INV-FRE912 Kirchweg 9, 1913-1914 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:INV-FRE912
Signatur Archivplan:FRE912
Titel:Kirchweg 9
Ansichtsbild:
1/2
Bildlegende:Ansicht von Südosten (2020)
Bezirk:Baden
Gemeinde:Freienwil
Adresse:Kirchweg 9
Versicherungs-Nr.:80
Parzellen-Nr.:491
Koordinate E:2666907
Koordinate N:1261937

Chronologie

Entstehungszeitraum:1913 - 1914
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Schutz / Status

Status Bauinventar:Neuaufnahme Bauinventar 2021

Dokumentation

Inschriften:"19 A. * B. 13." (Kachelofen Stube EG)
Würdigung:Am nördlichen Dorfrand gelegener bäuerlicher Vielzweckbau, der 1913–14 aus einer rund zehn Jahre zuvor errichteten Scheune hervorgegangen ist und später durch eine Hocheinfahrt unter Kreuzgiebel erweitert wurde. Die noch dem Spätklassizismus verhaftete Formensprache mit Elementen im Schweizer Holzstil gehört zum zeittypischen Erscheinungsbild dieses Bauzeugen, wobei die Fassaden nicht ganz symmetrisch gegliedert sind. Der in den 1990er Jahren in zwei Stockwerkswohnungen unterteilte und im Dachraum ausgebaute Wohnteil ist in seiner inneren Raumstruktur nur wenig verändert und bewahrt im Erdgeschoss noch wesentliche Teile der bauzeitlichen Ausstattung, darunter das Interieur der Stube mit maseriertem Holzwerk und Jugendstilkachelofen. Grosse Rechtecktore mit aufgedoppeltem Rautenmuster und eine Bretterschalung mit charakteristischen Lüftungsöffnungen prägen die intakte Scheunenfront.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Ökonomie- und Wohntrakt des Vielzweckbaus entstanden in zwei Bauetappen. Den leicht älteren Bestandteil bildet die Scheune, welche 1905 für Johann Burger, Melchers, als freistehender Baukörper in Mischbauweise errichtet wurde. Nachdem sie 1911 an Albert Burger, Melchers, übergegangen war, liess dieser 1913–14 südseitig den Wohnteil anbauen, was eine Anhebung des versicherten Wertes von 7'400 auf 22'000 Franken zur Folge hatte [1]. Eine Inschrift in einer Sandsteinplatte an der Sitzkunst verweist auf den Bauherrn und das Jahr der Aufstellung: "19 A[lbert]. B[urger]. 13". Die auf der Rückseite rechtwinklig an die Scheune stossende Hocheinfahrt wurde in den 1930er Jahren zusammen mit dem vorderseitigen Quergiebel ergänzt [2].
Die Einrichtung einer zweiten Wohnung im Ober- und Dachgeschoss führte 1991 zur Aufhebung des alten inneren Treppenaufgangs. Stattdessen wurde ein neuer Zugang ins Obergeschoss vom ehemaligen Tenn her geschaffen. Der Ausbau des Dachgeschosses folgte 1994/1996 [3]. Die Scheune dient heute Lagerzwecken, während der Stall zu Garagen mit stirnseitiger Ausfahrt umfunktioniert ist.
Beschreibung:Der traufständige Vielzweckbau bildet den nördlichen Abschluss der Bebauung am Kirchweg. Der Wohntrakt nimmt den südlichen Teil des Baukörpers ein, während sich die grosszügige Scheune dorfauswärts mit einem Tenn, Futtertenn und Stall anschliesst. Das durchlaufende Satteldach, das einheitlich mit liegendem Stuhl, Kniestock, strebengestützter Firstpfette und Rafen konstruiert ist, wird im Bereich des Tenns vom Quergiebel der rückseitig angebauten Hocheinfahrt durchdrungen und so zu einem Kreuzgiebel erweitert. Zur Strasse hin tritt er als holzverschalter Dachaufbau mit Fenstern und verschliessbaren Luken in Erscheinung. Der Wohnteil ist in den Umfassungsmauern bis und mit Obergeschoss in Stein gefügt, ansonsten bestehen die Wände aus Fachwerk mit Steinfüllungen. Das für die Erbauungszeit aussergewöhnliche Baumaterial – im frühen 20. Jahrhundert wurden in der Regel nicht mehr Bruch- und Bollensteine, sondern Backsteine verwendet – stammt gemäss mündlicher Überlieferung vom Kanal der unteren Mühle [4]. Die Scheune ist mit Ausnahme des gemauerten Stalls in Ständerbauweise errichtet. Die halb in Stein, halb in Fachwerk aufgeführte Trennwand zum Wohnteil ist aus Brandschutzgründen tennseitig vorgemauert. Die Scheunenfront bewahrt an Tenn und Futtertenn Rechtecktore aus der Bauzeit, die mit einem dekorativen Rautenmuster aufgedoppelt sind, sowie an der Heu- und Garbenbühne eine vertikale Bretterschalung mit charakteristischen Lüftungsöffnungen.
Die Fassaden des Wohntrakts sind über einem mit Besenwurf abgesetzten Kellersockel fein verputzt, wobei rustikalisierend Eckquader in gezahnter Anordnung sichtbar belassen sind. Charakteristisch für die Bauzeit sind die in Back- oder Kalksandstein gemauerten Stürze der kleinen, querliegenden Kellerfenster und die schlichten, aus Zement hergestellten Fenster- und Türgewände. Den Hauptakzent setzt der neben dem Tenn angelegte, über eine zweiläufige Freitreppe zugängliche Vordereingang mit flach profiliertem Gewände und kräftig vorspringendem Kranzgesims. Er besitzt noch das eichene Türblatt aus der Bauzeit mit Diamantschnittfüllungen und Fenstergitter. An der Hauptfassade sind vier Fensterachsen in Rücksicht auf die innere Raumstruktur in leicht rhythmisierter Abfolge verteilt, stirn- und rückseitig deren drei. Auf der hinteren Traufseite befindet sich im Obergeschoss eine Erschliessungslaube.
Der vordere Hauseingang ist über eine zweiläufige Freitreppe mit jüngerem Schmiedeeisengeländer zugänglich. Er führt in einen Korridor, der ehemals entlang dem Tenn bis zum Hinterausgang durchlief, heute aber nur noch aus dem vorderen Abschnitt besteht. Von hier öffnet sich eine Tür zur strassenseitigen Stube. An diese schliesst sich in der vorderen Haushälfte die Nebenstube an, während Küche und Nebenkammer den rückwärtigen Bereich der Wohnung einnehmen. Von der Küche aus ist auch das eingebaute Badezimmer im früheren hinteren Abschnitt des Korriodors erschlossen. Bemerkenswert umfassend hat sich das Interieur der Stube erhalten, welches aus maseriertem Knietäfer, Einbauschrank, Füllungstür, Schablonendekor (nach Befund rekonstruiert) an der Wand, Pitchpine-Boden und dem 1913 durch den Bauherrn Albert Burger in Auftrag gegebenen Jugendstil-Kachelofen besteht. Weiter verfügen Küche und Gang über einen bauzeitlichen zweifarbigen Zementfliesenboden und die Nebenstube über einen Dielenboden und Knietäfer.
Im Obergeschoss hat sich die bauzeitliche Aufkammerung mit firstparallelem Mittelgang und beidseitig angeordneten Räumen zum grossen Teil erhalten. Die historische Ausstattung besteht aus Sichtbalkendecken und Füllungstüren samt Rahmen. Zur Belichtung des mittels einer Innentreppe zugänglichen Dachraums ist der strassenabgewandte Kniestock über die ganze Länge verglast.
Keller nicht besichtigt.
Anmerkungen:[1] Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899–1938 (Vers.-Nr. 80).
[2] Wie Anm. 1.
[3] Bauakten von 1991, 1994/96.
[4] Freundliche Mitteilung der Eigentümer.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0045: Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899–1938 (Vers.-Nr. 80).
- Baugesuchsarchiv Gemeinde Freienwil: Baugesuchsakten von 1991, 1994/1996 und 2007.
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=138468
 

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