INV-GON913 Neulig 145, 1802 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-GON913
Signatur Archivplan:GON913
Titel:Neulig 145
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Gontenschwil
Ortsteil / Weiler / Flurname:Neulig
Adresse:Neulig 145
Versicherungs-Nr.:145
Parzellen-Nr.:131
Koordinate E:2652512
Koordinate N:1235528
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2652512&y=1235528

Chronologie

Entstehungszeitraum:1802
Grundlage Datierung:Inschrift (Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"HANS / IACOB / GAVTSCHI /1802" (Türsturz rückwärtiger Hauseingang)
Würdigung:In Mischbauweise aus Holz und Stein erbautes, ehemals strohgedecktes Bauernhaus von 1802, das auch nach dem jüngst erfolgten Umbau sein charakteristisches Erscheinungsbild sowie wesentliche Teile der Wand- und Dachkonstruktion bewahrt hat. Zu den historisch wertvollen Bauteilen gehören die hölzerne Stubenfassade mit hübsch beschnitzten Bügen und Kopfhölzern, der rückwärtige Hauseingang mit Bauherreninschrift sowie die für Strohdachhäuser typische Hochstud-Dachkonstruktion, welche hier als Rarität keine Rauchschwärze aufweist. Der abseits des Dorfes im Tobelbachtäli gelegene Hof ist ein prägender Bestandteil der bäuerlichen Streusiedlungslandschaft.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Neulig ist urkundlich seit dem 16. Jh. fassbar [1]. 1707 gelangte die Liegenschaft in die Hände des aus Reinach stammenden Melchior Gautschi. Unter seinen Nachkommen kam es zur Aufteilung des sukzessiv angewachsenen Hofes, so dass im Laufe des 18. und 19. Jh. verschiedene Bauernhäuser in weit gestreuter Anlage entstanden (Vers.147: Ende 18. Jh.; Vers.-Nr. 145: 1802; Vers.-Nr. 144: 1802 als Speicher, später Umbau zu Bauernhaus; Vers.-Nr. 132: 1841; Vers.-Nr. 146: 1853). Der alte Neulighof wurde 1910 abgebrochen.
Laut Inschrift am westlichen Hauseingang wurde das Haus Neulig 145 im Jahr 1802 durch Hans Jacob Gautschi erbaut. Im ersten verfügbaren Brandkataster von 1829 ist es als "Wohnhaus mit Bescheuerung, von Holz und Stein, mit gewölbtem Keller und Strohdach" aufgeführt [2]. Die Umdeckung mit Ziegeln erfolgte 1908.
Ältere Fotoaufnahmen zeigen das Gebäude noch mit charakteristischem Vollwalmdach. In der Zeit um 1950 wurde der talseitige Wohntrakt mit einem Satteldach versehen. 2007/08 erfolgte eine umfassende Sanierung mit Einbau von Dachflächenfenstern sowie Garagen im Scheunentrakt.
Beschreibung:Das ehemalige Strohdachhaus steht mit Firstrichtung Nord-Süd quer zum Hang, der gegen das Tobelbächli abfällt. Die mächtigen Dachflächen haben hangseitig zum Zufahrtsweg hin ihre ursprüngliche abgewalmte Form erhalten, während der ehemalige Walm über dem talseitigen Wohnteil zu einem Satteldach verlängert und der Dachvorsprung ostseitig über der Stube zurückgeschnitten wurde. Das Gebäude besteht seit jeher als Mischkonstruktion aus Stein und Holz. Den Wohnteil umgeben nach Norden und nach Westen verputzte Bruchsteinmauern, wobei diejenige auf der westlichen Hausrückseite winkelförmig von der Flucht des Scheunentrakts auskragt. Die gemauerten Fassaden waren ursprünglich durchgehend mit spätbarocken Stichbogenfenstern besetzt (heute teils erheblich verändert). Gemäss einer alten Fotoaufnahme war das rückwärtige vor der Küche als Zwillingsfenster mit Ausguss für den Schüttstein ausgebildet [3]. Erhalten geblieben ist das aus Muschelkalk gehauene Stichbogengewände am westseitigen Hauseingang. Der mächtige, sorgfältig bearbeitete Schlussstein trägt den Namen des Bauherrn "HANS / IACOB / GAVTSCHI" nebst dem Baujahr 1802 und einer aufrechten Pflugschar (Türfüllung verglast).
Der nach Osten gerichteten Hauptfassade ist im Erdgeschoss eine Holzlaube vorgelagert. Mit grosser Wahrscheinlichkeit war die Stubenfront ursprünglich eine zweigeschossig durchgehende Bohlenständerwand, welche man im Parterre nachträglich aber durch ein verputztes Fachwerk mit grossformatigen Einzelfenstern ersetzt hat. Indessen zeigt das Obergeschoss noch die ursprüngliche Holzbauweise mit Ständern, liegenden Bohlenfüllungen, Kopfhölzern und zierbeschnitzten Bügen zur Aussteifung des Wandgefüges sowie durchlaufendem profiliertem Brustriegel [4]. Ebenso in die Erbauungszeit des Hauses datiert das reich profilierte, stichbogige Sturzholz des Vordereingangs, dessen übrige Bestandteile durch den Einbau eines modernen Türgewändes verloren gegangen sind.
Als wesentliches Merkmal hat das ehemalige Strohdachhaus die originale vierteilige Hochstudkonstruktion bewahrt. Zwei Firstständer ragen beidseits den Tenns auf, während ein dritter, etwas geringer dimensionierter über dem Wohnteil abgefangen ist und ein vierter einst im Bereich der Heubühne stand (im Zuge eines nachträglichen Scheunenumbaus entfernt). Im Unterschied zu den meisten andern Hochstudkonstruktionen weist die vorliegende keine Spuren von Rauchschwärze auf. Dieses selten anzutreffende Phänomen ist damit zu erklären, dass das relativ junge Gebäude von Beginn weg über einen geschlossenen Rauchabzug verfügte, also nie über eine eigentliche "Rauchküche" verfügte [5].
Die innere Erschliessung des Wohnteils erfolgt über einen dem Tenn entlang verlaufenden Korridor mit frontalem Eingang an der östlichen Stubenfront und seitlichem Eingang im Winkel der auskragenden westlichen Rückfront. Der Treppenaufgang in den Obergaden ist quer zum Gang angelegt, desgleichen der Abgang in den quer zum First verlaufenden Gewölbekeller. Der Wohnungsgrundriss zeigt eine gängige Gliederung in Stube und Nebenstube auf der Ostseite sowie Küche und Schlafkammer im rückwärtigen Bereich. Zwischen Küche und Stube besteht keine direkte Verbindung, hingegen soll früher ein Eckbuffet mit Durchreiche vorhanden gewesen sein. Auf die frühere Existenz einer Eigengewächswirtschaft weist eine hochklappbare Wand zwischen Stube und Nebenstube hin (heute von moderner Vertäferung verdeckt). Von der Küche aus konnte einst auch die Schlafkammer mittels eines Sitzofens beheizt werden. An historischer Ausstattung ist mit Ausnahme eines alten Türblatts und einiger Vertäferungen hinter den modernen Verkleidungen nichts mehr vorhanden. Ein balusterförmiger Sandsteinfuss mit der Jahreszahl 1802 bezeugt den alten, abgegangenen Kachelofen (Hausinneres gemäss Kurzinventar von 1992).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] zur Geschichte des Neulig vgl. Bolliger/Widmer-Dean 2012, S. 209.
[2] Staatsarchiv Aargau, BA.05.0070: Brandkataster Gontenschwil 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0238-0241: Brandkataster Gontenschwil 1850-1938.
[3] Ähnliche Verhältnisse finden sich heute noch an der Liegenschaft Bachstrasse 10 (Kantonales Denkmalschutzobjekt GON0003).
[4] Gleichaltriges Vergleichsbeispiel Bauernhaus Haldenstrasse 119 (Bauinventarobjekt GON912).
[5] Zum Rauchabzug bei Strohdachhäusern vgl. Räber 2002, S. 178-182. Als Vergleichsbeispiel ist ein um 1800 erbautes Hochstudhaus in Muhen anzuführen, dessen Wohnteil ebenfalls zweiseitig ummauert ist (Kantonales Denkmalschutzobjekt MUH006).
Literatur:- Rolf Bolliger/Markus Widmer-Dean, Ortsgeschichte Gontenschwil, Gontenschwil 2012.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, BA.05.0070: Brandkataster Gontenschwil 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0238-0241: Brandkataster Gontenschwil 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=35580
 

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