INV-MUR904 Buchdruckerei "Freischütz", 1857 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-MUR904
Signatur Archivplan:MUR904
Titel:Buchdruckerei "Freischütz"
Bezirk:Muri
Gemeinde:Muri (AG)
Ortsteil / Weiler / Flurname:Wey
Adresse:Seetalstrasse 20
Versicherungs-Nr.:94
Parzellen-Nr.:688
Koordinate E:2667904
Koordinate N:1236247
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2667904&y=1236247

Chronologie

Entstehungszeitraum:1857
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus mit Gewerbelokal
Epoche / Baustil (Stufe 3):Biedermeier

Dokumentation

Würdigung:Stattlicher, in gepflegten spätklassizistisch-biedermeierlichen Formen gehaltener Mauerbau, der 1857 errichtet wurde und seit 1882 als Sitz der Buchdruckerei "Freischütz" dient. Mit seiner traufständigen Lage, dem Quergiebel über der leicht risalitierten Mittelpartie und der inneren Organisation mit Quergang und rückwärtigem Treppenhaus folgt der Bau einem damals verbreiteten Haustypus. Ein typisches Merkmal der Entstehungszeit sind die sparsam eingesetzten Zierformen, weshalb der Bau vor allem durch seine gute Proportionierung und die weitgehend ursprünglich erhaltenen Oberflächen zur Wirkung kommt. Unweit vom Kloster an der Seetalstrasse gelegen, bildet das Haus ein prägendes Element im Strassenbild des alten Kerns von Muri-Wey.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Nach Angabe im Brandkataster wurde das stattliche Wohn- und Geschäftshaus 1857 erbaut [1]. Bauherr war Lehrer (Franz) Xaver Trottmann von Rottenschwil, der im Haus einen Eisen- und Geschirrhandel betrieb [2]. Anfang der 1880er Jahre geriet er in finanzielle Schwierigkeiten, worauf sein Bürge Anton Heller-Frey die Liegenschaft übernehmen musste. Dieser verlegte 1882 die Redaktion des katholisch-konservativen „Freischütz“, den er als Gründer seit 1864 herausgab, in den markant an der Verzweigung von Vorderweystrasse und Seetalstrasse gelegenen Biedermeierbau [3].
Beschreibung:In einem Gartengrundstück mit schmiedeeiserner Einfriedung gelegen, ist der zweigeschossige traufständige Mauerbau in ausgesprochen gepflegten spätklassizistisch-biedermeierlichen Formen gehalten. Der von drei auf fünf Fensterachsen gegliederte Baukörper liegt unter einem geraden Satteldach, das sich im Kniestock beidseitig mit Quergiebeln öffnet. Gegen die Seetalstrasse wendet sich ein übergiebelter, dreiachsiger Risalit, der in der Mittelachse den Hauseingang aufnimmt und im ersten Obergeschoss von einem Balkon zusätzlich akzentuiert wird. Ein ehemals vorhandener, axial auf den Hauseingang hinführender Treppenlauf wurde in jüngster Zeit beseitigt.
Das Haus ist heute mit Besenwurf wohl aus der Zeit um 1900 verputzt und wird an seinen Kanten von vielleicht gleichzeitig angebrachten, gefugten Eckpilastern gerahmt. Die einfachen gefalzten Fenstergewände tragen hölzerne Jalousieläden und weisen noch die alten Fenster samt Vorfenstern auf; der Balkon zeigt ein bauzeitliches Gusseisengeländer mit neogotischen Zierformen. Charakteristisch für die biedermeierliche Formensprache des Hauses ist die Gestaltung der Giebellichter als rundbogige Drillingsfenster. Die Lünetten der holzgefassten Fensteröffnungen sind dabei in der Art des Schweizer Holzstils dekorativ ausgesägt. Das Dach zeigt noch seine alte Eindeckung mit Biberschwanzziegeln; in der Mitte thront ein als Firstzier gestalteter Blitzableiter.
Der rückwärtigen Traufseite ist axial ein Treppenhausrisalit vorgebaut. Seine Fenster werden begleitet von schmalen Lichtern der auf den Zwischenpodesten anlegten Abtritte. Die ehemals zwei flankierenden eingeschossigen Anbauten entstammen wohl dem späteren 19.Jh., vielleicht von der Einrichtung zur Druckerei 1882. Mit einer Eckquadrierung zeigen sie dieselben Gliederungselemente wie der Hauptbau. Einer der beiden Anbauten wurde 1972 durch einen grossen, flach gedeckten Trakt mit neuen Geschäftsräumen ersetzt.
Im Erdgeschoss liegen beidseits des durchlaufenden Mittelgangs Büro- und Druckereiräume. Das alte Kontor besitzt noch den ursprünglichen Einbauschrank, der am zurückgesetzten Mittelteil von schlanken Pilastern gerahmt wird. In der Wohnung des ersten Obergeschosses ist eine Stube zu erwähnen, deren Decken- und Wandvertäfelung eine für die Jahre um 1900 typische aufgemalte Holzmaserierung bewahrt. Der Ofen zeigt grüne, im Farbverlauf glasierte Kacheln und dürfte wohl um 1920 entstanden sein. Einige Zimmer im Obergeschoss und im Dachgeschoss sind mit bauzeitlichen Gipsdecken ausgestattet, die stuckierte Rahmungen und Mittelmotive zeigen, eines von diesen mit Emblemen der drei theologischen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung. Im grossen tonnengewölbten Keller unter der strassenseitigen Haushälfte war bis in die 1990er Jahre die alte Druckmaschine untergebracht (Inneres gemäss Kurzinventar 1998).
Im rückwärtigen Bereich des Hauses liegt ein freistehender Schopf, auf dem Nachbargrundstück eine vollständig intakt erhaltene Stallscheune (Bauinventarobjekt MUR936), die ursprünglich zum Haus gehörte.
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung.
- ICOMOS. Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau, Muri 4236-51.
Anmerkungen:[1] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0522-0524; Brandkataster Gemeinde Muri, 1850-1938.
[2] Geschichtliches nach: 100 Jahre "Der Freischütz" Muri, Jubiläumsausgabe 1964, Blatt 1-5.
[3] Zuvor hatte Anton Heller-Frey im Gebäude Vers.-Nr.103 an der Zurlaubenstrasse gewohnt, das im Volksmund als Geburtshaus von Caspar Wolf bezeichnet wird; vgl. Müller 1989, S.257.
Literatur:- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 98.
- 100 Jahre "Der Freischütz" Muri, Jubiläumsausgabe 1964, Blatt 1-5.
- Hugo Müller, Die Geschichte der Gemeinde Muri seit 1798 (Muri in den Freien Ämtern, Bd. 2; Unsere Heimat, Bd. 59), Aarau 1989, s. 257.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0522; Brandkataster Gemeinde Muri, 1850-1938.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=42450
 

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