INV-DOT920 Bürogebäude, 1930 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-DOT920
Signatur Archivplan:DOT920
Titel:Bürogebäude
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Dottikon
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dottikon
Adresse:Bleicheweg 5
Versicherungs-Nr.:312
Parzellen-Nr.:298
Koordinate E:2660290
Koordinate N:1248462

Chronologie

Entstehungszeitraum:1930

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bürohaus, privates Verwaltungsgebäude

Dokumentation

Würdigung:Bürogebäude, das 1930 für die Firma "Ernest H. Fischer's Söhne" am Eingang des Bleichereiareals errichtet und um 1950 im gleichen Stil nach Westen erweitert wurde. Mit dem kubisch abgesetzten Treppenhaus, der eigenwilligen viertelkreisförmigen Eingangszone und den Fensterbändern ist das Gebäude ein charakteristischer, wenn auch gemässigter Exponent des Neuen Bauens, der mit seinem Erstellungsjahr zudem zu den frühesten Vertretern der Moderne im Kanton Aargau zählt. Die im Innern nahezu vollständig erhaltene qualitätvolle Ausstattung macht den gepflegten Bau zu einem bemerkenswert aussagekräftigen Zeugen seiner Zeit.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Bürogebäude wurde 1930 auf dem Areal der ehemals zur Aktiengesellschaft "J. J. Fischer's Söhne" gehörenden Bleicherei und Färberei erstellt [1]. In diesem Jahr wurde die seit 1828 in vierter Generation als Familienunternehmen bestehende Strohhutfabrik aufgelöst. Der entwicklungsfähige Bereich der Bleicherei und Färberei wurde vom kaum mehr rentablen Bereich der Hutfabrikation getrennt und unter dem Namen "Ernest H. Fischer's Söhne" weitergeführt. Während Guido J. Fischer die Hutfabrikation und den Geflechthandel behielt, konzentrierten sich dessen Cousins Kurt W. Fischer (geb. 1902) und Ernest H. Fischer jun. (geb. 1900) auf den Teil der Bleicherei und Färberei. Aus der Liquidationsmasse der alten Firma wurden die im Fildigebiet liegenden Gebäude der Bleicherei und Färberei samt Werkstätten und Lagerhallen übernommen. Da geeignete Büroräumlichkeiten fehlten, erfolgte im Hinblick auf die bevorstehende Auflösung und Neugründung schon im Juni 1930 die Grundsteinlegung. Im November des gleichen Jahres war der Bau bezugsbereit. Von der Vorgängerfirma stammten auch die Einrichtungen der Hausdruckerei, welche im Souterrain des neuen Gebäudes untergebracht wurden.
Um 1950 verlängerte man das Bürogebäude im gleichen Stil um mehrere Fensterachsen nach Westen. Seither hat es kaum Veränderungen erfahren. Die Firma diversifizierte in die Textil- und Maschinenindustrie und änderte den Namen in den 1980er-Jahren auf "Fischer Dottikon AG". 1996 übernahm die im Maschinenbau tätige Firma "Tuboly AG, Dottikon" die Maschinenfabrik. Sie ist heute Eigentümerin des gesamten Industrieareals, in das sich verschiedene Handel- und Gewerbebetriebe eingemietet haben.
Mit der Firma "Ernest H. Fischer's Söhne" verknüpft sind die Villen am Bleicheweg 6 von 1899 und an der Othmarsingerstrasse 17 von 1940/41 (Bauinventarobjekt DOT927). Bei der erstgenannten handelt es sich um den von Ernest Hugo Fischer, dem Bruder von Jacob Julius Cäsar um 1899 erbauten Wohnsitz, welcher 1924 auf dessen Sohn Ernest H. Fischer überschrieben wurde [2]. Dessen älterer Bruder und Geschäftspartner Kurt W. Fischer liess 1940/41 für sich und seine Familie dorfauswärts eine Villa mit Park im Landistil realisieren.
Beschreibung:Das links neben der Einfahrt zum Bleichereiareal erstellte Bürogebäude vereint in gelungener Weise die archetypische Grundform des traditionellen Hauses mit charakteristischen Merkmalen des Neuen Bauens und steht somit stellvertretend für die Gleichzeitigkeit der beiden Architekturströmungen. Während der Bau ursprünglich frei stand, schliessen heute nach Südosten weitere Bauten des Industriekomplexes an. Der über einem halbhohen Kellersockel zweigeschossige, verputzte Mauerbau trägt ein knappes, schwach geneigtes Satteldach, das mit den Giebeln fluchtet und sich entlang der Traufe und Eckpartien nur durch ein kräftiges, verkröpftes Gesims mit Regenrinne von den Fassaden abhebt. Der nordöstlichen Giebelfront und zugleich Hauptfassade ist zur Hälfte ein Treppenhaustrakt vorangestellt, der mit seinem das Hauptdach überragenden Walmdach und der bis über den First hochgezogenen Schmalseite als eigenständiger Baukörper in Erscheinung tritt. Der Eingang ist im Winkel zwischen Hauptbau und Treppenhaus angelegt, wobei die Freitreppe und das Vordach in zeittypisch moderner Formensprache aus Viertelkreisen gebildet werden. Prägendes Element der Fassadengestaltung sind die Fensterbänder. Die zwischen durchlaufenden Kunststeingesimsen eingespannten Rechteckfenster sind zu Zweier- und Dreiergruppen zusammengeschlossen und zeigen die für die Bauzeit typische querrechteckige Sprosseneinteilung (Fensterflügel und Rollläden erneuert). Sie sind um die östliche Gebäudeecke herumgeführt, wobei die gemauerten Eckpartien mit parallel verlaufenden Kunststeinbändern die Horizontale betonen. Dasselbe Motiv findet sich neben dem Eingang am Treppenhausturm. Hierbei handelt es sich um ein für die Moderne typisches Gestaltungselement, das sich ausgehend von Bauwerken bekannter Architekten wie Peter Behrens (1868–1940, Hauptlagerhaus der Gutehoffnungshütte in Oberhausen (D), 1920) und Bruno Taut (1880–1938, Siedlung Schillerpark, Berlin, 1924–30) in den 1920er-Jahren weit verbreitete. Der modernen Formensprache sind auch der vertikale Fensterschlitz und die über Eck konzipierten Fenster des Erschliessungstrakts entnommen. Die um die Fallrohre zu den Dachrinnen herum spitz zulaufenden Kunststeingesimse sind währenddessen im Stil des Art déco gehalten.
Im Innern besticht das Gebäude durch den hervorragenden Zustand der integral erhaltenen bauzeitlichen Grundsubstanz und Ausstattung. Vom Treppenhaus gelangt man in den offenen Eingangsbereich mit Loge und angegliedertem Büro. Die restlichen Räume sind um den firstparallel verlaufenden Mittelgang herum angelegt. Die am Äusseren kaum feststellbare Erweiterung des Gebäudes nach Südosten um 1950 ist im Gang mit einem schmalen Streifen schwarzer Bodenfliesen sichtbar belassen. Neben den Feinsteinzeugfliesen bewahrt der Bau in den Räumen das eichene Tafelparkett, sämtliche Türen (Füllungstüren mit zeittypischer querrechteckiger Unterteilung) samt Beschlägen, Wandschränke, Kugellampen im Bauhaus-Stil, Lichtschalter, Heizkörpernischen und eine Garderobe im Stil des Art déco. Das Treppenhaus überzeugt durch seine sorgfältige Gestaltung mit Treppenstufen und Bodenplatten aus Kunststein sowie einem formschönen modernen Metallgeländer und Einfassungen zum Treppenhausfenster.
Im Keller des Gebäudes befand sich ehemals die Hausdruckerei. Im Dachgeschoss sind die Räume der ehemaligen Dunkelkammer und der Telefonzentrale untergebracht. Das bauzeitliche Dach ist als Zangenkonstruktion auf teils senkrechten, teil schräg nach innen gestellten Stuhlsäulen konzipiert.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Firmengeschichte gemäss Plüss-Benguerel 1948, S. 83.
[2] StAAG, CA.0001/0084 (1898–1937), Vers.-Nr.26.
Literatur:- Hermann Plüss-Benguerel, 120 Jahre Fischer's Söhne Dottikon 1828 / 1948, Zürich 1948, S. 83.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG), CA.0001/0084: Brandkataster Gemeinde Dottikon 1898-1937 (Vers.-Nr.312).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=33030
 

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