Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1850 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerliches Wohnhaus |
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Dokumentation |
Würdigung: | Biedermeierliches Wohnhaus aus der Zeit um 1850, welches auf einem vermutlich älteren Mauersockel steht. Der gut proportionierte, axial gegliederte Mauerbau nimmt eine prominente ortsbauliche Stellung am nordöstlichen Eingang des Weilers Geisshof ein. Mit der zugehörigen Stallscheune Vers.-Nr. 357 (dat. 1733; erweitert 1846) bildet es eine intakte bäuerliche Hofanlage mit zusätzlichen Nebengebäuden, Nutzgarten und Brunnen. Im Erdgeschoss des westlichen Hausteils betrieb man zeitweilig auch eine Eigengewächswirtschaft. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Als sogenannter "Steckhof" nahm der Geisshof in der Vergangenheit eine rechtliche und wirtschaftliche Sonderstellung ein, indem die Bewohner nicht an den dörflichen Flurzwang gebunden waren und andererseits auch kein Anrecht auf die Allmendnutzung hatten. Nach der 1751 erfolgten Aufhebung des Sonderstatus durch die bernische Regierung wurde der Geisshof vorerst zur politischen Gemeinde Reinach geschlagen, in kirchlichen und schulischen Belangen blieben die Bewohner aber stärker mit Gontenschwil verbunden. Auf Betreiben der hier ansässigen Familien Hunziker, Frey und Gautschi wurde 1902 mit Beschluss des aargauischen Grossen Rates die Loslösung von Reinach und der Anschluss an die Gemeinde Gontenschwil vollzogen [1]. Das biedermeierlich geprägte Wohnhaus am nordöstlichen Rand der Kleinsiedlung dürfte anhand der Formensprache in der Zeit um 1850 entstanden sein, und zwar an der Stelle eines Vorgängerbaus, von dem vermutlich Teile des gemauerten Sockelgeschosses mit den rundbogigen Türöffnungen übernommen wurden. Auf der Michaeliskarte von 1840 ist an gleicher Stelle – mit etwas anderem Strassenverlauf – ein länglicher Baukörper eingezeichnet. Demgegenüber gibt die Siegfriedkarte von 1880 die bestehenden Verhältnisse mit geänderter Wegführung und breitrechteckigem Baukörper wieder (vgl. Dokumentationsteil). Als Erbauer des Wohnhauses dürfen Rudolf Hunziker und Anna Riner angenommen werden, die sich mit einer Inschrift "RVDOLF 1846 HVNZIKER", "R HV V G W V ANNAMARIA RINER V Z W" am Tenntor der zugehörigen freistehenden Stallscheune Vers.-Nr. 357 verewigt haben [2]. In der westlichen Haushälfte soll vorübergehend eine Eigengewächswirtschaft betrieben worden sein. In jüngerer Zeit haben eine umfassende Aussenrenovation sowie verschiedene Umbauten im Innern stattgefunden (1987 Küchenrenovation und Badzimmereinbau; 1999 Duscheeinbau; 2012 Umbau Kachelofen). |
Beschreibung: | Das freistehende Wohnhaus bildet den markanten nordöstlichen Auftakt an der Zufahrtsstrasse von Gontenschwil. Seine exponierte Stellung auf der abfallenden Hangkante bedingt einen kräftigen Unterbau in Form eines massiven Mauersockels, der zwei Gewölbekeller aufnimmt. Beide Kellerräume sind von der Strassenseite her über ebenerdige Rundbogenportale zugänglich, deren Gewände aus Muschelkalk in spätgotischer Manier gekehlt sind. Der zweigeschossige biedermeierliche Oberbau unter geradem Satteldach ist ebenfalls in Bruchsteinmauerwerk aufgeführt und verputzt. Die nach Südosten auf den Hof gerichtete Hauptfassade zeigt eine fünfachsige symmetrische Gliederung mit dem ursprünglichen Hauseingang in der mittleren Achse (später zu einer Doppeltür zur unabhängigen Erschliessung des östlichen Hausteils erweitert). Die beiden Stirnseiten sind regelmässig mit zwei bzw. drei Fensterachsen sowie zwei eingezogenen Fenstern im Giebelfeld besetzt. Kennzeichnend für die biedermeierliche Formensprache sind die halbkreisförmigen Lichtöffnungen (Lünetten) unter dem First. Sämtliche Fenster- und Türgewände des Oberbaus sind aus Sandstein gehauen. Die nördliche, strassenseitige Trauffront wird von einer doppelstöckigen geschlossenen Laubenfront abgedeckt, was dem Gebäude einen etwas ungewohnten Ausdruck verleiht. Das Haus ist wohl seit jeher quer zur Firstrichtung zweigeteilt und mittels separater Stichgänge erschlossen. Die westliche, etwas geräumigere Wohnung umfasst im Parterre hofseitig eine Stube (ehemals Gaststube) und Nebenstube sowie strassenseitig die Küche und eine Kammer. Im Obergeschoss sind Schlafräume untergebracht. Die östliche Wohnung zeigt ein ähnliches Raummuster, jedoch mit nur einer Stube an der Hauptfront. Hier hat sich von der historischen Ausstattung ein einfaches gefeldertes Brettertäfer nebst einem hellblauen Kastenofen mit Sitzkunst erhalten. In der Küche befindet sich ein alter Eisenherd, darüber ein blecherner Rauchhurd ("Chemihutte"). Dachraum ausgebaut (Hausinneres gemäss Kurzinventar von 1993). |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Zur Geschichte des Geisshofs vgl. Bolliger/Widmer-Dean 2012, S. 110-112. [2] Die Stallscheune dürfte im Kern von 1733 stammen, was durch eine von Zimmermannsemblemen und Rosettenmotiven begleitete Jahreszahl am südlichen Tenntorflügel belegt ist. |
Literatur: | - Rolf Bolliger/Markus Widmer-Dean, Ortsgeschichte Gontenschwil, Gontenschwil 2012. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, BA.05.0070: Brandkataster Gontenschwil 1829-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0238-0241: Brandkataster Gontenschwil 1850-1938. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=35634 |
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