INV-AAB901 Schulhaus Hofmatt, 1903-1904 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-AAB901
Signatur Archivplan:AAB901
Titel:Schulhaus Hofmatt
Bezirk:Zofingen
Gemeinde:Aarburg
Ortsteil / Weiler / Flurname:Hofmatt
Adresse:Landhausstrasse 12
Versicherungs-Nr.:482
Parzellen-Nr.:337
Koordinate E:2634728
Koordinate N:1240922
Situationsplan (AGIS):https://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2634728&y=1240922

Chronologie

Entstehungszeitraum:1903 - 1904
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schulhaus

Dokumentation

Autorschaft:Bracher & Widmer
Würdigung:Monumentaler Schulhausbau von 1903/04, der nach Plänen des im frühen 20. Jahrhundert äusserst renommierten Berner Architekturbüros Bracher & Widmer errichtet wurde. Das imposante späthistoristische Gebäude mit Jugendstileinflüssen ist von einem mit Risaliten und Vorbauten strukturierten Volumen und einer opulenten Dachdisposition geprägt. Ebenso charakteristisch ist die reichhaltige und wohlproportionierte Fassadengestaltung unter grosszügigem Einsatz von Naturstein mit den umlaufenden profilierten Gesimsen, dem Rustikamauerwerk und den Stichbogengewänden im Erdgeschoss sowie den dreiteiligen Rechteckfenstern, der bossierten Eckquaderung und den Eckpilastern in den Obergeschossen. Einen besonderen Akzent setzt der nördliche Seitenrisalit mit dem korbbogigen Hauptportal, der Freitreppe, der Jugendstilmalerei mit Blumenmotiven und Tierkreiszeichen sowie der aufwändig gerahmten Uhr. Mit seinem intakt erhaltenen Äusseren stellt das Schulhaus Hofmatt ein prägendes Element des Ortsbildes von Aarburg dar, das durch sein wehrhaftes und zugleich elegantes Erscheinungsbild ein architektonisches Gegengewicht zum Festungshügel bildet.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die engen Platzverhältnisse im 1828 erbauten Rat- und Schulhaus im Städtchen (Denkmalschutzobjekt AAB006) bewogen den Gemeinderat gegen Ende des 19. Jh. einen Schulhausneubau zu initiieren [1]. Dafür standen zunächst vier Standorte zur Diskussion: erstens im Norden der Gemeinde bei der Turnhalle an der Oltnerstrasse (Bauinventarobjekt AAB902); zweitens. am Landhausplatz an der Aare, wo die Landhäuser aufgrund der zum Erliegen gekommenen Aareschifffahrt überflüssig geworden waren; drittens auf der Hofmatt oder viertens an der Alten Zofingerstrasse. Nachdem man sich auf mehreren Gemeindeversammlungen nicht hatte einigen können, beauftragten die Aarburger Behörden im Mai 1902 den Architekten und in Schulhausbaufragen allgemein anerkannten Fachmann Karl Moser (1860–1936), die möglichen Bauplätze zu beurteilen. Auch beim Erziehungsrat des Kantons Aargau wurde eine Einschätzung eingeholt. Danach fiel die Wahl schliesslich auf die Hofmatt, wo mit dem Abbruch des "Herrenspittels" ein freier Bauplatz geschaffen wurde [2]. Im Juni 1902 nahm die vom Gemeinderat und der Schulpflege bestellte Schulhausbaukommission ihre Arbeit auf und schrieb einen Wettbewerb aus, für den zwölf Projekte eingereicht wurden. Zusätzliche Entwürfe für das Hofmattschulhaus hatten auch Karl Moser und der kantonale Hochbaumeister Robert Ammann (1852-1933) geliefert (siehe Bilddokumentation). Mit der Ausführung des definitiven Projektes wurde schliesslich das Berner Architekturbüro Bracher & Widmer beauftragt [3]. Die Gemeindeversammlung vom 29. März 1903 bewilligte den für den Bau erforderlichen Kredit von 150'000 Franken. Mit den Bauarbeiten wurde im Juli 1903 begonnen und im Oktober 1904 konnte das neue Schulgebäude bezogen werden [4].
1963/64 erfolgte eine Gesamtrenovation, bei der das Gebäude u. a. behindertengerechte Erschliessungsmöglichkeiten erhielt und der Dachstock ausgebaut wurde. Zuständiger Architekt war Gert L. Keller, der sich 1945 in Aarburg sein Eigenheim inklusive Büroräumen errichtet hatte (Rütliweg 6) [5]. Die Jugendstilmalerei über dem Hauptportal sowie das Ziffernblatt der Turmuhr wurden vom Malermeister Wilhelm Kress, Brugg, restauriert [6]. In den 1970er-Jahren wurde die ursprüngliche Umfassungsmauer aus Haustein anlässlich des Baus eines Pumpwerks für die Kanalisation unter dem Schulhausplatz entfernt und durch eine Betonmauer ersetzt [7]. Weitere Sanierungsmassnahmen sowie der Abbruch der an der rückwärtigen Längsfassade im nördlichen Bereich angebauten Militärküche fanden 2006-2008 statt [8].
Beschreibung:Das Schulhaus Hofmatt befindet sich im Süden der Gemeinde in erhöhter Lage oberhalb der ehemaligen "Landhäuser" und bildet einen architektonischen Gegenakzent zum Festungshügel. Der mächtige späthistoristische Bau mit deutlichen Jugendstileinflüssen ist mit seiner Hauptfront nach Osten auf das Landhausquartier ausgerichtet. Er gliedert sich über einem langgestreckten Grundriss in drei Geschosse und wird von einem Walmdach mit mehreren Schlepplukarnen bedeckt. An der Ostfassade treten zwei Seitenrisalite hervor, von denen der breitere, nördliche ein Gehrschilddach trägt, während den südlichen ein Walmdach mit Walmlukarne schützt. Das Treppenhaus an der Nordseite springt turmartig vor und wird von einem achteckigen Kuppeldach mit drei Gauben und Laterne bekrönt. Östlich an das Treppenhaus schmiegt sich ein altanartiger Vorbau, dessen Plattform von einer Balusterbrüstung umfasst wird. An der rückwärtigen Westfassade befinden sich zwei vorspringende Abortanbauten unter Pultdächern.
Das monumentale Erscheinungsbild des Schulhauses resultiert neben dem grosszügigen Bauvolumen und der markanten mehrteiligen Dachdisposition insbesondere aus der rhythmisierten und reichhaltigen Fassadengestaltung. Horizontal ist der Baukörper durch umlaufende profilierte Brüstungsgesimse aus Granit und ein abschliessendes Kranzgesims strukturiert. Während das Erdgeschoss eine wehrhaft wirkende Jurakalk-Rustikaquaderung besitzt, sind die beiden Obergeschosse verputzt, wobei die Eckpartien im ersten Obergeschoss mit Bossenquadern, im zweiten Obergeschoss mit sandsteinernen Pilastern hervorgehoben sind. Die Befensterung der Hauptfront besteht im Erdgeschoss aus paarweise angeordneten Stichbogenfenstern und in den Obergeschossen aus dreiteiligen Rechteckfenstern mit gekehlten Sandsteingewänden. Einen besonderen Akzent setzt der nördliche Seitenrisalit, der den Haupteingang mit gekehltem Korbbogenportal und vorgelagerter Freitreppe fasst. In den Obergeschossen flankieren zusätzliche Einzelrechteckfenster die dreiteilige Reihenbefensterung, deren beiden mittlere Pfosten als Säulen mit Volutenkapitellen ausgearbeitet sind. Des Weiteren erstreckt sich über die beiden Obergeschosse des Risalits eine sorgfältige Jugendstilmalerei mit Sonnenblumen und Sternzeichen. Das Giebelfeld wird von der Schulhausuhr geziert, die von einer üppig dekorierten Sandsteinrahmung mit einem Putto umfasst wird.
Der Haupteingang führt in eine geräumige Eingangshalle. Über einen Korridor entlang der rückwärtigen Längsseite, an die nachträglich Toilettenanlagen angefügt wurden, erfolgt die Erschliessung der nach Osten orientierten Schulzimmer. Im Dachstock ist seit der Gesamtrenovation von 1963/64 ein Mehrzweckraum untergebracht. Die Eingangshalle, das Treppenhaus mit den Granitstufen und dem Schmiedeeisengeländer sowie die Gänge bewahren weitgehend den ursprünglichen Charakter, hingegen wurden die Unterrichtsräume modernisiert.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. Einzelobjekt Erhaltungsziel A (0.0.21: Schulhaus 1903/04)
Anmerkungen:[1] Neben der öffentlichen Schule besass Aarburg im 19. Jh. auch zwei renommierte Privatschulen, nämlich das von Nanette Schmitter begründete und später von Pfarrer Heinrich Welti-Kettiger weitergeführte Töchterinstitut und das Knabeninstitut von Adolf Zuberbühler-Kettiger, das bis 1938 bestand. (Frey, Heiniger 2005, S. 4.)
[2] Beim sogenannten "Herrenspittel" handelte es sich um einen als Spital für die Gemeinden Aarburg, Oftringen und Niederwil errichteten Fachwerkbau aus dem 17. Jh. Nachdem das Gebäude in das Alleineigentum der Ortsbürgergemeinde Aarburg übergegangen war, diente es zur Unterbringung bedürftiger ortsbürgerlicher Familien. (Bolliger 1970, S. 91.)
[3] Die Originalpläne befinden sich im Planarchiv des Heimatmuseums Aarburg. Wilhelm Bracher (1866-1933) und Friedrich Widmer (1870-1943) gründeten 1896 zusammen das Architekturbüro Bracher & Widmer. Dieses entwarf um 1900 mit Erfolg späthistoristische Wohnbauten im Berner Kirchenfeldquartier (Jungfraustr. 18-28). Nach dem Eintritt von Marcel Daxelhoffer (1878-1927) im Jahr 1905 schuf die Firma Bracher, Widmer & Daxelhoffer repräsentative Bauten v.a. im Neubarock (Obergerichtsgebäude Bern, 1906-1910), Heimatstil (Kirchenfeldstr. 50-52a in Bern) und Neuklassizismus (Postgebäude in Aarau von 1914/15, Vestigia-Bauinventarobjekt BA40019566). Daneben entstanden rund ein Dutzend Schulhäuser, u.a. das überregional bedeutende Zelglischulhaus in Aarau von 1909-11 (Denkmalschutzobjekt AAR087). Grossen Wert legte das Architekturbüro auf sorgfältige Ausführung, Materialgerechtigkeit und Einpassung in die Umgebung. (Isabelle Rucki, Dorothee Huber, Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 82; Andrea Weibel, "Bracher, Wilhelm", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 19.08.2004; Andrea Weibel, "Daxelhoffer, Marcel", in: HLS, Version vom 19.03.2004; Andrea Weibel, "Widmer, Friedrich", in: HLS, Version vom 29.11.2012.)
[4] Frey, Heiniger 2005, S. 4-6; Hottiger 1997, S. 15-16.
[5] Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 1963/63; s. n., Wohnbauten von Arch. Gert L. Keller, Aarburg. in: Schweizerische Bauzeitung Bd. 65 (1947), H. 33, S. 448-454.
[6] Hottiger 1965, o. S.
[7] Frey, Heiniger 2005, S. 7.
[8] Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 2006/28; Otto Fürst, Kleine Aarburger Chronik vom 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007", in: Aarburger Neujahrsblatt 2008, S. 31-46, S. 33.
Literatur:- Jakob Bolliger, Aarburg. Festung, Stadt und Amt, Aarburg 1970, S. 290.
- Hans Brunner, Fritz Heitz, Schweizerischer Kunstführer Aarburg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte (Hrsg.), Bern 1983, S. 16-17.
- Otto Hottiger, Schulhausanlage Hofmatt Aarburg. in: Aarburger Haushalt-Schreibmappe, 1965, o. S.
- Otto Hottiger, Wie das Schulhaus Hofmatt zu seinem Standort kam. in: Aarburger Neujahrsblatt, 1997, S. 11-16.
- Manfred Frey, Ulrich Heiniger, 100 Jahre Schulhaus Hofmatt. in: Aarburger Neujahrsblatt, 2005, S. 3-9.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0599-0602, Brandkataster Gemeinde Aarburg, 1850-1938.
- Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuche 1963/63, 2006/28.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28170
 

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