INV-END918 Mühle, 1880 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-END918
Signatur Archivplan:END918
Titel:Mühle
Bezirk:Zurzach
Gemeinde:Endingen
Adresse:Mühleweg 6, 8
Versicherungs-Nr.:239, 355
Parzellen-Nr.:850, 1558
Koordinate E:2664309
Koordinate N:1265323
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2664309&y=1265323

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1880
Grundlage Datierung:Brandkataster; Schriftliche Quelle

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:END917, END919, END925
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Mühle
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Würdigung:Die in Längsrichtung an den Mühlekanal gestellte ehemalige Handels- und Kundenmühle ist um 1880 als Ersatz für einen quer stehenden Vorgängerkomplex entstanden. Der grossvolumige, nachträglich nach Osten verlängerte Mauerbau zeigt ein strenges, spätklassizistisch geprägtes Fassadenbild mit regelmässigen Fensterachsen und symmetrisch angelegten Doppeleingängen, welche die Zweiteilung in Wohn- und Gewerbetrakt nachvollziehbar machen. Die Mühle ist Mittelpunkt eines intakt erhaltenen ländlichen Gewerbeensembles mit zugehöriger Scheune (Bauinventarobjekt END925), Sägerei, Speicher (Bauinventarobjekt END917), jüngerem Betonsilobau und der als Müllerwohnung und Alterswohnsitz erbauten Villa „Frey“ (Bauinventarobjekt END919), eingebettet eine idyllische Umgebung mit Grünflächen und offen geführtem Mühlenkanal.
Bau- und Nutzungsgeschichte:1270 wird erstmals eine Mühle in Oberendingen urkundlich erwähnt [1]. Im späten 14. Jh. ist Hans Blum als Müller überliefert. 1443 wurde die Mühle während dem Alten Zürichkrieg vollständig zerstört und in der Folge 1448 wieder aufgebaut.
Von 1852 bis 1857 befand sich die Mühle in den Händen von Johann Jakob Bächli. Nach dessen Tod heiratete seine Witwe Anna Hirt den Müller von Rekingen, Andreas Frey. Dieser begann nach 1860 mit einer grundlegenden Erneuerung der Mühlenanlage. Als erstes kam 1862 kam ein weiteres Wasserrad hinzu, das eine „Röndle“ antrieb. Zwischen 1879 und 1884 wurde das alte Mühlengebäude, welches quer zum Tal gestanden hatte, abgetragen und durch das heutige, längsgestellte Gebäude ersetzt (vgl. Situationspläne Bilddokumentation). Die vormals schon bestehende Sägerei mit angegliederter Hanfreibe verlegte man 1884 auf die andere Strassenseite.
Im ausführlichen Brandkatastereintrag von 1895 wird die nun an Eduard Frey übergegangene Mühle als "Wohn- und Mühlengebäude von Stein, 3 Stock hoch, mit 2 Trämkellern und Mühleneinrichtung" beschrieben. Die für die damalige Zeit moderne Mühleneinrichtung bestand aus 2 Wasserrädern, 1 Röndle, 3 Champagner-Mahlgängen, 1 Koppgang, 2 Beutlerin, 1 Griesputzmaschine, 1 Staubzylinder, 1 Kernenzylinder, 1 Sorteur mit Netzmaschinen, Kühlhammer, Aufzug, 6 Transporter und 2 kleine Cylinder [2].
Um 1900 wurde eine Turbine eingerichtet, welche unter anderem auch den Strom für die erste Glühbirne in Endingen lieferte. 1922 wurden die alten Wasserräder stillgelegt und die Mühle von Grund auf automatisiert. 1926 erweiterte man die Mühle nach Osten mit einem Lageranbau, der heute vollständig zu Wohnraum ausgebaut ist. Der letzte Müller, Felix Max Frey, liess 1963 alle Maschinen ersetzen und den heute noch bestehenden Siloturm errichten, welcher ein Jahr später in Brand geriet. Im Rahmen eines Stilllegungsabkommens zur besseren Ausnutzung der Schweizer Mühlen stellte Frey 1979 den Betrieb der Endinger Mühle ein. Der grösste Teil der Einrichtung wurde damals ins Ausland verkauft.
Beschreibung:Das firstparallel zum Kanal stehende Mühlengebäude erhebt sich als langgestreckter Mauerbau unter mittelsteilem, ungeknicktem Satteldach, welches über einen Kniestock mit kleinen breitrechteckigen Lichtern verfügt. Kanalseitig tritt der Baukörper zweigeschossig in Erscheinung, während auf der rückwärtigen Anlieferungsseite drei Vollgeschosse sowie ebenerdige Zugänge in den Mühlenkeller ausgebildet sind. Der Ursprungsbau aus der Zeit von 1880 zeigt eine zeittypisch straffe Fassadengliederung mit traufseitig sechs und giebelseitig vier regelmässig angelegten Fensterachsen (vgl. Postkartenansicht Dokumentationsteil). Die hochrechteckigen Lichtöffnungen sind mit sorgfältig behauenen Muschelkalkgewänden gefasst. Ins westliche Giebelfeld sind zusätzlich zwei einfache und ein doppeltes Rundbogenfenster eingelassen (zentrale Fensteröffnung im unteren Geschoss nachträglich verändert). Die Trauffronten weisen in den mittleren beiden Fensterachsen einen identischen doppelten Hauseingang auf, was die Trennung von Mühle und Wohnbereich quer zum First widerspiegelt. Östlich schliesst unter durchlaufendem First, jedoch mit leicht zurückversetzter nördlicher Fassadenflucht, der 1926 als Lagerraum erstellte Gebäudeflügel an (heute ebenfalls Wohnnutzung). In Anlehnung an das Hauptgebäude sind die Fassaden hier ebenfalls regelmässig mit hochrechteckigen Lichtöffnungen besetzt.
Auf der südlichen Hausrückseite führen zwei breite Eingänge ebenerdig ins Sockelgeschoss des Mühlengebäudes, während auf der Nordseite zwei erhöhte, über den gedeckten Kanal zugängliche Haupteingänge die Wohnräume des Hochparterres erschliessen. Die Türgewände weisen sorgfältig gearbeitete Muschelkalkgewände mit fein profilierten Verdachungen auf. Gusseiserne Fenstergitter zeigen ein mit Voluten gefülltes, ovales Medaillon auf Netzgrund. Die nördliche Eingangsplattform und die Aussentreppe begrenzen schmiedeiserne Geländer mit zeittypischen Art Déco-Motiven.
Im Hausinnern trennt ein breiter, quer zum First verlaufender Korridor den westlich gelegenen Wohntrakt von den Mühleräumen, welche sich im Dachgeschoss über die gesamte Gebäudefläche erstrecken. Der Wohnungsgrundriss weist eine dreiraumtiefe Anlage mit kleinem Längsgang, westseitig angeordneter Hauptstube, Küche auf der Südseite sowie diversen zusätzlichen Kammern auf. An historischer Ausstattung sind nebst den blau und gelb-braun gestrichenen Wand- und Deckenfeldertäfern ein olivgrüner Kachelofen mit Sitzkunst und ein eiserner Anstellofen mit reich reliefierten Kacheln anzuführen. Die Mühlenräume weisen mit Ausnahme eines Warenaufzugs und Teilen des Turbinenantriebs keine Einrichtungen mehr auf.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Die Mühle wird genannt, als Walther von Klingen im Beisein seiner Familie dem Kloster St. Blasien für 155 Mark Silber neben seinen Höfen und dem Burghügel in Tegerfelden auch seine Fischereirechte in der Surb von der Mühle unter dem Felsen in Oberendingen bis zum Einfluss der Aare verkaufte. - Zur Geschichte der Oberendinger Mühle vgl. Weibel 1999, S.431-439.
[2] Vgl. Weibel 1995, S. 455-457; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0732-0735: Brandkataster Gemeinde Endingen 1851-1937.
Literatur:- Karl Weibel, Endingen, Bilder aus vergangenen Zeiten, Endingen 1991.
- Karl Weibel, Wohnhäuser, Stockwerke und Nebengebäude in Endingen, Endingen 1995.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0732-0735: Brandkataster Gemeinde Endingen 1851-1937.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=33840
 

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