INV-THA904 Winkel 119A, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-THA904
Signatur Archivplan:THA904
Titel:Winkel 119A
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Süden (2019)
Bezirk:Aarau
Gemeinde:Thalheim (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Unterdorf
Adresse:Winkel 119A
Versicherungs-Nr.:119A, 118
Parzellen-Nr.:52
Koordinate E:2650132
Koordinate N:1254313

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Kleinbauernhaus, Taglöhnerhaus

Dokumentation

Würdigung:Wohl im Lauf des 18. Jahrhunderts entstandenes, kleinformatiges Wohnhaus mit Scheune, dessen auffallend grossformatige und schön gearbeitete spätgotische Fenstergewände vermutlich aus dem Abbruchmaterial der Ruine Schenkenberg stammen. Das Gebäude bildet den nordöstlichen Teil eines Doppelbauernhauses mit ursprünglich wohl gemeinsam genutzter, südwestseitiger Scheune. 1834 wurde die Haushälfte um einen eigenen, nordostseitigen Scheunentrakt unter leicht abgewinkeltem First erweitert. Mit der pragmatischen Wiederverwendung von Hausteinelementen aus der seit 1720 dem Zerfall überlassenen Ruine Schenkenberg, die im Kontrast zum bescheidenen Format des Kleinbauernhauses stehen, wirft das Gebäude ein interessantes Schlaglicht auf die Thalheimer Baugeschichte und illustriert den damaligen Umgang mit wertvollem Baumaterial.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Gebäude dürfte nach den konstruktiven Merkmalen des Dachgerüsts im Lauf des 18. Jh. entstanden sein. Die auffallend sorgfältig gearbeiteten, aber uneinheitlichen Fenstergewände stammen wohl aus Abbruchmaterial der 1720 aufgegebenen und dem Zerfall überlassenen Ruine Schenkenberg, wie dies auch mündlich überliefert wird [1]. Der erste Brandkatastereintrag von 1809 lautet auf ein «einstökiges steinernes mit Ziegeln gedektes Haus mit gew[ölbtem] Keller», im Eigentum von Samuel Dietiker, Micheljoggis [2]. Im nachfolgenden Eintrag von 1829 wird das Gebäude entsprechend der bis heute erhaltenen Disposition als «zweistökiges Wohnhaus mit 2 Wohnungen samt Scheuer und Stall» beschrieben. Auch wenn 1824 eine gewisse Wertsteigerung des Gebäudes verzeichnet wird, ist kaum anzunehmen, dass damals eine Aufstockung erfolgte. Eher dürfte sich die 1809 vermerkte Eingeschossigkeit auf das eine Obergeschoss beziehen und das Gebäude bereits damals als zweigeschossiges Doppelwohnhaus mit westseitigem Scheunentrakt bestanden haben. 1822 sind erstmals zwei verschiedene Eigentümer genannt, wobei der hier beschriebene heutige Hausteil Vers.-Nr. 119A Samuel Wernli, Gemeindeschreiber, und der heutige Hausteil Vers.-Nr. 119B Ulrich Wernli, Schmieds, gehörte. Beide Hausteile verblieben im weiteren Verlauf des 19. Jh. für längere Zeit jeweils im Eigentum derselben Familien [3]. 1834 wurde die damals wohl neu erstellte ostseitige Scheune (heute Vers.-Nr. 118) erstmals im Brandkataster aufgeführt und als «Scheur mit Stall und Schopf; von Stein und Holz, mit Ziegeldach» beschrieben.
Der westliche Hausteil Vers.-Nr. 119B (nicht Bestandteil des Schutzumfangs) erfuhr im mittleren 20. Jh. im Bereich des Wohnteils eine durchgreifende Modernisierung. Der hier beschriebene Hausteil Vers.-Nr. 119A wurde im Lauf der letzten Jahre etappenweise schonend renoviert und die zugehörige Scheune Vers.-Nr. 118 zu Wohnzwecken umgebaut.
Beschreibung:Bei dem im Kernbereich des Unterdorfs gelegenen Gebäude handelt es sich um den einen, besser erhaltenen Wohnteil (Vers.-Nr. 119A) eines kleinformatigen Doppelbauernhauses, der nachträglich um eine eigene Scheune an der Nordostseite (Vers.-Nr. 118) ergänzt wurde. In südwestlicher Richtung stösst der zweite Hausteil an, der ebenfalls eine Wohnung sowie die ursprünglich wohl gemeinsame Ökonomie umfasst und sich heute stark verändert präsentiert (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Zusammen bilden die Gebäude eine traufständig an die alte Fahrstrasse («Winkel») gelagerte kurze Zeile, wobei die beiden Wohnteile und die ursprüngliche Ökonomie unter einem durchlaufenden, geknickten Satteldach liegen, während der zweite, jüngere Ökonomieteil unter leicht abgewinkeltem First in der Flucht leicht zurücktritt.
Der gemauerte zweigeschossige Wohnteil des hier beschriebenen Hausteils Vers.-Nr. 119A/118 fällt durch die sorgfältig gehauenen, vermutlich von der Ruine Schenkenberg stammenden spätgotischen Fenstergewände aus Muschelkalk auf, die im Verhältnis zum bescheiden dimensionierten Gebäude überaus gross erscheinen und zudem unregelmässig versetzt sind. Die zur Strasse orientierte Stubenfront zeigt zwei identisch dimensionierte, gekehlte Doppelfenster, die sich in seitlich leicht versetzter Lage auf die beiden Geschosse verteilen und durch zwei wiederum versetzt angeordnete, unterschiedlich dimensionierte Rechteckfenster ergänzt werden. Der freiliegende Bereich der nordöstlichen Stirnseite im einspringenden Winkel um Ökonomieteil ist im Erdgeschoss mit einem Rechteckfenster sowie dem zwischenzeitlich vermauerten, heute wieder geöffneten Hauseingang besetzt. Im Obergeschoss der Rückfront wurden wiederum zwei gekehlte spätgotische Einzelfenster verwendet. Die Gewände weisen an unterschiedlicher Stelle Löcher für eine einstmals vorhandene Vergitterung auf, die am Kleinbauernhaus keinen Sinn ergibt. Im Erdgeschoss liegt der von einem Rechteckgewände aus Muschelkalk gerahmte und von einem seitlichen Fenster begleitete Hintereingang.
Die angebaute, heute zu Wohnzwecken ausgebaute Scheune von 1834 besitzt eine massiv gemauerte Stirnseite mit schartenartigen Lüftungsöffnungen und ist im Giebel mit einer Lünette (Halbrundöffnung) als zeittypischem Schmuckmotiv besetzt. Die ursprünglich wohl rein hölzerne Traufseite besitzt noch das alte Tenntor samt Mannstür. In dem bereits vorgängig modernisierten Stallbereich ist heute eine Garage eingebaut.
Der kleinformatige Wohnteil ist auf beiden Geschossen in jeweils einen Raum im Vorder- sowie im Hinterhaus geteilt. Er bewahrt noch die alte Deckenkonstruktion sowie eine grüne Sitzkunst aus der Zeit um 1900. Im übrigen sind die Räume modernisiert. Ein Gewölbekeller ist von der rückwärtig gelegenen Küche über einen Innenabgang zugänglich und wird durch ein wohl ebenfalls von der Ruine Schenkenberg übernommenes, gefastes Rundbogenportal betreten. Das vergleichsweise mächtige, russgeschwärzte Dachgerüst ist eine Sparrenkonstruktion mit liegendem Stuhl und Firstsäule. Es zeigt teilweise Schädlingsbefall. Der zu Wohnzwecken umgenutzte Ökonomieteil wurde im Inneren neu ausgebaut. Das Dachgerüst ist ebenfalls eine für die Kleinheit des Gebäudes auffallend mächtige Sparrenkonstruktion mit liegendem Stuhl, die im Unterschied zum Wohnteil keinen Schädlingsbefall zeigt.
Anmerkungen:[1] Freundl. Hinweis der Eigentümer (2019); zur Ruine Schenkenberg (Kantonales Denkmalschutzobjekt THA001) vgl. Michael Stettler / Emil Maurer, Die Bezirke Lenzburg und Brugg (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. II), Basel 1953, S. 416-420.
[2] StAAG, Brandkataster Thalheim.
[3] Heutiger Hausteil Vers.-Nr. 119A: 1822 Samuel Wernli, Gemeindeschreiber; 1850 Samuel Wernli, Schullehrer; 1872 Johann Wernli (1876 «alt Lehrer»); 1896 Jakob Dietiker; 1899 Samuel Umiker; 1900 Umiker-Wernli Anna, Samuels abgeschiedene Ehefrau; später Härdi-Leutmüller J.J.; 1935 Härdi-Ging Jakob. – Heutiger Hausteil Vers.-Nr. 119B: 1822 Ulrich Wernli, Schmieds; 1846 Ulrich Dietiker, Rothenulrichs; 1870 Hans Jakob Dietiker, Sohn; 1876 Jakob Dietiker, Ulrichs (wohl derselbe); 1889 Marie Dietiker geb. Ging; 1900 Jac. Schneider, Weibeljacobs; 1931 Emil Wernli-Wernli, Johs. Wagners, Landwirt (StAAG, Brandkataster Thalheim).
[4] StAAG, Brandkataster Thalheim.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Literatur:- Michael Stettler / Emil Maurer, Die Bezirke Lenzburg und Brugg (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. II), Basel 1953, S. 416.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): Bezirksamt Brugg, ZwA 1942.0001, Brandkataster Gemeinde Thalheim, 1809-1849; CA.0001/0192-0194, Brandkataster Gemeinde Thalheim, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn. von 119A: 1809: 94, 1829: 111A, 1850: 137A, 1876: 118A – von 119B: 1809: 94, 1829: 111B, 1850: 137B, 1876: 118B; zu 118 (Scheune): 1834: 136, 1850: 136, 1876: 117).
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136061
 

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