INV-JON920 Dorfstrasse 9, 11, 1812 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-JON920
Signatur Archivplan:JON920
Titel:Dorfstrasse 9, 11
Bezirk:Bremgarten
Gemeinde:Jonen
Adresse:Dorfstrasse 9, 11
Versicherungs-Nr.:47 A, B
Parzellen-Nr.:379, 380
Koordinate E:2672214
Koordinate N:1238755
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2672214&y=1238755

Chronologie

Entstehungszeitraum:1812
Grundlage Datierung:Brandkataster; Literatur

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerliches Wohnhaus

Dokumentation

Würdigung:Kurz nach dem Dorfbrand von 1811 errichtetes und um 1850 unter einem Quergiebel grosszügig erweitertes Doppelwohnhaus, das den im Freiamt verbreiteten Innerschweizer Haustyp mit Gehrschild und stirnseitigen Klebdächern am Giebel vertritt. Der vollständig verputzte Baukörper bewahrt am spätbarocken Kernbau zierbeschnitzte Balken und Büge und am südseitigen Giebel ein bauzeitliches Fenster mit Butzenscheiben. Der spätklassizistisch geprägte Anbau besticht durch eine originelle Zugangssituation mit innenhofartigem Vorplatz, doppelläufiger Steintreppe und Biedermeiertür samt Beschlägwerk. Im Innern beeindruckt der geräumige, mit einem Mühlstein und Flusskieseln gepflästerte Keller. Inmitten des Dorfes nimmt der imposante, unterschiedlich alte Hausteile vereinende Baukörper eine prägende Stellung ein.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das Gebäude entstand kurz nach dem Dorfbrand von 1811 als Ersatz für ein abgebranntes Wohnhaus auf der gegenüberliegenden Strassenseite, unterhalb der Untermühle (später Gasthof zum Kreuz, Bauinventarobjekt JON904)[1]. Am alten Standort errichteten Leonz Haas (1778-1838) und seine Brüder nur noch eine Stallscheune (Vers.-Nr. 48, im späten 20. Jh. durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt). Das neue „Wohnhaus von Stein & Rieg mit Ziegeldach, samt Schweinestall“ ging 1849 an „Bernhard Haas, Armenpflegers, und Bernhard Franz Haas Gängels“ über [2]. Um die Mitte des 19. Jh. wurde an der westlichen Traufseite ein grosszügiger Anbau unter Quergiebel erstellt und damit eine neue Zugangssituation mit hofartigem Vorplatz geschaffen [3]. Im wohl ursprünglich unter dem First geteilten, als Doppelwohnhaus genutzten Gebäude waren spätestens seit 1876 drei Wohnungen eingerichtet. Von diesen umfasste die grösste den westlichen Teil des Wohnhauses samt Quergiebelanbau (Eigentümer waren 1876: Bernhard Haas, 1899: Josef Haas, Gemeinderat und Bernhard Haas, sel., Erbschaft, 1925: Bernhard Haas, Bernhards, Landwirt), eine zweite Wohnung die südliche Hälfte des östlichen Hausteils (1876: Franz Leodegar Haas, 1909: August Haas, Weibel) und eine dritte die nördliche Hälfte (1876: Joseph Haas, 1909: August Haas, Weibel). Ab 1909 waren die beiden kleineren Wohnungen im östlichen Hausteil eigentumsrechtlich wieder zusammengeführt. 1882 führten eine „Bauverbesserung“ und „Zuwachs“ zu einer erheblichen Erhöhung des Schätzwertes der westlichen Wohnung um 800 auf 2300 Franken. Möglicherweise betrifft dies den stirnseitigen, zur Strasse hin gelegenen Anbau über den Schweineställen, der heute hälftig zum östlichen Hausteil gehört.
Im Innern sind beide Hausteile stark verändert. Im späteren 20. Jh. wurde das Dachgeschoss des westlichen Hausteils zu einer Wohnung ausgebaut, was mehrere Dachaufbauten sowie die Vergrösserung eines südseitigen Giebelfensters zur Folge hatte.
Beschreibung:Der grossvolumige, über einem hohen Kellersockel zweigeschossig errichtete Baukörper nimmt eine prominente Lage an der Dorfstrasse ein. Er setzt sich im Wesentlichen aus einem kurz nach dem Dorfbrand errichteten giebelständigen Kernbau von 1812 und einer winkelförmig angefügten westseitigen Erweiterung unter Quergiebel aus der Zeit um 1850 zusammen. Der nach Osten und Süden freistehende Kernbau ist in der für das Freiamt charakteristischen Innerschweizer Bautradition erstellt, mit Gehrschildabschluss am leicht geknickten Satteldach und schützenden Klebdächern im Giebelfeld. Die teilweise in Bruchsteinmauerwerk, teilweise in Fachwerk aufgeführten Fassaden sind vollständig verputzt. Holzgerahmte Rechtecklichter gliedern die Traufseite in drei und die Stirnfront in vier regelmässig verteilte Achsen. Von den beiden unteren Dachgeschossfenstern am Südgiebel hat sich das östliche in seiner ursprünglichen Abmessung erhalten, ebenso das darüber liegende Giebelfenster, das als Rarität noch die bleigefassten Butzenscheiben aus der Bauzeit bewahrt. Die der Strasse zugewandte, nördliche Stirnfront ist durch einen gepflegten Anbau aus dem späten 19. Jh., der teils unter Satteldach, teils unter Pultdach ein- bis zweigeschossig über den ehemaligen Schweineställen errichtet wurde, verstellt, zeigt aber noch dieselbe Gestaltung im Giebelfeld. Die Büge und das Gebälk der Klebdächer sind mit wulstartigen Rillen, Profilen und kartuschenförmigen Feldern im Zeitgeschmack des Übergangs vom Spätbarock zum Klassizismus beschnitzt.
Das Wohnhaus ist unter dem First in zwei Wohneinheiten unterteilt, die ehemals von beiden Traufseiten her erschlossen waren. Die östliche der beiden Wohnungen, die sich heute über die östliche Haushälfte samt entsprechendem Anteil im nördlichen Anbau erstreckt, besitzt noch immer den bauzeitlichen Hauseingang in der Mittelachse der Ostfassade. Die über eine doppelläufige Treppe erreichbare, holzgerahmte Tür mit ausgeschiedenem Oblicht wird in regionaltypischer Weise von einem schmalen Fenster (hinter dem Jalousieladen zugemauert) flankiert. Der Zugang zur westlichen Wohnung erfolgt seit der Erweiterung Mitte 19. Jh. über den jüngeren Hausteil. Dieser zählt traufseitig je drei eng gesetzte Fensterachsen, von welchen die mittlere zur Strasse hin den Hauseingang aufnimmt. Die gefalzten, mit Blockbank versehenen Einfassungen der Rechtecklichter sind im Erdgeschoss aus Stein gearbeitet, ebenso das mit einer Profilierung verzierte Türgewände. Durch die von der Strasse zurückgesetzte, vom Kernbau abgewinkelte Anordnung dieses jüngeren Gebäudearms ergibt sich eine innenhofartige Anlage mit repräsentativem Treppenaufgang. Die doppelläufige, innenseitig ums Eck geführte Treppe bewahrt noch die alten Steinstufen und das bauzeitliche Geländer aus der Zeit um 1850, das nachträglich mit den Initialen des späteren Eigentümers „M O[dermatt]“ verziert wurde. Original ist auch das Biedermeiertürblatt mit zeittypischem Rautenmotiv in den Füllungen und filigranem Messingbeschlagwerk. Darunter befindet sich, geschützt durch das Podest, die ebenfalls noch aus der Bauzeit stammende zweiflüglige Brettertür zum nur halb eingetieften Keller. Ein zweiter, wohl mit der geschossweisen Unterteilung des Hausteils hinzugekommener Hauseingang ist auf der westlichen Stirnseite angelegt. Gestaltet sich der Anbau in den Grundzügen mit Geschosshöhe, axial verteilten Rechtecklichtern und verputzten Fassaden wie der Kernbau, unterscheidet sich die klassizistisch gehaltene Giebelfront durch das gerade Satteldach und das Weglassen von Gehrschild und mittlerem Klebdach doch klar von diesem. Im Vergleich zur strassenseitigen Schaufassade fällt die Befensterung hier mit lediglich zwei asymmetrisch gesetzten Achsen bescheiden aus.
Der heute benutzte Westeingang führt direkt in das hölzerne Treppenhaus, welches die Nordwestecke des Hauses einnimmt. Es dient auch als innerer Abgang zum Tremkeller (Keller mit Balkendecke), der sich unter beiden Hausteilen erstreckt. Dieser beeindruckt durch seine Geräumigkeit und unter dem Hausteil von 1850 durch eine dekorative Pflästerung aus Flusskieseln und einem Mühlstein. Im Bereich des darüber liegenden Kachelofens (gemäss Kurzinventar von 1998) wird die Balkendecke von einem Unterzug auf kräftigem Eichenpfeiler gestützt. Durch einen breiten Durchgang (den ehemaligen westlichen Aussenzugang) gelangt man in die Kellerräume unter der westlichen Hälfte des Kernbaus, während die andere Hälfte separat von Osten her erschlossen ist.
In Innern zeigen sich beide Hausteile stark verändert und modernisiert (westliche Erdgeschosswohnung nicht gesehen). Die Wohnung in der östlichen Hälfte des Kernbaus weist noch eine dreiteilige Gliederung mit zentralem Erschliessungsbereich (ehem. Küche?) und seitlich anschliessenden Räumen auf (ohne Anbau über den Schweineställen). Im ausgebauten Dachgeschoss weisen genutete Ständer auf eine frühere, von der heutigen Raumeinteilung abweichende Aufkammerung hin. Ausserdem hat sich beim Übergang vom Kernbau zum nordseitigen Anbau von 1882 am Giebel das Fachwerkgerüst erhalten. Der um 1850 erweiterte westliche Hausteil ist in drei Stockwerkswohnungen unterteilt, deren Räume rund um einen Stichgang herum angeordnet sind.
Südlich des Hauses erstreckt sich ein grosszügiges Gartengrundstück.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Vgl. das Haus „r“ auf dem Plan der abgebrannten Liegenschaften, Bürgisser 1991, S. 22-23. Wolfgang Haas (gest. 1718), genannt „Gängel“, hatte das Haus von seinem Schwiegervater Heinrich Hintermann übernommen, vgl. Bürgisser 1991, S. 187.
[2] Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828, 1829-1849. Im Folgenden auch: Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1876-1898; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938.
[3] Da das Brandkataster von 1850 fehlt, lässt sich der Anbau zeitlich nur einschätzen. Er wird bis 1849 nicht erwähnt, erscheint jedoch im Brandkataster von 1876. Der im Stil des Biedermeier gestaltete Hauseingang deutet auf eine eher frühe Datierung.
Literatur:- Walter Bürgisser, Jonen. Aus der Vergangenheit von Dorf und Pfarrei, 2. erweiterte Auflage, Jonen 1991, S. 187.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0092: Brandkataster Gemeinde Jonen 1899-1938.
- Gemeindearchiv Jonen: Brandkataster Gemeinde Jonen 1812-1828, 1829-1849, 1876-1898.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=37740
 

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