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INV-BED918 Villa Wiesental, 19. Jh. (Dossier (Bauinventar))
Identifikation |
Signatur: | INV-BED918 |
Signatur Archivplan: | BED918 |
Titel: | Villa Wiesental |
Ansichtsbild: |
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Bildlegende: | Ansicht von Süden (2019) |
Bezirk: | Baden |
Gemeinde: | Bergdietikon |
Ortsteil / Weiler / Flurname: | Wiesental |
Adresse: | Wiesentalstrasse 8h |
Versicherungs-Nr.: | 20 |
Parzellen-Nr.: | 2567 |
Koordinate E: | 2672165 |
Koordinate N: | 1249121 |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 19th cent. |
Grundlage Datierung: | Schriftliche Quelle |
Nutzungen: | 2006 Gesundheitszentrum |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | BED919, BED912G |
Nutzung (Stufe 1): | Profane Wohnbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Repräsentatives Wohnhaus, Villa |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Heimatstil |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2019 |
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Dokumentation |
Autorschaft: | Albert Froelich (1867-1953), Architekt, Zürich (Umbau 1918) |
Würdigung: | Im späteren 19. Jahrhundert entstandene Fabrikantenvilla der ehemaligen Strickgarn-Zwirnerei im Wiesental, die ihre heutige Gestalt als Heimatstilbau 1918 mit einem Umbau durch den bekannten Architekten Albert Froelich für Fabrikant Arthur Froehlich erhalten hat. Der Umbau der ehemaligen späthistoristischen Turmvilla zu einem nun dem aktuellen Zeitgeschmack entsprechenden, qualitätvoll gestalteten Heimatstilbau dokumentiert anschaulich den für das frühe 20. Jahrhundert charakteristischen Wandel der Architekturauffassung. Das am Äusseren weitgehend intakt erhaltene Gebäude bewahrt auch im Inneren noch Teile der gepflegten Ausstattung aus der Umbauzeit und dient heute als Gesundheitszentrum. Zusammen mit dem benachbarten, 1918 neu erbauten und stilistisch mit dem Hauptbau korrespondierenden Ökonomiegebäude (Bauinventarobjekt BED918) sowie einem zugehörigen Brunnen (Bauinventarobjekt BED912G) ergibt sich eine reizvolle Baugruppe, welche auch die Geschichte der Textilindustrie an der Reppisch anschaulich dokumentiert. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | 1862 und 1867 erhielt Jakob Müller von Gossau eine Konzession zur Errichtung eines Wasserwerks in der «Bleimatte» auf dem rechten Ufer der Reppisch, wo er eine Mechanische Zwirnerei errichtete [1]. Gemäss Aufnahmeplan von 1866 (vgl. Bilddokumentation) bestand an der Stelle der heutigen Villa eine «Provisorische Fabrik» samt angegliederter Säge; ein dauerhafterer Neubau war an der Stelle der späteren Fabrikgebäude etwas flussabwärts bereits geplant. Bereits 1868 soll Franz Reinhard Froehlich-Dorer gemäss der Überlieferung eine Liegenschaft an der Reppisch erworben und zunächst eine Baumwollreisserei eingerichtet haben, in welcher die aus Amerika importierten, gepressten Baumwollballen wieder auf ihr ursprüngliches Volumen «aufgerissen» wurden [2]. Erst 1879 erfolgte allerdings die Übertragung der Wasserwerkskonzession für den Betrieb der Zwirnerei [3]. In den 1880er Jahren firmierte die Unternehmung als «Gebrüder Froelich». 1886 wurde die Konzession für Amalie Froehlich-Dorer erneuert, vielleicht im Zusammenhang mit dem Einbau einer Turbine. 1909 ging das Unternehmen an Arthur Froehlich über. Neben Baumwolle verarbeitete die Zwirnerei von 1890 an auch Schafwolle aus Neuseeland und Australien. Bis in jüngere Zeit war «Froehlich-Wolle» eine bekannte Marke [4]. Ein Aufnahmeplan von 1886 (vgl. Bilddokumentation) zeigt die Entwicklung der Anlage: An der Stelle der «provisorischen Fabrik» von 1866 stand nun ein Wohnhaus, das möglicherweise aus dieser hervorgegangen war. Etwas weiter flussabwärts lag das Fabrikgebäude, dessen Turbine nun durch einen längeren Oberwasserkanal versorgt wurde. Gemäss Nachführungen von 1911 war anstelle eines früheren kleinen «Stalls» ein grösserer Neubau entstanden, der sich über den Oberwasserkanal legte und in Teilen wohl bis heute im ehemaligen Ökonomiegebäude erhalten ist. Ein weiteres Gebäude, beschriftet mit «Bureaux & Magazin», erstreckte sich parallel zum ersten Fabrikgebäude. 1916 wurde gemäss kantonaler Bewilligung ein Stauweiher oberhalb des Werks angelegt. 1918/19 erfolgte der Bau einer weiteren Wasserkraftanlage flussabwärts des bestehenden Werks [5]. Die hier beschriebene Fabrikantenvilla verdankt ihre Gestalt zwei weitgehenden Umbauten, die im Abstand von knapp zwanzig Jahren den Wandel der Architekturauffassungen im frühen 20. Jh. plastisch vor Augen führen. Vermutlich kurz nach 1900 entstand aus dem bereits früher bestehenden Wohnhaus durch Umbau oder weitgehenden Neubau eine späthistoristische Turmvilla, was sich im Brandkataster mit der nicht datierten Ergänzung um «Erker, Veranda, Turm» niederschlug [6]. Ein weiterer Umbau, der gemäss einer Wertsteigerung im Brandkataster auf 1918 zu datieren ist, erfolgte nach Plänen des bekannten, aus Brugg stammenden und in Zürich tätigen Architekten Albert Froelich (1867-1953), der mit dem Fabrikanten wohl familiär verbunden war [7]. Dabei erfuhr die Späthistorismus-Villa eine Umgestaltung im Sinn des nunmehr modernen Heimatstils, während das Ökonomiegebäude (Bauinventarobjekt BED918) in dazu passenden Formen als weitgehender Neubau entstand. «So wurde aus der früheren, etappenweise entstandenen Gruppe von Wohnhaus und Stallgebäude, welche ein zusammenhangloses Anwesen aus Backstein und Riegelwerk mit Zinkblechtürmchen und vielen Anhängseln war, eine schlichte Landhausanlage», wie die Architekturzeitschrift «Das Werk» 1923 anerkennend vermerkte [8]. 1994 wurde die Wollproduktion eingestellt und das Fabrikareal für diverse gewerbliche Nutzungen vermietet. Nach dem Konkurs der Froehlich Immobilien AG im Jahr 2004 wurde das Areal ab 2006 durch eine neue Eigentümerschaft umgenutzt und unter dem Namen «Wiesentalpark» entwickelt. Die Villa wurde 2006 zum Gesundheitszentrum mit Praxisräumen umgebaut, das Ökonomiegebäude 2007/08 zu einer Kunstgalerie mit angeschlossener Wohnung. Innerhalb der Kubatur der früheren Fabrikgebäude und unter Verwendung bestehender Teile entstanden bis 2017 zwei grossformatige Mehrfamilienhäuser (Vers.-Nrn. 22, 1177). Der Bereich flussaufwärts der Villa wurde mit kleinformatigen Doppelhäusern überbaut. |
Beschreibung: | Die Fabrikantenvilla und das zugehörige Ökonomiegebäude (Bauinventarobjekt BED918) der Strickgarn-Zwirnerei Froelich markieren zusammen das südliche, bergseitige Ende des ehemaligen Fabrikareals, das sich auf einem schmalen, ebenen Landstreifen zwischen dem rechten Reppischufer und dem bewaldeten, bereits zum Kanton Zürich gehörenden Hang erstrecktDie Villa präsentiert sich seit dem Umbau durch Architekt Albert Froelich von 1918 in gepflegten Heimatstilformen. Der zweigeschossige, verputzte Baukörper entspricht mit seiner malerisch-asymmetrischen Gliederung wohl noch weitgehend der späthistoristischen Turmvilla, aus der das Gebäude entstanden ist. Er liegt unter einem weit ausladenden Krüppelwalmdach, das als Blickfang von auffällig geschweiften Bügen gestützt wird und an das Querfirste nach beiden Seiten anschliessen. In deutlichem Kontrast zum hell gestrichenen Verputz waren die Holzarbeiten wohl schon seit dem Umbau von 1918 in dunklem Rot gehalten. Wie der Baukörper stammt auch die Befensterung zum überwiegenden Teil noch aus der früheren Bauphase. Sie besteht an der auf den ehemaligen Garten orientierten Südfassade aus regelmässig gesetzten Rechtecköffnungen, teilweise mit geraden Verdachungen in Neorenaissanceformen. Gezielt wurde die Fassadengestaltung beim Umbau von 1918 mit damals moderneren und teilweise eigenwillig geformten Elementen ergänzt. Die geschweiften Büge sind mit Maskenköpfen verziert, während die darüber aufsetzende Dachuntersicht mit einem vergröberten Palmettenfries verziert ist und damit, für Froelich nicht untypisch, antikisierende Details zeigt. Die einspringende, dem Ökonomiegebäude gegenüberstehende Ostfassade mit dem Hauseingang besitzt eine Vorhalle, die von schwungvoll gebauchten Säulen getragen wird, möglicherweise Werken von Bildhauer Carl Fischer, welcher den Brunnen vor dem Ökonomiegebäude schuf (vgl. Bauinventarobjekt BED918). Ein dreiseitiger Erkerrisalit an der zur Reppisch gerichteten Westfassade endet in einem mit Holzschindeln verrandeten Laube mit wiederum stark geschweiften Holzsäulen. An derselben Fassade wird der Salon durch ein dreiteiliges Reihenfenster mit verzierten Fensterpfosten erhellt. Erhalten ist das schöne Türblatt des Hauseingangs von 1918, das in einer absichtsvoll vergröberten neobarocken Formensprache verziert ist. Das Innere wird über eine im einspringenden Gebäudewinkel gelegene Vorhalle mit offenem Treppenhaus erschlossen. Dieses wie auch ein eingangsseitiges Kaminzimmer wurden wohl um 1940/50 in damals aktuellen, rustikalen Heimatstilformen erneuert. Vom Umbau von 1918 stammt noch der flusseitig gelegene Salon, der durch seine ebenso originelle wie gepflegte Ausstattung auffällt. Eine kräftig profilierte Stuckdecke in üppigen Neobarockformen ruht auf hölzernen ionischen Säulen. Die geringe Höhe des Raums wird von einer Beleuchtung aus direkt in die Stuckdecke montierten Glühlampen geschickt überspielt. Bis knapp unter die Decke reicht ein gleichfalls neobarocker, mit Festons verzierter Turmofen in auffallendem Türkisblau. Ebenfalls noch von 1918 dürfte ein südseitiger Raum stammen, der Feldertäfer in strengem Quadratraster zeigt und vielleicht ursprünglich als Herrenzimmer oder Büro diente. Im südwestseitigen Obergeschosszimmer besteht noch eine Gipsdecke mit stuckverzierter Hohlkehle, im nordseitigen Gebäudeflügel eine gedrechselte Holztreppe aus dem späten 19. Jh., welche das Dachgeschoss erschliesst. Die übrigen Räume sind stärker modernisiert. Nördlich der Baugruppe von Villa und Ökonomiegebäude schliessen reppischabwärts die beiden stark veränderten, zu Wohnungen umgebauten ehemaligen Fabrikgebäude an. Die Zufahrt zum Areal erfolgt über eine ältere Betonbrücke mit halbkreisförmig durchbrochenen Brüstungen. |
Anmerkungen: | [1] StAAG, DB.W01/0043/03, Verificationsverbale 1866 u. 1886. [2] Zehnder 2003, S. 82f. [3] StAAG, DB.W01/0043/03, Verificationsverbal 1886. [4] Zehnder 2003, S. 82f.; StAAG, DB.W01/0043/03, Verificationsverbale 1886 u. 1911. [5] StAAG, DB.W01/0045/03, DB.W01/0060/06, DB.W01/0060/07. [6] StAAG, Brandkataster Bergdietikon. [7] Ebd.; Gantner 1923. – Zu den bekanntesten Werken Albert Froelichs (im Unterschied zum Fabrikanten ohne «h») gehören die Krematorien von Aarau (Kantonales Denkmalschutzobjekt AAR088) sowie Sihlfeld in Zürich, in seiner Heimatstadt Brugg u.a. das Vindonissa-Museum, die Abdankungshalle und das Stapferschulhaus (Bauinventarobjekt BRU914, Kantonale Denkmalschutzobjekte BRU037, BRU041) sowie in nächster Nähe das Aufnahmegebäude des Bahnhofs Schlieren ZH; eines seiner Hauptwerke, das Theater am Nollendorfplatz, steht in Berlin. Vgl. zum Architekten Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 193f. (Werner Stutz) sowie Zuzana Haefeli-Sonin / Klaus Speich, Das Vindonissa-Museum in Brugg. Architekturführer (Schweizerische Kunstführer, Nr. 589), Bern 1996, S. 20-23. [8] Gantner 1923, S. 308. |
Literatur: | - VAMUS, Datenbank Industriekultur: http://www.vamus.ch/industriekultur/index.cfm, Art. ‘Baumwollzwirnerei Fröhlich’ (Zugriff 23.9.2019). - Limmattaler Zeitung, 29.9.2017. - Patrick Zehnder, Grenzen überschreiten. Die Aargauer Gemeinde Bergdietikon seit dem Mittelalter, Zürich 2003, S. 82-85. - Albert Baur, Autogaragen, in: Heimatschutz, 20. Jg. (1925), Nr. 7, S. 101-106, hier S. 106. - Gtr. [Joseph Gantner], Wiesenthal, in: Das Werk, 10. Jg. (1923), S. 308-310. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): DB.W01/0043/03, DB.W01/0045/03, DB.W01/0060/06, DB.W01/0060/07, Wasserwerkskonzessionen Bergdietikon. - Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0037, Brandkataster Gemeinde Bergdietikon, 1899-1937. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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