Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1700 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Gasthaus, Gasthof |
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Dokumentation |
Würdigung: | Das zentral im alten Dorfkern gelegene Gasthaus zur Glocke ist ein behäbiger Mauerbau mit spätgotischem Kern wohl aus dem 17. Jahrhundert, dessen heutiges Erscheinungsbild durch seitliche Anbauten und eine Fassadenüberprägung im 18. und 19. Jahrhundert entstanden ist. Als ältester urkundlich belegter Tavernenstandort im Bezirk Brugg kommt dem Gebäude eine erhebliche wirtschafts- und lokalgeschichtliche Bedeutung zu. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Gasthaus zur Glocke in Effingen ist nach den Recherchen von Samuel Heuberger die älteste geschichtlich bezeugte Wirtschaft im Bezirk Brugg [1]. Sie findet im Habsburger Urbar, dessen aargauische Teile ins Jahr 1305 datieren, mit dem Eintrag "ze Evingen ... ein dafern" erstmals Erwähnung. Ihr Besitzer hatte der Herrschaft Habsburg für das Wirtschaftsrecht eine jährliche Abgabe von fünf Schilling zu entrichten. Dafür kam dem Taverneninhaber als einzigem das Recht zu, im Gebiet der drei Gemeinden Effingen, Elfingen und Bözen zu wirten und Waren zu verkaufen. Im Effinger Gasthaus wurde bisweilen auch Gericht gehalten. Angeblich war 1777 und 1778 der bernische Strassenbauingenieur Antoine Maria Mirani, Erbauer der neuen Bözbergstrasse, in der „Glocke“ einquartiert [2]. Der nördliche, strassenseitige Anbau, in dem später ein Ladenlokal eingerichtet war, trägt heute noch den Namen „Miranistübli“. Das bestehende Gebäude geht auf einen spätgotischen Steinbau wohl aus dem 17. Jh. zurück. Zu den ursprünglichen Bauteilen gehören nebst den massiven Umfassungsmauern die gefasten Fenstergewände in Giebelfeld, ein rundbogiges Kellerportal und wohl auch die rauchgeschwärzte Dachkonstruktion des Kernbaus. Im Verlauf des 18. und 19. Jh. erhielt der damals schlank aufragende Baukörper verschiedene seitliche Anbauten unter angehobener Dachfläche, wodurch er seine bestehende, eher behäbige Form erhielt. Hinzu kam eine klassizistische Neubefensterung der beiden Hauptgeschosse. Im Brandkataster von 1850 ist das Wirtshaus zur Glocke als „3-stöckiges Wohnhaus nebst Anbau und Laube“ verzeichnet, im Eintrag von 1875 werden ein „Anbau Metzg mit Zimmer und Anbau mit Tanzsaal“ explizit erwähnt [3]. |
Beschreibung: | Das Gasthaus "Glocke" ist ein stattlicher Mauerbau mit hohem Sockel und zwei Hauptgeschossen unter geradem Satteldach. Der traufständig zur Dorfstrasse (Alte Bözbergstrasse) gestellte Baukörper zeigt seitliche Schleppdachanbauten nach Norden und Süden, die beide wohl im ausgehenden 18. oder frühen 19. Jh. hinzugekommen sind. In die Entstehungszeit des Hauses im 17. Jh. verweisen die spätgotisch gefasten Fenstergewände in den beiden Giebelfeldern sowie ein rundbogiger Kellereingang an der ehemals offen liegenden Nordfassade des Hauptbaus. Die beiden Hauptgeschosse zeigen gefalzte Rechteckfenster aus Muschelkalk, welche der Umbauphase im 18./19. Jh. zuzuordnen sind. Auf der Hausrückseite schliesst an die Saalerweiterung eine Laubenfront an, die im Erdgeschoss nachträglich ummauert worden ist (Küchenerweiterung). Das ehemalige Steildach erhielt seine heutige, weniger stark geneigte Form bei der Erstellung der seitlichen Anbauten, welche ein Anheben der Dachflächen bedingten. Im Kernbereich des Hauses ist die ursprüngliche, rauchgeschwärzte Dachkonstruktion mit liegenden Stuhljochen, teils gekrümmten Windstreben und kräftigen gezapften Kopfhölzern noch weitgehend erhalten. Ursprünglich dürfte der strassenseitige Hauptzugang eine hohe zweiarmige Freitreppe in der Mittelachse des Hauses besessen haben. Anlässlich der nordseitigen Hauserweiterung („Miranianbau“) wurde der bestehende einläufige Zugang geschaffen. Darunter befindet sich heute noch der ursprünglich freiliegende Kellereingang mit dem originalen Rundbogenportal. Unter dem gesamten Hausgrundriss erstrecken sich Kellerräume mit Balkendecken (Trämkeller). Der von Westen zugängliche Raum soll früher als Pferdestall für die Vorspannrösser am Bözberg gedient haben. Die Räume unter den Anbauten dienten früher angeblich als Viehstall, heute werden sie als Garage und Abstellplatz genutzt (gemäss Kurzinventar von 1993). Die innere Erschliessung der Räume erfolgt über einen durchlaufenden Mittelgang. Auf der Westseite befindet sich die Gaststube mit anschliessender Küche, die gesamte östliche Gebäudehälfte nahm früher ein grosser Saal ein (heute unterteilt). Im Obergeschoss war die Wirtewohnung eingerichtet. Das Hausinnere wurde mehrfach umgestaltet und modernisiert, so dass keine nennenswerte historische Ausstattung mehr vorhanden ist (gemäss Kurzinventar von 1993). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Heuberger 1925, S. 24ff. [2] Zu Mirani vgl. Heuberger 1926, S. 137-138. [3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0126-0128: Brandkataster Gemeinde Effingen 1850-1938. |
Literatur: | - Samuel Heuberger, Von den ältesten Tafernen in den Brugger Landgemeinden an der Bözbergstrasse, in: Brugger Neujahrsblätter 1925, S.24-26. - Samuel Heuberger, Der Bau der heutigen Bözbergstrasse, in: Argovia 41 (1926), S.137-138 (zu A. Mirani). - Michael Stettler, Emil Maurer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band II: Die Bezirke Lenzburg und Brugg, Basel 1953, S. 340. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0126-0128: Brandkataster Gemeinde Effingen 1850-1938. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=33270 |
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