INV-FRE902 Schulhaus, 1904-1905 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-FRE902
Signatur Archivplan:FRE902
Titel:Schulhaus
Bezirk:Baden
Gemeinde:Freienwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Schulstrasse 4
Versicherungs-Nr.:78
Parzellen-Nr.:92
Koordinate E:2666899
Koordinate N:1261676

Chronologie

Entstehungszeitraum:1904 - 1905
Grundlage Datierung:Brandkataster; Literatur; Inschrift (Quergiebel)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Schulhaus
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Autorschaft:Otto Bölsterli, Architekt, Baden
Inschriften:"1904" (Quergiebel)
Würdigung:Repräsentatives Schulgebäude von 1904-05, das die bescheidenen Dimensionen eines Landschulhauses aufweist, in der architektonischen Gestaltung jedoch mit seinesgleichen grösserer Ortschaften mithalten kann. Das von Architekt Otto Bölsterli aus Baden in einer Mischung von Neorenaissance und Heimatstilanklängen projektierte Schulhaus nimmt mit Rustikasockel, Kreuzstockfenstern und einer lebhaften Dachlandschaft mit schmuckem Ziergiebel zeittypische Architekturmotive auf. Es fügt sich als wohlproportionierter Baukörper in das Ensemble von Marienkapelle (kantonales Denkmalschutzobjekt FRE001), Gemeindehaus (Bauinventarobjekt FRE903) und Gasthaus zum Weissen Wind ein, mit welchen es als südlicher Abschluss den mit einer Baumreihe bepflanzten Schulhausplatz definiert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das erste Schulhaus der Gemeinde, das heutige Gemeindehaus (Bauinventarobjekt FRE903), war 1808 erbaut worden, kurz nachdem der Kanton 1805 die allgemeine Schulpflicht eingeführt hatte. «Veranlasst durch Platznot, begann die Gemeinde 1899 eine Erweiterung ihrer Schulräumlichkeiten zu planen. 1901 verwarf sie die anfängliche Idee, ihr altgedientes Schulhäuschen (heutiges Gemeindehaus, Bauinventarobjekt FRE903) zu vergrössern und fasste einen Neubau ins Auge. Nach jahrelangen Diskussionen um den Standort entschied man sich zum Kauf von Bauland in einem Baumgarten hinter der Dorfkapelle. Das Gebäude entstand 1904–05 unter der Leitung von Architekt Otto Bölsterli in Baden, nachdem die Gemeindeversammlung sich mehrheitlich für dessen Plan "mit Giebelaufbau" ausgesprochen und eine teurere Variante "mit Kuppelaufbau und Einfassung der Ecken durch Cementquader" abgelehnt hatte. Die Maurer- und Gipserarbeiten wurden an den ortsansässigen Maurermeister Josef Suter vergeben. Für die Treppenstufen bestellte man Granitsteine in Lavorgo, für die Tür- und Fenstereinfassungen Muschelkalksteine in Mägenwil und Savonnières-Steine (ein homogener, aber poröser, leicht zu bearbeitender Kalkstein aus Lothringen) in Frankreich.» [1]
1957/58 erhielt das Schulhaus anlässlich einer Renovation eine Zentralheizung. 1986/87 wurde ein grösserer Umbau vorgenommen mit Aufhebung des östlichen Aussenzugangs zum Untergeschoss (Vereinslokal, ehemaliger Turnkeller) und Neueinteilung der Schulräume. 2014 wurde zur Einrichtung eines Schulzimmers sowie weiterer Räume der Dachstock ausgebaut. Gleichzeitig erfolgte eine Fassadenrenovation [2].
Beschreibung:Das repräsentative Schulgebäude bildet den Hintergrund und südseitigen Abschluss des Schulhausplatzes, einem schmalen, sich von der Dorfstrasse her erstreckenden und mit einer Reihe Kastanienbäumen bepflanzten Freiraum zwischen der Marienkapelle (kantonales Denkmalschutzobjekt FRE001) im Osten und dem Gemeindehaus (Bauinventarobjekt FRE903) sowie dem Gasthaus zum Weissen Wind im Westen. Der Baukörper ist volumetrisch raffiniert gestaltet, indem einem Quertrakt mit Schulzimmern ein leicht höherer, aber schmalerer Erschliessungstrakt T-förmig so vorangestellt wurde, dass die leicht geschweiften Walmdächer rückseitig ineinander übergehen, nach vorne und den Seiten aber eine malerische Staffelung der Fassaden und Dachflächen entsteht. Der Mauerbau hebt sich durch seine für die Zeit um 1900 typische historisierende Architektursprache von der bäuerlich-ländlichen Bebauung des Dorfes ab. Der als Bossenwerk von den hellen Putzflächen geschiedene halbhohe Kellersockel verleiht ihm einen stattlichen, wehrhaften Charakter. Die darüber zweigeschossig aufgeführten Fassaden sind streng achsensymmetrisch gegliedert, wobei Kreuzstockfenster variierend durch einen oder zwei Pfosten unterteilt sind. Die im Erdgeschoss mit Stichbogen und im Obergeschoss gerade abschliessenden Gewände sind geohrt und mit einer schräg auslaufenden Kehlung sowie einem karniesförmigen Gesims aus Savonnière-Kalkstein gearbeitet. Für die einfacheren, gefalzten Gewände der Kellerfenster wurde Mägenwiler Muschelkalk verwendet. Das westliche Viertel des Kellergeschosses weist lediglich quadergrosse Aussparungen zur Belüftung auf. Den Hauptakzent des Gebäudes bildet ein im Stil der deutschen Renaissance mit Zierelementen aus demselben Haustein gestalteter Quergiebel in der Mittelachse der nach Norden auf den Platz hin ausgerichteten Eingangs- und Hauptfassade. Dieser schliesst über einem Kranzgesims mit flankierenden Voluten sowie einer Muschelbekrönung samt Kugelaufsatz ab und zeigt über einem zentralen Rundfenster das Baujahr "1904". Die im Dach- und Obergeschoss mit einem zwei- und einem dreiteiligen Kreuzstockfenster besetzte Mittelachse nimmt im Hochparterre den über eine breite, frontal zulaufende Freitreppe erreichbaren Haupteingang auf. Das schmiedeeiserne Geländer zieren eigenwillig gewundene Voluten. Zur Rundbogentür (Türblatt modernisiert), die bereits innerhalb der Fassadenflucht liegt, vermittelt ein gleichfalls mit Rundbogenöffnung versehenes Vorzeichen unter Walmdächlein. Der als Wetterschutz dienende Vorraum ist überwölbt und zeigt aussenseitig mit einem umlaufenden Gesims auf Höhe der Bogenanfänger wie auch in der Ausführung der Dachuntersicht mit Hohlkehle, Kranz- und Traufgesims gleich viel Sorgfalt wie die Hauptdächer. Letztere bewahren mit Gesimsen, Profilen und polygonal angeordneten Brettern ihre differenziert ausgestaltete Dachuntersicht, welche als qualitätvolles Baudetail zum architektonisch intakten Erscheinungsbild beiträgt. Den First des höheren Erschliessungstraktes schmücken zwei mit Kugelaufsätzen versehene Blitzableiter. Die vermutlich bauzeitlichen Schleppgauben auf dem Quertrakt sind seit 2014 rückseitig zur Belichtung eines zusätzlich eingerichteten Raumes zu einem durchgehenden Fensterband umgestaltet [3].
Ein zweiter Eingang befindet sich – annähernd halbgeschossig versetzt – auf der östlichen Seite des Erschliessungstrakts. Die noch mit Füllungen, Oberlicht und einem bauzeitlichen Fenstergitter bestehende Tür führt direkt ins Treppenhaus, das teilweise noch die originalen Granitstufen sowie das geschmiedete Geländer mit hölzernem Handlauf und das halbhohe Krallentäfer aus der Bauzeit besitzt. Schulzimmer modernisiert.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Zitiert aus: Hoegger 1995, S. 31.
[2] Hoegger 1995, S. 31; https://www.schule-freienwil.com/schule/geschichte/ (Zugriff 22.12.2021); https://www.aargauerzeitung.ch/leserbeitrag/festakt-fur-das-neue-dachgeschoss-ld.1644327 (Zugriff 30.12.2021).
[3] Vgl. Rey/Suter 1997, S. 77 (Abb.), 87 (Abb.): Die Schleppgauben sind auf einer Postkarte aus der Zeit um 1905 und auf einer Aufnahme von ca. 1935 bereits zu sehen.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 31-32.
- Urs Rey/Tobias Suter, Freienwil – Geschichte einer ländlichen Gemeinde, Freienwil 1997, S. 77 (Abb.), 87 (Abb.).
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 148.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0045: Brandkataster Gemeinde Freienwil 1899-1938 (Vers.-Nr. 78).
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=34584
 

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