INV-HOB905 Hochstudhaus Hausmattenstrasse 1, 1634 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-HOB905
Signatur Archivplan:HOB905
Titel:Hochstudhaus Hausmattenstrasse 1
Bezirk:Lenzburg
Gemeinde:Holderbank (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Dorf
Adresse:Hausmattenstrasse 1
Versicherungs-Nr.:37
Parzellen-Nr.:102
Koordinate E:2654894
Koordinate N:1253615
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2654894&y=1253615

Chronologie

Entstehungszeitraum:1634
Grundlage Datierung:Inschrift (Gewände Kellereingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"1634" (Kellergewände)
Würdigung:Imposantes Hochstudhaus mit charakteristischem, steil aufragenden Dach von 1634, das als einziger Vertreter dieses Typus im alten Dorfkern eine hervorragende Stellung einnimmt. Das stattliche Bauernhaus, das von Anfang an einen Gewölbekeller besass und am Wohnteil schon früh in massivem Bruchsteinmauerwerk aufgeführt wurde, bewahrt im Innern noch die rauchgeschwärzte bauzeitliche Hochstudkonstruktion, bestehend aus einer vierteiligen Firstständerreihe. Das ehemals mit Stroh eingedeckte Bauernhaus ist ein gut erhaltener Zeuge der einst vom Ackerbau geprägten Hauslandschaft Holderbanks. Zum stimmigen Gesamtbild trägt auch die Umgebungsgestaltung mit Gehölzen und traditionell angelegtem Garten bei, die dem gepflegten Gebäude den nötigen Raum zugesteht. Die Anlage bildet zusammen mit dem nahe gelegenen Kirchenbezirk den eigentlichen Schwerpunkt des alten Dorfkerns. Neben dem kantonal geschützten Pfarrhaus von 1605 handelt es sich beim vorliegenden Hochstudhaus zudem um das älteste Gebäude von Holderbank.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das rundbogige Kellergewände ist am Scheitel ins Jahr 1634 datiert. Dieses darf mit grosser Wahrscheinlichkeit auch als Baujahr der ursprünglich aus vier Hochstüden bestehenden, russgeschwärzten und in ihren wesentlichen Teilen intakt erhaltene Dachkonstruktion angenommen werden. Ein fünfter Hochstud kam nachträglich mit der Aufmauerung des südseitigen Giebels und dem Einbau einer Dachkammer hinzu (gemäss Kurzinventar 1996). Im Zusammenhang mit der Umdeckung vom ursprünglichen Strohbelag auf Ziegel 1917, wurden zur Verstärkung der Dachkonstruktion Mittelpfetten auf Stützen eingezogen [1]. Ob und zu welchen Teilen das Mauerwerk des zweigeschossigen Wohnteils auf den ursprünglichen Baubestand zurückgeht, ist unklar. Gewölbte Keller mit rundbogigem Aussenzugang sind für reine Bohlenständerbauten ungewöhnlich. Die vorspringende Gebäudeflucht des Wohnteils gegenüber der hölzernen Front des Ökonomietrakts deutet allerdings auf eine nachträgliche Aufmauerung hin. Ein gemauerter Stock (gemauertes Geviert, das in den hölzernen Wohnteil integriert ist), wie er bereits für die frühesten im Aargau bekannten Hochstudhäusern der ersten Hälfte des 16. Jh. nachgewiesen ist [2], lässt sich nicht ablesen. Dennoch scheint die plausibelste Variante, dass der Wohnbereich bereits von Anfang an teilweise gemauert war und spätestens in der ersten Hälfte des 19. Jh., vielleicht schon im 18. Jh. – einer allgemeinen Tendenz zur "Versteinerung" folgend – in seiner Umfassung und der firstparallelen Binnenwand vollständig in Kalkbruchstein aufgeführt wurde. Sowohl die Beschreibung im Brandkataster von 1850 ("Ein 2-stöckiges Wohnhaus mit gewölbtem Keller & Scheune von Stein & Holz unter Strohdach") als auch die dort vermerkte Aufteilung in zwei gleichwertige Stockwerkswohnungen (die obere sogar mit leicht höherem Versicherungswert) lässt darauf schliessen, dass das Erd- und Obergeschoss spätestens zu diesem Zeitpunkt gleichermassen in Stein ausgeführt waren [3]. Stilistische Hinweise in Bezug auf die Zeitstellung liefern teilweise auch die Fenstergewände. So deutet die spätbarocke Profilierung der Fenstergesimse an der Südfassade auf eine Entstehung um 1800. Wie sich die Fenster der Ost- und Westfassade chronologisch dazu verhalten, lässt sich ohne Bauuntersuchung jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Mit der höheren Setzung beziehen sie sich zwar auf eine nachträglich veränderte Geschossunterteilung zugunsten höherer Räume. Die im Verhältnis zur Fenstergrösse mächtigen Hausteinrahmen und die asymmetrische Anordnung auf der nach Osten orientierten Stubenfront als eng gesetzte Folge anstelle gleichmässig verteilter Einzelfenster wirken dagegen altertümlich und für eine klassizistische Überformung im 19. Jh. untypisch. Die hochrechteckige, nur mit Falz gearbeitete Form des Gewändes tritt sowohl im 18. wie im 19. Jh. auf.
Trotz seiner stattlichen Ausmasse dürfte das Bauernhaus 1634 nur für eine Familie errichtet worden sein. Häufig war der meist niedrigere und nur schlecht belichtete Obergaden bei Hochstudhäusern nicht von Anfang an zu Wohnzwecken ausgebaut, sondern diente der Aufbewahrung von Vorräten und Geräten. Bei frühen Doppelbauernhäusern waren die beiden Wohnteile und evtl. Scheunen daher nebeneinander angelegt. Im vorliegenden Fall bestanden spätestens seit der Mitte des 19. Jh. zwei Stockwerkswohnungen, während sich die beiden Eigentümer Scheune und Keller teilten. Diese Konstellation bestand bis zum letzten Eigentümerwechsel.
Stall und Futtertenn wurden bereits zu einem früheren Zeitpunkt teilweise umgenutzt (Heizung, Waschküche, Bastelraum). 2004 erfolgte der Einbau von weiteren Wohnräumen im Tennbereich. Zur Belichtung wurde das Tenn auf der Gartenseite mit einer breiten Fensterfront versehen, während die Umnutzung an der Hauptfassade kaum bemerkbar ist. Gleichzeitig wurde das rückseitige Fenster neben dem Hinterausgang zu einem Gartenausgang verlängert.
Beschreibung:Das ehemalige Strohdachhaus befindet sich leicht abseits der Hauptstrasse, eingebettet in ein mit Bäumen, Hecken und Sträuchern bepflanztes Gartengrundstück. Etwas weiter nördlich fliesst der Dorfbach Richtung Aare, im Westen grenzen die Geleise der Schweizerischen Bundesbahnen an die Parzelle. Das in Nord-Südausrichtung längs zum Hang errichtete ehemalige Strohdachhaus fällt aufgrund seines mächtigen, steil aufragenden Walmdachs auf. Dieses ist am Scheunenteil weit hinabgezogen, während es am Wohnteil zur Belichtung des Obergeschosses etwas zurückgeschnitten und über der ostseitigen Stubenfront leicht angehoben wurde. Auf der Südseite ist es aufgrund einer nachträglichen Erhöhung der Fassadenmauer zwecks Einbau einer Dachkammer als Teilwalm ausgebildet. Das als Mittertennhaus konzipierte Vielzweckgebäude besitzt einen aus Kalkbruchsteinen gemauerten Wohnteil mit zwei ungefähr gleich hohen Geschossen. Die nach Osten orientierte Vorderseite ist mit fünf ungleichmässig gesetzten Fensterachsen rhythmisiert, wobei jeweils die drei mittleren in enger Abfolge die Fensterfront der Stube bilden. In der Achse neben dem ehemaligen Tenn liegt der Hauseingang, der im Hintereingang auf der Rückseite des Wohnteils eine Entsprechung hat. Westseitig waren ursprünglich nur zwei Fensterachsen vorhanden, ein drittes Fenster am Obergeschoss stammt aus dem 20. Jh.. Auf zwei Achsen verteilt sind auch die Fenster an der Südfassade, wobei die beiden jüngeren, zur Dachkammer gehörigen Lichter etwas nach Westen verschoben sind. Sämtliche historischen Fenster sind mit Hausteingewänden aus Muschelkalk ausgestattet, wobei sich die südseitigen durch ihr breiteres Format sowie spätbarock profilierte Gesimse von den schlichten, schlanken Steinfassungen an den Längsseiten unterscheiden. An der Ostseite führt eine steinerne Treppe zum hangseitig angelegten Gewölbekeller, der ein gefastes Rundbogenportal mit der Inschrift "16 34" besitzt. Die zweiflüglige Brettertür mit aufgedoppeltem Rahmenwerk stammt aus dem 19. Jh. Die ehemalige Ökonomie ist noch weitgehend als hölzerner Ständerbau erhalten (ehemalige Stallfront und Nordwestecke nachträglich aufgemauert), wobei die alte, mit Kopfhölzern und Bügen versteifte Wandkonstruktion heute grösstenteils unter späteren Holzverschalungen verborgen ist. Im Innern besteht noch die alte Ständerbohlenwand zwischen Wohnteil und Tenn (gemäss Kurzinventar 1996).
Der Grundriss der beiden Wohngeschosse entspricht einem verbreiteten Schema. Durch den Vordereingang gelangt man in einen der Ökonomie entlang durchlaufenden Gang, von dem aus eine einläufige Treppe auch das Obergeschoss erschliesst. Im ostseitigen Vorderhaus sind jeweils die Stube und Nebenstube angelegt, während das Hinterhaus die Küche und eine Nebenkammer umfasst (heutige Nutzung aufgrund der Zusammenlegung beider Wohnungen teilweise verändert). Eindrücklich ist die parallel zum First verlaufende Binnenwand zwischen Vorder- und Hinterhaus, die durchgehend als massive Mauer aufgeführt ist, während die Abtrennungen quer dazu vermutlich in Fachwerk erstellt waren bzw. sind. Inneres ohne nennenswerte historische Ausstattung.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), Einzelelement, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0407: Brandkataster Gemeinde Holderbank 1899-1938.
[2] Räber 2002, S. 240-245.
[3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0405: Brandkataster Gemeinde Holderbank 1899-1938.
Literatur:- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Fricktal und Berner Aargau, Basel 2002 (zu Hochstudhäusern allgemein).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0405-0407: Brandkataster Gemeinde Holderbank 1899-1938.
- Baugesuchsakten, Baugesuchsarchiv Gemeinde Holderbank.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37122
 

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