INV-BIR903 Doppelbauernhaus, Dorfmuseum, 1807 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BIR903
Signatur Archivplan:BIR903
Titel:Doppelbauernhaus, Dorfmuseum
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Birr
Ortsteil / Weiler / Flurname:Hinterdorf
Adresse:Hinterdorfstrasse 3
Versicherungs-Nr.:9
Parzellen-Nr.:117
Koordinate E:2657472
Koordinate N:1254254
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2657472&y=1254254

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1807
Grundlage Datierung:Inschrift (Kachel an Sitzkunst der vorderen Stube); Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"Frantz Dägerfeld / Hafner zu Brugg / 1807" (Kachel an Sitzkunst der vorderen Stube)
Würdigung:Der an zentraler Lage im alten Dorfkern stehende bäuerliche Vielzweckbau wurde um 1807 noch mit einem Strohdach errichtet. Obwohl das Dachwerk und der Wirtschaftstrakt ab dem späten 19. Jahrhundert in Etappen erneuert wurden, kommt dem Gebäude ein erheblicher
Zeugenwert zu. Es bewahrt den gemauerten, durch die Stichbogenfenster spätbarock geprägten Wohnteil, der aufgrund seines für zwei Haushalte konzipierten Grundrisses mit gemeinsamer Küche und der umfangreichen historischen Ausstattung ein selten gewordenes Beispiel vergangener ländlicher Wohnkultur ist. In der vorderen Stube hat sich ein vom Brugger Hafner Franz Dägerfeld signierter Kachelofen mit Sitzkunst aus dem Jahr 1807 erhalten. Im Obergeschoss zeugen russgeschwärzte Decken und Wände noch von der für Strohdachhäuser typischen offenen Rauchküche. Die derzeitige Nutzung als Dorfmuseum ist für das Gebäude ideal, erlaubt sie doch die umfassende Erhaltung und Würdigung der historisch wertvollen Bausubstanz.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Stichbogenfenster am Wohnteil und eine datierte Ofenkachel an der Sitzkunst mit der Jahreszahl "1807" verweisen auf die Erbauung des Bauernhauses im frühen 19. Jh. Das Dach wurde noch vollständig mit Stroh eingedeckt, womit es sich für Aargauer Verhältnisse um eine sehr späte Neueindeckung dieser Art handelte. Erst 1886 erhielt der Wohnteil eine Pfetten-Rafenkonstruktion mit liegendem Stuhl und Kniestock und wurde mit Ziegeln eingedeckt [1]. Eigentümer der Gebäudehälfte mit der vorderen Wohnung, ab 1877 auch der Hälfte mit der hinteren Wohnung, war laut Brandkataster von 1876 Gemeindeschreiber Johann Müller. Mit der Handänderung an den Kaufmann Heinrich Müller 1926 wurde die Scheune, die bis zu diesem Zeitpunkt wohl noch immer mit Stroh eingedeckt war, vollständig erneuert. Heute wird der Ökonomietrakt vom Bauamt genutzt, das auf dem Platz hinter dem Haus den Werkhof der Gemeinde eingerichtet hat. Im gut erhaltenen Doppelwohnteil befindet sich seit 1966 das Dorfmuseum.
Beschreibung:Das ehemalige Doppelbauernhaus nimmt an der Hinterdorfstrasse, gegenüber dem nur wenige Jahre später erbauten Gasthof zum Bären (1812-13), einen zentralen Platz ein. Der unter einem geraden Satteldach geborgene, langgestreckte Vielzweckbau gliedert sich in einen von Beginn weg gemauerten Wohntrakt aus der Zeit um 1807 und eine grosszügige Scheune aus dem 20. Jh. mit der Abfolge Tenn, Stall, Futtertenn, Remise. Beide Trauffassaden des für zwei Familien konzipierten Wohnteils sind gleich gestaltet. Das Erdgeschoss besetzen je vier spätbarocke Stichbogenfenster mit gefalzten Muschelkalkgewänden, die im Bereich der Hauptstuben zu Dreiergruppen zusammengefasst sind. Die Kammern im Obergeschoss werden durch schlichte Rechteckfenster belichtet, die in drei gleichmässig verteilten, mit den unteren Fenstern korrespondierenden Achsen angeordnet sind. Eine fünfte Achse bilden die beiden Hauseingänge, die unmittelbar neben dem ehemaligen Tenn liegen und durch einen querlaufenden Gang miteinander verbunden sind. Die Fenster bewahren die alten sechsteiligen Holzrahmen (strassenseitig am Erdgeschoss samt Vorfenstern), welche mit Vorreibern zu schliessen sind und teilweise noch barocke Beschläge aufweisen. Vorder- und Hintereingang zeigen unterschiedlich gestaltete Rahmentüren. Das hintere Türblatt weist noch die ältere barocke Zweiteilung auf, während das vordere mit vier Füllungen im Stil des frühen 19. Jh. gehalten ist.
Der dreiraumtiefe Wohnungsgrundriss umfasst strassen- und rückseitig je eine Haupt- und Nebenstube, während sich dazwischen eine lange, breite Küche befindet, die sowohl über den Gang also auch von den beiden Stuben her zugänglich ist. Die beidseitig angebrachten eisernen Sparherde und Einfeuerungen für die Kachelöfen weisen auf eine gemeinsame Nutzung dieses Raumes hin. Die Aufteilung der beiden Haushalte verlief also längs des Firsts. In der Küche ist auch der im 20. Jh. durch eine dünne Wand abgetrennte Treppenaufgang ins Obergeschoss angelegt. Über diesen gelangt man in einen über der Küche liegenden Korridor, von dem wiederum nach beiden Seite Türen in eine Schlafkammer und einen Vorratsraum abgehen. Die starke Russschwärzung der gemauerten Aussenwände, der hölzernen Binnenwände und des Gebälks stammt noch aus der Zeit vor dem Einbau der beiden Kamine.
An Ausstattungselementen hat sich in der vorderen Stube ein grüner Kastenofen mit Sitzkunst erhalten. Er besitzt einen balusterförmigen Eckfuss und unter der Ofenplatte ein gemauertes Tresorfach. Eine Kachel an der Sitzkunst trägt die Hafnerinschrift "Frantz Dägerfeld / Hafner zu Brugg / 1807". Die hintere Stube bewahrt eine aus grünen Kacheln aufgesetzte Sitzkunst, die in einer stichbogigen Ofennische steht. Zur historischen Bausubstanz gehören auch die zahlreichen barocken Füllungs- und Brettertüren mit teilweise originalen Beschlägen, die Sichtbalkendecken und das intakte Feldertäfer in den beiden Hauptstuben. Auch die Bretterböden zählen zu den alten Oberflächen, während die Beläge aus schmalen Dielen und die Zementplatten in der Küche wohl um 1900 hinzugekommen sind. Die Räume sind als ländliches Wohnmuseum eingerichtet.

Unter der strassenseitigen Haushälfte verläuft in Firstrichtung ein Keller mit Tonnengewölbe, der über einen Aussenzugang erschlossen ist. Zum Tenn hin besteht eine Luke, durch die früher wohl Kartoffeln und Futterrüben in den Keller befördert wurden.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, ZwA 1942.0001 Birr, Akten Bezirksamt: Brandkataster 1875. - Noch 1899 lag der Ziegelanteil laut Brandkatastereintrag bei 3/8, was genau dem Wohnteil entsprochen haben dürfte, vgl. Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0119: Brandkataster Gemeinde Birr 1899-1937.
Literatur:- Michael Stettler/Emil Maurer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 2, Basel 1953,
S. 248.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0119: Brandkataster Gemeinde Birr 1899-1937.
- Staatsarchiv Aargau, ZwA 1942.0001 Birr, Akten Bezirksamt: Brandkataster 1875.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, IV-2/2.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=30372
 

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