INV-SPB917 Schulhaus Glattler, 1987 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-SPB917
Signatur Archivplan:SPB917
Titel:Schulhaus Glattler
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südwesten (2020)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Spreitenbach
Adresse:Haufländlistrasse 18
Versicherungs-Nr.:878
Parzellen-Nr.:1135
Koordinate E:2669806
Koordinate N:1252687

Chronologie

Entstehungszeitraum:1987
Grundlage Datierung:Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schulhaus

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2020

Dokumentation

Autorschaft:Burkard+Meyer+Steiger, Baden (Architekten)
Würdigung:Sorgfältig gestaltete und zeittypisch filigran detaillierte Schulanlage, die 1986/87 nach Plänen des bekannten Badener Architekturbüros Burkard+Meyer+Steiger erbaut wurde. Der Sichtbacksteinbau, der von Stahlprofilen gegliedert und von einem Kranzgesims aus hellem Sichtbeton abgeschlossen wird, zeigt eine vergleichsweise zurückhaltende postmoderne Architektursprache, die von Bezügen auf klassizistische und moderne Formprinzipien durchsetzt ist. Ein charakteristisches Gestaltungsmerkmal bildet die inszenierte Wegführung mit einem die Schulanlage querenden und den Hauptbaukörper durchstossenden Fussweg, die sich auch im Inneren fortsetzt. Die aussen wie innen weitgehend im Originalzustand erhaltene Anlage bildet ein vergleichsweise frühes Werk eines gerade für den Kanton Aargau prägenden Architekturbüros. Sie verdient heute nicht nur als aussagekräftiges Beispiel für den jüngeren Schulhausbau Beachtung, sondern auch für die am Kontext und an historischen Referenzen interessierte Architektur der 1980er Jahre.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Aus einem Projektwettbewerb im Jahr 1981 gingen die Badener Architekten Burkard+Meyer+Steiger (Urs Burkard, Adrian Meyer, Max Steiger) als Sieger hervor. 1986/87 wurde das Oberstufenschulhaus nach deren Projekt ausgeführt [1]. Es handelt sich damit um ein vergleichsweise frühes Werk des 1968 von Adrian Meyer (*1942) und Urs Burkard (*1942) gegründeten Büros (heute Burkard Meyer), dem 1970-1996 Max Steiger als weiterer Partner angehörte. Insbesondere in den 1990er Jahren wie auch nach der Jahrtausendwende haben diese die Architektur im Kanton Aargau mit etlichen wichtigen Bauten geprägt [2].
Beschreibung:Das Gebäude nimmt die nordöstliche Ecke des zusammenhängenden Schulareals ein, das bereits mit dem Schulhaus «Boostock» von 1956 (Architekten Loepfe, Hänni & Haenggli) für die Schulanlagen der Gemeinde in Aussicht genommen worden war, und ist hier an die Hangkante gegen die Ebene des Limmattals gesetzt. Seine sorgfältig gestalteten und zeittypisch filigran detaillierten Bauformen kann man einer formal gezähmten Spielart der Postmoderne zurechnen, die von stark gefilterten Referenzen auf klassizistische Formprinzipien wie auch auf die Architektur der Moderne durchsetzt ist. Auch ist die von den Architekten allgemein verfolgte Absicht zu erkennen, auf den Ort im Sinn seiner städtebaulichen wie auch topografischen Gegebenheiten einzugehen [3].
Die Anlage gliedert sich in einen Haupttrakt mit den Klassenzimmern und Spezialräumen, der hart an der Hangkante zusammen mit dem talseitig freiliegenden Sockel fünfgeschossig aufragt, sowie einen hangseitig anschliessenden, langgestreckten Flachbautrakt. Dieser enthält Musikzimmer sowie Singsaal und tritt auf der südlichen Zugangsseite vom Dorf her lediglich eingeschossig, an der Aussenseite nach Norden hingegen zweigeschossig in Erscheinung. Hinzu kommt eine talseitig anschliessende, zusammen mit dem Schulhaus errichtete Zivilschutzanlage (nicht Bestandteil des Schutzumfangs), die einen weiteren Geländesprung bis zur tiefer gelegenen Bahnhofstrasse überwindet. Ein charakteristisches Gestaltungsmerkmal ist die Inszenierung der Wegführung, welche den Aussenraum ebenso miteinbezieht wie die das Innere. So wird die Schulanlage von einem öffentlichen Fussweg durchquert, der vom Dorf her entlang dem hier ebenerdigen Obergeschoss des Singsaalflügels verläuft und den Klassenzimmertrakt mit einem geschosshohen Treppenlauf durchbricht, um talseitig in Richtung Langäckerquartier über eine Freitreppe an der Zivilschutzanlage vorbei in die Bahnhofstrasse zu münden.
Die Baukörper treten markant mit dunkelroten Sichtbacksteinfassaden in Erscheinung. Ihre ungewöhnliche Gliederung durch Stahlprofile sowie ein abschliessendes Kranzgesims aus feinporigem Sichtbeton sind als zeittypisch postmoderne Bezugnahme auf das letztlich klassizistische Prinzip der Tektonik zu verstehen, das in jenen Jahren in der Architekturdebatte breit diskutiert wurde. Die Gebäudekanten werden dabei von einspringenden, stählernen Winkelprofilen gerahmt, welche gleichzeitig den Bekleidungscharakter der an sich dünnen und – im Zeichen der damals neuen Anforderungen zur Wärmedämmung – nicht mehr tragenden Gebäudehülle betonen. Es handelt sich um eine hinterlüftete Fassadenkonstruktion, was an den leer gelassenen Stossfugen im Sockelbereich des sorgfältig gefügten Backsteinmauerwerks zum Ausdruck kommt. Gleichfalls von Stahlprofilen gerahmt sind sämtliche Fenster- und Türöffnungen.
Die Anlage präsentiert sich vom Dorf und vom Langäckerquartier mit zwei stark unterschiedlichen Seiten. An der nach Südosten zum Dorf und zu den weiteren Schulhäusern gerichteten Hauptzugangsseite spannen die beiden hier unregelmässig und asymmetrisch gegliederten Baukörper einen langgestreckten, mit Kopfsteinpflaster versehenen Aussenraum mit dem Pausenplatz auf. Der hochragende Klassenzimmertrakt, der sich über einem quadratnahen Grundriss erhebt, ist durch Risalitbildung doppelt in die Tiefe gestaffelt. Er besitzt eine leicht aus der Mittelachse gerückte, verglaste Zwischenpartie, welche das Treppenhaus belichtet und nach aussen als Hinweis auf den hier das Gebäude durchstossenden Fussweg in Erscheinung tritt. Der über eine breite Glasfront geöffnete Eingang liegt im Flachbautrakt und wird von einem zeittypisch filigran detaillierten Glasvordach mit Stahlträgern und Drahtseilaufhängung beschirmt. Der ansonsten zum Platz hin geschlossene Flachbau schliesst mit dem von einer ausbauchenden Wandpartei gefassten Singsaal, der sich durch sein Tonnendach, die nach aussen geneigte Glasfront und die Wandverkleidung mit grossformatigen Eternitplatten deutlich von den übrigen Gebäudeteilen abhebt.
In nachgerade klassizistischer Regelmässigkeit präsentiert sich der Klassenzimmertrakt an der Seite zum Langäckerquartier. An der Ostfassade nimmt die verglaste Mittelpartie über dem Gebäudedurchgang genau die Mittelachse ein, wobei der unterste Bereich der Glasfront wellenförmig geschwungen ist. Dreiseitig sind die Fassaden in axialer Verteilung mit den als Dreiergruppen gestalteten, breitformatigen Fenstern der Schulräume besetzt. Fensterpfosten aus flachen Stahlprofilen sowie ein Doppel-T-Träger mit gliedernden Querlamellen inszenieren wiederum eine klassizistische Tektonik. Als Sonnenschutz wurden ausstellbare Textilstoren verwendet.
Der Haupteingang öffnet sich im Inneren über einen Windfang auf einen grosszügigen Vorbereich, welcher die gesamte Platzseite des Flachbautrakts einnimmt und auch als Foyer für den Singsaal dient. Durchblicke verbinden die Halle mit der nur indirekt belichteten Erschliessungszone des auf der Talseite ebenerdigen Untergeschosses. Am Übergang zum Haupttrakt schliesst das Treppenhaus an. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Haupttrakts befinden sich die Spezialräume der Kochschule sowie der Naturwissenschaften, im zweiten und dritten Obergeschoss die Klassenzimmer. Die bereits im Aussenraum festgestellte Inszenierung der Wegführung setzt sich im Inneren des Gebäudes fort. Auf die Spitze getrieben wird sie in der Eingangshalle durch einen rundlich endenden, zum Eintretenden hin gekrümmten Sichtbetonpfeiler, der neben dem Treppenhaus den Personenstrom in der Art eines Flusspfeilers zu teilen scheint.
Im Unterschied zum Aussenbau wird das Innere im Flachbautrakt von gelben Sichtbacksteinwänden und tragenden Elementen aus feinporigem, glattem Sichtbeton bestimmt; die Böden sind in den Erschliessungsbereichen mit matt geschliffenen Granitplatten belegt. In der Eingangshalle erheben sich Rundpfeiler aus Sichtbeton unmittelbar vor den gelben Backsteinwänden und führen damit den Unterschied zwischen tragendem Gerüst und raumabschliessender Wandfüllung vor. Der Singsaal wird von einem zeittypisch überinstrumentierten filigranen Stahlfachwerk überspannt, das sicher nicht zufällig an Entwürfe des russischen Konstruktivismus der 1920er Jahre erinnert. Der Schulzimmertrakt präsentiert sich als Sichtbetonskelett, in dem durch Glaswände und geschlossene Paneele die einzelnen Räume abgetrennt sind. Die an sich schon sehr filigrane Gliederung der Fensterfronten wird im Inneren durch zusätzliche aufgeklebte Rahmenleisten noch verstärkt. Im grosszügigen Vorbereich des Treppenhauses sind eigenwillig geformte Garderoben aufgestellt. Jeweils unterschiedlich ausformulierte, im Prinzip aber ähnliche Einbaumöbel aus hellem Holz und teilweise mit blaugrauen Linoleumfronten sind in allen Räumen vorhanden. Im Keller wurde von Anfang an ein Jugendclub mit der für die 1980er Jahre typischen Kellerstimmung eingerichtet; etwas gefängnishaft wirkt der zugehörige Aussenbereich im Betonsockel der Zivilschutzanlage.
Anmerkungen:[1] Burkard Meyer 2007, S. 192 (Werkverzeichnis); Baupläne im Bauarchiv der Gemeinde.
[2] Vgl. zum Werk des Büros allg.: Burkard Meyer 2007 sowie zahlreiche Artikel in der Fachpresse seit den 80er Jahren.
[3] Vgl. etwa das von Architekten nahezu gleichzeitig realisierte und auch hinsichtlich Bauaufgabe wie architektonischer Ausformulierung streckenweise vergleichbare «Zentrum Höchi» in Baden-Dättwil: Ernst Hubeli, Ein harter Platz für den Stadtrand, in: Werk, Bauen + Wohnen, 76. Jg. (1989), S. 4-10.
Literatur:- Burkard Meyer. Konkret/Concrete, hrsg. v. Heinz Wirz, Luzern 2007, S. 192 (Werkverzeichnis).
Quellen:- Gemeinde Spreitenbach, Baugesuchsarchiv: Baupläne 1986.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=137370
 

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