INV-BEW917 Wiggwil 8, 18. Jh. (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BEW917
Signatur Archivplan:BEW917
Titel:Wiggwil 8
Bezirk:Muri
Gemeinde:Beinwil (AG, Freiamt)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Wiggwil
Adresse:Wiggwil 8
Versicherungs-Nr.:90
Parzellen-Nr.:612
Koordinate E:2668452
Koordinate N:1230466

Chronologie

Entstehungszeitraum:18th cent.
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bauernhauszeile

Dokumentation

Würdigung:Ursprünglich wohl als Doppelhaus erstelltes und später von drei Parteien genutztes bäuerliches Wohngebäude, das im oberen Ortsteil von Wiggwil ein charakteristisches Element der traufständigen, gassenähnlich verdichteten Bebauung bildet. Es handelt sich um ein ehemals schindelgedecktes Tätschhaus wohl aus dem 17./18. Jahrhundert, das anlässlich seiner Umdeckung auf Ziegel ein steileres Giebeldach erhielt. Der über einem kräftigen Mauersockel errichtete Ständerbau hat sein geschossübergreifendes bauzeitliches Wandgerüst erhalten, wogegen die Fleckling-Füllungen und die axial gesetzten Fenster aus einer Umbauphase im 19. Jahrhundert stammen. Das 2015 umfassend renovierte Gebäude gehört mit den typenähnlichen Nachbarbauten Wiggwil 12 und Wiggwil 6 (Bauinventarobjekte BEW916 und BEW942) zum ältesten Baubestand des Weilers Wiggwil und ist somit von grossem baugeschichtlichen und typologischen Zeugenwert. Wichtige Stellung im ISOS-national eingestuften Ortsbild von Wiggwil.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1828 ist das Gebäude als "Wohnhaus von Holz mit Tremkellern und Schindeldach" verzeichnet [1]. Der östliche Hausteil umfasste die Hälfte des Gebäudes und stand im Eigentum von Georg und Joseph Nietlispach. Die westliche Haushälfte enthielt zu je einem Viertel zwei schmale Wohnungen (Eigentümer: Katharina Bühlmann; Gemeinde Wiggwil). Die Erwähnung eines Schindeldaches bezeugt, dass das Gebäude einst ein Tätschhaus war und somit typologisch zum ältesten Baubestand im Oberen Freiamt gehört [2]. Von der Grundanlage her dürfte es sich um ein Doppelbauernhaus mit stirnseitigen Eingängen gehandelt haben, wobei der bergseitige Teil schon früh in zwei Hälften aufgeteilt wurde.
Bis 1880 wies das Haus noch zu 2/5 Schindelbedachung auf, ehe die vollständige Umdeckung auf Ziegel erfolgte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt erfuhren die Fassaden eine spätklassizistische Überprägung, indem streng axiale Einzelfenster angelegt und die Aussenwände mit fassadenbündigen Flecklingen ausgefacht wurden.
2015 fand eine umfassende Sanierung des renovationsbedürftigen Gebäudes statt, wobei das äussere Erscheinungsbild sowie wesentliche Teile der historischen Bausubstanz und der überlieferten Raumstruktur erhalten blieben [3].
Beschreibung:Der langgestreckte, grossvolumige Baukörper erhebt sich im oberen Ortsteil von Wiggwil auf der Nordseite des Sembachs, wo er in traufständiger Ausrichtung zur Strasse in die Fallrichtung des Geländes gestellt ist. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Ständerbau über gemauertem Kellergeschoss, welches fast vollständig freisteht und über ebenerdige Zugänge verfügt. Das in einen Schwellenkranz eingelassene, geschossübergreifende Ständergerüst gehört zur Originalsubstanz, wogegen die Wandfüllungen aus liegend eingenuteten Flecklingen (Kanthölzern) wie auch die streng axial angeordneten Einzelfenster aus einer Umbauphase im 19. Jh. stammen dürften. Bis zur Renovation von 2015 trug die witterungsausgesetzte westliche Stirnfront eine graue Eternitverschalung, welche in der Folge durch eine vertikale Bretterverkleidung ersetzt wurde. Den oberen Abschluss bildet ein mittelsteiles Satteldach über Kniestock, das von einer Pfetten-Rafenkonstruktion mit liegendem Stuhl getragen wird. Diese dürfte anlässlich der Umdeckung von Schindel- auf Ziegelbelag im 19. Jh. entstanden sein.
Das lange Zeit von drei Parteien genutzte Gebäude war ursprünglich wohl ein Doppelwohnhaus mit zwei quer zur Firstrichtung getrennten, spiegelbildlich organisierten Wohnungen (vgl. Grundrissskizze in der Bilddokumentation). Namentlich im östlichen Hausteil sind die früheren Verhältnisse mit stirnseitiger Erschliessung, firstparallel geführter Gangküche, nach Süden orientierten Wohnräumen (Stube und Nebenstube heute zusammengelegt) sowie rückwärtigen Kammern (heute moderne Küche) noch gut nachvollziehbar. An historischer Ausstattung haben sich Binnenwände aus Bohlen, Feldertäfer und Deckenbalkenlagen erhalten. In Verbindung mit zweitverwendeten Ausstattungsstücken (gestemmte Türen mit alten Beschlägen, Stubenofen mit grün-schwarz patronierten Kacheln und Zierfries) sowie modernen Einrichtungselementen wurde eine ländliche Wohnatmosphäre von erheblicher Qualität geschaffen. Übrige Wohnungen nicht gesehen.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Beinwil/Freiamt 1988, S. 89 (No. 160A,B,C); Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
[2] Zum Tätschhaus, das im Freiamt zusammen mit dem steilgiebligen Strohdachhaus die älteste Hausgeneration darstellt, vgl. Räber 1996, S. 269 ff.
[3] Gemeindearchiv Beinwil Freiamt, Baugesuchsakten.
Literatur:- Beinwil Freiamt – Zeitbilder einer Landgemeinde, Aarau 1988 (Hrsg. Einwohnergemeinde Beinwil/Freiamt).
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1: Freiamt und Grafschaft Baden, Basel 1996.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0474-0477: Brandkataster Beinwil Freiamt 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Beinwil/Freiamt, VIII-4/31.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=30036
 

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