INV-THA905 Gasthof "Bären", 1818 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-THA905
Signatur Archivplan:THA905
Titel:Gasthof "Bären"
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Nordosten (2019)
Bezirk:Aarau
Gemeinde:Thalheim (AG)
Adresse:Hauptstrasse 88
Versicherungs-Nr.:88
Parzellen-Nr.:152
Koordinate E:2649973
Koordinate N:1254215

Chronologie

Entstehungszeitraum:1818
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Gasthaus, Gasthof
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Würdigung:1818 für den nachmaligen Gemeindeammann Ludwig Keser errichtetes Gebäude, das 1834 durch den Umbau einer Scheune erweitert wurde und vielleicht seit diesem Zeitpunkt den Gasthof «zum Bären» beherbergt. Die beiden biedermeierlich geprägten Mauerbauten, die unter firstparallelen, aber leicht höhenversetzten geraden Satteldächern liegen, zeigen mit der axial bezogenen Einzelbefensterung und den Muschelkalkgewänden charakteristische Gestaltungsmerkmale ihrer Entstehungszeit. Beim etwas grosszügiger disponierten Ostteil, der einen talseitig ebenerdig zugänglichen, mächtigen Gewölbekeller besitzt, handelt es sich vermutlich um den alten Wohnteil von 1818. Bevor der «Bären» an seine heutige Lage an der damals noch unbebaute Hauptstrasse zwischen den beiden Ortsteilen verlegt wurde, hatte die Gastwirtschaft vermutlich im spätgotischen Gebäude des späteren Restaurants «Frohsinn» im Unterdorf bestanden (Bauinventarobjekt THA907).
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Kernbau, der wohl mit dem höheren Ostteil des bestehenden Gebäudes zu identifizieren ist, wurde gemäss Angabe im Brandkataster 1818 für Ludwig Keser erstellt, der im nachfolgenden Eintrag von 1829 als «Hr. Ammann» tituliert wird. Die Beschreibung von 1818 lautete auf ein «zweistökiges steinernes mit Zieglen gedektes Haus mit 1 gew[ölbten] & 1 Tremkeller», jene von 1829 auf ein «zweistökiges Wohnhaus samt Scheuerwerk, in 1 Tenn, 1 Futtertenn und 2 Ställen bestehend, nebst Anbau mit Holzschöpfli, von Stein, mit Ziegeldach, nebst 1 gewölbtem und 1 Tremkeller» [1]. Ob der offenbar grosszügige Ökonomieteil, der wohl an der Stelle des heutigen westlichen Wohnteils stand, 1818 schlicht nicht erwähnt worden oder erst nachträglich hinzugekommen war, lässt sich nicht mehr klären. Jedenfalls bestand er nicht lange, wurde doch bereits 1834 im Brandkataster die «Veränderung des Anbaus in ein zweistökiges Wohnhaus etc.» erwähnt, womit der Westtrakt des bestehenden Gebäudes wohl im wesentlichen seine heutige Grunddisposition erhielt. Vielleicht in diesem Zusammenhang verlegte man den «Bären», der zuvor wohl im Gebäude des späteren Restaurants «Frohsinn» im Unterdorf (Bauinventarobjekt THA907) bestanden hatte, an seine heutige Lage an der Hauptstrasse zwischen den beiden Dorfteilen [2]. Die erste Bezeichnung des Gebäudes als Wirtshaus findet sich in der Michaeliskarte um 1840 (vgl. Bilddokumentation); 1848 wird im Brandkataster als neuer Eigentümer Heinrich A(c)kermann, Bärenwirth, erwähnt [3]. 1852 ging der Gasthof zunächst an die Söhne Jakob und Samuel und später in das alleinige Eigentum von Samuel Ackermann über, dem später sein gleichnamiger Sohn folgte. Erst 1920 wird mit Leo Schwab ein anderer Eigentümername vermerkt.
Um 1940/50 dürfte der Abortanbau an der Ostseite entstanden sein. Eine Erneuerung der Dachkonstruktion über dem Westteil lässt sich anhand zweier Luftbilder in die Zeit um 1960 datieren [4]. 1983 wurde dieser Gebäudeteil ausgekernt und neu ausgebaut, wobei man die zuvor im Ostteil gelegene Gaststube hierher verlegte [5]. Wohl gleichzeitig kürzte man den Gebäudetrakt, der auf einem Luftbild von 1953 (vgl. Bilddokumentation im Anhang) noch länger erscheint, um einige Meter. Um 2000 wurde das Gebäude westseitig um einen Anbau für die Warenanlieferung und südseitig um einen Wintergarten erweitert. Nach einem Eigentümerwechsel erfolgten 2009/10 eine Aussenrenovation sowie im Osttrakt ein Dachausbau zu Wohnzwecken [7].
Beschreibung:Der Gasthof «zum Bären» ist auf halbem Weg zwischen Ober- und Unterdorf talseitig an die Hauptstrasse gelagert. Er besteht aus zwei jeweils zweigeschossigen gemauerten Baukörpern, die beide eine streng axiale Einzelbefensterung in spätklassizistisch-biedermeierlichen Formen zeigen und in traufständiger Ausrichtung zur Strasse leicht höhenversetzt von firstparallelen, geraden Satteldächern abgeschlossen werden. Von den zwei in kurzem zeitlichem Abstand entstandenen Gebäudeteilen ist der grosszügiger dimensionierte Osttrakt, der mit einem seitlichen Quergang dem Wohnteil eines bäuerlichen Vielzweckbaus entspricht und über einen mächtigen Gewölbekeller verfügt, als Kernbau von 1818 anzusprechen. Der etwas gedrungenere, noch längere Westtrakt dürfte demgegenüber aus einem ursprünglichen Ökonomieteil hervorgegangen sein.
Der alte Wohnteil ist traufseitig mit drei Achsen von schlank proportionierten Einzelfenstern besetzt, die von gefalzten Muschelkalkgewänden gerahmt werden und Jalousieläden tragen (in Metall ersetzt). Der zum Westtrakt hin gelegene Hauseingang wird von einem schlichten, profilierten Reckteckgewände gerahmt und besitzt noch eine gefelderte biedermeierliche Eichentür mit Oblicht. Von der dreiachsigen östlichen Stirnseite ist neben einem Abortanbau aus der Zeit um 1950 heute noch eine Fensterachse zu sehen. Das ebenfalls streng regelmässige, dreiachsige Giebelfeld zeigt als zeittypische Schmuckmotive prominent eine Serliana (Rundbogenöffnung, flankiert von zwei Rechtecköffnungen) sowie drei rahmende Lünetten (halbkreisförmige Öffnungen). Gleichfalls mit Muschelkalk ist der Gebäudesockel verkleidet.
Der Westtrakt ist der Trauffront zur Strasse mit etwas gedrungener proportionierten Rechteckfenster besetzt, die gleichfalls gefalzte Muschelkalkgewände, im Unterschied zum Osttrakt aber Blockbänke zeigen. Die westlichste der fünf Fensterachsen wurde wohl beim Umbau von 1983 in Entsprechung zu den übrigen ergänzt, wie anhand einer Baunaht auf Aufnahmen von 1996 zu erkennen ist. An der Westseite erhebt sich ein gleichfalls übergiebelter jüngerer Anbau für die Zulieferung (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Fassadenmalereien eines Bären auf beiden Stirnseiten stammen wohl aus der Zeit des Umbaus von 1983.
Die nach Süden gerichtete Rückfront beider Gebäudetrakte erhebt sich über dem steil zum Talboden hin abfallenden Hang. Sie ist heute im Bereich beider Gebäudetrakte durch einen jüngeren Wintergartenanbau verändert und in der Ansicht weitgehend verdeckt. Der mächtige Gewölbekeller unter dem Osttrakt springt hier um einige Meter über die Fassadenflucht vor und verfügt über einen ins Gelände eingeschnittenen ebenerdigen Aussenzugang. Das in diesem Bereich freiliegende Mauerwerk ist aus Bruchsteinen sorgfältig geschichtet.
Der Osttrakt wird durch den erwähnten, durchlaufenden Quergang erschlossen, in dem sich noch die bauzeitliche Holztreppe ins Obergeschoss samt Staketengeländer und schön gearbeitetem Antrittspfosten bewahrt hat. Die talseitig gelegene alte Gaststube zeigt noch Reste eines einfachen gestemmten Täfers aus dem 19. oder frühen 20. Jh. Im übrigen sind die Räume modernisiert. Der Westtrakt ist in beiden Geschossen vom Neuausbau nach der Auskernung von 1983 geprägt. Das Dachgerüst stammt hier aus dem mittleren 20. Jh.
Anmerkungen:[1] StAAG, Brandkataster Thalheim.
[2] Die frühere Lage des «Bären» ergibt sich aus den Brandkatastereinträgen zum «Frohsinn»; vgl. die Angaben zu Bauinventarobjekt THA907.
[3] StAAG, Brandkataster Thalheim. Die Eintragung auf der Michaeliskarte erklärt sich wohl damit, dass das Gasthaus nach damaligem Verständnis noch ausserhalb der beiden Dörfer lag; Gasthöfe in den Dörfern wurden nicht vermerkt.
[4] ETH-Bibliothek, Zürich, Bildarchiv: LBS_H1-015043, Aufnahme Werner Friedli, 1953 (vgl. Bilddokumentation im Anhang); LBS_H1-022796, ders., 1962.
[5] Freundl. Hinweise des Eigentümers (2019).
[6] ETH-Bibliothek, Zürich, Bildarchiv: LBS_H1-015043, Aufnahme Werner Friedli, 1953
[7] Freundl. Hinweise des Eigentümers (2019).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): Bezirksamt Brugg, ZwA 1942.0001, Brandkataster Gemeinde Thalheim, 1809-1849; CA.0001/0192-0194, Brandkataster Gemeinde Thalheim, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn.: 1818: 132, 1829: 75, 1850: 83, 1876: 92).
- ETH-Bibliothek, Zürich, Bildarchiv (http://ba.e-pics.ethz.ch): LBS_H1-015043, LBS_H1-022796.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136062
 

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