INV-HEL901 Christkath. Pfarrkirche, 1946-1948 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-HEL901
Signatur Archivplan:HEL901
Titel:Christkath. Pfarrkirche
Bezirk:Rheinfelden
Gemeinde:Hellikon
Ortsteil / Weiler / Flurname:Ausserdorf
Hist. Name Objekt:Christuskirche
Adresse:Hauptstrasse 99
Versicherungs-Nr.:202
Parzellen-Nr.:264
Koordinate E:2636911
Koordinate N:1261731

Chronologie

Entstehungszeitraum:1946 - 1948
Grundlage Datierung:Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Sakrale Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Kirche (christkath.)
Epoche / Baustil (Stufe 3):Konservative Moderne

Dokumentation

Autorschaft:Alfred (1900-1953) und Heinrich (1901-1982) Oeschger, Architekten, Zürich
Würdigung:1946-48 nach Plänen der Zürcher Architekten Alfred und Heinrich Oeschger errichtete christkatholische Pfarrkirche, die sich als zeittypischer Heimatstilbau mit sorgfältig gestalteten Detailformen präsentiert. Der weitgehend intakt erhaltene, hell verputzte Sakralbau besteht aus einem langgestreckten Kirchenschiff, einem quer an die Chorflanke gerückten, schlanken Turm mit Satteldachabschluss sowie einer schräg anschliessenden Sakristei. Er folgt in seiner Konzeption einem von den Gebrüdern Oeschger 1941 in Zürich-Oerlikon realisierten Pendant und fällt durch den parabelförmigen Chorabschluss wie auch den originell gestalteten, säulengestützten Eingangsvorbau an der Talseite auf. Mit ihrer Entstehungsgeschichte bezeugt die «Christuskirche» die langwierigen Nachwirkungen der Kirchenspaltung, die insbesondere für das Fricktal prägende Bedeutung hatten. Mit ihrer Lage im schmalen Geländespickel zwischen der Hauptstrasse und der Oberen Strasse bildet sie am südlichen Dorfeingang aus der Richtung von Wegenstetten einen ortsbaulich markanten Auftakt.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der rechtsufrige Dorfteil von Hellikon gehörte seit jeher zur Pfarrei Wegenstetten, während das linksufrige Oberdorf nach Zuzgen pfarrgenössig war, bevor es 1788 im Rahmen der staatskirchenrechtlichen Reformen Kaiser Josephs II. ebenfalls nach Wegenstetten umgeteilt wurde [1]. Die Kirchenspaltung in Reaktion auf das Unfehlbarkeits-Dogma des Papstes von 1870 zeigte sich in Hellikon 1873 mit der Gründung eines Vereins «Freisinniger Katholiken», dem in der Folge auch Christkatholiken aus Wegenstetten beitraten. Mit der staatlichen Anerkennung erhielt der christkatholische Verein 1878 das Recht auf Mitbenutzung der Pfarrkirche von Wegenstetten. Im selben Jahr erliess Rom allerdings ein Verbot, die Messe in Kirchen zu feiern, die auch von einer anderen Konfession benutzt wurde, weshalb die römischen Katholiken 1882 unmittelbar neben der alten Pfarrkirche von Wegenstetten eine Notkirche errichteten. 1898 wurde eine Hellikon, Wegenstetten und Zuzgen umfassende christkatholische Kirchgemeinde gegründet, wobei das entsprechende grossrätliche Dekret den Christkatholiken gemäss ihrer Mitgliederzahl einen Anteil von einem Drittel an der Pfarrkirche in Wegenstetten zusprach.
In der Zwischenkriegszeit verschlechterte sich aufgrund der komplizierten Eigentumsverhältnisse der bauliche Zustand der Pfarrkirche von Wegenstetten zusehends. Dies machte die Notwendigkeit einer Neuregelung deutlich, waren doch weder die Christkatholiken mit ihrem Minderheitsanteil, noch die römischen Katholiken, welche die Kirche nicht benutzten, bereit, Geld für eine Renovation aufzubringen. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen konnte 1944 eine Übereinkunft getroffen werden, wonach die Miteigentumsrechte der Christkatholiken an der Wegenstetter Kirche durch die römisch-katholische Kirchgemeinde um den Betrag von 65 000 Fr. abgelöst wurden, der als Grundstock für einen Neubau dienen sollte.
Weitere Beiträge kamen 1944/45 durch eine Haussammlung in den christkatholischen Gemeinden der ganzen Schweiz zusammen. Als Bauplatz wählte man ein Grundstück am südlichen Ortseingang von Hellikon, so dass der Kirchweg auch für die Gemeindemitglieder aus Wegenstetten möglichst kurz war [2]. Mit der Projektierung des Neubaus wurden die Gebrüder Alfred (1900-1953) und Heinrich (1901-1982) Oeschger beauftragt, die 1941 in Zürich-Oerlikon bereits eine christkatholische Kirche errichtet hatten und die man bat, ihr dortiges Projekt für die Verhältnisse in Hellikon abzuwandeln. Als Kirchenbauer waren die Zürcher Architekten etwas später auch in Buchs bei Aarau tätig; ihr bekanntestes Werk aber wurde der Flughafen Zürich-Kloten [3]. 1946 begann man mit der Ausführung; am 28. April 1948 erfolgte die Weihe der «Christuskirche».
1965 entstand nördlich der Kirche ein Pfarrhaus samt Gemeindesaal (nicht Bestandteil des Schutzumfangs), worauf man das 1903 erbaute frühere Pfarrhaus (Hauptstrasse 67, Vers.-Nr. 144) verkaufte [4]. Schon früh wurde der talseitige ummauerte Vorhof abgetragen, wohl im Zug einer Strassenverbreiterung oder im Zusammenhang mit dem Bau des Pfarrhauses.
Beschreibung:Die christkatholische Pfarrkirche erhebt sich am südlichen Dorfeingang im sanft ansteigenden Spickel zwischen der in der Talsohle verlaufenden Hauptstrasse und der hier von dieser abzweigenden Oberen Strasse. Die Saalkirche besteht aus einem längs zu den beiden Strassenzügen nach Südosten ausgerichteten Schiff, einem talseitig daran angeschobenen Turm sowie einer schiefwinklig an den Chor anschliessenden Sakristei. Sie ist in Heimatstilformen der 1940er Jahre gehalten, die durch zeittypische dekorative Elemente und eine bewusste Abweichung von der regulären Geometrie auffallen.
Der durchgehend hell verputzte Baukörper ist im Bereich des Schiffs aus Backsteinen aufgemauert, während der Turm in Eisenbeton ausgeführt wurde. Das langgestreckte Kirchenschiff trägt ein flaches Giebeldach. Einen Blickfang bildet der leicht eingezogene, parabelförmige Chor, der beim Herannahen aus Wegenstetten prominent in Erscheinung tritt. Auf der Talseite liegt unter abgeschleppter Dachfläche der originell gestaltete Eingangsvorbau, der von zwei ausgesprochen schlanken Muschelkalksäulen mit ausladenden Kapitellen getragen wird. Die Schiffwände sind talseitig mit hohen und bergseitig mit kürzeren Segmentbogenfenstern besetzt, die von schmalen, profilierten Gewänden aus gelblichem Jurakalk gerahmt werden. Ähnlich gestaltet ist das grosse Chorscheitelfenster. Die Nordwestfassade zeigt eine grosse Rosette über einem segmentbogigen Drillingsfenster. Zeittypische Akzente bilden die grob bossierten Fensterbänke, die skulptural ausgebildeten Tropfnasen an den kreisrunden Öffnungen und die teilweise als Wetterschutz eingesetzten Verdachungen aus Klosterziegeln. An der Bergseite springt apsidenförmig eine Kapellennische vor.
Der quer an die Chorflanke angeschobene, schlanke Turm trägt einen kleinen Satteldachaufsatz mit markantem Dachvorsprung und über einem Firstknauf aufsetzendem Kreuz. Der Schaft ist im Grundriss leicht gebaucht. Das zweiseitig vollständig offene, den gesamten oberen Bereich einnehmende Schallgeschoss wird von Segmentbögen aus Sichtbackstein abgeschlossen. Die im rechten Winkel an den Chor anschliessende Sakristei ist ein einfach gestalteter, eingeschossiger Satteldachbau auf unregelmässigem Grundriss. Für alle Gebäudeteile ist ein Wormserputz mit vergleichsweise feiner Struktur verwendet. Die Dächer sind mit Biberschwanzziegeln eingedeckt.
Durch einen Vorraum, über dem sich die Orgelempore befindet, gelangt man in das Kirchenschiff, das von einem offenen Dachgebälk in Gestalt einer Hängesäulenkonstruktion überspannt wird. Die Eingangstüren sind betont rustikal gehaltene, handwerklich sorgfältig ausgeführte Schreinerarbeiten. Der Vorraum besitzt einen Bodenbelag aus unregelmässigen Gneisplatten, wie sie auch auf dem Vorplatz der Kirche verwendet sind. Das Chorscheitelfenster und die fast fassadenhohen Stichbogenlichter in der südlichen Schiffsflanke mit ihrer dekorativen Farbverglasung tauchen das Kircheninnere in ein freundliches Licht. Das Farbfenster im Chor, eine Stiftung von E. und L. Gersbach-Brogli, Hellikon, wurden von Heinrich Mäder entworfen und vom Zürcher Glasmalereiatelier Mäder & Co. 1948 ausgeführt. Tabernakel, Vortragskreuz, Weihwasserkessel und Osterkerzenständer stellen ein Ensemble aus der Zeit um 1980 dar. In der Sakristei wird eine farbig gefasste, teilvergoldete Statuette aufbewahrt, die den Auferstehungschristus mit der Kreuzesfahne darstellt und ins 18. Jh. zu datieren ist (Herkunft unbekannt).
Von der Hauptstrasse führt heute ein Treppenlauf direkt auf den Vorplatz. Ursprünglich erfolgte der Zugang über einen auf Strassenniveau gelegenen, ummauerten Vorhof mit axialem Segmentbogenportal.
Bis hin zu einigen Detailformen und dem später verschwundenen strassenseitigen Vorhof entspricht die Kirche ihrem Pendant in Zürich-Oerlikon, wobei die Anordnung von Turm, Eingang samt Vorhof sowie Sakristei spiegelbildlich disponiert ist. Die Hauptunterschiede bestehen in der Materialisierung, indem die Zürcher Kirche ein ausgesprochen grob bossiertes Hausteinmauerwerk zeigt, und in dem etwas anders gestalteten Turmabschluss (vgl. Bilddokumentation [5]).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Kirchengeschichtliches nach Dorfgeschichte 2009, S. 169-180 Hunziker / Hoegger Kdm AG IX 2011, S. 279, 429f.; D’Helliker Chille 1948, S. 4-6.
[2] Baugeschichte nach Dorfgeschichte 2009, S. 178-180, Hunziker / Hoegger Kdm AG IX 2011, S. 279; D’Helliker Chille 1948, S. 6-8.
[3] Zu den Gebrüdern Oeschger vgl. Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 404f. (Giovanni Menghini); zur ev.-ref. Pfarrkirche in Buchs von 1949/50 vgl. Bauinventarobjekt BUS915.
[4] https://www.hellikon.ch/kirchen-christkatholische_kirche (Zugriff 12.3.2020).
[5] Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich, DMP_002983, Aufnahme 1942 (abrufbar über https://baz.e-pics.ethz.ch, Zugriff 12.3.2020).
Literatur:- Edith Hunziker / Peter Hoegger, Der Bezirk Rheinfelden (Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. IX), Basel 2011, S. 279.
- Die Dorfgeschichte von Hellikon, 1209-2009, Hellikon 2009, S. 178-180.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 163.
- [Fr. Ackermann], D'Helliker Chille (Sondernummer des «Hausboten für das christkatholische Fricktal» und der «Christkatholischen Jugend» zur Weihe der neuen Christuskirche in Hellikon), Rheinfelden 1948.
 

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