INV-BEB913 Lourdesgrotte, 1929 (Dossier (Bauinventar))

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Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEB913
Signatur Archivplan:BEB913
Titel:Lourdesgrotte
Gemeinde:Besenbüren
Ortsteil / Weiler / Flurname:Hinterdorf
Adresse:Nachtheuel
Parzellen-Nr.:46
Koordinate E:2668173
Koordinate N:1240966

Chronologie

Entstehungszeitraum:1929
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Lourdesgrotte

Dokumentation

Würdigung:Landschaftlich reizvoll in einem Waldstück gelegene, kleinformatige Lourdesgrotte von 1929 mit Skulpturen der Gottesmutter und der Hl. Bernadette Soubirous. Bei der Entstehung der Grotte wirkten mehrere Besenbürerinnen und Besenbürer mit, was ihr eine grosse lokalgeschichtliche und gesellschaftliche Bedeutung verleiht. Die Besenbürer Lourdesgrotte stellt ein zeittypisches Beispiel für die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beliebten Nachbildungen des französischen Lourdesheiligtums dar.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Nach der Marienerscheinung in der Grotte von Massabielle bei Lourdes im Jahr 1858 entwickelte sich die südfranzösische Stadt nahe der spanischen Grenze zu einem der meistbesuchten Wallfahrtsorten Europas. Das in der 2. Hälfte des 19. Jh. geschaffene Eisenbahnnetz ermöglichte es immer mehr Menschen, ohne grosse körperliche Anstrengung und ohne übermässige Kosten auf Pilgerfahrt zu gehen. Die Wallfahrten nach Lourdes wirkten anschliessend zurück auf die Alltagsfrömmigkeit in der Heimat. So entstanden auch in der Schweiz bei Pfarrkirchen, in Wäldern und Schluchten künstliche Lourdesgrotten mit industriell hergestellten einheitlichen Marienbildnissen [1].
In Besenbüren initiierten die ehemalige Strohfabrikantin Hermine Keusch-Stöckli und die Handarbeitslehrerin Marie Ettli im Sommer 1929 den Bau einer Lourdesgrotte. Den Waldboden für die Grotte stellte der Grundeigentümer Josef Laubacher entschädigungslos zur Verfügung. Als Baumeister wurde der in Besenbüren ansässige Italiener Luigi Parietti verpflichtet, der zunächst im Brückenbau in Brugg und später beim Wasserversorgungsbau in Besenbüren arbeitete. Die für die künstliche Felsengrotte verwendeten Tuffsteine kamen aus Aristau, wobei der Transport weitgehend vom Turnverein übernommen wurde. Die beiden Skulpturen der Maria und der Hl. Bernadette Soubirous erstand man anlässlich einer Pilgerfahrt nach Lourdes. Der Fussweg zur Erschliessung wurde auf Kosten der Gemeinde und zum Grossteil auf freiwilliger Basis von jungen Männern aus Besenbüren erstellt. Am Rosenkranzfest im Oktober 1929 fand die feierliche Einweihung der Besenbürer Lourdesgrotte statt. Im gleichen Jahr wurde das Bauwerk dem Frauenverein Besenbüren als Geschenk übergeben [2].
Aufgrund von Witterungseinflüssen mussten immer wieder Renovationsarbeiten vorgenommen werden; so erlitt die Madonnenstatue bereits 1930 Brandbeschädigungen und 1937 zogen Sturm und Forst die Bernadettenskulptur sowie die Grotte in Mitleidenschaft [3]. Während die kniende Skulptur der Hl. Bernadette ursprünglich gegenüber der Marienskulptur auf einem Sockel platziert war, befindet sie sich seit der letzten Renovation seitlich neben der Gottesmutter, wofür die Grottenöffnung entsprechend angepasst werden musste.
Beschreibung:Die Besenbürer Lourdesgrotte befindet sich auf einer kleinen Waldlichtung im Nordwesten des Dorfes auf dem Schanzhübel. Während von Südwesten der Fussweg zur Lichtung heranführt, sind gegenüber der Grotte und nordöstlich Sitzbänke angebracht. Die aus Aristauer Tuffstein künstlich angelegte Grotte ist als freistehender viertelsphärischer Baukörper vor das ansteigende Terrain gesetzt und wird von einer Gitterabschrankung umgeben, hinter welcher Kerzenständer aufgestellt sind. Im Zentrum der vorderen, flach geformten Felswand befindet sich eine Nische für die Skulpturen der Gottesmutter und der knienden Bernadette Soubirous, welche die Marienerscheinung in der Grotte Massabielle bei Lourdes 1858 visualisieren. 1864 schuf der französische Bildhauer Joseph-Hugues Fabisch (1812–1886) nach den Visionsbeschreibungen Bernadettes eine Madonnenfigur für die Grotte bei Lourdes, die daraufhin häufig kopiert wurde [4]. Auch die Besenbürer Lourdesmadonna folgt dem von Fabisch entworfenen Typus einer stehenden Maria ohne Kind, welche die Hände zum Gebet gefaltet hat, ein jungfräulich weisses Kleid mit blauem Gürtel trägt, einen Rosenkranz bei sich hat und auf deren Füssen zwei goldene Rosen liegen. An der Vorderseite der Grotte sind zahlreiche Votivtäfelchen mit Dankesinschriften angebracht und vier quadratische Nischen für Blumen und andere Votivgaben eingelassen. Abgesehen von einem Wasserlauf verfügt die Besenbürer Lourdesgrotte somit über alle wesentlichen Merkmale dieses Bautypus, wobei sie im Vergleich zum Original in Lourdes kleinmassstäblicher angelegt wurde [5].
Auf dem Fussweg zur Grotte weist ein Stein mit einem kupfernen Relief der Gottesmutter den Weg zur Lichtung mit der Grotte.
Anmerkungen:[1] Ansgar Wildermann, "Pilgerwesen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.02.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011512/2010-02-02/, konsultiert am 11.01.2021; weitere Lourdesgrotten im Kanton Aargau finden sich etwa in Boswil (Bauinventarobjekt BOS935), Eiken (EIK918), Gansingen (GAN903), Hornussen (HOR913), Leuggern (LGG907), Waltenschwil (WAL913), Wegenstetten (WEG937) oder Wittnau (WIT920).
[2] Ortsbürgergemeinde Besenbüren 2010, S. 72.
[3] Huber-Brun 2009, S. 7.
[4] Hans Körner, Die falschen Bilder. Marienerscheinungen im französischen 19. Jahrhundert und ihre Repräsentationen, München 2018, S. 103-105.
[5] Allgemein zum Bautypus der Lourdesgrotten siehe Mathilde Tobler, "Wahre Abbildung“. Marianische Gnadenbildkopien in der schweizerischen Quart des Bistums Konstanz, in: Der Geschichtsfreund, Bd. 144, Stans 1991, S. 83-89.
Literatur:- Jubiläumsbuch. 850 Jahre Besenbüren 1160–2010. Ortsbürgergemeinde Besenbüren (Hrsg.), Zürich 2010, S. 72.
- Marie Huber-Brun, Lourdesgrotte Besenbüren. Entstehung und 80 Jahre danach, in: s'Bäsi-Blättli. Das Informationsblatt für Besenbüren, Winterausgabe Dezember 2009, S. 7.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29190
 

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