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INV-AUW937 Stöckhof, 1745-1747 (Dossier (Bauinventar))
Identifikation |
Signatur: | INV-AUW937 |
Signatur Archivplan: | AUW937 |
Titel: | Stöckhof |
Ansichtsbild: |
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Bildlegende: | Ansicht von Süden (2018) |
Bezirk: | Muri |
Gemeinde: | Auw |
Ortsteil / Weiler / Flurname: | Stöckhof |
Adresse: | Stöckhof |
Versicherungs-Nr.: | 1A/B |
Parzellen-Nr.: | 688, 689 |
Koordinate E: | 2667463 |
Koordinate N: | 1228584 |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1745 - 1747 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2019 |
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Dokumentation |
Würdigung: | Wohl 1745-47 als Strohdachhaus entstandenes Wohnhaus des «Stöckhofs», der abgeschieden auf dem Kamm des Lindenbergs liegt. Das Gebäude, das im Lauf des 19. Jahrhunderts aufgeteilt und erweitert wurde, fällt durch seinen mächtigen Baukörper auf. Es bewahrt noch wesentliche Teile der russgeschwärzten alten Dachkonstruktion, die Merkmale des Hochstuddachs mit jüngeren Konstruktionsprinzipien verbindet und damit hohen konstruktionsgeschichtlichen und bautypologischen Zeugenwert besitzt. Die heutige, flachere Dachneigung dürfte mit der Umdeckung auf Ziegel im Jahr 1897 entstanden sein. Der schonend renovierte westliche Hausteil zeigt noch die alte Aufkammerung mit Bohlenwänden, während der östliche Hausteil insgesamt stärker verändert ist. Der Hof nimmt eine landschaftlich reizvolle Lage in einer nach Süden abfallenden Waldlichtung auf dem nur schwach besiedelten Lindenberg ein, wo von Alters her die Grenze zwischen den Freien Ämtern und dem luzernischen Gebiet verlief. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Die Besiedlung des nahe beim Horben auf dem Kamm des Lindenbergs gelegenen Stöckhofs muss vor der ersten Erwähnung von 1512 stattgefunden haben, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in der zweiten Hälfte des 15. Jh. [1]. Sie würde damit in eine Zeit des Bevölkerungswachstums fallen, als auch die Pufferzonen zwischen den besiedelten Gebieten unter einen stärkeren Nutzungsdruck gerieten. Der Name des Hofs könnte sich entweder vom Wurzel-«Stock» und damit vom Vorgang der Rodung oder vom Rechtsbegriff des «Steckhofs» herleiten, einem Hof ausserhalb des Dorfverbands, dessen Umfang durch einen Zaun («Stecken») markiert wurde. Er wurde vielleicht durch die Gemeinde Auw angelegt, welcher die Güter bis 1798 zinspflichtig waren [2]. Seit jeher war die geografische Zugehörigkeit des Hofs freilich uneindeutig. Die 1551 erstmals vermarchte Grenze zwischen dem Amt Freien Ämtern und dem Kanton Luzern verlief mitten durch die Güter des Stöckhofs und später hart an der Westfassade des Wohnhauses. Erst 1925 wurde sie ein Stück weit ins luzernische Gebiet hinein verschoben, so dass die Scheune des Stöckhofs ebenfalls in den Kanton Aargau zu liegen kam (vgl. dazu die beiden Grenzsteine: Bauinventarobjekte AUW929D/E). Bis heute gehört der Hof allerdings zur Kirchgemeinde und zur Schulgemeinde Hohenrain. Vom 16. bis ins 18. Jh. war der Stöckhof in allen Erwähnungen jeweils ungeteilt in der Hand eines einzigen Besitzers. 1745 wurde er von Paul Villiger gekauft, welcher die Gebäude laut einer nachträglichen Billigung durch die Gemeinde von 1747 erneuerte und erweiterte [3]. Damit dürfte der Kern des heutigen Gebäudes entstanden sein, das wohl von Anfang an als Vielzweckbau disponiert war und ein Strohdach besass. Die Beschreibung im ersten Brandkatastereintrag von 1806 lautet auf ein «zweistöckiges Haus von Holtz, 31 Schuh breit, 33 lang und 36 hoch, mit Stroh gedeckt.[…] Ein[e] angebaute Scheüer von Holtz, 35 Schuh breit, 36 lang und 36 hoch, mit Stroh gedeckt.» [4] Um 1810/14 gelangte der Hof für mehrere Jahrzehnte bis 1877/78 in das Eigentum der Familie Kaufmann aus der oberen Illau. Nach der Teilung der Güter zwischen den Brüdern Kaspar und Anton Kaufmann im Jahr 1835 und noch vor 1851 wurde das Gebäude in ein Doppelhaus umgewandelt und an beiden Traufseiten wie auch im Bereich der Ökonomie erweitert, wohl in den 1840er Jahren, wie eine fragmentarische Jahrzahl «184.» an der Laibung eines Kellerfensters nahelegt. Gemäss Brandkatastereintrag von 1851 mass das Gebäude nun rund 22.5 x 24 Meter (75 x 80 Fuss), womit es seiner heutigen Länge entsprach; die deutlich grössere Breite kam wohl durch seitlich angefügte Nebenbauten zustande. Als Bedachungsmaterial war weiterhin ein «Schindel- & Strohdach» angegeben [5]. 1853 befand sich der östliche Hausteil offenbar in schlechtem baulichem Zustand. 1863 und 66 wurden im westlichen Hausteil Verbesserungen vorgenommen. Im nachfolgenden Brandkatastereintrag von 1875 erscheint das Gebäude mit 3/7 harter und 4/7 weicher Bedachung. Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jh. erlebten beide Hausteile jeweils unabhängig eine ganze Reihe von Eigentümerwechseln. Die vollständige Umdeckung fand gemäss Brandkataster zusammen mit einer nochmaligen «Hauserweiterung» 1897 statt. Letztere betraf wohl vor allem den Ökonomieteil, der von 18.2 auf 21.4 Meter verbreitert wurde; das Wohnhaus entsprach seit 1876 mit einer Breite von 18.2 Metern den heutigen Abmessungen [6]. 1924 liess der Eigentümer des westlichen Hausteils, Josef Bütler, gemäss Jahrzahl am Stalleingang auf damals luzernischem Gebiet die westseitig gelegene, freistehende Stallscheune errichten, die mit der Grenzregulierung von 1925 den Kanton wechselte. Der Ökonomieteil des Hauptgebäudes wurde im Zug des Neubaus mehrheitlich dem östlichen, damals im Eigentum von Burkard Buchmann befindlichen Hausteil zugeschlagen. 1974 wurde der westliche Hausteil als Wochenendhaus erworben und in der Folge schonend renoviert [7]. Der östliche Wohnteil, der bis heute zum Bauernbetrieb gehört, erfuhr um 1990/2000 eine durchgreifende Innenrenovation. Im selben Zeitraum wurde der Stallbereich modernisiert. Weitere schonende Renovationsarbeiten im westlichen Hausteils erfolgten vor einigen Jahren. |
Beschreibung: | Der Stöckhof nimmt zusammen mit der benachbarten, ganz auf luzernischem Gebiet gelegenen Willimatt zwei ineinandergreifende runde Waldlichtungen auf dem Grat des Lindenbergs ein, von denen nur der kleinere Teil mit dem hier beschriebenen Gebäude im Kanton Aargau liegt. Im Kern handelt es sich um einen ehemals strohgedeckten bäuerlichen Vielzweckbau, der entsprechend der heutigen Grunddisposition mit der giebelseitigen Stubenfront nach Süden gerichtet war und dessen Ökonomieteil rückwärtig unter durchgehendem First angeordnet war. Von diesem Kernbau stammt noch ein wesentlicher Teil der Grundkonstruktion und des Dachgerüsts, das Elemente eines Hochstudgerüsts wie auch jüngere Konstruktionsprinzipien vereint und darin Ähnlichkeiten mit dem 1715 entstandenen Haus Sinserstrasse 3 im Dorfkern von Auw (Bauinventarobjekt AUW901) zeigt. Im Unterschied zur klassischen Hochstudkonstruktion, bei welcher die Firstständer (Hochstüde) bis auf die Schwelle hinabreichen, wird der First hier von kürzeren, auf einem stehenden Stuhl aufsetzenden Spitzsäulen getragen. Unterfirst, Sperrafen und Windstreben sorgen wie beim Hochstuddach für eine Verstrebung in Quer- und Längsrichtung. Zusätzlich ist über den Kehlbalken ein Mittellängsrähm angeordnet. Stirnseitig ist im Dachgerüst noch die einstige Abwalmung zu erkennen. Über dem Wohnteil zeigt das Dachgerüst deutliche Russschwärzung, was auf eine ursprünglich offene Rauchküche hinweist. Die früher deutlich steileren Dachflächen wurden bei der Umdeckung, teilweise unter Verwendung der alten Rafenlage, angehoben [8]. Heute tritt das Gebäude als breitgelagerter, unter dem First geteilter Baukörper in Erscheinung, der auf einem gemauerten Kellersockel aufsetzt und von einem leicht unregelmässig geneigten, mittelsteilen Satteldach abgeschlossen wird. Die Fassadengliederung mit der axial bezogenen Einzelbefensterung stammt aus dem 19. Jh. Die Stirnseite umfasst vier Fensterachsen im Bereich des westlichen und fünf im Bereich des östlichen Hausteils. Das Giebelfeld wird von einem Klebdach ausgeschieden und zeigt über dem östlichen Hausteil noch den Rest eines Holzschindelschirms, wie ihn bis 1974 der ganze Wohnteil besass. Im Bereich der beiden Vollgeschosse sind die Fassaden heute mit Eternitschindeln verschalt. Die Eingänge zu den beiden Hausteilen sind jeweils traufseitig angeordnet. Im rückwärtigen Bereich liegt der Ökonomieteil, der heute mit Ausnahme eines schmalen Streifens ganz zum östlichen Hausteil gehört und von dort zugänglich ist. Stall und Tenn wurden in jüngerer Zeit modernisiert. Das Dachgerüst stammt im rückwärtigen Bereich der Scheune überwiegend aus der Zeit um 1900. Der westliche, sorgfältig renovierte Hausteil (Vers.-Nr. 1B) weist noch in grösserem Umfang alte Bausubstanz auf. Der alten Raumstruktur entsprechen Stube und Nebenstube an der Stirnseite, die rückwärtig heute in den neu gestalteten Bereich der Küche übergehen. Die Gelenkstelle nimmt ein offener Kamin ein, dessen Hut 1974/75 von Bildhauer Romano Galizia, Muri, gefertigt wurde. Die Wohnräume zeigen ein einfaches Wandtäfer aus dem 19. Jh. Bodenbeläge und Decken sind erneuert. Ein erneuerter Treppenlauf führt aus der Küche quer zum First ins Obergeschoss. Hier wie auch im Dachgeschoss ist die alte Aufkammerung mit Bohlenwänden erhalten, die teilweise sorgfältig freigelegt wurden. Einige Zimmertüren stammen aus dem 19. Jh. Der östliche Hausteil (Vers.-Nr. 1B) zeigt sich stark modernisiert. In der Stube hat sich ein grüner Heimatstil-Kachelofen samt Sitzkunst aus der Zeit um 1920 erhalten. Der rückwärtige Bereich mit Küche und Treppenhaus wurde in der Raumstruktur verändert. Vor der südgerichteten Stubenfront erstreckt sich der entsprechend dem Wohnhaus zweigeteilte Nutz- und Ziergarten, der in seiner Grundanlage noch gut erkennbar ist. Weiter westlich erhebt sich firstparallel zum Haus die Stallscheune von 1924, ein zeittypischer verbretterter Gerüstbau mit geschweifter Giebelründe (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Zur intakten Erscheinung der Hofanlage tragen mehrere Baumgruppen im Hofbereich wie auch die Obstbäume im angrenzenden Kulturland bei. Unmittelbar westlich der Stallscheune verläuft seit 1925 die Kantonsgrenze zu Luzern, die etwas weiter südlich noch mit einigen älteren Grenzsteinen (Bauinventarobjekte AUW929D/E) markiert ist. |
Anmerkungen: | [1] Geschichtliches nach Steigmeier 2000, S. 6-18 sowie freundl. Auskünfte des Autors. [2] Sauerländer 2012, S. 18. [3] Baugeschichte nach Steigmeier 2000, S. 19-24. [4] Zit. ebd., S. 19. [5] StAAG, Brandkataster Auw. [6] Ebd. [7] Vgl. Steigmeier 2000, Vorwort von Victor Erne. [8] Vgl. Steigmeier 2000, S. 19-24 sowie Notizen Bauernhausforschung 2000. |
Literatur: | - Dominik Sauerländer, Auw. Eine Ortsgeschichte, Baden 2012, S. 18. - Andreas Steigmeier, Stöckhof, Baden 2000. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0470-0472, Brandkataster Gemeinde Auw, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn.: vor 1850: 57, 1850: 82A/B, 1875: 88A/B). - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Auw VIII-3/46. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=134548 |
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