INV-MEN909 Plattenstrasse 6, 1791 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-MEN909
Signatur Archivplan:MEN909
Titel:Plattenstrasse 6
Bezirk:Kulm
Gemeinde:Menziken
Adresse:Plattenstrasse 6
Versicherungs-Nr.:156
Parzellen-Nr.:23
Koordinate E:2656129
Koordinate N:1232873
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2656129&y=1232873

Chronologie

Entstehungszeitraum:1791
Grundlage Datierung:Inschrift (Türsturz ehem. Haupteingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Inschriften:"HANS JACOB VOGT 1791 ANA SPULER" (Türsturz ehem. Haupteingang)
Würdigung:Giebelständig zur Plattenstrasse errichtetes stattliches Bauernhaus von 1791, dem durch den Anbau eines Treppenturms um 1900 ein herrschaftliches Gepräge verliehen wurde. Das Gebäude gilt als ältestes gemauertes und von Anfang an mit Ziegeln eingedecktes Haus in Menziken. Es bewahrt am Wohnteil einen hohen Anteil an spätbarocker Bausubstanz und vereint diese mit einem Scheunentrakt im Schweizer Holzstil sowie Ausstattungsteilen und Ergänzungen aus dem 19. Jahrhundert. Das Bauernhaus zählt damit zu den künstlerisch und architektonisch besonders interessanten Bauzeugen mit hohem ortsbildprägendem Wert.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Laut der am Türsturz eingravierten Inschrift wurde das Bauernhaus im Jahre 1791 für das Ehepaar Hans Jakob Vogt und Anna Spuler erstellt. Es war eines der ersten gemauerten Häuser mit Ziegeldach in Menziken [1]. Ein Nachkomme der Bauleute, der Lehrer Samuel Vogt, besass es bis um 1858. Danach gelangte das „zweistöckige Wohnhaus samt Scheune mit Holz- und Wagenschoggen (Schopf) von Mauer, Rieg und Holz unter Ziegeldach“ in den Besitz der Familie Weber. 1883 liess der Lehrer Johannes Weber den alten Schopf abtragen und den Scheunentrakt neu erstellen. Mit Rudolf Weber-Weber gehörte die Liegenschaft um 1899 nach langer Zeit wieder einem Landwirt. Unter ihm wurde 1905 ein Treppenturm mit doppelläufiger Steintreppe und neuem Hauseingang angebaut. 1921 gehörte das Bauernhaus dem Bäcker und Konditor Johann Scherrer, 1930 dem Bankbeamten Johann Rudolf Weber [2].
Beschreibung:Das mit der Stirnfront nach Osten auf die Plattenstrasse hin orientierte Mittertennhaus trägt ein geknicktes Halbwalmdach, das von einer Sparrenkonstruktion mit stehenden (Wohnteil) bzw. liegenden Stuhljochen (Scheunenteil) gestützt wird. Der Wohntrakt von 1791 weist in der hohen Sockelzone und im Erdgeschoss mächtige Bruchsteinmauern auf, während das Obergeschoss und das Giebelfeld in verputztem Fachwerk aufgeführt sind. Die Fenster sind auf der nach Süden gerichteten Traufseite in vier Achsen angelegt, über die Schmalseite verteilen sich pro Geschoss je zwei Fenster in unregelmässigen Abständen. Diese werden von profilierten, hölzernen Gewänden gerahmt und weisen im Obergeschoss wulstige Sohlbänke auf. Die beiden Fensteröffnungen im Dachgeschoss zeigen eine einfachere, möglicherweise sekundäre Ausführung, während das Erdgeschossfenster neben dem angebauten Erschliessungsturm ein neueres Zementgewände besitzt. Die auf zierbeschnitzten Bügen ruhende Giebellaube ist noch im originalen Zustand erhalten, während es sich bei der Obergeschosslaube um eine spätere Zutat handelt. Die auf die Laube öffnende Tür mit stichbogigem Sturz ist zweifellos ursprünglich, vermutlich gehörte sie zu einer äusseren Treppe ins Obergeschoss.
Die frühere Erschliessung erfolgte von der nördlichen Traufseite her über einen Stichgang entlang der Ostfassade. Aufgrund der schmalen Verhältnisse ist kaum von einer inneren Erschliessung vom Erdgeschoss ins Obergeschoss auszugehen. Die Raumaufteilung folgt in beiden Geschossen dem üblichen Schema mit Stube und Nebenstube auf der Südseite sowie Küche und Hinterstube bzw. Kammer auf der Nordseite. Mit dem um die Jahrhundertwende angebauten Treppenturm ist dem alten Hauseingang seither in Verlängerung der östlichen Mauerflucht ein zusätzlicher Innenbereich mit neuem, auf die Strasse ausgerichteten Hauseingang vorangestellt. Letzterer besitzt eine gestemmte Rahmentüre mit Füllungen und bauzeitlichem Fenstergitter. Er ist über eine zweiläufige Treppe mit schmiedeisernem Geländer zugänglich, deren Antrittsplattform von einem blechernen Vordach mit gestanztem Lambrequin geschützt wird.
Unter der westlichen Hälfte des Wohnteils befindet sich ein quer liegender Gewölbekeller, der über einen steinernen Treppenabgang im Turmanbau zugänglich ist.
Das Innere des Wohnteils weist einen hohen Bestand an bauzeitlichen sowie im Verlaufe des 19. Jh. ergänzten Oberflächen und Ausstattungsteilen auf: Erhalten hat sich die holzgerahmte, spätbarocke Eingangstüre mit einem Stein imitierenden, stichbogigen Sturzholz, das die Namen des Erbauerehepaars und das Baujahr nennt ("HANS JACOB VOGT 1791 ANA SPULER"); ebenso das zugehörige Türblatt in Form einer geschweiften Füllungstüre, die auf eine Brettertüre aufgedoppelt ist.
Zum originalen Bestand gehören im Erdgeschoss weitere Füllungstüren mit spätbarocken Eckmotiven und Rollbändern, die aufgrund ihrer Verschiedenartigkeit teilweise sogar in Zweitverwendung eingebaut sein könnten. Die Nebenstube weist noch den alten Boden aus langen, breiten Nadelholzbrettern auf, in der Stube sind Riemen aus Nadelholz - vermutlich Peach Pine - verlegt, wie es um 1900 beliebt war. In die Feuerwand sind als oberer Abschluss Frieskacheln eines zum ursprünglichen Bestand gehörenden Kachelofens eingebaut. Die weissgrundigen, mit idyllischen Szenen in blauer Farbe bemalten Kacheln sind mit dem Monogramm "HF" des Aarauer Hafnermeisters Hans Jakob Fischer und der Jahrzahl 1792 versehen [3]. Der dazu vorhandene, türkisfarbene Kachelofen mit Sitzkunst stammt aus dem späten 19. Jh.. In der Küche steht vor der gekachelten Feuerwand noch ein eiserner Sparherd mit blechernem Rauchabzug (in Kamin).
Bereits im mittleren 19. Jh. dürfte der aus blauen Füll- und weissen Frieskachel bestehende Kachelofen in der Stube darüber aufgesetzt worden sein. Das Obergeschoss ist mit einfachem Feldertäfer (Wände und Decken) ausgekleidet, das wohl samt den Wandschränken und biedermeierlichen Füllungstüren auf einen Umbau im 19. Jh. zurückgeht. Die beiden Stuben gegen Süden bewahren ihre wertvollen, von Hartholzfriesen gegliederten Tannenriemenböden (Berner Böden). In der Hinterstube, die unter dem Laminat noch den alten Bretterboden und an der Decke Sichtbalken aufweist, steht ein historistischer Tragofen des ausgehenden 19. Jh. mit gusseisernem Rahmen und reliefierten Kacheln.
Im Dachboden verweist eine Falltüre auf die ehemalige innere Erschliessung vom Gang des Obergeschosses aus. In der südöstlichen Ecke befindet sich eine nachträglich eingebaute Kammer (Tür mit wiederverwendeten Langbändern), die aufgrund von aufgeklebten Drucken und Schreibspuren an den Innenwänden auf eine Benutzung um 1895-97 schliessen lässt.
Aus der Bauzeit erhalten haben sich auch nahezu alle sechsteiligen Sprossenfenster samt Vorfenstern, die an Stützkloben befestigt sind und mit Vorreibern verschlossen werden. Sie besitzen jeweils am rechten Flügel einen einzeln zu öffnenden Lüftungsflügel. In die nach Norden gerichteten Fensteröffnungen im Erdgeschoss (Küche und Hinterstube) sind Fenstergitter eingelassen. Aussen sind Holzläden mit beweglichen Jalousien und unterschiedlichen Ladenhaltern (Büstenform) angebracht.
Nahezu vollständig erhalten ist die Ausstattung des historisierenden Turmanbaus. Sie besteht aus einem zweifarbiger Zementplattenboden mit Wabenstruktur im Eingangsbereich und in der oberen Toilette (im Erdgeschoss durch moderne Keramikplatten ersetzt), dem zweiläufigen Treppenhaus aus Holz mit gedrechseltem Geländer und betontem Antrittspfosten, Krallentäfer und Sichtbalken mit Zierfasen an den Decken, schlichte Füllungstüren sowie den Vor- und Innenfenstern, letztere mit verziertem Basculeverschluss.
An der westseitig anschliessenden und mit einer massiven Stirnmauer versehenen Ökonomie befindet sich auf der Südseite noch das aus dem 18. Jh. stammende, von Holznägeln zusammengehaltene Tenntor. Die Konstruktion einschliesslich des Dachs und die Verschalung der Heubühne mit dekorativ ausgesägten Lüftungsöffnungen gehen jedoch auf die um 1883 belegte Erneuerung des Scheunenteils zurück [4]. An die nördliche Traufseite sind ein noch aus dem 19. Jh. stammender hölzerner Schopf und daran anschliessend eine Erweiterung in hellem Backstein aus dem 20. Jh. angebaut.
Südlich des Hauses ist ein kleiner Bauerngarten angelegt, der sich in der Gestaltung mit Beeteinfassungen aus Buchsbaum an barocke Gärten anlehnt.
Anmerkungen:[1] Um 1800 sollen neben dem Bauernhaus erst die Mühle (1800 erbaut) und das frühere Schulhaus (abgebrochen) mit Ziegeln eingedeckt gewesen sein, vgl. Merz 1947, S. 4. - Stettler 1948, S. 209.
[2] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0252-0255: Brandkataster Gemeinde Menziken 1850-1938.
[3] Stettler/Maurer 1953, S. 480. - Der spätbarocke Ofen wurde kurz vor 1947 abgebaut, vgl. Merz 1947, S. 4.
[4] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0252-0255: Brandkataster Gemeinde Menziken 1850-1938.
Literatur:- Dr. med. Max Merz (Bezirksarzt), Aus der Dorfgeschichte von Menziken (Menziken, Jahresschrift Wynentalerblatt 1947).
- Michael Stettler, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Bd. I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen, Basel 1948.
- Michael Stettler/Emil Maurer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau. Bd. II: Die Bezirke Lenzburg und Brugg, Basel 1953.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0252-0255: Brandkataster Gemeinde Menziken 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=41304
 

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