DSI-HAL004 Maiengrünturm, 1929 (Dossier (Denkmalschutzinventar))

Archive plan context


Identifikation

Signatur:DSI-HAL004
Signatur Archivplan:HAL004
Titel:Maiengrünturm
Ansichtsbild:
1/1
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Hägglingen
Versicherungs-Nr.:keine Nr. vorhanden
Parzellen-Nr.:1082
Koordinate E:2660678
Koordinate N:1249894
Situationsplan (AGIS):https://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2660678&y=1249894

Schutz / Status

Kantonale Unterschutzstellung (DSI):6/8/2023
Kantonaler Schutzumfang:integral

Chronologie

Entstehungszeitraum:1929

Typologie

Nutzung (Stufe 1):Kleinbauten und -anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Aussichtsturm
Epoche / Baustil (Stufe 3):Neues Bauen

Dokumentation

Würdigung:Der Maiengrünturm mit seiner filigran wirkenden Stahlfachwerkkonstruktion aus schmalen L-förmigen Profilen gehört zu den wenigen fast vollständig bauzeitlich erhaltenen Aussichtstürmen in der Schweiz. Mit dem Vorbild des 1887-1889 in Paris erbauten Eiffelturm wurden auch in der Schweiz an mehreren Orten Eisen- oder Stahlfachwerktürme als Freizeitbauten errichtet. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichten technische Errungenschaften, Eisenbahnen und neue Arbeitsschutzregelungen (gesetzliche Sonntagsruhe) ein neues Freizeitverhalten. Die Alpenbegeisterung führte zur touristischen Erschliessung von Ausflugszielen auch im Mittelland und insbesondere Orten mit Aussicht auf die Alpen. Der erste, 1913 erbaute hölzerne Maiengrünturm steht noch mitten in dieser gesellschaftlichen Bewegung. Der Nachfolger, der zwar erst 1929 als Stahlfachwerkkonstruktion den Holzturm ersetzte, ist jedoch sowohl technisch als auch gesellschaftlich noch in diesen Kontext einzuordnen. Typisch ist, dass der erste Aussichtsturm auf dem Maiengrün als Holzkonstruktion erbaut wurde. Eine Besonderheit der Entstehungsgeschichte ist beim Maiengrünturm, dass nicht wie andernorts häufig, der Bau z.B. von einem Verschönerungsverein erstellt wurde, sondern auf privatem Grund und auf private Initiative erbaut wurde. Mit dem Verzicht auf Ornament löst sich der Turm von der zeitgenössischen historisierenden Architektur. Die Materialisierung und Konstruktion als Stahlfachwerk ist einerseits funktionsgerecht (hohe Stabilität auch bei Windlast), andererseits auch eine technische Lösung, die sich an historischen Vorbildern anderer Türme (Eiffelturm) orientiert. Durch die temporäre Nutzung als militärischer Beobachtungsposten während des 2. Weltkriegs kommt dem Turm eine gewisse historische Bedeutung zu. Der Hägglinger Aussichtsturm ist ein wichtiges Zeugnis und Ausdruck einer historischen, gesellschaftlichen und technischen Situation. Er bildet mit der umgebenden bewaldeten Landschaft, die als Ort von Dorfsagen wie "De Stiefelryter" und "S'Müslifräuli" für Hägglingen bedeutsam ist, eine Einheit. Als öffentlich zugänglicher Aussichtspunktdienterals Erholungsort und Wahrzeichen der Gemeinde.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Für den höchsten Punkt des Höhenrückens Wagenrain steht zu vermuten, dass dem Ort eine gewisse strategische Bedeutung im Fall kriegerischer Auseinandersetzungen zukam. Im 17. Jahrhundert im Zuge des ersten Villmerger Kriegs war die Umgebung Schauplatz zwischen den Freiämtern und den Bernern. Baulich oder archäologisch sind keine frühen Bebauungen mit Burg, Festung oder festem Beobachtungsposten nachgewiesen und auch die im 19. Jahrhundert erstellte erste Kartierung der Schweiz, die Dufourkarte, weist den Maiengrün noch nicht als besonderen Punkt aus. Mitte des 20. Jahrhunderts ist der Maiengrün in der Sektion Lenzburg Teil der Hochwachtenübung im Netz zwischen Gislifluh und Hochwacht Lägern (Boppelsen) sowie Rigi. Das Grundstück, auf dem der Maiengrün-Aussichtsturm steht, gehörte bis zur Aufhebung des Klosters Muri im Jahr 1841 dem Kloster und wurde dann an einen Herrn Kappeler verkauft. Es wird als bewaldet beschrieben und kurz darauf abgeholzt und mit geringerem Verkaufswert wird der nördliche Teil des Areals an einen "Müllerjokebli" weiterverkauft, der den Maiengrünhof baute. Den anderen Teil, der zu früherer Zeit bereits Ort einer Hochwacht gewesen sein soll, kaufte die Familie Schmid, genannt "Jöstlimichels" und bebaute das Grundstück. 1884 ging der Eigentümer Bankrott und das Grundstück der Hochwacht "musste vom damaligen Gemeinderat als Garantiebehörde zum Preis von FR. 270.- übernommen werden." Ein nächster schneller Handwechsel brachte das Grundstück wieder in private Hände bis 1892 Johann Huber, zu diesem Zeitpunkt Forstverwalter der Gemeinde, das Grundstück für die Gemeinde kaufte. Die Gemeindeversammlung verweigerte jedoch die Bewilligung zum Kauf. Etwas später kaufte Johann Huber das Grundstück dann für sich selbst. Johann Huber (1862-1942) vyar neben seiner Tätigkeit als Landwirt und Forstverwalter im Jahr 1896 auch Mitgründer der ersten Wassergesellschaft in Hägglingen sowie etwas später der "Lichtgesellschaft", die später als Elektrizitätswerk an die Gemeinde überging. Ab 1901 bis 1933 war er ausserdem Grossrat und von 1902 bis 1921 Gemeindeammann von Hägglingen. Huber war offenbar von den technischen Errungenschaften des späten 19. Jahrhunderts begeistert und engagierte sich für die Gemeinde. Sein Besuch der Weltausstellung in Paris im Jahr 1889, wo erden Eiffelturm sah, muss zu dem Entschluss geführt haben, auf dem Maiengrün einen Aussichtsturm zu erbauen. Es dauerte allerdings bis in das Jahr 1913 und der erste Turm an diesem Ort war aus Holz, mass eine Höhe von 13 Metern und musste bereits nach 16 Jahren wieder abgebaut werden. 1929 beauftragte Huber die Firma Wartmann-Vallette in Brugg mit dem Neubau des heute noch bestehenden Turms in Stahifachwerkkonstruktion. Die Zimmerarbeiten wurden lokal an Josef Saxer in Hägglingen vergeben. Im Jahr 1936 wurde der Turm um eine Plattforrn und auf die heutige Höhe von 35 Metern ausgebaut. Zwischen 1939 und 1944 wurde der Turm militärisch genutzt. Die Armee sperrte den Turm für die Öffentlichkeit und nutzte den Standort als Fliegerbeobachtungsposten. Johann Hubers Erben, seine Tochter Marie und Schwiegersohn Gottfried Geissmann-Huber unterhielten den Turm, die nächste Generation, Marcel Geissmann-Giger und Alice Wohler-Geissmann, erkannten grösseren Unterhaltsbedarf und veranlassten 2016 eine Zustandsuntersuchung, mit der der Turm hinsichtlich Korrosion, Tragsicherheit, Verformung von Trägern, Zustand der hölzernen Tritte und Plattformen sowie mangelhafte Absturzsicherungen dokumentiert wurde. Insgesamt wurde ein "schadhafter Zustand" festgestellt (Zustandsklasse 3 von 6). Im Jahr 2018 initiierten die Eigentümer die Gründung des Vereins Maiengrünturm zur Finanzierung der Restaurierungsarbeiten und überliessen nach Fertigstellung der Restaurierung der Gemeinde Hägglingen den Turm als Schenkung. Die grosse Spendenbereitschaft von Hägglingen, umliegenden Gemeinden, lokal ansässigen Firmen und Privatpersonen ermöglichte die Erhaltung unter grösstmöglicher Bewahrung der Substanz und des Charakters des Turmes. Die Instandsetzung im Jahr 2020 wurde fachgerecht durch die Ingenieurfirma Bänziger Partner AG, Baden, durchgeführt und dokumentiert.
Beschreibung:Der Maiengrünturm befindet sich auf 590 Meter ü. M. auf dem Maiengrün, der höchsten Erhebung des Hügelzugs Wagenrain zwischen Bünztal und Reusstal und bildet damit den höchsten Punkt der auch als "Sieben-Hügel-Dorf' bezeichneten Gemeinde Hägglingen. Der bewaldete Hügel liegt nordwestlich des Siedlungsgebiets ausserhalb der Bauzone. Direkt neben dem Aussichtsturm befindet sich das Restaurant Maiengrün. Das Ausflugsziel ist zu Fuss und über eine geteerte Strasse zu erreichen. Von der obersten Aussichtsplattform auf 35 Meter Höhe bietet sich ein ca. 270° Panoramablick von der Staffelegg im Westen bis zum Heltersberg im Osten, bei gutem Wetter bis zur Alpenkette. Der Turm wurde 1929 als Stahlfachwerkkonstruktion mit einer Gesamthöhe von ca. 23 Metern erbaut und die Konstruktion 1935 um 8 Meter auf insgesamt 35 Meter erhöht. Konstruktiv und gestalterisch ist die Erhöhung dem Bau von 1929 angepasst. Der technische Bericht beschreibt den Bau wie folgt: "Die Tragkonstruktion in Stahlbauweise besteht aus vier Fachwerkscheiben, die an den Gurtungen untereinander verbunden sind. Die Vertikalkräfte und Windkräfte werden über diese Scheiben nach unten in die Fundation bzw. den Baugrund abgetragen. Dazu sind gekreuzte Windverbände über jeweils eine Höhe von ca. 3-5 m angeordnet. Für die Haupttragkonstruktion wurden mehrheitlich Winkeiprofile in verschiedenen Abmessungen verwendet. Die Stäbe sind in den Knoten mit Schrauben und teilweise auch Nieten miteinander verbunden. Die Tragkonstruktionen der Plattformen wurden ebenfalls in Stahlbauweise erstellt. Die Bodenbeläge der Plattformen sowie die Treppenstufen bestehen aus Holzbohlen (Eiche). Die Fundation des Turms besteht aus vier Stahlbeton-Fundamenten mit den Abmessungen 1.6 m x 1.6 m x 0.7 m, wobei sich die Abmessungen auf die sichtbaren Teile der Fundation über Terrain beziehen."
Reproduktionsbestimmungen:© Kantonale Denkmalpflege Aargau
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=140788
 

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