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DSI-WIN029 Schürhof, Dorfstrasse 14, Wohnhaus West, 1877 (Dossier (Denkmalschutzinventar))
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Schutz / Status |
Kantonale Unterschutzstellung (DSI): | 3/30/2022 |
Kantonaler Schutzumfang: | integral |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1877 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | WIN028, WIN030, WIN031, WIN032, WIN033 |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Biedermeier |
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Dokumentation |
Inschriften: | 1878 (Hauseingang) |
Würdigung: | Westlich des älteren Schürhof-Wohnhauses Dorfstrasse 16 (DSI-WIN028) stehendes Bauernhaus von 1877, das vermutlich über dem Gewölbekeller eines Vorgängerbaus errichtet wurde. Der lang gestreckte, grösstenteils gemauerte Baukörper weist mit seinen regelmässigen Fensterachsen und den korbbogigen Scheunentoren noch spätbiedermeierliche Züge auf, während die sorgfältig beschnitzten Balkenköpfe und Konsolen am Dachgiebel bereits den Einfluss des Schweizer Holzstils erkennen lassen. Das im Innern mit viel Originalsubstanz ausgestattete Gebäude ist prägender Bestandteil einer intakten bäuerlichen Hofanlage, zu der nebst den zwei zeilenförmig aufgereihten Wohnhäusern noch rückwärtige Nebenbauten und ein strassenseitige Gartenanlage mit schmiedeeiserner Umzäunung gehören. Mit seiner bis ins Spätmittelalter zurückreichenden Nutzungsgeschichte kommt dem Schürhof auch eine grosse lokalgeschichtliche Bedeutung zu. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Der Schürhof ist vermutlich im Spätmittelalter aus einer Aufteilung des über die ganze "Breite" sich erstreckenden habsburgischen Meierhofs hervorgegangen. Eine erste urkundliche Erwähnung findet er 1490 im Zinsbuch des Klosters Königsfelden, worin Clewi Lutenschlager als Zinsträger genannt wird. In der Nähe des Klosters gelegen, bildete die Hofanlage das Verbindungsglied zwischen den Dörfern Oberburg und Windisch. In einem Gerichtsmanual um 1665 ist von einem "Haus und Trotte samt Einfang [= eingezäuntes Grundstück] von 8 Jucharten" die Rede. Das zugehörige Grundstück wurde durch die Dorfstrasse, die Scheuergasse, das Rebgässlein und einen an der Stelle der heutigen Zürcherstrasse verlaufenden Weg begrenzt. Auf der von Hans Conrad Gyger gezeichneten "Karte des Eigenamts" (um 1660) sind die damaligen Verhältnisse anschaulich dargestellt. Ab dem 17. Jh. befand sich der Schürhof über Generationen hinweg in den Händen der alteingesessenen Familie Müller, welche ihn 1757 an Zimmermann Daniel Koprio verkaufte. 1786 ging die Liegenschaft an die Gebrüder Daniel und Friedrich Spillmann über, deren Nachkommen ihn heute noch besitzen. Im damaligen Kaufvertrag aufgeführt wird "ein Haus und Weintrotte nebst dazu dienendem Geschirr", dazu eine neue, hinter dem Haus liegende "Trottschale" (vermutlich ein neues Pressbecken). Diese Beschreibung legt die Vermutung nahe, dass damals auf dem Hofareal lediglich ein Hauptgebäude existierte, welches als Vorgängerbau des 1877 erstellten Bauernhauses Dorfstrasse 14 zu identifizieren ist. Im Brandkataster von 1850 wird dieser Vorgängerbau als "2-stöckiges Wohnhaus mit 2 Wohnungen, 3 gewölbten Kellern, Scheune und Trottengebäude und 3 angebauten Schöpfen, aus Stein, Riegel, Holz, mit Ziegeldach" beschrieben; Eigentümer waren Johann und Jakob Spillmann. Anhand der Abmessungen (106 Fuss lang, 34 Fuss breit, 18 Fuss hoch) dürfte es sich um ein stattliches Gebäude mit zwei Stockwerkwohnungen gehandelt haben, von dem vermutlich der grosse Gewölbekeller unter Stube und Nebenstube in den Nachfolgebau von 1877 übernommen wurde. Die heutige Liegenschaft Dorfstrasse 14 ist im Brandkataster von 1877 als "Wohnhaus mit 2 gewölbten Kellern und Scheune, aus Stein und Holz, mit Ziegeldach" neu eingetragen (Datierung 1878 am Hauseingang); als Bauherren werden die Gebrüder Kaspar, Gabriel und Johann Spillmann genannt. Ein Vertrag vom 3. Januar 1879 gibt über die familieninterne Neuorganisation Auskunft. Demnach übernahmen die älteren Brüder Kaspar und Gabriel die beiden stockwerkweise angelegten Wohnungen sowie den Scheunenteil im neuen Bauernhaus, während der jüngere Bruder Johannes das etwas ältere Haus Dorfstrasse 16 (DSI-WIN028) und die östlich davon stehende strohgedeckte Scheune erhielt. Sozialgeschichtlich von Interesse ist, dass die damals noch lebenden Eltern das lebenslängliche Wohnrecht wahlweise in der oberen Wohnung des Neubaus oder aber im alten Haus zugesprochen erhielten. Das ehemalige Bauernhaus Dorfstrasse 14 hat sein äusseres Erscheinungsbild wie auch die innere Raumteilung sowie einen bemerkenswert hohen Anteil der ursprünglichen Ausstattung bewahrt. Modernisierungen wurden fast ausschliesslich im Küchen- und Sanitärbereich vorgenommen. Heute werden die Räumlichkeiten teils als Privatwohnung, teils als Ausstellungsraum für das Ortsmuseum Schürhof genutzt. |
Beschreibung: | Das Haus Dorfstrasse 14 ist das jüngere der beiden noch existierenden Wohngebäude auf dem Schürhofareal. Es grenzt fast unmittelbar an das ältere Wohnhaus aus dem späten 18. Jh. (DSI-WIN028) und ist in der gleichen Gebäudeflucht traufständig an die Dorfstrasse gestellt. Der lang gestreckte Baukörper vereinigt unter durchlaufendem, geradem Satteldach Wohnteil, Tenn, Futtertenn und Stall zu einem Mittertennhaus. Regelmässig angeordnete Fensterachsen verleihen dem zweigeschossigen Wohnteil ein zeittypisch strenges Erscheinungsbild, welches im Giebelfeld durch drei kreisrunde Lüftungsöffnungen und in der Art des Schweizer Holzstils beschnitzte Balkenköpfe und Konsolen etwas aufgelockert wird. Der Haupteingang mit profilierter Verdachung und der Jahreszahl "1878" am Sturz hat seinen üblichen Platz neben dem Tenntor, während der hofseitige Eingangsbereich in eher untypischer Art als leicht vorspringende Treppenhausachse ausgebildet ist. An den axialen Wohnteil schliesst der strassenseitig ebenfalls gemauerte Scheunentrakt mit Korbbogenportalen an Tenn und Futtertenn sowie fensterartigen, mit Jalousieläden ausgestatteten Lüftungsöffnungen vor der Heubühne an. Wesentlich zum harmonischen Erscheinungsbild tragen die aufgedoppelten Torflügel mit Sonnenradmotiv bei, ebenso die sechsteilige gestemmte Haustür mit rautenförmig beschnitzten Füllungen und vergittertem Oberlicht. Im Gegensatz zu den Bruchsteinmauern der Strassen- und Giebelseite ist die hofseitige Fassade des Scheunenteils als Gerüstkonstruktion mit vertikaler Bretterschalung und womöglich jüngerem Backsteinmauerwerk im Stallbereich aufgeführt. Das Hausinnere erschliesst ein tennseitiger durchlaufener Korridor, der zum Hof hin in ein leicht auskragendes Treppenhaus mündet. Der Wohnungsgrundriss zeigt eine gängige Vierteilung mit Stube und Nebenstube im strassenseitigen Vorderhaus sowie Küche und Zimmer im hofseitigen Hinterhaus. Ein Niveausprung zwischen Vorder- und Hinterhaus liegt im hohen strassenseitigen Gewölbekeller begründet, welcher vermutlich noch vom Vorgängerbau stammt. In den Wohnräumen hat sich ein Grossteil der historischen Ausstattung mit gefeldertem Wand- und Deckentäfer, Einbaukästen, gestemmten Türen und Riemenböden aus Pitch-Pine erhalten. Ebenfalls aus der Bauzeit stammen der hellblaue Biedermeier-Kachelofen sowie die Herdstelle in der Küche mit geschweiftem eisernem Sparherd und Rauchfang ("Chemihutte"). Eine zweite Wohnung im Obergeschoss ist identisch angeordnet und ebenfalls noch mit historischer Ausstattung versehen. Eine selten mehr anzutreffende Authentizität strahlt auch der Scheunentrakt aus. Namentlich der Stall mit kopfsteingepflästertem Läger, Futterkrippe mit beweglichem Holzgitter und eingebautem Brunnentrog gibt noch die Bewirtschaftungsverhältnisse des späten 19. und frühen 20. Jh. wieder. Im offenen Heuraum ist das unverändert erhaltene Dachgerüst mit zeittypischer Kniestockkonstruktion frei einsehbar. Nord- und westseitig schliesst der ehemalige Bauerngarten an, welcher die alte Einfriedung mit Muschelkalksockel und schmuckem Schmiedeisengitter bewahrt hat. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Windisch, 4123-07. |
Literatur: | - Max Baumann, Geschichte von Windisch vom Mittelalter zur Neuzeit, Windisch 1983. - Samuel Koprio, Windisch zur Zeit des Mittelalters 400-1528, Brugg 1911. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0214-16: Brandkataster Windisch, 1850-1938. |
Reproduktionsbestimmungen: | © Kantonale Denkmalpflege Aargau |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=139206 |
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