INV-OFE904 Turnhalle "Dorf", 1906 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-OFE904
Signatur Archivplan:OFE904
Titel:Turnhalle "Dorf"
Bezirk:Aarau
Gemeinde:Oberentfelden
Adresse:Turnhalleweg 1
Versicherungs-Nr.:276
Parzellen-Nr.:439
Koordinate E:2646021
Koordinate N:1245407

Chronologie

Entstehungszeitraum:1906
Grundlage Datierung:Brandkataster

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Teil einer Baugruppe
Weitere Teile der Baugruppe:OFE914
Nutzung (Stufe 1):Öffentliche Bauten und Anlagen
Nutzungstyp (Stufe 2):Turnhalle
Epoche / Baustil (Stufe 3):Historismus

Dokumentation

Autorschaft:Jacques Kehrer (1854-1908), Architekten, Zürich; Werner Büchli (1871-1942), Maler, Lenzburg (Wandbild)
Würdigung:1906-08 nach Plänen des Zürcher Architekten Jacques Kehrer erbaute Turnhalle, die mit einem grossformatigen Wandbild des Lenzburger Malers Werner Büchli geschmückt ist. Der kurz nach dem Schulhaus (Bauinventarobjekt OFE914) errichtete Späthistorismusbau bildet zusammen mit diesem eine ungefähr rechtwinklig zueinander geordnete Baugruppe. Mit dem Turneremblem und einer Lyra über dem heute vermauerten Eingang an der östlichen Stirnseite bringt das Gebäude die für Turnhallen der Zeit um 1900 typische Zusatznutzung als Theater- und Musiksaal zum Ausdruck, wofür das Gebäude ursprünglich auch zwei separate Eingänge besass. Das 2015 sorgfältig restaurierte Wandbild, das mit seiner kriegerischen Thematik auf das damalige Verständnis des Turnens als militärische Vorbildung verweist, gehört zu den bedeutenden Werken des für seine Sgraffitotechnik bekannten Malers Werner Büchli.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Kurz nach dem Baubeginn des heutigen Schulhauses «Dorf» (Bauinventarobjekt OFE914) 1904/05 erweiterte man das Bauprogramm 1906 um eine Turnhalle. Die festliche Einweihung der gesamten Anlage fand im Jahr 1906 statt, noch bevor die Turnhalle gemäss Angabe im Brandkataster 1908 fertiggestellt war [1]. Man kann davon ausgehen, dass die Pläne entsprechend dem Schulhaus ebenfalls vom Zürcher Architekten Jacques Kehrer (1854-1908) stammten, der seit 1880 zusammen mit seinem Associé Karl Knell (1853-1901) und nach dessen Tod allein eine stattliche Anzahl von Bauten realisiert hatte, darunter diverse Kirchen, Schulhäuser und Villen in den Kantonen Zürich, Aargau und Glarus [2]. Der Lenzburger Maler Werner Büchli (1871-1942) schuf das 1907 datierte, dreiteilige Wandbild in Sgraffito-Technik an der Westfassade [3].
1947/48 erfolgte ein Umbau der Bühne. 1972 erstellte man an der Südseite einen Anbau mit Garderobe- und Geräteräumen [4]. 2007 wurde die Turnhalle renoviert und der südseitige Anbau durch einen etwas grösseren Neubau ersetzt. 2015 erfolgte eine Restaurierung des Wandbilds von Werner Büchli [5].
Beschreibung:Die Turnhalle steht ungefähr im rechten Winkel zu dem im gleichen Zug errichteten Schulhaus (Bauinventarobjekt OFE914), mit dem sie einen früher vollständig freien, geräumigen Platz aufspannt. Heute ist die räumliche Situation südseitig vor der Turnhalle durch einen Anbau von 2007 verändert und der Pausenplatz daher auf den Bereich zwischen Schulhaus und Turnhalle reduziert (Anbau nicht Bestandteil des Schutzumfangs). Der massige, noch dem Späthistorismus zuzuordnende Turnhallenbau liegt unter einem ungeknickten Krüppelwalmdach, dessen Untersichten allseitig als wuchtige Hohlkehlen ausgebildet sind. Die Gebäudekanten des mit Besenwurf verputzten Baukörpers werden von einzelnen, heute grau überfassten Bossenquadern wohl aus Sandstein gerahmt.
Die Traufseiten sind mit jeweils fünf grossen Stichbogenfenstern besetzt, die von strebepfeilerartig ausgebildeten Putzlisenen mit Kämpfer und Schlussstein getrennt werden. Die ursprünglich vorhandenen zwei Eingänge weisen auf die für Turnhallen der Zeit um 1900 typische Zweitnutzung als Theater- und Konzertsaal [6]. An der östlichen Stirnseite lag der prominent gestaltete, später vermauerte Eingang für das Publikum, der durch eine risalitierte Mittelpartie zusätzlich hervorgehoben wird. Darüber erinnern zu beiden Seiten eines Stichbogenfensters mit Kreuzstöcken zwei Kartuschen mit dem Turneremblem der vier F («frisch, fromm, fröhlich, frei») sowie einer Lyra als Allegorie der Musik an die beiden Funktionen der Halle. Der Schlussstein des Eingangsportals zeigt die Ente aus dem Gemeindewappen. Der weniger aufwendig gestaltete Eingang für die Schüler lag ursprünglich in der Mitte der heute vom Anbau verdeckten südlichen Traufseite (vgl. Bilddokumentation).
Die zum Schulhaus gerichtete westliche Giebelseite nimmt das grossformatige Sgraffito von Werner Büchli ein, das in gestalterischer Anlehnung an die Fenster der Turnhalle unter einem grossen Segmentbogen in drei vertikale Kompartimente geteilt ist, ähnlich wie Büchli dies auch bei anderen Wandbildern verfolgte. Die Komposition orientiert sich mit der flächigen, streng geometrischen Reihung der Figuren an Hodler (vor allem dem «Rückzug von Marignano»), ist aber entsprechend der Technik monochrom gehalten. Bildthema ist die siegreiche Rückkehr der Eidgenossen aus den Burgunderkriegen, was auf das Verständnis des Turnens als militärischer Vorbildung verweist [7]. Eine Eigenheit von Büchlis Sgraffitotechnik besteht darin, dass nicht wie üblich die helle, sondern die dunkelste von insgesamt drei Schichten zuoberst liegt und somit in einem ersten Schritt die mitteltonigen Partien sowie in einem zweiten Schritt die hellen Lichter durch Abkratzen hervorgearbeitet werden [8].
Der Fist war ursprünglich von einem Dachreiter mit Zwiebelhelm bekrönt, der ebenso wie zwei Firstknäufe bereits vor längerer Zeit einer Purifizierung zum Opfer fiel. Die Dachflächen waren bereits bauzeitlich mit Falzziegeln eingedeckt und ursprünglich axialsymmetrisch mit drei flachen Schleppgauben zu Lüftungszwecken besetzt. (Inneres nicht gesehen.)
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung, Erhaltungsziel A.
Anmerkungen:[1] 1000 Jahre Entfelden 1965, S. 45; StAAG, Brandkataster Oberentfelden.
[2] Zu Kehrer & Knell vgl. Isabelle Rucki / Dorothee Huber (Hg.), Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel 1998, S. 306f.; Meyer 1973, S. 174-176 (mit Nennung des Schulhauses von Oberentfelden). Im Kanton Aargau stammen von Jacques Kehrer die Villa «Sonnenschein» in Turgi von 1901 (Bauinventarobjekt TUR914) sowie das Zentralschulhaus von Reinach von 1904/05 (Kantonales Denkmalschutzobjekt REI005).
[3] Werner Büchli (der sich selbst auch Büchly schrieb) schuf in gleicher Technik zahlreiche Wandbilder vor allem im Kanton Aargau. Zu den bedeutendsten gehören: Pestalozzi-Denkmal, Birr, 1906 (Kantonales Denkmalschutzobjekt BIR001/Bauinventarobjekt BIR901), Krematorien in Aarau (Kantonales Denkmalschutzobjekt AAR088) und Sihlfeld in Zürich, beide erbaut von Albert Froelich, Schulhaus Angelrain, Lenzburg, 1902/03 (Bauinventarobjekt LEN916), Alte Kantonsschule Aarau, 1912 (Kantonales Denkmalschutzobjekz AAR088), Schulhaus Rupperswil, 1905/06 (Bauinventarobjekt RUP905), Vindonissa-Museum in Brugg (Bauinventarobjekt BRU914), Pfarrkirche Othmarsingen, 1675, Wandbild 1927 (Kantonales Denkmalschutzobjekt OTH001).Vgl. zur Person Edward Attenhofer, Werner Büchli (1871-1942), in: Lenzburger Neujahrsblätter 1944, S. 87-89; Art. ‚Büchli, Werner‘, auf: https://www.kunstbreite.ch/Kuenstlerwerdegaenge_aargau_buechli_werner.htm (Zugriff 9.7.2019).
[4] Pläne im Baugesuchsarchiv. Ein Projekt von 1939 für eine wesentliche Erweiterung der Bühne mit einem Anbau wurde nicht ausgeführt, desgleichen ein Projekt für einen nordseitigen Anbau mit Garderobe- und Geräteräumen von 1944.
[5] Restauratoren Jasmin Restle u. Klaus Engler, Bericht im Archiv der Kantonalen Denkmalpflege.
[6] Vgl. allg. Lesny 2019; zu Oberentfelden ebd., S. 45f.
[7] Ebd.; weiterführende Angaben zum Bild im Restaurierungsbericht von 2015.
[8] Zu Büchlis Technik vgl. den Restaurierungsbericht von 2015 sowie Theodor Bertschinger, Die Sgraffito-Bilder am Schulhaus in Lenzburg, in: Schweizerische Bauzeitung, Bd. 45 (1905), S. 129f.
Literatur:- Katja Lesny, Von der Trotte zum Theatersaal. Frühe Turnhallen im Aargau, in: Kunst + Architektur in der Schweiz, 70. Jg. (2019), Nr. 1, S. 42-49, hier S. 45f.
- Alfred Lüthi, Ortsgeschichte Oberentfelden, Oberentfelden 1997, S. 167.
- Heinz Baumann / Walter Linder: Mer luege zrugg. Alte Fotografien von Unter- und Oberentfelden, Schöftland 1984, S. 108 (histor. Aufnahme).
- André Meyer, Neugotik und Neuromanik in der Schweiz. Die Kirchenarchitektur des 19. Jahrhunderts, Zürich 1973, S. 174 (Anhang mit Architektenbiografien).
- 1000 Jahre Entfelden, 965-1965, Ober- und Unterentfelden 1965, S. 45.
Quellen:- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Berichte: Restaurierungsbericht Wandbild, verf. von Jasmin Restle u. Klaus Engler, Weinfelden/Untereggen 2015:
- Staatsarchiv Aargau (StAAG): Bezirksamt Aarau, ZwA 1936.0001/0224-0227, Brandkataster Gemeinde Oberentfelden, 1809-1849, 1875-1899; CA.0001/0024, Brandkataster Gemeinde Oberentfelden, 1899-1938.
- Gemeinde Oberentfelden, Baugesuchsarchiv: Umbaupläne 1939, 1944, 1947/48, 1972.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

Related units of description

Related units of description:siehe auch:
DOK-OFE839.004 Aarauerstrasse 12, Schulhaus mit Turnhalle, 1907 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=44418
 

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