INV-GEB912 Fuhrhalterei Mühlehausweg 1, 1830 (ca.)-1840 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-GEB912
Signatur Archivplan:GEB912
Titel:Fuhrhalterei Mühlehausweg 1
Bezirk:Baden
Gemeinde:Gebenstorf
Ortsteil / Weiler / Flurname:Reuss
Adresse:Mühlehausweg 1
Versicherungs-Nr.:195
Parzellen-Nr.:1807
Koordinate E:2659581
Koordinate N:1259114
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2659581&y=1259114

Chronologie

Entstehungszeitraum:between approx. 1830 and approx. 1840
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:WIN018-022, WIN909-914, GEB906-909
Nutzung (Stufe 1):Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wagnerei, Drechslerei
Epoche / Baustil (Stufe 3):Klassizismus

Dokumentation

Würdigung:Um 1830/40 entstandene ehemalige Fuhrhalterei der Kunz’schen Spinnerei in Windisch, die kurz nach der Firmengründung als eines ersten Gebäude in den Gebenstorfer Weiler Reuss zu liegen kam. Der wuchtige, noch klassizistisch geprägte Mauerbau, der 1922 einen Umbau erfuhr, hat sein Erscheinungsbild im wesentlichen gewahrt. Mit seiner Lage über dem ansteigenden Flussufer tritt er unmittelbar gegenüber den Fabrikgebäuden prominent in Erscheinung. Zusammen mit den übrigen Gebäuden der ehemaligen Spinnerei in Windisch wie auch in Gebenstorf (Kantonale Denkmalschutzobjekte WIN018-022, Bauinventarobjekte WIN909-914, GEB906-909) ist das Gebäude Teil eines eindrücklichen und einzigartigen Ensembles von hohem wirtschafts- und sozialgeschichtlichem Zeugenwert, dem mit seiner Gruppierung auf beide Ufer der Reuss zudem ein erheblicher Situationswert zukommt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Weiler Reuss war seit dem ausgehenden 18. Jh. in einer Flussschleife entstanden. Nach der Gründung der Spinnerei in Windisch im Jahr 1829 wurde er zum Bauplatz für den rasch expandierenden Industriebetrieb, der zeitweise als einer der grössten seiner Art in Europa galt [1]. Zu den ersten Gebäuden, die der Windischer „Spinnereikönig“ Heinrich Kunz in den 1830/40er Jahren auf Gebenstorfer Boden errichten liess, gehörten neben der hier beschriebenen Fuhrhalterei ein Wirtshaus (Vers.-Nr. 176) sowie ein Mehrfamilienhaus, welches dem bessergestellten Fabrikpersonal als Unterkunft diente (Bauinventarobjekt GEB906) [2]. Die Landparzelle der späteren Fuhrhalterei hatte Kunz bereits 1828 dem Müller Johannes Hartmann abgekauft, der als einziger gegen das Fabrikprojekt opponiert hatte [3]. Schon auf der Michaeliskarte um 1840 sind sämtliche die Gebäude sämtlich verzeichnet. Einige Jahrzehnte später entstanden um 1865 und im Jahr 1875 ebenfalls im Weiler Reuss insgesamt drei Kosthäuser, von denen zwei erhalten sind (Bauinventarobjekte GEB907/908), ferner ein Krankenasyl und ein Heim für ledige Arbeiterinnen, die beide nicht mehr bestehen [4].
1922 wurde die Fuhrhalterei umgebaut, wobei man die ehemaligen Ställe an der Südseite des Hauses zu einem zweiten Wohnteil umgestaltete [5]. 1998/99 erfuhr das Haus eine schonende Aussenrenovation [6].
Beschreibung:Die ehemalige Fuhralterei der Kunz’schen Spinnerei erhebt sich unmittelbar gegenüber den Fabrikgebäuden am Südufer der Reuss, wo sie mit ihrem mächtigen Baukörper quer in den abfallenden Hang gestellt ist. Schräg unterhalb stand unmittelbar am Wasser das alte, eingeschossige Mühlengebäude, das erst Mitte des 20. Jh. abgebrochen wurde (vgl. Bilddokumentation). Der flussseitig drei-, landseitig zweigeschossige Baukörper der ehemaligen Fuhrhalterei ist mehrheitlich aus verputztem Bruchsteinmauerwerk errichtet und wird von einem knappen, geraden Satteldach (Pfettenrafendach auf liegendem Stuhl) abgeschlossen. Ungefähr in der Mitte der beiden Trauffassaden öffneten sich ehemals zwei grosse Korbbogentore, von denen in den Fassaden noch die schönen Muschelkalkgewände samt Kapitellen erhalten sind. Sie teilten ehemals den Wohnteil von den Ställen und wurden beim Umbau von 1922 vermauert, wobei man die neuen Hauseingänge in die Mitte der früheren Tore setzte.
Hart an der Reuss ragt der dreigeschossige alte Wohntrakt auf, der stirnseitig drei, traufseitig je vier Achsen von Einzelfenstern zählt. Während alle übrigen Fassaden des Gebäudes Rechteckfenster in einfachen Muschelkalkgewänden zeigen, schliessen die stirnseitigen Fenster wie auch der mittig angelegte alte Hauseingang stichbogig und zeigen fein profilierte Fensterbänke. Ob darin ein Hinweis auf eine frühere Bauphase zu sehen ist, scheint fraglich, angesichts der sonstigen Einheitlichkeit des Gebäudes aber eher unwahrscheinlich.
Der nach Süden gewandte, ehemalige Stallteil war ursprünglich spärlicher befenstert und zeigte auch im ersten Obergeschoss nur Lünetten (Halbrundfenster), wie sie heute noch im Sockelgeschoss vorhanden sind (vgl. Umbauplan 1922). An der landseitigen südlichen Giebelfront ist eine weitere vermauerte Korbbogeneinfahrt vorhanden, welche direkt in das erste Obergeschoss führte. Das Giebelfeld ist hier wie auch an der entgegengesetzten Seite zeittypisch mit drei Lünetten akzentuiert. Das Dach ist mit alten Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Der Wohnteil war ursprünglich durch einen firstparallelen Stichgang mit Treppenhaus im hinteren Teil erschlossen. Beim Umbau von 1922 entstand ein neues Treppenhaus auf der Ostseite des ehemaligen Wirtschaftstrakts.
(Inneres nicht gesehen.)
Anmerkungen:[1] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 36f.; zur Geschichte der Kunz’schen Spinnerei vgl. allg. Baumann 1983, S. 507-594.
[2] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 37.
[3] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 47; Sauerländer / Steigmeier 1997, S. 55.
[4] Hoegger Kdm AG VII 1995, S. 37.
[5] Pläne im Baugesuchsarchiv der Gemeinde.
[6] Baugesuchsarchiv der Gemeinde.
Literatur:- Peter Hoegger, Die Landgemeinden des Limmattals, des Surbtals, des Aaretals und des Unteren Reusstals sowie das Kloster Fahr (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band VII), Basel 1995, S: 36f., 47.
- Dominik Sauerländer / Andreas Steigmeier, „Wohlhabenheit wird nur Wenigen zu Theil“. Aus der Geschichte der Gemeinde Gebenstorf, Gebenstorf 1997, S. 55.
- Max Baumann, Geschichte von Windisch vom Mittelalter bis zur Neuzeit, Brugg 1983, S. 507-594 (zur Geschichte der Spinnerei Kunz).
Quellen:- Gemeinde Gebenstorf, Baugesuchsarchiv; Umbau 1922, Renovation 1998/99.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=35154
 

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