INV-HOL909 Bändlistrasse 9, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-HOL909
Signatur Archivplan:HOL909
Titel:Bändlistrasse 9
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Norden (2019)
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Holziken
Adresse:Bändlistrasse 9
Versicherungs-Nr.:38
Parzellen-Nr.:404
Koordinate E:2644492
Koordinate N:1240440

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2020

Dokumentation

Würdigung:Das in seiner Gesamterscheinung und Grundkonstruktion gut erhaltene, gepflegte Hochstudhaus ist einer der letzten lesbaren Bauzeugen dieses einst für die Gegend landschaftsprägenden Haustyps. Das ursprünglich ganz in Holz erstellte Kleinbauernhaus mit hinter der Nebenstube angeordnetem ehemaligem Stall bewahrt als Rarität nahezu vollumfänglich die russgeschwärzte Dachkonstruktion, welche noch bis ins frühe 20. Jh. eine Stroheindeckung trug. Die Fassaden sind teilweise als bauzeitliche Ständerbohlenkonstruktion, teilweise mit jüngeren Fachwerkfüllungen erhalten und auf der Nordseite durch Mauerwerk ersetzt. Sie zeigen charakteristische Merkmale der Konstruktion und Gestaltung wie Schwellenkranz, Reihenfenster und profilierte Brustriegel. Das respektvoll umgebaute Innere weist noch Elemente der historischen Ausstattung wie Kachelofen, Täfer, und Balkendecken auf, ergänzt durch wiederverwendete Bauteile.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Kleinbauernhaus wurde vermutlich im 18. Jh. errichtet. Spätestens ab 1829 befand es sich durchgehend bis 1882 in den Händen der Familie Lienhard [1]. Aus dieser Zeitspanne sind – neben der Ergänzung von zwei hölzernen Schweineställen um 1850 (später in Mauerwerk aufgeführt) – keine baulichen Änderungen überliefert. 1876 bestand das Bauernhaus gemäss Brandkataster noch immer als reine Holzkonstruktion. Möglicherweise erfolgte die teilweise Erneuerung der Südfassade in Fachwerk im Rahmen der 1883 unter dem neuen Eigentümer Samuel Hächler vermerkten "Verbesserungen", welche einen Wertanstieg von 1'000 auf 1'800 Franken bewirkten. 1899 jedenfalls wurde die Bauweise als "Rieg und Holz" beschrieben. Ab 1889 gehörte die Liegenschaft während dreissig Jahren der Familie Lüthy, wobei der Vater Johann Lüthy als Schuster arbeitete. Danach sind häufigere Eigentümerwechsel vermerkt. Zwischen 1919 und 1928 erfolgte die Umdeckung von Stroh auf Ziegel. Ebenfalls im Lauf des frühen 20. Jh. wurde die Nordfassade aufgemauert. Der Landwirtschaftsbetrieb wurde in den 1970er Jahren aufgegeben, seither dient das Gebäude ausschliesslich zu Wohnzwecken.
Beschreibung:Das unter einem hohen steilen Walmdach geborgene Kleinbauernhaus ist in die Hügellandschaft am westlichen Fuss des Oberlegi eingebettet. Gemäss Michaeliskarte waren um 1840 auf dem unbewaldeten Hangstück, das nahe der Grenze zu Uerkheim oberhalb des Obermattenbachs liegt, mehrere locker gestreute Landwirtschaftsbetriebe angesiedelt. Von den einst strohgedeckten Bauernhäusern hat sich das hier beschriebene als einziger noch gut lesbarer Bauzeuge erhalten.
Die Zufahrt erfolgt über eine von der Bändlistrasse abzweigende Waldstrasse und ein privates Wegstück von Norden her. Der ursprünglich ganz in Ständerbauweise mit liegenden Bohlenfüllungen errichtete, heute partiell gemauerte und in Fachwerk ausgeführte Vielzweckbau tritt auf dieser Seite eingeschossig in Erscheinung, während nach Süden ein niedriger Obergaden ausgebildet ist. Darüber erhebt sich das imposante, weit hinabgezogene Dach, das in jüngerer Zeit eine neue Eindeckung aus Biberschwanzziegeln mit Handstrich-Optik erhielt.
Der Vielzweckbau zeigt eine für Kleinbauernhäuser typische, platzsparende Nutzungsabfolge mit L-förmig konzipiertem, ineinandergreifendem Wohn- und Ökonomieteil. Nordseitig nimmt der Ökonomietrakt mit Tenn und Stall zwei Drittel der Gebäudelänge ein, während der hier nur einraumbreite Wohntrakt ein Drittel in Anspruch nimmt. Auf der Südseite hingegen erstreckt sich der Wohnteil über zwei Drittel der Gebäudelänge und der Ökonomieteil ist auf das Tenn beschränkt.
Die nach Süden ausgerichtete Stubenfront bewahrt noch das über einem niedrigen gemauerten Sockel errichtete Ständergerüst mit eichenem Schwellbalken und durchlaufenden profilierten Brustriegeln an beiden Geschossen (westliche Hälfte des Riegels am Erdgeschoss unter den Stubenfenstern rekonstruiert). Kopfhölzer und Büge stabilisieren die Verbindungen zwischen Ständer und Rähm bzw. Ankerbalken. Während die Wände am Erdgeschoss in einfachem Fachwerk mit verputzten Ausfachungen erneuert sind, haben sich am Obergeschoss noch die hölzernen Füllungen aus liegenden Bohlen erhalten. Die Stube zeigt drei zusammengerückte Einzelfenster, die möglicherweise bei der Fassadenerneuerung in Anlehnung an ein vormaliges dreiteiliges Reihenfenster entstanden sind. Zur tennseitig angelegten Nebenstube hat sich ein gekuppeltes Rechteckfenster mit Ladenfalz erhalten. Der niedrige, ehemals zum Schlafen und zur Lagerung genutzte Obergaden ist mit je einem gefalzten Rechtecklicht an beiden Räumen spärlicher belichtet. Ein interessantes konstruktives Detail sind die in Stube und Nebenstube unterschiedlich ausgerichteten Balkendecken. So verraten vorstossende Balkenköpfe über dem Rähm der Stube die dort quer zum First verlaufenden Deckenbalken, während im Rähm über der Nebenstube ein Triebladen die Höhe der Bodenbretter anzeigt, die auf firstparallen Balken liegen. Nach Osten schliesst das aus einfachen vertikalen Brettern genagelte Tenntor mit stichbogigem Mannstürlein an. Die stirnseitige Ständerbohlenwand hat sich samt Schwellenschlössern vollständig erhalten. Darüber ist der Vorscherm als stark auskragende Heubühne verkleidet.
Die nordseitige Fassade zeigt das entgegengesetzte Tenntor. An der ansonsten vollständig in Mauerwerk ersetzten Fassade ist aufgrund der typischen Konstellation von kleinem querliegenden Fensterchen und danebenliegendem Durchgang noch der ehemalige, hinter der Nebenstube angeordnete Stall erkennbar. Der Wohnteil weist hier ein querliegendes Fenster und den Hauseingang auf (historische Türblätter aus anderem Kontext wiederverwendet). Die ganze Westfassade ist von einer jüngeren verglasten Holzlaube umgeben.
Durch den ebenerdigen Hauseingang gelangt man direkt in die Küche, die heute um die innenseitige Hälfte des ehemaligen Stalles erweitert ist; letzterer wurde zu einem von aussen zugänglichen Abstellraum reduziert. Ein Durchgang führt von der Küche in die südseitig gelegene Stube und angegliederte Nebenstube. Eine analoge Raumstruktur besteht im Obergaden, der über einen Treppenaufgang von der Küche aus erschlossen ist. Die ehemals sehr niedrigen Decken, die unter Belassung der bestehenden Balkenlagen angehoben wurden, bringen hier den respektvollen Umgang mit der historischen Bausubstanz zum Ausdruck. Die Binnenwände sind teilweise als Ständerbohlenwände sichtbar belassen (zwischen Stube und Nebenstube, Stube und Küche), teilweise verkleidet (Obergaden) und teilweise wohl ersetzt. Im Bereich des Kachelofens wurde die Stube zur Nebenstube hin geöffnet. In der südseitigen Hälfte von Tenn und Heuboden ist je ein Badezimmer eingerichtet, welches von der Nebenstube bzw. vom darüber liegenden Schlafzimmer aus zugänglich ist. Auf die westseitige Laube gelangt man von der Küche aus.
An historischer Ausstattung hat sich in der Stube der grün glasierte Kastenofen mit weissen Frieskacheln erhalten, der an der Rückwand – wie an der küchenseitigen Feuerwand – noch die älteren Kacheln des Vorgängerofens bewahren dürfte. Auch die Decken und das Täfer in der Stube gehören zum Haus, während alle historischen Böden und Türen aus anderen Liegenschaften stammen. Die samt Sprossierung in Holz erneuerten Fenster sind mit rekonstruierten Beschlägen ausgestattet.
Zunehmenden Seltenheitswert hat die sorgfältig reparierte und durch stabilisierende Ergänzungen unterstützte, russgeschwärzte Dachkonstruktion aus der Bauzeit. Sie umfasst zwei Hochstüde, von welchen der eine über dem Wohnteil abgefangen ist und der andere zwischen Nebenstube und Tenn verläuft. Ebenso haben sich First, Unterfirst, Sperrrafen und ein überwiegender Teil der zugehörigen Rafen erhalten.
Von der Küche her besteht ein innerer Abgang zum Gewölbekeller, welcher den Bereich unter der Stube einnimmt. Ein zweiter Kellerraum mit Balkendecke befindet sich unter der Nebenstube und ist über einen südseitigen Aussenzugang erschlossen.
Anmerkungen:[1] Alle Angaben zu den Eigentümern und zum Gebäude gemäss Brandkataster: Gemeindearchiv Holziken, Brandkataster von 1829. - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938. Verzeichnet sind 1829 Daniel Lienhard und 1850 Samuel Lienhard. 1861-77 ist als Eigentümerin eine Frau Zehnder, Johannesen & Kinder erwähnt, bei der es sich um eine Verwandte handeln könnte. Danach folgt als Eigentümer 1877 Rudolf Lienhard, Schreiner.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0242-0244: Brandkataster Gemeinde Holziken 1850-1938.
- Gemeindearchiv Holziken, Brandkataster von 1829.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=136815
 

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