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INV-AAB949 Friedhof Tiefelach, 1969 (Dossier (Bauinventar))
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1969 |
Grundlage Datierung: | Baugesuch |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Sakrale Bauten und Anlagen |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Friedhof |
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Schutz / Status |
Status Bauinventar: | Neuaufnahme Bauinventar 2021 |
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Dokumentation |
Würdigung: | 1972 fertiggestellter Parkfriedhof, dessen landschaftsarchitektonisches Konzept sich an den Prinzipien der Friedhofsreformbewegung des frühen 20. Jahrhundert orientiert. Die Gestaltungsgrundlage bildete ein mit dem ersten Rang prämierter Wettbewerbsentwurf des Aarburger Architekten Max Morf und des auf Friedhofgestaltung spezialisierten Landschaftsarchitekten Johannes Schweizer. Die landschaftliche Komposition mit den Gräberfeldern, der Wegführung und der Bepflanzung erzielt einen harmonischen Gesamteindruck ohne hierarchische Abstufungen. Einen Akzent setzt die zeltförmige Abdankungshalle, die durch ihre verglasten Giebelflächen eine Verschmelzung von Architektur und Landschaft bewirkt. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Seit den 1950er-Jahren war der Platz auf dem alten Aarburger Friedhof an der Oltnerstrasse knapp geworden [1]. Für die Gestaltung einer neuen Friedhofanlage wurde 1956 ein Wettbewerb ausgeschrieben, wobei jedoch keines der eingereichten Projekte zur Ausführung kam [2]. 1964 kaufte die Einwohnergemeinde im Tiefelach 21'600 Quadratmeter Land für die Verlegung des Friedhofs [3]. In diesem Zusammenhang fand erneut ein Wettbewerb statt, bei dem 1967 der Entwurf des Aarburger Architekten Max Morf und des aus Glarus stammenden Garten- und Landschaftsarchitekten Dr. Johannes Schweizer [4] den ersten Rang belegte [5]. Nachdem die Gemeindeversammlung das Projekt 1968 bewilligt hatte, kam es ab 1969 zu dessen Ausführung [6]. 1972 wurde der Friedhof Tiefelach eröffnet. Im Jahr 1979 wurde ein von Max Morf gestalteter Glockenturm aus Betonfertigelementen auf dem Vorplatz nördlich der Abdankungshalle errichtet [7]. 2001 fanden Umbau- und Sanierungsarbeiten am Dienstgebäude statt, wobei der nördliche Trakt mit vier Aufbahrungssälen, einem Besucherraum und einem Dienstraum abgebrochen wurde. Das Atrium zwischen den beiden verbleibenden Trakten wurde mit einer Überdachung versehen, die sich formal an der Abdankungshalle orientiert [8]. |
Beschreibung: | Der Friedhof Tiefelach liegt im Nordosten des Aarburger Siedlungsgebietes am Waldrand in einem Taleinschnitt in den Säli-Hügel, der sich gegen Westen hin öffnet. Der Haupteingang im nordwestlichen Bereich der Anlage führt zunächst auf einen Vorplatz mit einem Glockenturm, an den eine Abdankungshalle und ein Dienstgebäude anschliessen. Im östlichen und südlichen Teil des Friedhofs sind die Gräberfelder angelegt. Sie weisen die Form von Quadraten und Rechtecken auf, wobei sie nicht axial, sondern versetzt zueinander angeordnet sind. Begrenzt werden sie von Hecken, Sträuchern und Bäumen sowie dem verbindenden Wegsystem. Zudem besitzt der Friedhof Skulpturen sowie eine Brunnenanlage mit einem Wasserkanal und zwei längsrechteckigen Becken in der Mitte und im Osten des Areals. In seiner landschaftlichen Architektur folgt der Friedhof Tiefelach Prinzipien, die bereits im Zuge der Friedhofsreformbewegung um 1900 entwickelt wurden [9]. So finden sich weder zentralsymmetrisch angelegte Hauptachsen noch monumentale Grabstätten. Die Gräberfelder, die Wegführung und die Bepflanzung ergeben stattdessen einen homogenen Gesamteindruck ohne hierarchische Abstufungen, wobei die Abdankungshalle einen Akzent setzt. Die Abdankungshalle erhebt sich über einem längsrechteckigen Grundriss und ist durch ihren zeltförmigen Baukörper charakterisiert. Sie verfügt über ein tief heruntergezogenes, mit Eternitschiefer gedecktes Satteldach, das von fünf die Dachhaut durchbrechenden Betongespärren getragen wird. Entlang des Dachfusses erstreckt sich ein schmales Fensterband, dessen vertikale Rahmungen die Gestalt von Sparrenknechten aufgreifen. Die beiden Giebelseiten sind unter den Dachüberständen als grossflächige Glasfronten gestaltet, die durch treppenartig angeordnete hochrechteckige Fensterrahmen aus Holz gegliedert werden [10]. In zwei dieser Rahmenkompartimente sind seitlich jeweils in beide Giebelwände Türen eingelassen. Die mittlere Fensterbahn der östlichen Giebelseite ist durch Glasmalereien hervorgehoben, wobei im oberen Feld in einer abstrahierten Formensprache die Kreuzigung und im unteren die Beweinung Christi dargestellt sind. Im Innern befindet sich zur Abhaltung kirchlicher wie weltlicher Trauerfeiern im Osten ein Altar- und Rednerbereich, der durch ein einstufiges Podium ausgezeichnet ist und von unterschiedlich hohen Betonwänden hinterfangen wird. Seitlich steht zudem eine kleine versetzbare Orgel (Positiv). Der Fussboden besteht aus Granitplatten, wobei die traufseitigen Fensterbahnen von Bollensteinen gesäumt sind. Der freistehende Glockenturm auf dem Platz vor der Abdankungshalle besteht aus vier kreuzförmig angeordneten Sichtbetonlamellen. Zwischen die Lamellen ist im oberen Bereich ein kubisches Gehäuse für die Glocke und die Läutmaschine eingespannt. Das Gehäuse ist mit Kupferblech verkleidet und in der unteren Hälfte mit vertikalen Schlitzen für die Belüftung und den Schall versehen. Der Friedhof Tiefelach umfasst verschiedene Gräberfelder für Erdbestattungsgräber, Urnengräber, Familiengräber, Kindergräber sowie ein namenloses Gemeinschaftsgrab. Die Gräber weisen hinsichtlich ihrer Ausmasse und Gestaltung der Grabsteine ein einheitliches Erscheinungsbild auf und sind innerhalb der Sektoren nebeneinander teils in Reihen, teils in konzentrischen Quadraten angeordnet. Eines der Felder ist durchwegs mit einheitlichen Urnenstelen aus Bronze besetzt, die als zwei ineinander verschachtelte Halbzylinder mit diagonal versetzten Schrägflächen als oberem Abschluss gestaltet sind. Hergestellt wurden sie von der Aarauer Glockengiesserei Rüetschi. |
Anmerkungen: | [1] Jakob Bolliger, Aarburg. Festung, Stadt und Amt, Aarburg 1998, S. 348. [2] Schweizerische Bauzeitung, Bd. 74, H. 25 (1956), S. 389. [3] Bolliger 1998, S. 348. [4] Johannes Schweizer (1901–1983) hatte sich vor allem durch die Gestaltung von Friedhöfen einen Namen gemacht. Nach seiner Ausbildung in Berlin und Dresden, arbeitete er ab 1924 als Gartenarchitekt im väterlichen Unternehmen in Glarus, das er 1956 übernahm. Seit 1936 führte er zudem ein eigenes Büro in Basel. (Thomas Freivogel, "Schweizer, Johannes", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.05.2011.) [5] o.V., Wettbewerb Friedhof Aarburg. in: Anthos. Zeitschrift für Landschafsarchitektur, Bd. 6 (1967), H. 4, S. 38. [6] Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 1969/31 (Dienstgebäude), 1970/5 (Abdankungshalle). [7] Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 1979/76. [8] Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 2001/49. [9] Allgemein zur Typologie von Friedhöfen siehe Andrea Pufke (Hg.), Friedhöfe unter Denkmalschutz: Erhaltung, Anforderungen, Perspektiven. Dokumentation zum 28. Kölner Gespräch zu Architektur und Denkmalpflege in Köln, 13. Mai 2019, Lindlar 2019, S. 11–25. [10] Gestalterisch ist die Abdankungshalle des Friedhofs Tiefelach mit der ev.-ref. Friedhofskirche in Brunegg (Bauinventarobjekt BEG908) und der röm.-kath. Pfarrkirche in Lupfig (Kantonales Denkmalschutzobjekt LUP001) vergleichbar. |
Literatur: | - Jakob Bolliger, Aarburg. Festung, Stadt und Amt, Aarburg 1998, S. 347–348. - Thomas Freivogel, "Schweizer, Johannes", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.05.2011. - o.V., Wettbewerb Friedhof Aarburg. in: Anthos. Zeitschrift für Landschafsarchitektur, Bd. 6 (1967), H. 4, S. 38-40. - Schweizerische Bauzeitung, Bd. 74, H. 25 (1956), S. 389. |
Quellen: | - Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuche 1969/31, 1970/5, 1979/76, 2001/49. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138306 |
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