Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1889 |
Grundlage Datierung: | Brandkataster; Inschrift (Schlussstein des Haupteingangs) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Öffentliche Bauten und Anlagen |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Turnhalle |
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Dokumentation |
Inschriften: | 1889 |
Würdigung: | Die im äusseren Erscheinungsbild weitgehend intakt erhaltene Alte Turnhalle aus dem Jahr 1889 ist ein wohlproportionierter freistehender Bau mit spätklassizistischem Fassadenschmuck. Mit ihrem markanten Bauvolumen stellt sie ein wichtiges Element der Bebauung entlang der Oltnerstrasse dar. Als zeittypischer Vertreter einer noch jungen Baugattung kommt ihr historische und gesellschaftliche Bedeutung zu. Ihr Zeugenwert ist umso höher, da sich nur noch wenige Exemplare der frühen Turnhallenarchitektur erhalten haben. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Die in Deutschland im frühen 19. Jh. entstandene Turnbewegung erfasste bald auch die Schweiz, wo insbesondere Studenten zur Popularität des Turnens beitrugen. Während Pädagogen und Ärzte darin einen wesentlichen gesundheitlichen Nutzen als Ausgleich zur geistigen Schulbildung sahen, wurden die körperlichen Übungen anfänglich von staatlicher Seite in den Dienst der Landesverteidigung gestellt. Im Kanton Aargau wurde das neue Fach 1865 in den Lehrplan aufgenommen. Mit dem Gesetz über die Militärorganisation von 1874 wurde der Turnunterricht zur Vorbereitung auf die Rekrutenschule für Knaben vom 10. bis 15. Altersjahr gesamtschweizerisch zum Obligatorium. Vor diesem Hintergrund entstand die Turnhalle als neue Bauaufgabe [1]. Die Alte Turnhalle in Aarburg ist ein zeittypischer Vertreter dieser noch jungen Baugattung. Im Jahr 1883 bestellte die Aarburger Jugendfestkommission eine Spezialkommission, die sich nach einem geeigneten Platz für den Bau einer Turnhalle umsehen sollte, der sich zugleich für die Durchführung des alljährlichen Jugendfestes benutzen liesse. Erst im Februar 1888 gelang es mit dem Standort an der Oltnerstrasse einen Vorschlag zu machen, der von der Gemeindeversammlung gutgeheissen wurde. Der in Luzern tätige Architekt Eugen Grossmann hatte bereits im September 1886 Pläne für einen Turnhallenbau im Schweizer Holzstil mit typischer Sägezier geliefert. Zur Ausführung kam jedoch der spätklassizistisch geprägte Entwurf des Aarburger Architekten Roth, dessen Pläne vom Mai 1888 datieren [2]. Nachdem die Grundsteinlegung am 10. September 1888 erfolgt war, wurde die Turnhalle anlässlich des Aarburger Jugendfestes am 21. Juli 1889 eröffnet. Schon kurze Zeit nach Vollendung des Gebäudes wurde der Zustand der Böden, Fenster und Türen kritisiert, da diese offenbar eine vernünftige Beheizung der Turnhalle verunmöglichten [3]. Bis 1975 behielt das Gebäude seine ursprüngliche Nutzung als Schulturnhalle; danach entsprach es den inzwischen gültigen Normen für den Sportunterricht nicht mehr. Vereinzelt wurden noch einige Anlässe und Sitzungen des Einwohnerrates abgehalten. 1985/86 erfolgte schliesslich ein Um- und Ausbau zum Jugendhaus, bei dem die Hauptfassade umgestaltet und die innere Raumstruktur der neuen Nutzung angepasst wurde [4]. Dabei leisteten Aarburger Jugendliche und Erwachsene durch Freiwilligenarbeit einen Beitrag. Am 30. August 1986 wurde die Alte Turnhalle als Jugendhaus feierlich wiedereröffnet [5]. |
Beschreibung: | Die Alte Turnhalle befindet sich nördlich der Aarburger Altstadt an der Ausfallstrasse nach Olten. Wie für die Frühzeit der Turnhallenarchitektur im 19. Jh. üblich, ist sie als freistehender, unabhängiger Bau errichtet. Der langestreckte, giebelständige Baukörper unter einem geraden, flachgeneigten Satteldach tritt in der Bebauung entlang der Oltnerstrasse prominent in Erscheinung. Mit seiner streng axialen Fassadengestaltung ist der verputzte Mauerbau ganz dem Spätklassizismus verpflichtet. Eine die Vertikale stark betonende Pilastergliederung rhythmisiert den über einem niedrigen Gebäudesockel aus Jurakalk erstellten Baukubus. Traufseitig sind die mittleren fünf der insgesamt sieben Achsen mit Rundbogenfenstern besetzt. Die Rundbögen werden von einer profilierten Rahmung mit hervorgehobenem Schlussstein eingefasst, die auf Kämpferhöhe in ein von den Pilastern durchbrochenes Gesims überleitet. Die mittels eines umlaufenden Kranzgesimses ausgeschiedenen Giebel sind mit einem Rundfensterchen (Okulus) versehen. Den rückwärtigen Abortanbau mit den seiner Funktion gemässen kleinen Fensterchen schützt ein Walmdach. Der Nebeneingang in der Mitte der Südfassade und der strassenseitige Haupteingang an der westlichen Giebelseite sind mit profilierten Muschelkalkgewänden ausgestattet; der Schlussstein des letzteren trägt das Baudatum 1889. Beim Umbau der Alten Turnhalle in ein Jugendhaus 1985/86 wurde die Eingangspartie neugestaltet, wobei die Mittelachse oberhalb und seitlich des Haupteingangs mit grosszügigen Fensterflächen ausgestattet wurde. Ausserdem versetzte man die Tafel mit dem Schriftzug "Turnhalle" von ihrer ursprünglichen Platzierung über dem Eingang an die rechte Seite und ergänzte die Inschrift zu "Alte Turnhalle". Die geohrte Inschriftentafel besitzt eine Bekrönung aus Akanthusblättern, einer Muschel und einem zentralen Wappenschild mit dem Turnerkreuz. Das Turnerkreuz besteht aus vier horizontal und vertikal gespiegelten Grossbuchstaben "F", die auf den Wahlspruch der deutschen Turnbewegung um Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852) "Frisch, fromm, fröhlich, frei" verweisen. Im Innern war die ursprüngliche Raumstruktur von der grossen Halle zum Turnen geprägt. Zu ihr führte vom Haupteingang her ein kurzer Gang, der auch zwei flankierende Ankleideräume erschloss. In der nordwestlichen Gebäudeecke war ein Raum für die Geräte untergebracht, der direkt mit der Halle verbunden war. Im östlichen Annex befanden sich die Toiletten und die Heizung. Im Bereich des Obergeschosses bestand lediglich eine schmale Galerie entlang der westlichen Giebelseite. Für die neue Nutzung als Kulturzentrum unterteilte man das Gebäudeinnere in zusätzliche Räume, baute eine Küche ein und vergrösserte die Fläche des Obergeschosses. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung. Einzelobjekt 5.0.14 |
Anmerkungen: | [1] Lesny 2019, S. 42-43. [2] Die Originalpläne von Grossmann und Roth befinden sich im Planarchiv des Heimatmuseums Aarburg. Einige Detailpläne des ausgeführten Projektes sind mit "Arnold Müller, Architekt, Aarau" gezeichnet. [3] Bolliger 1970, S.289-290. [4] Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 1985/54. [5] Schönenberger, Kalberer, Russo 1997, S. 19-20. |
Literatur: | - Jakob Bolliger, Aarburg. Festung, Stadt und Amt, Aarburg 1970, S.289-290. - Katja Lesny, Von der Trotte zum Theatersaal. Frühe Turnhallen im Aargau, in: Kunst + Architektur in der Schweiz, 70. Jg. (2019), Nr. 1, S. 42-49, hier S. 43-44. - Otmar Schönenberger, Walter Kalberer, Maria Russo, 10 Jahre Alte Turnhalle Treffpunkt für Jugendliche und Erwachsene, in: Aarburger Neujahrsblatt, 1997, S. 19-21. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0599-0602, Brandkataster Gemeinde Aarburg, 1850-1938. - Gemeinde Aarburg, Baugesuchsarchiv: Baugesuch 1985/54. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28176 |
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