INV-BEW909 Oberdorf 15, 1879 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEW909
Signatur Archivplan:BEW909
Titel:Oberdorf 15
Bezirk:Muri
Gemeinde:Beinwil (AG, Freiamt)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Beinwil, Oberdorf
Adresse:Oberdorf 15
Versicherungs-Nr.:208
Parzellen-Nr.:68
Koordinate E:2668325
Koordinate N:1231630

Chronologie

Entstehungszeitraum:1879
Grundlage Datierung:Inschrift (Haustür)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Dokumentation

Inschriften:1879 (Hauseingang)
Würdigung:Am nordwestlichen Dorfausgang stehendes stattliches Wohnhaus, das 1879 für den Winterschwiler Müller, Grossrat und Bezirksgerichtspräsidenten Jakob Nietlispach erstellt wurde. Der dreigeschossige Mauerbau spätklassizistisch-biedermeierlicher Prägung hat sein zeittypisches Fassadenbild mit streng axialer Fensteranordnung und sorgfältig ausgebildeten Eckpilastern weitgehend bewahrt. Der original erhaltene Hauseingang mit fein gearbeiteter Sandsteinrahmung und aufwendig beschnitztemTürblatt aus der Werkstatt des Wiggwiler Schreiners Johann Baptist Wobmann zeugt vom Repräsentationsbedürfnis des Bauherrn. Im weitgehend modernisierten Innern ist die Raumstruktur mit Mittelgang noch ablesbar, und in einigen Räumen haben sich Stuckdecken aus der Bauzeit erhalten. Nebst seiner bau- und sozialgeschichtlichen Zeugenschaft kommt dem hoch aufragenden Baukörper auch eine wichtige Bedeutung für das Ortsbild zu, markiert er doch – vom Lindenberg herkommend – unmissverständlich den Auftakt der dörflichen Bebauung.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Jahreszahl 1879 an der kunstvoll beschnitzten Haustür verweist auf den Bau des Hauses. Im Brandkataster wird die Liegenschaft denn auch 1879 als "Wohnhaus und Anbau von Stein und Riegel, mit Ziegeldach" neu eingetragen [1]. Als Eigentümer verzeichnet ist J. Nietlisbach, Müllers. Es dürfte sich hierbei um Jakob Nietlispach (1848-1918) handeln, welcher als Bauer in Grüth, Besitzer der Mühle Winterschwil, Gemeindeschreiber und späterer Gemeindeammann von Beinwil sowie als Bezirksgerichtspräsident, Mitglied des Aargauischen Grossen Rates und des Nationalrates ein vielfältiges, wechselvolles berufliches und politisches Leben führte [2]. Seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reputation entsprechend liess er sich am nordwestlichen Ortsrand, unmittelbar bei der Einmündung des Fahrwegs von Winterschwil in die Dorfstrasse, ein für damalige Verhältnisse ausserordentlich stattliches Wohnhaus errichten.
Gemäss Brandkataster ging das Haus 1938 an Landwirt Hans Suter über, dessen Nachkommen heut noch in Besitz der Liegenschaft sind. In den 1960er und 80er Jahren wurden westlich und nordwestlich des Hauses Gewerbebauten für eine Autowerkstätte erbaut. 2007/08 erfolgte ein grösserer Umbau mit Modernisierung im Innern sowie Einrichtung von zwei Stockwerkwohnungen mit Erschliessung im rückwärtigen Quergiebelanbau [3]. Anlässlich dieses Umbaus haben die Erdgeschossfenster an der südlichen Stirnfront eine unschöne Vergrösserung erfahren, welche die vormals ausgewogene Proportionierung der Fassade beeinträchtigt.
Beschreibung:An der nordwestlichen Dorfausfahrt in Richtung Lindenberg tritt das Haus als dreigeschossig hochragender Mauerbau unter knappem, geradem Giebeldach markant in Erscheinung. Der kubische, 3 x 3 Fensterachsen zählende Baukörper wird von sorgfältig in Sandstein gehauenen Pilastern mit üppigen Volutenkapitellen gefasst. Das durch ein umlaufendes Gurtgesims abgetrennte Sockelgeschoss beherrscht der mittig in der Strassenfront gelegene Hauseingang, welcher seitlich von schmalen, vergitterten Lichtschlitzen begleitet wird. Die gemeinsame, fein gestufte Rahmung aus Sandstein wird unter einer profilierten Gesimsbekrönung zusammengefasst. Den eigentlichen Blickfang aber bildet das ausserordentlich reich beschnitzte Türblatt mit der Jahreszahl 1879, eine Arbeit des Wiggwiler Schreiners Johann Baptist Wobmann (1845-1916), der auch die 1876 datierte Haustür der Eichmühle geschaffen hat (Bauinventarobjekt BEW920). Wie das Eingangsportal verfügen sämtliche Fensteröffnungen an den Vollgeschossen über Sandsteingewände; profilierte Verdachungen am ersten Obergeschoss weisen dieses als Beletage aus. Die beiden Giebelfelder sind mit holzgerahmten Einzelfenstern sowie mit einem dreiteiligen gestaffelten Rundbogenlicht (Serliana) besetzt, welches als typisches Stilelement des Biedermeiers zu bezeichnen ist.
Durch den strassenseitigen Eingang betritt man das Sockelgeschoss, das einen Mittelgang und hangseitig nach Norden hin zwei leicht eingetiefte Kellerräume enthält. Südseitig zum Dorf hin schliesst eine ebenerdige Raumschicht an, die ursprünglich wohl zu Lagerzwecken und später angeblich als Ladenlokal diente (heute zu offenem Wohnraum umgestaltet). Vom Mittelgang aus führte früher eine Innentreppe in die oberen Geschosse. Heute ist die abgetrennte Wohnung im zweiten Obergeschoss über einen neu geschaffenen Aussenaufgang am rückwärtigen Quergiebelanbau erschlossen. In den südgerichteten Räumen des zweiten Obergeschosses haben sich zwei Stuckdecken mit Mittelmedaillons und rosettenartigen Eckverzierungen erhalten.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
[2] Beinwil Freiamt 1988, S. 73.
[3] Gemeindearchiv Beinwil Freiamt, Baugesuchsakten.
Literatur:- Beinwil Freiamt – Zeitbilder einer Landgemeinde, Aarau 1988 (Hrsg. Einwohnergemeinde Beinwil/Freiamt).
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 99.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Beinwil/Freiamt, VIII-4/13.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=29988
 

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