INV-DUR902 Staldenstrasse 2, 4, 1780 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
1/2

Identifikation

Signatur:INV-DUR902
Signatur Archivplan:DUR902
Titel:Staldenstrasse 2, 4
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Dürrenäsch
Adresse:Staldenstrasse 2, 4
Versicherungs-Nr.:55 A, B
Parzellen-Nr.:25, 24
Koordinate E:2654210
Koordinate N:1241384
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2654210&y=1241384

Chronologie

Entstehungszeitraum:1780
Grundlage Datierung:Inschrift (Tenntor)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:DUR001, DUR002, DUR907, DUR910
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"1780 M HR GLOR" (Tenntor); "SL ST 1885" (Haustürsturz Hausteil 55A)
Würdigung:Ehemals strohgedecktes Doppelbauernhaus von 1780, dem allein schon aufgrund seiner Grösse und eindrücklichen Anlage mit aussenliegenden Wohnteilen und dazwischen gesetzten, symmetrisch konzipierten Scheunenteilen ein hoher Zeugenwert für das traditionelle ländliche Bauen zukommt. Mit einer Gebäudelänge von 40 m und einer Firstständerreihe mit insgesamt 7 Hochstüden weist das Gebäude aussergewöhnliche Ausmasse auf. Darüber hinaus ist es prägender Bestandteil eines intakt erhaltenen ländlichen Ensembles, zu dem die unmittelbar benachbarte Untervogtei (kantonales Denkmalschutzobjekt DUR001) mit dem zugehörigen Speicher (kantonales Denkmalschutzobjekt DUR002) und der Tabakstampfe (Bauinventarobjekt DUR907) sowie ein weiteres Bauernhaus (Staldenstrasse 10; Bauinventarobjekt DUR910) gehören.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Eine am Kellertürsturz des westlichen Wohnteils (Vers.-Nr. 55B) überlieferte fragmentarische Jahreszahl „15??“ lässt einen Vorgängerbau aus dem 16.Jh. vermuten, welcher möglicherweise einem der zahlreichen in Dürrenäsch stattgefundenen Dorfbrände zum Opfer gefallen ist [1]. Über dem alten Gewölbekeller wurde das heutige Gebäude als strohgedecktes Doppelbauernhaus, vermutlich noch mehrheitlich mit hölzernen Fassaden, erstellt. Das Baujahr 1780 ist zusammen mit Zimmermannswerkzeugen und dem Schriftzug „M HR GLOR“, welcher sich wohl auf den ausführenden Zimmermann bezieht, am Tenntor des westlichen Hausteils dokumentiert. Bauherren waren angeblich die Gebrüder Steiner „Joggis“, welche in späteren Jahren nach Amerika auswanderten [2].
Im ersten verfügbaren Brandkataster aus dem Jahr 1828 wird das Gebäude als „doppeltes Wohnhaus mit doppelter Bescheuerung, von Holz und Riegel, mit 2 gewölbten Kellern und Strohdach“ beschrieben [3].
Gegen Ende des 19. Jh. wurden die vormals hölzernen Fassaden sukzessive erneuert; diejenige des östlichen Hausteils (55A) um 1870/80 in verputztem Fachwerk, jene des westlichen Hausteils (55B) im Jahr 1885 durch massives Mauerwerk. Bauherr des letzteren war Salomon Steiner-Hauri, dessen Initialen "SL ST" zusammen mit der Jahreszahl und dem Aargauer Wappen am Türsturz abzulesen sind.
Im Verlauf des 19. und im früheren 20. Jh. fanden auch diverse bauliche Veränderungen und Erweiterungen im rückwärtigen Bereich statt, wo das Gebäude mit Schleppdach- und Quergiebelanbauten versehen wurde. Die Umdeckung von Stroh- auf Ziegelbelag dürfte in der Zeit um 1915 erfolgt sein.
Beschreibung:Das mit einer Fassadenlänge von 40 m aussergewöhnlich grosse Doppelbauernhaus dominiert mit seinem für ehemalige Strohdachhäuser charakteristischen, vollständig geschlossenen Walmdach die Geländemulde unterhalb des Dorfes. Es handelt sich um einen axialsymmetrisch angelegten Baukörper mit aussenseitigen Wohnteilen sowie zwei dazwischengeschobenen vollständigen Scheunenteilen jeweils in der Abfolge Tenn, Stall und Futtertenn. Während die nach Südosten gerichtete strassenseitige Schaufront mit den intakten, weit heruntergezogenen Dachflächen und der hofbildenden Vorplatzsituation mit Garten, Baumbestand und Brunnen ihren ursprünglichen Charakter in weiten Teilen bewahrt, zeigt die Hausrückseite diverse jüngere Anbauten, welche den Gesamteindruck des grossvolumigen Baukörpers indessen nur unwesentlich schmälern.
Die ursprüngliche hölzerne Fassadensituation von 1780 ist heute noch an der Scheunenwand der westlichen Hausteils (55B) ablesbar. Dem eichenen Schwellenkranz ist eine Ständerkonstruktion mit Bohlenfüllungen und durchlaufendem profiliertes Sturzholz (Gurtgesims) aufgesetzt. Das grossflächige hölzerne Tenntor zeigt die rot aufgemalte Jahreszahl 1780 nebst Zimmermannswerkzeugen und den Initialen des Zimmermanns " M HR GLOR".
Ebenfalls aus der Bauzeit erhalten ist die für ehemalige Strohdachhäuser charakteristische rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion, welche im vorliegenden Fall eine aussergewöhnlich grosse Zahl von 7 Firstständern aufweist [4]. Der mittlere Hochstud erhebt sich zwischen den Hausteilen in der Trennachse der beiden Futtertenn, zwei weitere befinden sich jeweils beidseits des Tenns, während die zwei äusseren über den beiden Wohnteilen jeweils auf Höhe des Dachbodens abgefangen sind. Mit Firstpfette, Unterfirst, Sperrrafen, Windstreben und den grösstenteils noch originalen Rafen ergibt sich eine eindrückliche zeltförmige Anlage, der aufgrund ihrer Ausmasse und des intakten Erhaltungszustandes eine ausgesprochen grosse konstruktions- und kulturgeschichtliche Bedeutung zukommt.
Die im späteren 19. Jh. in verputztem Fachwerk bzw. in Mauerwerk erneuerten Fassaden (vgl. Baugeschichte) zeigen an der strassenzugewandten Schauseite eine zeittypische axiale Gliederung mit regelmässig verteilten oder paarweise angeordneten Einzelfenstern. Am östlichen Hausteil (55A) mit den verputzten Fachwerkwänden bestehen Fenstergewände wie auch die Türeinfassung aus Holz, auf der massiv gemauerten Westseite (55B) aus grau gestrichenem Sandstein. Das Türgewände des westlichen Wohnteils ist leicht profiliert und zeigt am Schlussstein die Initialen "SL ST" (= Salomon Steiner), das profilierte Wappen des Kantons Aargau sowie das Umbaudatum 1885. Die beiden Stirnseiten sind regelmässig mit zwei Fensterachsen gegliedert, während die nachträglich erweiterte Rückfront mit unterschiedlichen Fensterformaten in teils unregelmässiger Anordnung besetzt ist.
Die Erschliessung der beiden Wohnteile erfolgt auf identische Weise über einen entlang dem Tenn geführten, durchlaufenden Korridor mit internem Treppenaufgang ins Obergeschoss. Übereinstimmend ist auch der vierteilige Grundriss mit Stube und Nebenstube auf der südlichen, strassenzugewandten Schauseite sowie Küche und zusätzlicher Kammer im rückwärtigen Bereich. Als erwähnenswerte bauzeitliche Ausstattung haben sich in der Küche des östlichen Hausteils (55A) Reste eines alten Steinplattenherds und der ursprünglichen Kachelung der Feuerwand erhalten. Der Eisenherd und der nachträglich verschlossene Rauchfang aus Blech ("Chämihutte") dürften der Umbauphase von 1870/80 zuzuordnen sein. Gleiches gilt für den blauen Biedermeier-Kachelofen samt Sitzkunst mit hellem Fries sowie für einen zweiten, gleichartig gestalteten Sitzofen in der rückwärtigen Kammer. Die ehemaligen Schlafräume im Obergeschoss sind seit 1920 zu einer zweiten Wohnung ausgebaut.
In der Stube des westlichen Hausteils (55B) steht als wertvolles bauzeitliches Ausstattungselement ein grosser grüner Kachelofen mit kräftigen Balusterfüssen aus Sandstein. Die seitlich anschliessende Sitzkunst mit hellblauen Kacheln dürfte etwas jünger sein und aus der Umbauphase von 1885 stammen. Auf der Hausrückseite führt eine Aussentreppe in den vermutlich von einem Vorgängerbau stammenden Gewölbekeller, ist doch am rundbogigen Kellerportal aus Muschelkalk die unvollständig erhaltene Jahreszahl "15…" abzulesen (Inneres gemäss Kurzinventar von 1992).
Auf dem strassenseitigen Hausplatz steht genau in der Verlängerung der Trennwand zwischen den beiden Hausteilen ein alter Brunnentrog aus Muschelkalk. Gemäss mündlicher Überlieferung handelt es sich um den so genannten "Zehntenbrunnen", der vom früheren Standort auf dem Dorfplatz hierher versetzt wurde.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Vgl. Sauerländer/Schneiter 2013, S. 17.
[2] Mitteilung Herr Bertschi, Dürrenäsch (1992).
[3] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0069: Brandkataster Dürrenäsch 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0234-0237: Brandkataster Dürrenäsch 1850-1938.
[4] Vgl. Räber 2002, S. 101 (Abb. 131), S. 256.
Literatur:- Dominik Sauerländer/Stefan Schneiter, Dürrenäsch, Baden 2013.
- Samuel Hochstrasser-Humbel, Dürrenäsch, Menziken 1980.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2: Fricktal und Berner Aargau, Baden 2002.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 49.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0069: Brandkataster Dürrenäsch 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0234-0237: Brandkataster Dürrenäsch 1850-1938.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=33228
 

Social Media

Share
 
Home|Login|de en fr it
Online queries in archival fonds