INV-AAB948 Aarebrücke SBB, 1977-1978 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-AAB948
Signatur Archivplan:AAB948
Titel:Aarebrücke SBB
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Osten (2019)
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Aarburg
Adresse:Ruppoldingen / Wiggerspitz, an der Strecke Olten-Rothrist
Parzellen-Nr.:320, 1237
Koordinate E:2634378
Koordinate N:1240714
Situationsplan (AGIS):https://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2634378&y=1240714

Chronologie

Entstehungszeitraum:1977 - 1978
Grundlage Datierung:Baugesuch

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Verkehrs- und Infrastrukturbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Brücke

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2021

Dokumentation

Würdigung:1977/78 nach Projekt von Ingenieur Max Herzog erstellte Eisenbahnbrücke aus Beton, die als durchlaufender vorgespannter Kastenträger ausgeführt ist. Die Brücke, die sich knapp 500 Meter oberhalb des Städtchens Aarburg in einer weiten Kurve schräg über die Aare und die Wiggermündung spannt, entstand im Zusammenhang mit der 1981 eröffneten kurzen Verbindungslinie Olten-Rothrist, mit deren Bau die SBB eine Entflechtung der Verkehrsströme im Eisenbahnknoten Olten und eine für die Fahrplangestaltung relevante Fahrzeitverkürzung im Ost-West-Verkehr verfolgten. Der auf Betongelenken gelagerte Träger fällt durch seine schlanken Proportionen auf, welche in der Mitte der 80 Meter weit gespannten Hauptöffnung das für Eisenbahnbrücken bemerkenswerte Verhältnis von 1:25 erreichen. Durch die variable Steghöhe des Kastenträgers ergibt sich eine geschwungene Bogenform, welche insbesondere beim Blick vom Städtli und vom Aarburger Aareufer her elegant in Erscheinung tritt. Dem technisch anspruchsvollen Bauwerk, das zum Zeitpunkt der Fertigstellung die am weitesten gespannte Eisenbahn-Betonbalkenbrücke der Schweiz bildete, kommt erheblicher bautechnikgeschichtlicher und ingenieurbaukünstlerischer Zeugenwert zu. Auch besitzt es einen hohen Situationswert für die Aarelandschaft bei Aarburg.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Bei der Linie Olten-Rothrist handelt es sich um eine der wenigen in den 1970er-Jahren errichteten Neubaustrecken der SBB. Sie hatte zum einen den Zweck, die Verkehrsströme im Bahnhof Olten zu entflechten und damit diesen wichtigen Eisenbahnknoten zu entlasten; zum anderen konnte damit eine wenn auch geringfügige, für die Fahrplangestaltung aber wichtige Fahrzeitverkürzung im Ost-West-Verkehr realisiert werden. 1962 orientierten die SBB zum ersten Mal über das Projekt. 1966 wurde das eisenbahnrechtliche Plangenehmigungsverfahren eingeleitet. 1970 erfolgte der Entscheid des Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement für eine Linienführung über das linke Aareufer statt eines zunächst ebenfalls erwogenen Ausbaus der bestehenden, rechtsufrigen Strecke. Um die Flusslandschaft und das Städtchen Aarburg möglichst zu schonen, entschied man sich für eine Trassierung, die sich gegenüber den ersten Planungen durch einen deutlich längeren Tunnel unter dem Felssporn des Born und einen aareaufwärts verlegten Flussübergang auszeichnete. 1976 konnte das Ausführungsprojekt der Linie von der Generaldirektion der SBB behandelt werden. Die fahrplanmässige Inbetriebnahme erfolgte am 31. Mai 1981 [1].
Für die beiden grossen Brückenbauwerke über die Aare wurde 1976 ein eingeladener Projektwettbewerb unter fünf Ingenieurbüros veranstaltet [2]. Das Siegerprojekt für die hier beschriebene Aarebrücke Ruppoldingen stammte von Ingenieur Max Herzog (1926–2012) in Aarau, einem Spezialisten insbesondere für Betonbrücken, der seit 1962 ein eigenes Büro in Aarau führte und im Lauf seiner Tätigkeit mehrfach komplexe Brückenbauten für die SBB betreute. Die Aarebrücke Ruppoldingen bildet dabei eines seiner Hauptwerke und wurde von Herzog auch in mehreren Fachartikeln dargestellt [3]. Beteiligt am Projekt war als Mitarbeiter B. Fent. Die Ausführung erfolgte 1977/78 in zwei nach der Länge geteilten Jahresetappen durch eine Arbeitsgemeinschaft der Bauunternehmungen Locher & Cie. AG, Zürich, und Rüegger Bau AG, Olten. Aufgrund der aus der schlanken Brückenkonstruktion und den schweren Nutzlasten resultierenden starken Beanspruchung an Armierung und Auflagern wurden vorab Versuche in verschiedenen Prüfanstalten in der Schweiz, Deutschland und Grossbritannien durchgeführt und anschliessend mit Messungen am ausgeführten Bauwerk ergänzt. Ein Bremsversuch mit 16 Lokomotiven im Oktober 1980 diente etwa dazu, die Verschiebungen des schwimmend gelagerten Brückenoberbaus zu testen [4].
Beschreibung:Die Ruppoldingerbrücke bildet das prominenteste Bauwerk der 1981 eröffneten, auch als «Born-» oder «Ruttigerlinie» bezeichneten Eisenbahnstrecke Olten-Rothrist, die nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Olten von der Ausfahrt vom Bahnhof Olten her zunächst auf einer ersten Brücke (Kessilochbrücke) die Aare überquert und auf dem solothurnischen Ufer über das Ruttigertäli und den 800 Meter langen Borntunnel den nördlichen Brückenkopf erreicht. Von hier spannt sich die insgesamt 320 Meter lange Brücke rund 500 Meter flussaufwärts des Aarburger Städtli in einer weiten Kurve (Radius 1600 Meter) schräg über den breiten Flusslauf der Aare und kurz danach, nun auf aargauischem Kantonsgebiet, über die Wiggermündung. Über einen Erddamm und eine Überführung über die Autobahn A1 erreicht die Verbindungslinie rund einen Kilometer weiter südlich den während des Streckenbaus von 1977–81 ebenfalls umgestalteten Bahnhof Rothrist.
Die Brücke besteht aus einem durchlaufenden, vorgespannten Hohlkastenträger, der sich bei einer Gesamtlänge von insgesamt sechs Feldern auf zwei Flusspfeiler und drei Landpfeiler abstützt. Aus der variablen Steghöhe des Kastenträgers ergibt sich eine bogenförmig geschwungene Unterkante, welche dem Bauwerk zusammen mit den bemerkenswert schlanken Proportionen eine vergleichsweise filigrane Erscheinung verleiht. In der Mitte der Hauptöffnung erreicht das Verhältnis von Kastenhöhe zu Trägerlänge den für Eisenbahnbrücken ungewohnten Wert von 1:25. Besonders in der Ansicht vom Städtli und vom Aarburger Ufer aus kommt die elegante Form des Bauwerks landschaftsprägend zur Geltung. Für vorbeifahrende Zugreisende eröffnet sich umgekehrt ein kurzer, aber spektakulärer Blick auf die Festung und das Städtli Aarburg.
Die Hauptöffnung überbrückt eine Spannweite von 80 Metern, womit gemäss Bundesvorgaben auf eine mögliche zukünftige Aareschifffahrt Rücksicht genommen wurde. Es handelte sich damit zum Zeitpunkt der Fertigstellung um die am weitesten gespannte Eisenbahn-Betonbalkenbrücke der Schweiz [5]. Die Hauptöffnung wird von zwei ähnlich dimensionierten Feldern zu je rund 60 Metern Spannweite flankiert; südlich schliessen drei weitere kürzere Felder an, mit denen die Wiggermündung überbrückt wird. Die gekrümmte und überhöhte doppelspurige Fahrbahn kragt mit beidseitigen Konsolen weit über den Kastenträger aus. Die stirnseitig gerundeten Pfeiler sind durchwegs quer zur Fahrbahn und damit schräg zum Flusslauf ausgerichtet. Bemerkenswert sind die als Auflager für den Oberbau verwendeten Gelenke aus hochfestem Beton, welche den Verzicht auf sehr viel voluminösere und materialintensive Stahlgelenke erlaubten.
Die Ausführung des Trägers erfolgte zunächst mit einem Lehrgerüst, das nur auf die Breite und das Gewicht des Kastentrogs berechnet war; anschliessend wurden die Kastendecke und mit einer Nachlaufschalung die Konsolen der Fahrbahnplatte betoniert. Die Landpfeiler und das südliche Widerlager sind flach gegründet, das nördliche Widerlager auf Bohrpfählen. Zur Fundierung der beiden Flusspfeiler wurden neuartige Grossbohrpfähle verwendet. Die Fahrleitungsjoche waren von Anfang an nicht auf die Joche der Brückenkonstruktion ausgerichtet.
Anmerkungen:[1] Jedelhauser 1981.
[2] Roos 1981.
[3] Zur Person vgl. Herzog 1996.
[4] Herzog 1980 (mit detaillierter bautechnischen Angaben); ders. 1981.
[5] Technische Angaben nach Herzog 1980.
Literatur:- structurae. Internationale Datenbank und Galerie für Ingenieurbauwerke, Art. ‘Aarebrücke Ruppoldingen’: https://structurae.net (Zugriff 12.8.2020).
- Peter Marti / Orlando Monsch / Massimo Laffranchi, Schweizer Eisenbahnbrücken, hrsg. von der Gesellschaft für Ingenieurbaukunst, Zürich 2001, S. 156f.
- Max Herzog, 150 Jahre Stahlbeton (1848-1998) (Bautechnik Spezial), Berlin 1999, S. 34.
- Max Herzog [Autobiografische Aufzeichnungen], in: Beton- und Stahlbetonbau, Bd. 91 (1996), H. 2, S. 41-47, hier S. 43.
- Max Herzog, Die Aarebrücke Ruppoldingen, in: SI+A, 99. Jg. (1981), S. 1068-1070.
- Anton Jedelhauser, Die neue SBB-Linie Olten-Rothrist, in: SI+A, 99. Jg. (1981), S. 1058-1063.
- Peter Roos, Brückenbauten. Die Objekte aus der Sicht der Oberbauleitung, in: SI+A, 99. Jg. (1981), S. 1067f.
- Max Herzog, Die Aarebrücke Ruppoldingen der Schweizerischen Bundesbahnen, in: Beton- und Stahlbetonbau, Bd. 75 (1980), Nr. 8, S. 186-191.
- Schweizerische Bundesbahnen. Geschäftsbericht, 1980, S. 41-43.
- Max Herzog, Swiss railways' double track Aar Bridge at Ruppoldingen / SO, in: IABSE structures, 1979, H. C-7, S. 28f.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotosammlung.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138305
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds