INV-HAU906 "Spittel", 1564 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-HAU906
Signatur Archivplan:HAU906
Titel:"Spittel"
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Hausen (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Spittelgässli 8-14, Heuweg 7
Versicherungs-Nr.:74A-C, 75A/B
Parzellen-Nr.:1407, 1408, 1409, 1419, 1479, 841, 1509, 2474
Koordinate E:2658179
Koordinate N:1257029

Chronologie

Entstehungszeitraum:1564
Grundlage Datierung:Inschrift (ehemals an einem Türsturz)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"1564" (ehemals an einem Türsturz), "18 AB MR A X R 08" (ehem. am Jochbalken eines Tenntors)
Würdigung:Ausgesprochen grossvolumiges, ehemals strohgedecktes Hochstudhaus, das gemäss einer früher am Haus sichtbaren Jahrzahl auf das Jahr 1564 zurückgehen dürfte. Das als «Spittel» bekannte Gebäude diente seinem Namen nach, wohl in der Zeit vor 1800, als Armenhaus. Es war vielleicht bereits ursprünglich als Doppelwohnhaus mit aussenliegenden Wohnteilen und mittiger Ökonomie angelegt. Der Kernbau umfasste wohl bereits vier oder fünf Hochstüde (Firstständer), während zumindest der sechste, westseitige Hochstud bei einer nachträglichen Verlängerung in Firstrichtung hinzukam. Trotz Veränderungen insbesondere in den westlichen Hausteilen hat das Gebäude wesentliche Teile der überaus mächtig dimensionierten, für ein Strohdachhaus typischen Hochstudkonstruktion bewahrt. Diese weist an beiden Stirnseiten starke Russschwärzung auf, was auf die ursprüngliche Anlage zweier Wohnteile hindeutet.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Aufgrund des Vergleichs mit anderen ins 16./17. Jh. datierten Hochstudhäusern in Hausen erscheint eine Entstehung des Gebäudes in diesem Zeitraum wahrscheinlich [1]. Bei einer Jahrzahl 156(?)4, die von einem Türsturz des Gebäudes überliefert wird, aber aktuell nicht aufgefunden werden konnte, könnte es sich dementsprechend durchaus um das Baujahr handeln [2]. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Gebäude um einen weiteren Hochstud nach Westen verlängert. Einen Umbau belegt die Jahrzahl 1808, die früher am Jochbalken eines Tenntors zu lesen war («18 AB MR A X R 08») [3]. Im ersten Brandkatastereintrag von 1809 wird das Gebäude als ein «einstökiges hölzernes mit Stroh gedecktes Haus» beschrieben; in einer späteren, präziseren Beschreibung von 1829 ist von «einem zweistökigen Wohnhaus mit 5 Wohnungen samt Bescheurung, in einem grossen und 3 kleinen Tenn u. 4 Ställen bestehend, meistens von Holz, zum Theil auch von Stein und Rieg, mit Strohdach, nebst 4 Tremkellern» die Rede [4].
Bereits zum Zeitpunkt des ersten Eintrags von 1809 war die Liegenschaft unter fünf Parteien aufgeteilt. Im Lauf des 19. Jh. erfolgten im üblichen Ausmass etliche Handänderungen, wobei das Gebäude nach einer zwischenzeitlichen Aufteilung unter vier Parteien von 1899 an wieder mit fünf Hausteilen erscheint. Der Beiname «Spittelbauer», der mehrfach für Johannes Meier, Eigentümer des ostseitigen Wohnteils (heutige Vers.-Nr. 74A) ab 1865, sowie seine späteren Erben genannt wird, belegt den im Dorf auch mündlich überlieferten Hausnamen «Spittel». Es ist anzunehmen, dass das Gebäude wohl in der Zeit vor dem 19. Jh. zwischenzeitlich auch als Armenhaus diente. Im Verlauf des 19. Jh. erfuhr es sukzessive Veränderungen, wie sie für Hochstudhäuser charakteristisch sind. Für den ostseitigen Wohnteil ist 1865 «Verbesserung, Einbau 2er Wohnungen mit 2 gewölbten Kellern» vermerkt. Der westseitige Wohnteil (heute Vers.-Nr. 75B) erfuhr 1896 eine «Verbesserung» mit markanter Wertsteigerung, bei der es sich vielleicht um die Ausführung des südlichen Quergiebelanbaus handelt. Noch bis zur Umdeckung im Jahr 1913 besass das Gebäude ein Strohdach mit Ziegelfirst.
Im weiteren Verlauf des 20. Jh. fanden in den zunächst fünf und heute sechs Hausteilen verschiedentlich Renovationen statt. An der westlichen Stirnseite kamen in diesem Zeitraum zwei weitere Anbauten hinzu (nicht Bestandteil des Schutzumfangs). 1995 wurde der schmale Hausteil Spittelgässli 10 (Vers.-Nr. 74C) ausgekernt und neu ausgebaut.
Beschreibung:Das ehemals strohgedeckte Hochstudhaus steht mit Firstrichtung West-Ost südlich etwas abgesetzt, aber firstparallel zu den um die Holzgasse gruppierten Häusern des alten Dorfkerns von Hausen. Es handelt sich um einen ausgesprochen grossvolumigen Vertreter des Bautypus in der Art des Hauses Holzgasse 12 (Bauinventarobjekt HAU902) sowie des 2015 abgebrochenen Hauses Holzgasse 7-11 (ehem. Bauinventarobjekt HAU904). Das hochragende Dach, das heute nur noch über der westlichen Stirnseite abgewalmt ist, wird von sechs Hochstüden (Firstständern) getragen, von denen vermutlich die vier oder fünf östlichen zum Kernbau gehören, während ein sechster Hochstud schon zu einem frühen Zeitpunkt bei einer Verlängerung des Gebäudes nach Westen hinzugekommen sein dürfte. Mit Ausnahme des Hausteils Spittelgässli 10 (Vers.-Nr. 74C) hat sich die alte Dachkonstruktion samt First und Unterfirst sowie Sperrrafen, Windstreben und einem Teil der alten Rafenlage mehrheitlich erhalten. Sie zeigt an beiden Stirnseiten starke Russschwärzung, was darauf hinweist, dass das Gebäude schon früh als Doppelwohnhaus mit zwei aussenliegenden Wohnteilen und einer mittigen Ökonomie organisiert war, wie dies heute noch ablesbar ist. An der östlichen Stirnseite wurde das Dachgerüst bei der Umdeckung zu einem Satteldach verändert. Ein Grossteil der ursprünglichen Dachkonstruktion wie auch vorhandene Reste der Wandständer bestehen aus Eichenholz, was von hablichen Verhältnissen der ursprünglichen Erbauer zeugt. An einem Wandständer neben dem nordseitigen Tenntor hat sich ein steil angeblattetes, gezahntes Kopfholz erhalten, das in seiner Machart noch in das 16. Jh. weist.
Anstelle der ursprünglich rein hölzernen, in Bohlenständerbauweise erstellten Wandkonstruktionen besitzt das Gebäude heute mehrheitlich verputzte Fassaden aus dem 19. und 20. Jh. Der ostseitige Wohnteil, der im Unterschied zum Rest des Gebäudes nicht quer, sondern parallel zum First in zwei Wohneinheiten geteilt ist, zeigt gegen Norden eine regelmässige Fassadengestaltung aus dem 19. Jh. Die rechteckigen Einzelfenster, die im Erdgeschoss von Muschelkalkgewänden und im Obergeschoss von hölzernen Einfassungen gerahmt werden, sind in fünf regelmässigen Fensterachsen disponiert. Die Mitte besetzt der von einem etwas wuchtigeren Rechteckgewände gerahmte Hauseingang. Typisch für die Zeit um 1900 ist auch der Besenwurfverputz. Unregelmässiger befenstert ist der südostseitige Wohnteil, wobei die Fenstergewände hier mehrheitlich jüngeren Datums sind. Die drei westseitigen Hausteile Vers.-Nrn. 74C, 75A/B sind an den beiden Längsseiten stark überformt. Grundzüge einer älteren Fassadengestaltung aus dem 19. Jh. zeigen noch die Befensterung der westlichen Stirnseite sowie der im ausgehenden 19. Jh. entstandene südwestliche Quergiebelanbau. Zwei weitere Anbauten schliessen eher unorganisch an die westliche Stirnseite an und dokumentieren die pragmatischen Anpassungen an den steigenden Raumbedarf: ein Quergiebelanbau vor der westlichen Abwalmung sowie ein südwestseitiger Flachdachanbau (die beiden letzteren Anbauten nicht Bestandteil des Schutzumfangs).
Der nordöstliche Wohnteil Spittelgässli 12 (Vers.-Nr. 74B) zeigt noch eine ältere Raumaufteilung mit einem mittigen Stichgang samt Treppenlauf ins Obergeschoss und beidseitig anschliessenden Kammern. Von der einfachen Ausstattung bestehen noch eine Täferdecke in der Stube und entsprechende Türblätter. Ein Gewölbekeller ist über einen Aussenabgang an der östlichen Stirnseite zugänglich. Im Hausteil Spittelgässli 8 (Vers.-Nr. 75A) bestehen noch einzelne gestemmte Türen aus dem 19. Jh. Im übrigen sind die Oberflächen in allen Hausteilen erneuert. Im Hausteil Spittelgässli 10 (Vers.-Nr. 74C) bestehen von der ursprünglichen Konstruktion nach einer Auskernung nur noch First und Unterfirst. Die Hochstüde zu beiden Seiten dieses Hausteils wurden beim Bau der heutigen Brandmauern auf rund die Hälfte ihres Umfangs zurückgearbeitet.
Anmerkungen:[1] Vergleichsbeispiele: Holzgasse 7-11, 1559d (ehem. Bauinventarobjekt HAU904, abgebr. 2015); «Dahlihaus» Holzgasse 13, 1560 (Bauinventarobjekt HAU905); Holzgasse 4, 1655 (ehem. Bauinventarobjekt HAU903, abgebr. 2012); Holzgasse 12/14, 1642d (Bauinventarobjekt HAU902).
[2] Jahrzahl gemäss Kurzinventar 1999.
[3] Notizen Kunstdenkmäler-Inventarisation um 1950.
[4] StAAG, Brandkataster Hausen.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau (StAAG): ZwA 1942.0001, Bezirksamt Brugg, Brandkataster Gemeinde Hausen, 1809-1849; CA.0001/0138-0140, Brandkataster Gemeinde Hausen, 1850-1938 (alte Vers.-Nrn.: 1809: 32A-E, 1829: 45A-E, 1850: 56-59, 1876: 64-67, 1899: 74A-C, 75A/B).
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Kunstdenkmäler-Archiv: Notizen Kunstdenkmäler-Inventarisation.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Hausen (1999).
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=36174
 

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