INV-BED919 Ökonomiegebäude Wiesental, 1918 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-BED919
Signatur Archivplan:BED919
Titel:Ökonomiegebäude Wiesental
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2019)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Bergdietikon
Ortsteil / Weiler / Flurname:Wiesental
Adresse:Wiesentalstrasse 8i
Versicherungs-Nr.:21
Parzellen-Nr.:2616
Koordinate E:2672187
Koordinate N:1249131

Chronologie

Entstehungszeitraum:1918
Grundlage Datierung:Brandkataster
Nutzungen:2008 Kunstgalerie und Wohnung

Typologie

Nutzung (Stufe 1):Kleinbauten und -anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Nebengebäude

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2019

Dokumentation

Autorschaft:Albert Froelich (1867-1953), Architekt, Zürich
Würdigung:Ökonomiegebäude mit Autogaragen, das 1918 vom bekannten Architekten Albert Froelich gleichzeitig mit der Umgestaltung der zugehörigen Villa (Bauinventarobjekt BED917) für Fabrikant Arthur Froehlich erbaut wurde. Das am Äusseren im wesentlichen intakt erhaltene Gebäude präsentiert sich als qualitätvoll gestalteter Heimatstilbau, der durch einige für den Architekten charakteristische, originelle Details auffällt und zudem die zur Entstehungszeit noch neue Bauaufgabe einer Autogarage repräsentiert. Das Innere ist heute für eine Kunstgalerie sowie eine Wohnung umgebaut. Zusammen mit dem benachbarten Hauptbau ergibt sich eine reizvolle Baugruppe, welche gleichzeitig die Geschichte der Textilindustrie an der Reppisch bezeugt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die 1862 von Jakob Müller aus Gossau errichtete Mechanische Zwirnerei an der Reppisch ging 1868 oder 1879 an Franz Reinhard Froehlich über und firmierte später auch unter den Namen Gebrüder Froehlich, resp. Arthur Froehlich. Seit dem späten 19. Jh. spezialisierte sich das Unternehmen auf Strickgarne aus Wolle, die als «Froehlich-Wolle» noch bis in jüngere Zeit eine bekannte Marke waren. Die Betriebseinstellung erfolgte 1994 [1].
Ein Umbau der Fabrikantenvilla (Bauinventarobjekt BED917), der gemäss einer Wertsteigerung im Brandkataster auf 1918 zu datieren ist, erfolgte nach Plänen des bekannten, aus Brugg stammenden und in Zürich tätigen Architekten Albert Froelich (1867-1953), der mit dem Fabrikanten Arthur Froehlich wohl familiär verbunden war [2]. Dabei wurde die ursprüngliche späthistoristische Turmvilla im Sinn des damals modernen Heimatstils überformt. Gleichzeitig entstand nach Plänen Froelichs das hier beschriebene Ökonomiegebäude als weitgehender Neubau in entsprechenden Architekturformen. «So wurde aus der früheren, etappenweise entstandenen Gruppe von Wohnhaus und Stallgebäude, welche ein zusammenhangloses Anwesen aus Backstein und Riegelwerk mit Zinkblechtürmchen und vielen Anhängseln war, eine schlichte Landhausanlage», wie die Architekturzeitschrift «Das Werk» 1923 anerkennend vermerkte [3]. Das Ökonomiegebäude wurde 1925 in der Vereinszeitschrift des Schweizerischen Heimatschutzes als vorbildliches Beispiel für die noch neue Bauaufgabe der Autogarage abgebildet [4].
Nach dem Konkurs der Froehlich Immobilien AG im Jahr 2004 wurde das Areal ab 2006 durch eine neue Eigentümerschaft umgenutzt und unter dem Namen «Wiesentalpark» entwickelt. Die Villa wurde 2006 zum Gesundheitszentrum umgebaut, das Ökonomiegebäude 2007/08 zu einer Kunstgalerie mit angeschlossener Wohnung. Innerhalb der Kubatur der früheren Fabrikgebäude und unter Verwendung bestehender Teile entstanden bis 2017 zwei grossformatige Mehrfamilienhäuser (Vers.-Nrn. 22, 1177). Der Bereich flussaufwärts der Villa wurde mit kleinformatigen Doppelhäusern überbaut.
Beschreibung:Die Fabrikantenvilla und das zugehörige Ökonomiegebäude (Bauinventarobjekt BED918) der Strickgarn-Zwirnerei Froehlich markieren zusammen das südliche, bergseitige Ende des ehemaligen Fabrikareals, das sich auf einem schmalen, ebenen Landstreifen zwischen dem rechten Reppischufer und dem bewaldeten, bereits zum Kanton Zürich gehörenden Hang erstreckt. In unmittelbarer Nähe reppischabwärts erheben sich die heute zu Wohnhäusern umgebauten, stark veränderten ehemaligen Fabrikgebäude. Das in Heimatstilformen gehaltene Ökonomiegebäude präsentiert sich als langgestreckter verputzter Baukörper, der über einem hohen Hauptgeschoss und einem Kniestock von einem ausladenden Krüppelwalmdach abgeschlossen wird. Einen Blickfang bilden die stirn- wie traufseitig zur Abstützung der Pfetten verwendeten markanten Büge, die in Entsprechung zum Hauptgebäude eigenwillig geschweifte Form zeigen und auf beschnitzten Konsolen aufsetzen, in etwas einfacherer Ausführung als dort aber keine Maskenköpfe zeigen. Die Holzarbeiten waren wohl seit jeher in deutlichem Kontrast zum hell gestrichenen Verputz in einem dunklen Rot gehalten.
Die Fassaden sind entsprechend den ursprünglichen Funktionen des Ökonomiegebäudes mit unterschiedlichen Fenster-, Tür- und Toröffnungen besetzt, die auch in ihren Formen originell variiert und mit betont plastisch ausgebildeten Kunststeingewänden eingefasst sind. An der nach Westen zur Villa gerichtete Traufseite öffnet sich etwa mittig zwischen Pfeilern mit Radabweisern eine offene, segmentbogige Einfahrt, deren Seitenwände flächig mit querrechteckigen Keramikfliesen in sanft variierten Türkistönen belegt sind. Führt man sich vor Augen, dass Froelich seit 1902 hauptsächlich in Berlin lebte, kann man in der sehr speziellen Gestaltung vielleicht eine Erinnerung an die dortigen U-Bahnhöfe sehen, die seit den Jahren kurz nach 1900 vom Architekten Alfred Grenander in genau dieser charakteristischen Weise gestaltet wurden. Der Hauseingang in der Einfahrt bewahrt noch das ursprüngliche, rautenförmig gestaltete Türblatt (heute aufgedoppelt). Nebst rechteckigen Einzelfenstern, teilweise mit hübschen Schmiedeeisengittern, sind im Erdgeschoss auch zwei Fensteröffnungen in origineller gestreckter Achteckform samt dazu passenden Jalousieläden vorhanden. Im Kniestock erhebt sich ein Dacherker mit Aufzugsöffnung in den geräumigen Dachraum. An der nach Süden gerichteten Stirnseite öffnen sich zwei grosse Korbbogentore der ehemaligen Autogarage, verbunden von einem wuchtigen Kunststeinpfeiler, dem im verschlossenen Fassadenstück ein Fensterband mit kräftigen, horizontalen Gesimsprofilen antwortet. Die Befensterung des Giebels stammt in der heutigen Form vom Umbau von 2007/08. Gleichzeitig wurde das Dach mit einer querrechteckigen Lukarne zur Belichtung der Wohnräume versehen. Ansonsten zeigt es bis heute weitgehend geschlossene Dachflächen.
Das Erdgeschoss und Teile des Obergeschosses sind heute als Galerieräume eingerichtet. Im südlichen Teil des Obergeschosses, das früher wohl eine Bedienstetenwohnung enthielt, liegt heute eine Wohnung mit neuer Raumeinteilung. Erhalten ist das ursprüngliche Dachgerüst.
Der südlichen Stirnseite gegenüber erhebt sich ein gleichzeitig erbauter, kleinformatiger Mauerbau mit Giebeldach, der früher als Hühnerhaus diente. Auf dem Platz zwischen den beiden Bauten steht ein schöner Laufbrunnen aus Kunststein von Bildhauer Carl Fischer (1888-1987), der zusammen mit den Gebäuden entstanden ist und mit seinen stark plastischen Formen in die Baugruppe passt (Bauinventarobjekt BED912G) [5].
Anmerkungen:[1] Zehnder 2003, S. 82-85; StAAG, DB.W01/0043/03, DB.W01/0045/03, DB.W01/0060/06, DB.W01/0060/07. Zur Entwicklung des Fabrikareals siehe ausführlicher den Eintrag zur Fabrikantenvilla (Bauinventarobjekt BED917).
[2] StAAG, Brandkataster Bergdietikon; Gantner 1923. – Zu den bekanntesten Werken Albert Froelichs (im Unterschied zum Fabrikanten ohne «h») gehören die Krematorien von Aarau (Kantonales Denkmalschutzobjekt AAR088) sowie Sihlfeld in Zürich, in seiner Heimatstadt Brugg u.a. das Vindonissa-Museum, die Abdankungshalle, das Stapferschulhaus (Bauinventarobjekt BRU914, Kantonale Denkmalschutzobjekte BRU037, BRU041) oder in nächster Nähe das Aufnahmegebäude des Bahnhofs Schlieren ZH; eines seiner Hauptwerke, das Theater am Nollendorfplatz, steht in Berlin. Vgl. zum Architekten Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 193f. (Werner Stutz) sowie Zuzana Haefeli-Sonin / Klaus Speich, Das Vindonissa-Museum in Brugg. Architekturführer (Schweizerische Kunstführer, Nr. 589), Bern 1996, S. 20-23.
[3] Gantner 1923, S. 308.
[4] Baur 1925, S. 106.
[5] Gantner 1923, S. 308f.; zu Carl Fischer vgl. Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL), Berlin 1992ff., Bd. XL (2004), S. 314.
Literatur:- VAMUS, Datenbank Industriekultur: http://www.vamus.ch/industriekultur/index.cfm, Art. ‘Baumwollzwirnerei Fröhlich’ (Zugriff 23.9.2019).
- Limmattaler Zeitung, 29.9.2017.
- Patrick Zehnder, Grenzen überschreiten. Die Aargauer Gemeinde Bergdietikon seit dem Mittelalter, Zürich 2003, S. 82-85.
- Albert Baur, Autogaragen, in: Heimatschutz, 20. Jg. (1925), Nr. 7, S. 101-106, hier S. 106.
- Gtr. [Joseph Gantner], Wiesenthal, in: Das Werk, 10. Jg. (1923), S. 308-310.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): DB.W01/0043/03, DB.W01/0045/03, DB.W01/0060/06, DB.W01/0060/07, Wasserwerkskonzessionen Bergdietikon.
- Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0037, Brandkataster Gemeinde Bergdietikon, 1899-1937.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=135855
 

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