Archivplan:OBL905
Titel:Unterdorfstrasse 53, 59
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2018)
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Oberwil-Lieli
Ortsteil / Weiler / Flurname:Oberwil
Adresse:Unterdorfstrasse 53, 59
Versicherungs-Nr.:88C, 88A
Parzellen-Nr.:15, 12
Koordinate E:2671253
Koordinate N:1242939

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus

Dokumentation

Würdigung:Typologisch hochinteressantes Doppelwohnhaus aus dem 18. Jahrhundert, das mit seiner steilen, rauchgeschwärzten Dachkonstruktion, der bauzeitlichen inneren Erschliessung sowie verschiedenen Bau- und Ausstattungsteilen aus dem 18., 19., und frühen 20. Jh. Seltenheitswert hat. Das früher zumindest zeitweise in vier Einheiten unterteilte Wohnhaus besitzt eine spannende, nicht vollständig geklärte Bau- und Nutzungsgeschichte. Es bildet mit seiner markanten, von bretterverschalten Giebellauben geprägten Form als Mittelpunkt einer gehöftartigen Baugruppe den Abschluss der Bebauung an der Unterdorfstrasse.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Aufgrund seiner Bauweise mit steiler, russgeschwärzter Sparrendach-Konstruktion, der Beschaffenheit einzelner Beschläge, sowie dem Stichbogen am Kellerzugang geht das Haus mit Sicherheit auf das 18. Jh. zurück. Ursprünglich war es vermutlich als Doppelhaus mit zwei giebelseitigen Wohnteilen und zwei dazwischen angeordneten kleinen Ökonomietrakten konzipiert. Gemäss den Aufzeichnungen auf der Michaelis- und Siegfriedkarte wurde zwischen 1840 und 1880 in Ergänzung dazu weiter nördlich eine freistehende Stallscheune errichtet [1]. Es ist anzunehmen, dass die Umwandlung der beiden innenliegenden Raumschichten bzw. Ökonomietrakte in zusätzliche Wohnungen in diesem Zusammenhang erfolgte. Auch der Einbau weiterer, nach Süden ausgerichteter Kammern im unteren Dachgeschoss, wozu vier kleine Giebelgauben aufgesetzt wurden, könnte auf diese Umbauphase zurückgehen. Dafür sprechen im besichtigten westlichen Wohnteil die stilistische Gestaltung von Türrahmen und Füllungstür sowie die ergänzte Decke aus Brettern und Deckleisten, die sich mit ihren unverschmutzten Oberflächen von den stark rauchgeschwärzten und später weiss überstrichenen Wänden, Balken etc. abheben [2]. Aus der Bauzeit im 18. Jh. stammt jedoch die Brettertür mit Einschubleisten, barocken Langbändern (Beschlägen) und Türschloss der gegenüber liegenden Dachgeschosskammer. Die Rauchschwärze an der Decke der Kammer deutet darauf hin, dass der Raum nicht von Anfang an abgetrennt war. Dennoch muss die aussen stark verrusste Tür bereits zu einem Zeitpunkt bestanden haben, als der Rauch noch ohne Kamin durch den übrigen Dachraum entweichen durfte.
Das zeitweise in vier Wohneinheiten unterteilte Gebäude wird heute wieder als Zweiparteienhaus genutzt, wobei die innenliegende Wohnung des westlichen Hausteils unbewohnt ist. In der östlichen Haushälfte sind die beiden Wohnungen unter teilweiser Veränderung der Fensteröffnungen und Erschliessung zu einer Einheit zusammengefasst.
Beschreibung:Das im Unterdorf von Oberwil an der Hangkante gelegene Doppelwohnhaus bildet mit der zugehörigen Scheune das äusserste Gehöft an der Strasse. Der giebelständige Baukörper erstreckt sich unter einem steilen durchlaufenden Satteldach in West-Ost-Richtung. An den Stirnfronten prägen bretterverschalte Giebellauben unter Klebdächern das Erscheinungsbild. Das westliche Giebelfeld ist auch im zweiten Dachgeschoss über der Laube teilweise sichtbar und mit einem mittig angelegten Rechteckfenster besetzt, während die in jüngerer Zeit erneuerte Verschalung am östlichen, der Strasse zugewandten Giebel mit Ausnahme der Laube ganz verschlossen ist. Die nach Süden ausgerichtete Trauffassade zeigt an der westlichen Hälfte noch die ursprüngliche Befensterung der beiden Stuben mit einer drei- und einer zweiteiligen Fenstergruppe. Die zweigeschossig aufgeführten Umfassungsmauern sind über einem steinernen Kellersockel in Fachwerkbauweise erstellt. Im Erdgeschoss bestehen die Gefachfüllungen aus Bruchsteinmaterial, im Obergeschoss und den Giebelfeldern aus Staketen mit lehmverstrichenem Flechtwerk. Die Fenster- und Türgerichte sind aus Eichenholz gefertigt. An der westlichen Haushälfte prägen aufgedoppelte Rahmen mit geschweiftem Rand das Erscheinungsbild. Sie wurden 1919 als typisches Zierelement des Heimatstils angebracht, als dieser Hausteil den heute noch vorhandenen grobkörnigen Verputz erhielt.
Die ehemals vier Wohneinheiten waren spiegelbildlich angeordnet, wobei die beiden äusseren Wohnungen etwas breiter waren als die innenliegenden. Die Aufteilung ist vor allem in der westlichen Haushälfte noch nachvollziehbar und äussert sich bis heute an den Fassaden. Die äussere Wohnung zeigt eine dreiraumtiefe Gliederung mit stirnseitiger Erschliessung direkt in die mittig gelegene Küche, von der heute ein kleiner Eingangsbereich abgetrennt ist. Nach Süden schliesst die Stube an, die mit einer dreiteiligen Fenstergruppe die dorfeinwärts gerichtete Schaufront bildet. Nordseitig befindet sich eine zweite Kammer. Die mittleren, sehr schmalen Wohnungen waren über die nördliche Traufseite zugänglich, wie dies in der westlichen Haushälfte noch immer der Fall ist. Der Korridor und eine schmale Küche nehmen das Hinterhaus ein, während das südseitig gelegene Vorderhaus die mit zwei zusammengerückten Fenstern belichtete Stube birgt. Im Obergaden sind die Räume analog angeordnet. In der westlichen Wohnung gelangte man früher über eine bauzeitliche Blockstufentreppe ins untere Dachgeschoss (Treppe entfernt und in der südlichen Dachkammer eingelagert), von wo aus die Giebellaube durch eine ungefähr mittig angelegte, schmale bauzeitliche Brettertür mit barocken Beschlägen zu betreten ist. Daneben befinden sich ein Rechteckfenster und die in die Ecke zur nördlichen Kammer eingefügte bauzeitliche Wangentreppe ins obere Dachgeschoss. An der inneren Rückwand dieses mittleren Erschliessungsbereichs befindet sich eine Räucherkammer. Auf der Südseite ist eine mittels Giebelgaube belichtete Kammer eingerichtet.
Das obere Dachgeschoss ist als Estrich belassen, weist an den Pfetten jedoch durchgehend eine Nut auf, welche die Möglichkeit zu einer allfälligen späteren Aufkammerung offenliess. Das Dach ist als Sparrendach auf doppeltem stehendem Stuhl und hoch ansetzenden Aufschieblingen konstruiert. Die starke Rauchschwärzung des Holzwerks verweist auf die ehemalige Rauchküche, aus welcher der Rauch durch eine Hurd in oder bis über den Obergaden geleitet wurde. Aus dem Dachraum liess man den Rauch ohne Kamin durch die Ritzen ins Freie entweichen. Die einzelnen Estrichkompartimente sind durch Flechtwerkwände voneinander getrennt. Für die ausreichende Durchlüftung und Belichtung wurde in diesen Trennwänden jeweils eine nur mit Staketen vergitterte Öffnung ausgespart.
Der westliche Wohnteil ist unter der Stube von einem Tremkeller unterkellert und in der Nordwestecke von einem kleinen gewölbten Raum, der früher einen direkten Innenaufgang in die Küche besass (hölzernes Türgewände mit Stichbogen und Falz noch vorhanden). Weitere, zu den übrigen Wohnteilen gehörende Kellerräume sind auf den anderen Hausseiten zugänglich.
An historischer Ausstattung hat sich in der Stube der äusseren westlichen Wohnung das Biedermeiertäfer samt Wandschränken erhalten. Mehrere Füllungstüren und Rahmen im Obergeschoss und oberen Dachgeschoss stammen ebenfalls noch aus der ersten Hälfte oder Mitte des 19. Jh., während die Brettertüren zur Giebellaube und zur nördlichen Dachkammer sogar ins 18. Jh. datieren. Zum hübschen Art déco-Kachelofen in der Stube hat sich in der Küche die Einfeuerung erhalten.
Anmerkungen:[1] Es handelt sich um den Vorgängerbau der heute bestehenden Scheune, welcher 1952 nach einem Blitzschlag niederbrannte (gemäss Kurzinventar 1998).
[2] Vgl. die teilweise identisch beschaffenen Türen und zugehörigen Rahmen im nahe gelegenen Bauernhaus Unterdorfstrasse 18 von 1851-53 (Bauinventarobjekt OBL904).
Literatur:- Peter Felder, Die Kunstdenkmäler des des Kantons Aargau, Bd. 4, Basel 1967, S. 348.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, III-14/1.
- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0099: Brandkataster Gemeinde Oberwil-Lieli 1899-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134006
 

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