INV-BRG919 Villa Birrenbergstrasse 12, 1902 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-BRG919
Signatur Archivplan:BRG919
Titel:Villa Birrenbergstrasse 12
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Bremgarten (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Kapuzinerhügel
Adresse:Birrenbergerstrasse 12
Versicherungs-Nr.:378
Parzellen-Nr.:4049
Koordinate E:2667831
Koordinate N:1244592

Chronologie

Entstehungszeitraum:1902
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Repräsentatives Wohnhaus, Villa
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Würdigung:Repräsentative und qualitätvoll gestaltete Späthistorismusvilla, die 1902 von einem unbekannten Architekten für Otto Gutzwiller, Inhaber der Rosshaarspinnerei an der Wohlerstrasse, erbaut wurde. Das in Formen der sogenannten deutschen Renaissance gehaltene, ausgesprochen stattliche Gebäude präsentiert sich als zweigeschossiger verputzter Mauerbau, der durch aufwendige Hausteinarbeiten aus rötlichem oberrheinischem Buntsandstein und Quergiebel in grünem Sichtfachwerk eine zeittypische malerische Gliederung wie auch eine charakteristische Farbigkeit erhält. Die in ihrer äusseren Erscheinung wie auch im Inneren aufmerksam gepflegte Villa und bewahrt noch ein ausserordentlich hohes Mass an bauzeitlicher Substanz. Der vor allem hangabwärts anschliessende, parkartig gestaltete Garten, welcher sich von der Villa ausgehend hangabwärts erstreckt, besitzt einen alten, heute dicht zugewachsenen Baumbestand.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Die Villa wurde 1902 für Otto Gutzwiller erbaut, der aus dem Baselbiet zugezogen war, seit 1886 die Rosshaarspinnerei («Rosshöri») am Fuss des Kapuzinerhügels (Wohlerstrasse 5, Vers.-Nr. 322, vgl. Bilddokumentation) betrieb und zum Zeitpunkt des Baus auch dem Stadtrat angehörte. Zunächst hatte die Familie die unmittelbar neben dem Gewerbegebäude gelegene, ehemalige murianische Zehntenscheune (Bauinventarobjekt BRG909) bewohnt, bevor der wirtschaftliche Erfolg des auf hochwertige Polsterstoffe spezialisierten Betriebs den Umzug in den stattlichen Neubau ermöglichte; bereits 1920 wurde die Firma aufgehoben. Der Architekt der Villa, bei dem es sich nach der gestalterischen Qualität des Baus sicherlich um einen bekannten Namen handelte, ist nicht überliefert [1]. Mit der Errichtung der Villa nahm die Bebauung des Kapuzinerhügels ihren Anfang, die sich später mit weiteren repräsentativen Wohnhäusern fortsetzte.
Seit seiner Fertigstellung wurde das Gebäude kontinuierlich und ausgesprochen aufmerksam gepflegt, während man nur sehr geringfügige Veränderungen vornahm. Vor einigen Jahren haben die Fassaden einen Neuanstrich entsprechend der bauzeitlichen Farbigkeit erhalten. Im gleichen Zeitraum wurde das zuvor offene Treppenhaus mit einer hölzernen Zwischenwand gegen die Erdgeschossräume hin abgetrennt.
Beschreibung:Die ausgesprochen stattlich dimensionierte Villa erhebt sich an der Hangkante des Kapuzinerhügels, wo sie den höchsten Punkt eines hangabwärts ausgedehnten, parkartigen Gartengrundstücks einnimmt; zugänglich ist sie bergseitig von der Birrenbergstrasse her. Der qualitätvoll gestaltete, repräsentative Späthistorismusbau ist in Formen der sogenannten deutschen Renaissance gehalten. Es handelt sich um einen verputzten Mauerbau, der sich mit zwei grosszügigen Vollgeschossen sowie einem Kniestock über quadratnahem Grundriss erhebt und von einem hohen, gekappten Walmdach abgeschlossen wird. Der Baukörper ist in zeittypischer Manier durch Risalite und eine doppelgeschossige Veranda an der Nordostecke malerisch aufgelöst; vier unterschiedlich breite Quergiebel, die sich im Dach nach allen Seiten wenden, sind ebenso in grün gefasstem Sichtfachwerk ausgeführt wie der Kniestock. Die gezahnte, grob bossierte Eckquaderung, die Hausteinpartien der ostseitigen Veranda sowie sämtliche Tür- und Fensterrahmungen sind aus rötlichem oberrheinischem Buntsandstein gefertigt, einem Werkstein, der dem Bauherrn aus seiner früheren Heimat vertraut war. Der talseitig freistehende Gebäudesockel zeigt eine grob bossierte Quaderung aus Jurakalk.
An besonders aufwendigen Hausteinelementen sind insbesondere die mit Korbbogenöffnungen versehene Veranda und die von hier aus zugängliche, halbrund vorspringende Terrasse mit ihrem gotisierenden Masswerkgeländer zu erwähnen. Die Fenster, die einzeln, doppelt und in Dreiergruppen angeordnet sind, werden von geohrten Gewänden gerahmt; jene im Obergeschoss sind durch dreipassförmige Blendbogenstürze zusätzlich akzentuiert. Der in der Mitte der Südfassade platzierte Haupteingang mit schützendem bauzeitlichem Walmdächlein bewahrt das originale Türblatt mit farbig verglasten Bleisprossenfenstern. Analog gestaltete Kunstverglasungen sind auch an der Veranda sowie am stadtwärts gerichteten Salonfenster verwendet. An der Westseite beherbergt ein überhöhter Risalit mit Krüppelwalmdächlein das Treppenhaus, das über einen Hintereingang auch direkt zu betreten ist. Durchgehend sind die bauzeitlichen Fenster samt Vorfenstern erhalten. Mit ihrer grünen Fassung analog dem Fachwerk unterstützen diese die charakteristische Farbigkeit des Gebäudes.
Das Innere zeigt ein grossbürgerliches Raumprogramm, das weitgehend noch die hochwertige Ausstattung aus der Bauzeit bewahrt. Die Erdgeschossräume sind rund um einen zentralen Vorplatz angelegt, an den sich westseitig das ursprünglich offene Treppenhaus anschliesst und der vom Haupteingang über einen kurzen Gang betreten wird; heute wird das Treppenhaus von einer Zwischenwand abgetrennt. Die Holztreppe besitzt ein gedrechseltes Staketengeländer mit Antrittspfosten. Die Wände von Treppenhaus und Gang sind mit Rupfen verkleidet, der durch einen bauzeitlichen Ölfarbanstrich mit Pinselstrichen kreisförmig ornamentiert ist. Der stadtwärts nach Norden gelegene Salon besitzt eine zweifarbig maserierte Täferausstattung. Im ostwärts gerichteten Speisezimmer steht einen crèmefarbener historistischer Turmofen; das Täfer ist hier heute weiss gefasst. Mehrheitlich sind noch die bauzeitlichen Parkettböden sowie Radiatoren, teilweise mit Wärmefach, erhalten. Die südwestlich neben dem Eingang gelegene Küche besitzt einen grossen Eisenherd; der Bodenbelag besteht aus sechseckigen Klinkerplatten. Das analog unterteilte Obergeschoss war zum Treppenhaus hin seit jeher durch einen teilweise verglasten Wohnungsabschluss abgetrennt. Die Räume sind hier etwas einfacher ausgestattet und besitzen Riemenböden aus hochwertigen Hölzern. Das heute als eigenständige Wohnung abgetrennte Dachgeschoss war seit jeher mit Mansarden ausgebaut.
Der Garten teilt sich in den unmittelbaren, in der Ebene gelegenen Nahbereich um das Haus und den steil zur unteren Vorstadt hin abfallenden Hang, der einen alten, heute dicht zugewachsenen Baumbestand zeigt. Von der Birrenbergstrasse her wird die chaussierte Vorfahrt in der Achse des Hauseingangs durch eine Zufahrt mit Eisentor erschlossen. In der näheren Umgebung bestehen mit den Gebäuden Birrenbergstrasse 10 sowie Kapuzinerhügel 12 und 10 (Bauinventarobjekte BRG920-922) zwei weitere Villen und ein villenartiges Mehrfamilienhaus, die in den 1920er Jahren auf im Gefolge der Villa Gutzwiller entstanden.
Anmerkungen:[1] Stadtarchiv Bremgarten: 12/4, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1805-1850 u. 1876-1897; Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0081, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1899-1938; freundl. Auskunft der Eigentümer (2018). Zur Rosshaarfabrik Paul Hausherr, 75 Jahre Verkehrsverein Bremgarten, Bremgarten 1976, S. 4; SHAB, 1920, S. 1214 (Mitteilung der Liquidation).
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 110.
Quellen:- Stadtarchiv Bremgarten: 12/4, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1805-1850 u. 1876-1897; Staatsarchiv Aargau: CA.0001/0081, Brandkataster Gemeinde Bremgarten, 1899-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=31470
 

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