INV-MER904 Luzernstrasse 4 und 6, Büelstrasse 2, 1700 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-MER904
Signatur Archivplan:MER904
Titel:Luzernstrasse 4 und 6, Büelstrasse 2
Bezirk:Muri
Gemeinde:Merenschwand
Adresse:Luzernstrasse 4 und 6, Büelstrasse 2
Versicherungs-Nr.:145 A, B, C, D, E, F
Parzellen-Nr.:275, 276, 277, 273, 274, 272
Koordinate E:2670857
Koordinate N:1234657
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2670857&y=1234657

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1700
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:Speicher (Bauinventarobjekt MER905)
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Würdigung:Bautypologisch und konstruktionsgeschichtlich interessanter ländlich-bäuerlicher Gebäudekomplex, der sich aus einem älteren, ehemals strohgedeckten Hochstudhaus und einem jüngeren Quergiebelanbau in den Formen des steilgiebligen „Freiämterhauses“ zusammensetzt. Das wohl um 1700 erbaute Hochstudhaus bewahrt noch grosse Teile der ursprünglichen, rauchgeschwärzten Firstständerkonstruktion. Mit seiner Geschichte dokumentiert das mächtige Bauernhaus in eindrücklicher Weise an sich selbst die allmähliche Ablösung des älteren Strohdachhauses durch den ziegelgedeckten Haustypus innerschweizerischer Prägung. Um 1800 entstand der von Anfang an ziegelgedeckte Quergiebelanbau; wohl im Jahr 1900 wurde auch der Kernbau von Stroh auf Ziegel umgedeckt. An der Abzweigung der Büelstrasse von der Luzernerstrasse gelegen, nimmt das Gebäude eine markante, ortsbildprägende Stellung ein.
Im Fall eines grösseren Umbaus sollten vorgängig genaue baugeschichtliche Untersuchungen vorgenommen werden.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Der Kernbau mit seiner Hochstudkonstruktion dürfte kurz vor oder um 1700 entstanden sein. Ein Quergiebelanbau in südöstlicher Richtung muss nach seinen Formen um das Jahr 1800 errichtet worden sein. Nach dem Lagerbuch der Brandassekuranz wurde der Kernbau wohl im Jahr 1900 von Stroh auf Ziegel umgedeckt [1]. Der Wohnteil war wohl schon ursprünglich in mindestens zwei Wohnungen unterteilt. Spätestens mit der Hauserweiterung stieg die Zahl auf vier Wohnungen an, die jeweils auch über einen Anteil an der Scheune sowie einen bis drei Trämkeller verfügten. Das grossvolumige Vielzweckgebäude bot damit zeitweise vier Kleinbauernbetrieben Platz, bevor 1921 zwei der Wohnungen vereint wurden. Verschiedene kleinere Umbauten im Inneren der beiden bewohnten Hauptgeschosse.
Beschreibung:Den Kernbau des auch als "Engelhof" [2] bekannten Gebäudekomplexes bildet ein traufständig zur heutigen Luzernstrasse gestellter länglicher Baukörper mit Wohn- und Scheunentrakt (Mittertennhaus), dessen Hochstudkonstruktion auf die ehemalige Strohdeckung verweist. An die von der Strasse abgewandte südwestliche Traufseite schliesst ein Quergiebel an, der mit geknicktem Krüppelwalmdach und Klebdächern dem jüngeren Typus des „Freiämterhauses“ entspricht. Diese von der heutigen Strassenführung abgewandte Giebelfront dürfte um das Jahr 1800 entstanden sein und tritt seither als hauptsächliche Schauseite des Hauses in Erscheinung. Wohl mit der Umdeckung wurde das Walmdach des Kernbaus zu einem Satteldach unter durchgehendem First umgebaut.
Der Gebäudekern wie auch der Anbau sind in Ständerbauweise über einem Mauersockel errichtet. Über einem eichenen Schwellenkranz mit Schwellenschlössern erhebt sich das Ständergerüst, dessen Bohlenfüllung nur in den Erdgeschossen teilweise durch Flecklinge ersetzt wurde. Die schöne Quergiebelfront nach Südwesten zeigt noch weitgehend ihr ursprüngliches Aussehen und bewahrt in den Obergeschossen die wohl bauzeitlichen Bohlenfüllungen mit Doppelfenstern im ersten Stock und Einzelfenstern in den beiden Dachgeschossen. Die insgesamt drei für diesen Haustypus charakteristischen Klebdächer ruhen auf zierbeschnitzten Bügen.
Die Südostseite, die seit der Umdeckung als Giebelseite des langgestreckten Satteldachbaus in Erscheinung tritt, und die nordöstliche Traufseite zeigen unregelmässig gesetzte Einzelfenster; die Konstruktion ist hier am Hausteil Nr.145 A unter einer Bretterverschalung, am Hausteil Nr. 145B seit den 70er Jahren unter einer Kunststoffverkleidung verborgen [3]. Die Giebelfläche zeigt eine wohl mit der Umdeckung um 1900 angebrachte vertikale Verbretterung, wie sie eher für Scheunen typisch ist. Vor der Traufseite liegt im Obergeschoss ein Balkon mit Laubsägearbeiten wohl des frühen 20. Jh. Der nordwestlich unter durchgehendem First anschliessende Scheunentrakt weist beidseitig ein etwas weiter ausladendes Dach auf; sein äusseres Erscheinungsbild ist weitgehend vom Umbau um 1900 geprägt.
Im Inneren bewahrt der Kernbau noch weitgehend seine ursprüngliche Dachkonstruktion, ein vollständig russgeschwärztes Rafendach über fünf Hochstüden, von denen zwei beidseits des Tenns bis auf den Schwellenkranz durchlaufen, während zwei weitere über dem Wohnteil, einer über dem Stall abgefangen sind. Die über den Hochstüden erhaltene ursprüngliche Firstpfette wurde mit der Umdeckung auf beiden Giebelseiten durch jeweils kurze Ansatzstücke verlängert; die Rafen zeigen unterschiedliches Alter. Südwestlich schliesst an dieses Gerüst das liegende Sparrendach des Quergiebels an, das sich gegen den Kernbau hin gleichfalls russgeschwärzt zeigt.
Der Wohnteil teilt sich heute in drei Wohnungen, wobei Hausteil Vers.-Nr. 145A über das Tenn, Nr. 145B über die Südostseite und 145C über die Quergiebelfront zugänglich sind. Der nicht mehr benutzte Eingang an der Südostseite führte in den ehemals separaten Hausteil 145D. In dessen Innerem befindet sich ein an der Sitzkunst 1800 datierter heller Ofen, dessen Kacheln auf hellem Grund in der untersten und obersten Reihe Marmorierungen zeigen, in der mittleren Reihe Blumenmotive. Hausteil 145B weist einen formal ähnlichen, etwas einfacheren Sitzofen mit ornamentalen Farbmustern auf, der 1796 datiert ist. Ein dritter, formal gleichfalls ähnlicher Ofen, der sich bis 1970 in dem Haus befand, wurde 2013 im Ortsmuseum "Postlonzihus" aufgestellt. Nach Inschrift wurde er um 1800 von Hafner Notter in Boswil erbaut und um 1820 um einen zusätzlichen Aufsatz erhöht [4]. In Hausteil 145C befindet sich eine Sitzkunst des frühen 20. Jh., deren karamelfarbene Kacheln geometrische Jugendstilornamentik zeigen. Die Dachkammern im Quergiebel zeigen im Inneren noch die unverkleidete Ständerkonstruktion mit Bohlenfüllungen; sie sind heute unbewohnt.
Unmittelbar gegenüber der Südwestseite des Scheunentrakts liegt der wohl im 18. Jh. entstandene, zum Haus gehörige Speicher (siehe Bauinventarobjekt MER905).
Erwähnung in anderen Inventaren:Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0514-0517; Brandkataster Gemeinde Merenschwand, 1850-1938.
[2] Der Hausname wird im Zusammenhang mit dem Ofen im Merenschwander Ortsmuseum genannt; siehe unten und Aargauer Zeitung, 15.3.2013.
[3] Aufnahmen von 1979 im Fotoarchiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[4] Kachelofen für die Stube der fleissigen Strohflechterin, in: Aargauer Zeitung, 15.3.2013.
Literatur:- Pius Räber: Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 238 (Abb. 441).
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Merenschwand VIII-14/8.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Bestandesaufnahmen 1968 (Grundriss).
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=41490
 

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