INV-UNS902 Kirchweg 1, 3, 1820 (ca.) (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-UNS902
Signatur Archivplan:UNS902
Titel:Kirchweg 1, 3
Bezirk:Baden
Gemeinde:Untersiggenthal
Ortsteil / Weiler / Flurname:Obersiggingen
Adresse:Kirchweg 1,3
Versicherungs-Nr.:37, 387, 388
Parzellen-Nr.:1568, 1569, 1570
Koordinate E:2662183
Koordinate N:1261349
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2662183&y=1261349

Chronologie

Entstehungszeitraum:approx. 1820
Grundlage Datierung:Schätzung

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Landwirtschaftliche Bauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Bäuerlicher Vielzweckbau

Dokumentation

Würdigung:Das sogenannte "Gemeindeschreiberhaus" aus dem frühen 19. Jahrhundert ist ein stattlicher, mehrheitlich gemauerter Vielzweckbau mit zwei nebeneinander liegenden, insgesamt acht Achsen zählenden Wohnteilen sowie einer grosszügigen Scheune mit Tenn, Futtertenn und aussenliegendem Stall. Die nach Süden orientierte Strassenfassade zeichnet sich am Wohnteil durch eine für die spätklassizistisch-biedermeierliche Bauweise charakteristische gleichmässige Verteilung der rechteckigen Hausteinfenster aus. Sie erfuhr vor kurzem eine untypische Verlängerung der östlichen Erdgeschossfenster bis zum Boden, während die Öffnungen an der Rückfront wieder vereinheitlicht wurden. Der intakte Scheunentrakt weist an Tenn und Futtertenn markante holzgefasste Korbbogenportale auf. Das gepflegte Gebäude, dessen südseitiger Hofplatz von einem grossen Vorgarten und dem Dorfbach eingefasst wird, bildet zusammen mit dem Ortsmuseum am Kirchweg 4 sowie weiteren benachbarten Bauernhäusern (Bauinventarobjekte UNS901, UNS904, UNS905, UNS907) eine wertvolle ländliche Baugruppe.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Das stattliche Doppelbauernhaus entstand vermutlich in zwei Etappen. Laut Angabe des früheren Eigentümers und ehemaligen Gemeindeschreibers Eduard Hitz soll der innere Wohnteil aus dem Jahr 1719 stammen [1]. Er dürfte zusammen mit der ebenfalls älteren hinteren, in Fachwerk aufgeführten Traufwand der Scheune errichtet worden sein. Um 1820/30 wurde das Bauernhaus in spätkassizistisch-biedermeierlichem Stil überformt, durch einen zweiten Wohnteil erweitert und die vordere Scheunenfront neu in der Art eines Juragiebelhauses aufgemauert. Der lange Baukörper ist auf der Michaeliskarte von 1840 gut erkennbar. Das ehemalige Sparrendach wurde im späten 19. oder frühen 20. Jh. durch die bestehende Pfetten-Rafenkonstruktion mit Kniestock ersetzt [2]. Ein kleiner Hinweis, der die zeitlich getrennte Entstehung beider Wohnteile bestätigen könnte, ist die im Vergleich zu den übrigen, völlig regelmässig verteilten Fensterachsen etwas enger gesetzte innerste Achse des alten Wohnteils, welche ehemals den Hauseingang aufnahm.
Gemäss Brandkataster von 1898 gehörte die Liegenschaft zwei Parteien derselben Familie. Franz Josef Hitz, Friedensrichter, bewohnte die östliche Hälfte des Wohnhauses und besass den südlichen Teil der Scheune, die Hälfte des Schopfs und ein Bienenhaus, während Johann Heinrich Hitz bzw. seine Erben jeweils die andere Hälfte von Wohnhaus, Scheune und Schopf besassen. 1931 wurden beide Teile eigentumsrechtlich zusammengeführt und auf Eduard Hitz, Gemeindeschreiber, überschrieben, der schon seit 1924 als Nachfolger von Franz Josef Hitz aufgeführt war [3]. Von ihm leitet sich die Bezeichnung „Gemeindeschreiberhaus“ ab. Die Gemeindekanzlei war von 1897 bis 1946 im eingeschossigen, später aufgestockten stirnseitigen Anbau (Oeliweg 2) untergebracht [4]. Heute befindet sich im äusseren Wohnteil noch immer eine Wohnung, während im inneren Wohnteil bei einem durchgreifenden Umbau 1973-74 zwei Stockwerkswohnungen eingerichtet und die Erschliessung in den hinteren Tennbereich verlegt wurden [5].
Beschreibung:Das im Spickel zwischen Kirch- und Oeleweg hangparallel ausgerichtete, mit der südseitigen Hauptfassade Richtung Dorfstrasse blickende Doppelbauernhaus bildet mit dem im Winkel dazu stehenden Bauernhaus Kirchweg 4 (Ortsmuseum, Bauinventarobjekt UNS901) ein intaktes Ensemble, das für den alten Ortskern von Obersiggingen von grösster Bedeutung ist. Eine nicht zu unterschätzende Wirkung für den Strassenraum entfaltet auch die Umgebung, welche noch aus dem Hofplatz vor der Scheune und einem umfriedeten Vorgarten vor der Stubenfront besteht.
Der bäuerliche Vielzweckbau ist unter einem durchlaufenden Satteldach geborgen, das vorne und hinten auf unterschiedlicher Höhe durch Aufschieblinge angehoben ist. Der langgestreckte Baukörper ist in seinen Umfassungsmauern mehrheitlich in verputztem Mauerwerk aufgeführt, nur die hintere Traufseite des Scheunentrakts ist in Fachwerk erstellt.
Der Wohntrakt setzt sich aus zwei quer zum First aneinandergereihten, je vier Achsen zählenden Einheiten zusammen. Die streng axiale Gliederung ist am äusseren Wohnteil ganz regelmässig, während sich am inneren Wohnteil durch die leichte Verschiebung der beiden inneren Fensterachsen Richtung Westen kleine Unregelmässigkeiten ergeben. Auch hat sich von den beiden jeweils links aussen angelegten Hauseingängen in der Vorderfront nur derjenige der östlichen Wohnung erhalten, während der tennseitige bereits vor längerer Zeit durch eine Fensteröffnung ersetzt wurde. Der noch vorhandene Eingang zur äusseren Wohnung besitzt ein klassizistisches Hausteintürgewände mit profilierter Gesimsbekrönung. Bis auf die Erdgeschossfenster des östlichen Wohnteils, die bei den jüngsten Umbauarbeiten bis zum Boden verlängert und dadurch in untypischer Art überformt wurden, haben sich die originalen, mit Ladenfalz und Blockgesims versehenen rechteckigen Sandsteingewände auf der Vorderseite erhalten. Auf der Rückseite wurden sie schon vor längerer Zeit mehrheitlich modernisiert, wobei die letzte Sanierung in Bezug auf Format und Ausrichtung am östlichen Wohnteil wieder zu einem einheitlicheren Bild geführt hat.
Am westseitig angegliederten Ökonomietrakt ist die Unterteilung in Tenn, Futtertenn und aussenliegenden Stall beidseitig noch gut ablesbar. In der Vorderfront zeigen die Einfahrten sorgfältig aus Eichenholz gefertigte Korbbogengewände mit profilierten Bogenanfängern. Darüber sind drei Lüftungsöffnungen in der für das 19. Jh. typischen Halbmondform in die Heubühnenwand eingelassen. In der mehrheitlich aus Sichtfachwerk aufgeführten, hinteren Scheunenwand sind die Tore mit schlichten, gerade schliessenden Rahmungen versehen. Der Durchlüftung des Heubühnenraums dienen hier dreieckige Aussparungen in den Gefachen. Das ehemalige Tenn beherbergt im hinteren Bereich die neue Erschliessungszone zum innenliegenden Wohnteil. Die ursprünglich vierkammrigen Wohnungsgrundrisse sind stark verändert bzw. aufgelöst [5]. Tonnengewölbter Keller.
Zum äusseren Wohnteil gehört eine rückwärtige Remise mit Fachwerk-Holzschopf (Bauinventarobjekt UNS903).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Siehe Baugesuchsakten vom 24. Januar 1974, Bauarchiv Gemeinde Untersiggenthal.
[2] Hoegger 1995, S. 170; Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, II-23/2.
[3] Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0067: Brandkataster Gemeinde Untersiggenthal 1899-1938.
[4] Boner 1983, S. 286.
[5] Div. Baugesuchsakten, Bauarchiv Gemeinde Untersiggenthal.
Literatur:- Georg Boner, Die Geschichte der Gemeinde Untersiggenthal, Baden 1983, S. 286 (Abb.)
- Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 170.
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0067: Brandkataster Gemeinde Untersiggenthal 1899-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, II-23/2.
 

URL for this unit of description

URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=45924
 

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