INV-EGW914 Seengerstrasse 10, 1847 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-EGW914
Signatur Archivplan:EGW914
Titel:Seengerstrasse 10
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2019)
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Egliswil
Adresse:Seengerstrasse 10
Versicherungs-Nr.:24
Parzellen-Nr.:467
Koordinate E:2656491
Koordinate N:1244502

Chronologie

Entstehungszeitraum:1847
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2020

Dokumentation

Inschriften:"1847 I HM" (Türsturz Hauseingang)
Würdigung:Zeittypisches Kleinbauernhaus mit individuellem Grundriss, das nach dem Dorfbrand von 1846 anstelle eines früheren Strohdachhauses erbaut wurde. Es handelt sich um den einzigen gut erhaltenen Bauzeugen einer ganzen Reihe ähnlicher, in diesem Zusammenhang entstandener Vielzweckbauten, welche die Seengerstrasse säumen. Zusammen mit dem südlich anschliessenden Vielzweckbau von 1798 (EGW906) steht es für die unterschiedlichen Bebauungsphasen des Dorfes. Der Baukörper vereint unter einem geraden Satteldach einen gemauerten Wohnteil und eine hölzerne Stallscheune mit steinerner Giebelseite. Er bewahrt das axiale Fassadenbild mit Hausteingewänden und das originale Tenntor samt Heubühnenfront. Im Innern haben sich sowohl die Raumstruktur als auch wesentliche Teile der bauzeitlichen Ausstattung erhalten.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Im 19. Jh. zerstörten mehrere Dorfbrände grosse Teile des Dorfes. Beim Feuer vom 14. September 1846 brannte fast die ganze Häuserreihe auf der Westseite der Seengerstrasse nieder, darunter auch der strohgedeckte Vorgängerbau des vorliegenden Bauernhauses. Der Wiederaufbau der Zeile erfolgte 1847. Dabei wurde offenbar die Gelegenheit genutzt, die Eigentümerverhältnisse zu entflechten. Hatten sich die Söhne Jakob und Johannes Häusermann den Vorgängerbau noch mit Max Sandmeyer geteilt, ist der neu erstellte Vielzweckbau 1847 unter dem Namen Jakob Häusermann, Steinhauer, verzeichnet [1]. Von ihm ging er 1884 an den Sohn Johannes über und Anfang 20. Jh. an Jakob Weber, Jakobs, Wagner.
Am Gebäude hat sich im Lauf der Zeit kaum Grundlegendes verändert. Der rückseitig an die Scheune angeschleppte Schopf dürfte gemäss Brandkataster zwischen 1850 und 1876 hinzugekommen sein, wurde aber im 20. Jh. erneuert [2]. Wie die neu aufgemauerte Stallfront wurde auch die Scheunenstirnmauer mit einem Grobputz versehen, während das Giebelfeld und die Heubühne über dem Stall eine neue Bretterverkleidung erhielten. Ersetzt wurden in jüngerer Zeit die Dachuntersicht, die Stützen und die Verkleidung der Brüstung an der rückwärtigen Obergeschosslaube sowie die Fensterflügel und das Türblatt des Hauseingangs.
Beschreibung:Das traufständige Kleinbauernhaus bildet den südlichen Abschluss einer Reihe typenähnlicher Vielzweckbauten von 1847. Es steht in unmittelbarer Nachbarschaft zum 1798 erstellten Gebäude Seengerstrasse 12, das der letzte intakte Zeuge der vormaligen Bebauung entlang dieses Strassenabschnitts ist. Das 1847 errichtete Vielzweckgebäude ist ein zeittypisch schlichter Bau unter geradem Satteldach (Pfetten-Rafenkonstruktion mit stehendem Stuhl). Die verputzten Fassaden des nach Südosten ausgerichteten Wohnteils werden von drei auf zwei regelmässig gesetzten Fensterachsen gegliedert. Die neben dem Tenn gelegene Achse nimmt auch den über eine vierstufige Freitreppe aus Muschelkalkplatten erreichbaren Hauseingang auf. Dieser wird von einem schwach profilierten Gewände aus Sandstein eingefasst, das am Sturz mit einer schlusssteinartig zubehauenen Mittelpartie mit der Inschrift "1847 I[acob] H[äuser]M[ann]" geschmückt ist. Die Gewände der schlank proportionierten Fenster sind mit Falz gearbeitet. In Ergänzung zu den Dachgeschossfenstern im Giebelfeld ist unter dem First als biedermeierliches Element eine Lünette eingelassen. Auf der von der Strasse abgewandten Seite befindet sich eine Obergeschosslaube.
Der aus Tenn und Stall bestehende Scheunentrakt bewahrt strassenseitig noch das bauzeitliche Tenntor. Dieses öffnet sich unter einem leicht geschweiften, profilierten Jochbalken mit zwei Flügeln, die aus vertikal zusammengenagelten Brettern und einem aufgedoppelten Rahmen bestehen. Mit gleichartigen Brettern ist die Heubühne darüber verkleidet, die mittels einer kleinen Rechtecköffnung mit Jalousie belüftet wird. Leicht erneuert zeigt sich der aussenliegende Stall, der eine verputzte Mauerfront aufweist. Darüber ist die Abdeckung mit schmalen Latten ausgeführt.
Das Kleinbauernhaus zeichnet sich im Innern durch einen originellen Grundriss aus, der den begrenzten Platzverhältnissen Rechnung trägt: Durch den Hauseingang neben dem Tenn gelangt man in einen stichgangartig angelegten Flur, der gleichzeitig als Treppenhaus dient. Geradeaus schliesst im rückwärtigen Bereich die mit zwei Fensterachsen etwas breitere Küche an, die über einen direkten (evtl. sekundären) Hinterausgang verfügt. Nach Südosten liegen die heute miteinander verbundenen Hauptwohnräume, wobei die strassenseitige Stube zwei Fensterachsen einnimmt, die neben der Küche liegende Nebenstube aber nur eine. Dadurch bleibt zwischen Hauptstube und Küche ein gemeinsames, als Feuerwand massiv aufgeführtes Stück Binnenmauer, an welcher der von der Küche aus beschickte Kachelofen samt Sitzkunst aufgesetzt ist. Da die Beheizung der Sitzkunst mit dem Herdfeuer gekoppelt ist, scheint deren heutige Aufstellung zur Raummitte hin nicht mehr ganz der ursprünglichen Situation zu entsprechen. Die genaue Position und Einfeuerungsweise wären bei einem Umbau des Hauses näher zu untersuchen. Das Obergeschoss zeigt eine analoge Aufteilung in Treppenhaus und drei Zimmer.
Wesentliche Teile der Ausstattung datieren noch aus der Bauzeit, darunter die eichene Wangentreppe mit schlichten Staketen, gerundetem Handlauf, spindelartigem Wendepfosten und Antrittspfosten. Neben Sichtbalkendecken haben sich in den Räumen unterschiedliche Wandtäfer erhalten, darunter das für die Zeit um 1900 typische Krallentäfer sowie älteres, einfaches Täfer, das, wie die Füllungs- und Brettertüren vielleicht noch Teil der ursprünglichen Ausstattung ist. Die Böden sind grösstenteils verdeckt. Die sichtbaren Nadelholzdielen dürften mit dem Krallentäfer hinzugekommen sein. Das holzsichtige Interieur der Stube umfasst neben jüngeren Einbauten einen wohl bauzeitlichen Wandschrank mit abgeschrägter Ecke und gefelderten Füllungen in der Tür. Der Durchgang zur Nebenstube gestaltet sich heute als breite Öffnung. Zum ursprünglichen Bestand des Hauses dürfte auch der grüne Kachelofen samt Sitzkunst mit weisen Friesen stammen, wenngleich die ursprüngliche Aufstellung Fragen aufwirft. Er zeichnet sich durch einen der Kleinräumigkeit entsprechend schmalen, in die Ecke gestellten Backofen aus. Die sich zur Raummitte hin anschliessende Sitzkunst steht bereits an der Zwischenwand zur Nebenstube, so dass eine Koppelung mit dem Herd in gewohnter Weise nicht möglich ist.
In das Treppenhaus integriert ist auch der Abgang zum quer verlaufenden Keller, dessen Gewölbe unter dem Kachelofen durch eine jüngere Kalksandsteinmauer gestützt wird.
Die Mittelpfetten des Rafendachs sind in einen stehenden Stuhl mit eingezäpften Kopfhölzern eingebunden. Die bauzeitliche Konstruktion wurde im Zuge einer früheren Dachsanierung und Isolation durch neue Hölzer ergänzt und stellenweise ersetzt (First, teilweise Rafen).
Anmerkungen:[1] Die Angaben zu den Eigentümern und zum Gebäude sind den Brandkatastern entnommen: Staatsarchiv Aargau, AG 50.526 (Vers.Nr. 80): Brandkataster Gemeinde Egliswil 1829-1849; CA.0001/0390 (Vers.Nr. 93): Brandkataster Gemeinde Egliswil 1850-1874; CA.0001/0391 (Vers.Nr. 98): Brandkataster Gemeinde Egliswil 1875-1898; CA.0001/0392 (Vers.Nr. 24): Brandkataster Gemeinde Egliswil 1899-1938.
[2] Ein Schopf ist im Verzeichnis von 1876 von Anfang an erwähnt, muss also bereits davor angefügt worden sein. Dass es sich dabei um den rückwärtigen Anbau handelt, ist eine Annahme.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, AG 50.526: Brandkataster Gemeinde Egliswil 1829-1849; CA.0001/0390-0392: Brandkataster Gemeinde Egliswil 1850-1938.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136695
 

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