INV-ARI902 Büelmüli, 1665 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-ARI902
Signatur Archivplan:ARI902
Titel:Büelmüli
Bezirk:Muri
Gemeinde:Aristau
Ortsteil / Weiler / Flurname:Büelmüli
Adresse:Gizlen 7
Versicherungs-Nr.:165
Parzellen-Nr.:484
Koordinate E:2670048
Koordinate N:1238955

Chronologie

Entstehungszeitraum:1665
Grundlage Datierung:Inschrift (Eichensäule Mahlraum)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Mühle

Dokumentation

Autorschaft:Adam und Hans Eichholzer, Zimmermeister, Oberlunkhofen (Mühleneinrichtung)
Inschriften:"MAE / MHE / 1665" (Eichensäule Mahlraum)
Würdigung:Ehemals zu den Besitzungen des Klosters Muri gehörige Mühle, die gemäss einer Jahrzahl im Mahlraum 1665 neu gebaut oder weitgehend erneuert wurde. Der quer in den Abhang zur Reussebene gestellte Mauerbau präsentiert sich als breitgelagerter zweigeschossiger Baukörper mit Fachwerkgiebeln und geknicktem Satteldach. Die Befensterung stammt mehrheitlich aus dem 18. und 19. Jahrhundert, während sich aus der Entstehungszeit noch der stirnseitig angelegte rundbogige Mühlenzugang und die von den Gebrüdern Eichholzer aus Oberlunkhofen gezimmerte Tragkonstruktion des Mühlenraums erhalten haben. Dieser bewahrt Teile der Mühleneinrichtung aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, die Wohnung einen Kachelofen aus dem 19. Jahrhundert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das bestehende Mühlengebäude der Büelmüli besass einen Vorgängerbau, der spätestens seit dem frühen 17. Jh. zum Besitz des Klosters Muri gehörte und von einem Lehenmüller betrieben wurde [1]. Der Erwerb der Mühle könnte somit im Kontext des Klosterausbaus unter Abt Johann Jodok Singisen (um 1557/58-1644, reg. 1596-1644) zu sehen sein, der 1604 auch die beiden Mühlen von Boswil dem Kloster einverleibte [2]. Um 1665 entstand gemäss einer Jahrzahl an der Eichensäule im Mahlraum das bestehende Mühlegebäude wohl als Neubau. Die Mühleneinrichtung wurde, wie die Initialen «MAE» sowie «MHE» an derselben Stelle bezeugen, von den Zimmermeistern («M» für Meister) Adam und Hans Eichholzer aus Oberlunkhofen gefertigt, zwei Brüdern, die unter Abt Dominikus Tschudi schon die Einrichtung der 1649 abgebrannten und 1651 neu aufgebauten Mühle von Boswil gefertigt hatten [3].
1684 liess das Kloster die mächtige Mühlescheune auf der Hangseite des Hauptgebäudes errichten, die in stark veränderter Form heute noch besteht (Vers.-Nr. 163, kein Bauinventarobjekt). Als Zimmermeister verpflichtete man Johann Mäder aus Boswil, der sich am Jochbalken des Tenntors verewigte («M[eister] IOHANS MEDER ZIMBERMAN VON BOSWIL M[eister?] DISER ARBEIDT 1684») und der vom Kloster auch für andere wichtige Arbeiten zugezogen wurde [4]. Das Erscheinungsbild der beiden Gebäude in früher Zeit dokumentieren die um 1750 von P. Leodegar Mayer gezeichneten «Muri Herrschaften», auf denen die Büelmüli samt Scheune ebenso erscheint wie das oberhalb von Althäusern gelegene Landhaus «Kapf» (Kantonales Denkmalschutzobjekt ARI005) [5].
Gemäss dem ersten verfügbaren Brandkatastereintrag von 1850 sowie den Wasserwerksakten von 1861 befand sich die Mühle damals im Eigentum von Josef Leonz Stäubli und ging 1892 an Placid, der sich nun Staubli schrieb, über [6]. Von der Scheune, die 1850 in nicht weniger als sechs, 1875 in fünf und 1899 immer noch in vier Anteile gegliedert war, gehörte nur ein Gebäudeteil dem Müller, während die weiteren teilweise im Eigentum von Familienmitgliedern waren. Wohl mit Umbauten in der zweiten Hälfte des 19. Jh. erhielt das Mühlengebäude anstelle der auf den «Muri-Herrschaften» abgebildeten spätgotischen Reihenfenster seine bestehende Einzelbefensterung. Im gleichen Zeitraum erfolgten Modernisierungen der Mühleneinrichtung. Im Brandkataster sind für 1871 eine «Höherschatzung» sowie für 1882 ein «Umbau» vermerkt, der sich wohl vor allem auf die Mahleinrichtung bezog. Die ausführliche Beschreibung im Brandkatastereintrag von 1876 nannte ein «Wohnhaus, 2stökig, mit Tremkeller & Mühleeinrichtung mit 2 Mahlgängen, 1 Röndle, 1 Griesstäube & Abräther, 1 Mahlcylinder & Kammputzer, 2 Wasserräder mit Getriebe, nebst Bakofen von Stein». Nach dem Umbau von 1882 lautete der Eintrag auf ein «Gebäude mit 2 Mahlgängen / Röndle mit Tara / Weisserstäube / Beutlerei / Wasserrad / Rühlkamm / Riemenwerk / Hauptgetrieb mit Transmissionen» [7]. Die Mühlenanlage ist auf einem Wasserwerksplan von 1861 dargestellt (vgl. Bilddokumentation): Oberhalb der Mühle lagen zu beiden Seiten der Fahrstrasse nach Althäusern zwei Weiher, die ihr Wasser aus verschiedenen Quellen erhielten und von denen der obere heute noch existiert. Von den Weihern floss das Wasser in einem teilweise offenen, teilweise gedeckten Kanal nordseitig an der Scheune vorbei zum Radhaus, wo es 1861 zwei und gemäss Nachführung des Plans von 1899 später nurmehr ein Wasserrad antrieb.
Die Mühle war noch bis 1956 in Betrieb. Um 1980/90 wurde das Gebäude schonend renoviert.
Beschreibung:Die «Büelmüli» liegt zusammen mit dem rund um das Mühlengebäude entstandenen Weiler talseitig etwas abgesetzt vom Dorfteil Althäusern am Abhang der letzten Geländestufe über der Reussebene, wo die Wasserkraft zum Betrieb einer Mühle ausgenutzt werden konnte. Das quer zum Hang ausgerichtete Mühlengebäude trägt ein mächtiges geknicktes Giebeldach, welches durch den nachträglichen Einbezug des Radhauses an der Nordseite heute eine asymmetrische Dachform zeigt. Es wendet sich mit der hochragenden östlichen Stirnseite hinaus auf die Reussebene, während die südliche Traufseite mit dem Wohnungseingang zur Strasse weist. Der gemauerte und verputzte Baukörper besteht aus einem anderthalbgeschossigen, zur Talseite nach Osten in voller Höhe freiliegenden Kellersockel mit dem Mahlraum sowie einem einzigen Wohngeschoss. Die Giebel sind in heute fassendsichtigem Fachwerk ausgeführt; vor dem Umbau um 1980/90 waren sie mit einer vertikalen Holzverschalung versehen. Beim Dachgerüst, das sich in den Giebeln abzeichnet, handelt es sich um eine Sparrenkonstruktion mit Aufschieblingen, die auf einem stehenden Stuhl sowie einer strebengestützten Firstpfette ruht.
Der mit einem gefasten Rundbogengewände aus Muschelkalk ausgestattete Mühlenzugang liegt in der Mitte der talseitigen Stirnfront. Darüber öffneten sich gemäss Darstellung in den «Muri-Herrschaften» ursprünglich zwei Reihenfenster. Heute zeigt das Wohngeschoss regelmässig angeordnete, gefalzte Rechteckfenster aus dem späten 18. oder dem 19. Jh. Ebenso wurde der rundbogige Hauseingang an der traufseitigen Strassenfront durch das bestehende Rechteckgewände ersetzt, das von zwei Korridorfensterchen flankiert wird. Die aus Sandstein gefertigte Freitreppe besitzt noch ein Schmiedeeisengeländer aus dem 19. Jh. Das traufseitig nach Norden angefügte Radhaus war ursprünglich sicherlich als Annexbau angelegt, wurde aber nach Ausweis der Fenstergewände schon früh in den Baukörper des Hauptgebäudes einbezogen. Das Dach ist mit alten Biberschwanzziegeln eingedeckt und bewahrt seine durchgehend geschlossenen Dachflächen. Die Giebellukarne über dem Hauseingang wurde um 1980/90 entsprechend einer Vorgängerin aus der Zeit um 1900 erneuert.
In der Mitte des hohen Mahlraums erhebt sich eine sorgfältig behauene, mächtige Eichensäule, die in der Kämpferzone mit den Initialen «MAE» und «MHE» sowie der Jahrzahl 1665 versehen ist und noch die alte Deckenkonstruktion trägt. Darüber hinaus bewahrt der Raum wesentliche Teile der Transmissions- und Mahleinrichtungen aus dem 19. und frühen 20. Jh. Im Radhaus hat sich ein eisernes Wasserrad erhalten. Das Wohngeschoss zeigt einen dreiraumtiefen Grundriss. Stube und Nebenstube sind im talseitigen Vorderhaus untergebracht; den mittleren Bereich nehmen Küche und Vorräume ein, während der hangseitige Hausteil zwei Kammern umfasst. Der rückwärtige Anbau über der Radkammer beherbergt den Badeinbau und ein Zimmer. In der Stube hat sich nebst der Balkendecke mit erneuertem Schrägboden und einem einfachen Täfer aus dem 19. Jh. ein hellblauer Biedermeier-Kachelofen mit zugehöriger Sitzkunst erhalten (Hausinneres gemäss Bauernhausforschung 1989).
Vor der hangseitigen Stirnfront des Hauses erstreckt sich ein umfriedeter Garten. Durch den Garten zieht sich die Wasserzuleitung mit einem betonierten Kännel, der in seiner heutigen Form aus der Zeit um 1900 stammt. Von einer früheren Einfriedung sind zwei schöne gefelderte Torpfosten aus Sandstein samt Abdeckplatte erhalten.
Hangseitig nach Westen vom Hauptgebäude leicht abgesetzt erhebt sich die mächtige, in jüngerer Zeit stark veränderte Mühlescheune von 1684 (Vers.-Nr. 163, kein Bauinventarobjekt), die heute zu einer anderen bäuerlichen Liegenschaft gehört. Es handelt sich um eine eindrucksvolle, für die Region seltene Hochstudkonstruktion, die ursprünglich ein Strohdach trug und, wie auf den «Muri-Herrschaften» dargestellt, auch einen rein hölzernen Baukörper besass. Um 1990 wurde die typologisch wertvolle Dachkonstruktion durch einen nordseitigen Anbau wie auch die Erneuerung des Stalls stark verändert. Erhalten geblieben ist der erwähnte Schriftzug am Jochbalken des Tenntors.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
- Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz (IVS), AG 1860 (1996), lokale Bedeutung, Wegbegleiter.
Anmerkungen:[1] Lehenbriefe 1614-1798 im StAAG, AA.5951.1.
[2] Vgl. Franz Kretz, Boswil – Freiamt im Spiegel der Vergangenheit, Villmergen 1991, S. 109f.; zu Singisen vgl. Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Art. ‘Johann Jodok Singisen’ (2011): https://www.hls-dhs-dss.ch.
[3] Der dortige Eichenstud trägt die Inschrift «M[EISTER] ADEM EICHHOLTZER UND M[EISTER] HANS EICHHOLTZER DIE BRUEDEREN VON LUNKHOFEN ANNO 1651» (Germann Kdm AG V 1967, S. 108). – 1659 erwarb Hans Eichholzer, Landwirt und Zimmermeister das «neue Haus» am südlichen Dorfausgang von Oberlunkhofen (vgl. Bauinventarobjekt OLU903), den Vorgänger der heutigen «Alten Untervogtei». 1684 liess Eichholzer neben seinem Haus ein Bildstöckli errichten (Kantonales Denkmalschutzobjekt OLU004), das sein Wappen und die Initialen «MHEI» für Meister Hans Eichholzer trägt (Walter Bürgisser, Oberlunkhofen im Wandel der Zeit, Wohlen 1993, S. 52).
[4] Räber 1996, S. 75, 138, 355. – Als weiteres Ökonomiegebäude ist von Zimmermann Johann Baptist Mäder die 1706 zusammen mit Maurer Hans Rey von Muri erweiterte oder neu errichtete Zehntenscheune (Fruchthaus, Kaufhaus) von Boswil bekannt (Germann Kdm AG V, S.108, vgl. Kantonales Denkmalschutzobjekt BOS019). Ab 1686 war Mäder am Bau des Altarhauses und der Abtskapelle der Klosterkirche Muri beteiligt; 1695 konnte er mit seinen Söhnen den Dachstuhl über der Klosterkirche aufrichten (Germann Kdm AG V 1967, S. 241, 244).
[5] Original der Zeichnungen: Archiv Kollegium Sarnen (Repros Kantonale Denkmalpflege).
[6] StAAG, Brandkataster Aristau; StAAG, Wasserwerkskonzessionen.
[7] StAAG, Brandkataster Aristau.
[8] StAAG, Wasserwerkskonzessionen.
Literatur:- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 184 (Ofen), 412.
- Althäusern, Aristau, Birri: drei Dörfer, eine Gemeinde, Aristau 1991, S. 5 (histor. Aufnahme).
- Georg Germann, Der Bezirk Muri (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. V), Basel 1967, S. 16 (Bilddokument 1b).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): AA.5951.1, Lehenbriefe Büelmüli 1614-1798; AA.5952, F III Q, Bauabrechnung Mühlescheune 1684.
- Staatsarchiv Aargau (StAAG): DB.W01/0025/12, DB.W01/0082/07, Wasserwerkskonzessionen Gemeinde Aristau.
- Staatsarchiv Aargau (StAAG): CA.0001/0466-0468, Brandkataster Gemeinde Aristau, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn.: vor 1850: 149, 1850: 131, 1875: 137; Mühlescheune: vor 1850: 150, 1850: 134A-F, 1875: 134A-E).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Aristau VIII-2/1 (1989).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotosammlung.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=28596
 

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