INV-BRI951 Schürbergstrasse 9, 1800 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BRI951
Signatur Archivplan:BRI951
Titel:Schürbergstrasse 9
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2018)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Brittnau
Adresse:Schürbergstrasse 9
Versicherungs-Nr.:250
Parzellen-Nr.:623
Koordinate E:2638507
Koordinate N:1233723

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1800
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Kleinbauernhaus, Taglöhnerhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2018

Dokumentation

Würdigung:Charakteristisch abgewalmtes ehemaliges Strohdachhaus aus der Zeit um 1800, das zusammen mit dem nahegelegenen Gebäude Schürbergstrasse 15 (Bauinventarobjekt BRI913) die ältere Hausgeneration des Ortsteils bezeugt. Mit nur einem Vollgeschoss und dem knapp bemessenen Scheunenteil kommt dem Gebäude eine besondere nutzungstypologische Bedeutung als Kleinbauern- und Handwerkerhaus zu. Von erheblichem konstruktionsgeschichtlichem Interesse ist die intakt erhaltene, rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion, dokumentiert sie doch in ihrer reduzierten Form eine jüngere Entwicklung bei den Strohdachhäusern. Hinter der heutigen Fassadenverkleidung dürften noch wesentliche Teile der ursprünglichen Wandkonstruktion vorhanden sein.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Infolge des stetigen Bevölkerungswachstums waren der Siedlungsraum und das Kulturland in Brittnau knapp geworden. Aus diesem Grunde bewilligte die Berner Regierung so genannte Allmendeinschläge, das heisst die Errichtung privater Hofstätten auf gemeinschaftlich genutztem, zumeist bewaldetem oder als Viehweide genutztem Gemeindeland. So entstanden ausserhalb der eng begrenzten Dorfsiedlung zahlreiche, zumeist kleinbäuerlich strukturierte Landwirtschaftsbetriebe in der Vorstadt, im Graben, im Geissbach, in der Fennern und ebenso auf dem Schürberg [1]. Gemäss Michaeliskarte umfasste der Ortsteil Schürberg um 1840 bereits rund zwei Dutzend Häuser in lockerer, streusiedlungsartiger Anordnung (vgl. Bilddokumentation). Zumindest zwei davon haben ihre charakteristisch abgewalmte Dachform und Dachkonstruktion sowie Teile der originalen Ständerkonstruktion bewahrt (Schürbergstrasse 15, Bauinventarobjekt BRI913 und Schürbergstrasse 9, Bauinventarobjekt BRI951).
Der reduzierten Hochstud-Dachkonstruktion nach zu schliessen, dürfte das Haus um 1800 entstanden sein. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1850 wird das Gebäude als "Wohnhaus und Scheune von Holz und Mauer, 2 Tremkeller, mit Strohdach und etwas Ziegeldach" beschrieben [2]. Damalige Eigentümer waren die Gebrüder Lerch; 1867 ging die Liegenschaft an Johann Rudolf Maurer über.
1940 gelangte sie an Otto Moser-Wyss und später an Johann Meier. In einem jüngeren Brandkatastereintrag von 1875 ist bei der Konstruktion von "Stein, Rieg, Holz" die Rede, was auf bauliche Veränderungen hinweisen könnte. 1915 erfolgte die Umdeckung des Hauses mit Ziegeln.
1934 wurde das Anwesen von Albert Kunz-Gerhard, Schlosser, erworben, dessen Nachkommen das Haus heute noch in Besitz haben. An jüngeren baulichen Veränderungen sind eine Chaletverschalung der Aussenwände, eine Erneuerung der Fenster und eine Modernisierung der Wohnräume anzuführen.
Beschreibung:Unter weit heruntergezogenem, heute mit Falzziegeln eingedecktem Walmdach erhebt sich das kleinformatige Gebäude in Firstrichtung Süd-Nord traufständig zur Strasse. Mit nur einem Vollgeschoss und einem kleinen Scheunentrakt mit Tenn und Stall bezeugt es auf eindrückliche Weise die engen Lebensverhältnisse seiner kleinbäuerlich und gewerblich orientierten früheren Bewohner. Die Aussenwände sind aussen mit einer jüngeren waagrechten Verschalung abgedeckt und inwendig isoliert, sie könnten aber noch wesentliche Teile der aus Holz oder Fachwerk bestehenden ursprünglichen Konstruktion enthalten.
Von besonderer baugeschichtlicher Bedeutung ist die weitgehend im Originalzustand erhaltene, auffallend kräftig dimensionierte Dachkonstruktion, deren durchgehende Rauchschwärze auf die frühere Existenz einer offenen Rauchküche ohne Kaminabzug schliessen lässt. Abweichend von der klassischen Hochstudkonstruktion mit durchlaufenden Firstständern sind die Mittelstützen hier zu Firstsäulen reduziert. Diese werden durch kräftige, am Fussende in den Spannbaum eingelassene Dreieckstreben gestützt und sind auf dazwischengespannte Querriegel (Hahnenbalken) gestellt. Mit Firstpfette, Unterfirst und der fächerförmigen Rafenlage weist das Dachgefüge gleichwohl charakteristische Elemente der herkömmlichen Hochstudkonstruktion auf. Offenbar gelangte diese eigenwillig reduzierte Form vornehmlich bei kleinformatigen Strohdachhäusern aus der Zeit um 1800, also in einer Spätphase der Strohdachhäuser, zur Anwendung [3].
Das stark modernisierte Hausinnere weist eine gängige Viererteilung mit Stube, Nebenstube, Küche und Kammer im unteren Vollgeschoss sowie schlicht gehaltene Kammern im Obergaden auf. Von der historischen Ausstattung ist einzig ein brauner Sitzofen mit Ritzdekor aus dem frühen 20. Jh. erhalten.
Anmerkungen:[1] Zur Entstehung des Ortsteils Schürberg vgl. Buchmüller/Lerch-Baumgartner 2007, S. 186.
[2] Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0913-0916, Brandkataster Gemeinde Brittnau, 1850-1937.
[3] Ähnlich gestaltete Dachkonstruktionen finden sich den Bauernhäusern Weierweg 2 (Bauinventarobjekt BRI923) und Liebigen 298 (Bauinventarobjekt BRI942). Weitere Beispiele in den umliegenden Gemeinden Strengelbach, Bauernhaus St. Ulrich (Bauinventarobjekt STR913) und Murgenthal, Bauernhaus in Riken (Bauinventarobjekt MUT906; vgl. Räber 2002, S. 104-105).
Literatur:- Kurt Buchmüller/Christian Lerch-Baumgartner, Brittnauer Dorfgeschichte im Blickpunkt von einst und jetzt, Brittnau 2007.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2: Frickral und Berner Aargau, Baden 2002
Quellen:- Staatsarchiv Aargau; CA.0001/0913-0916, Brandkataster Gemeinde Brittnau, 1850-1937.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134080
 

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