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INV-UNS928 Röm.-kath. Pfarrkirche Herz Jesu, 1952-1953 (Dossier (Bauinventar))
Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1952 - 1953 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Ostfassade); Literatur |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Sakrale Bauten und Anlagen |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Kirche (röm.-kath.) |
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Dokumentation |
Autorschaft: | Alois Moser, Baden |
Inschriften: | "1952" (eingemauerter Grundstein in der Ostfassade) |
Würdigung: | Die 1952-53 nach Plänen des Badener Architekten Alois Moser in Untersiggingen errichtete Herz Jesu-Kirche ist ein basilikaler Betonskelettbau unter schwach geneigtem Satteldach mit nachträglich ergänztem, frei stehendem Glockenturm. Prägendes Gestaltungsmerkmal sind die in Bahnen angeordneten, geometrisch gegliederten Betonsprossenfenster, welche die Fassaden regelmässig durchsetzen und die Seitenwände der Chornische nahezu auflösen. Im Innern wird der Kirchenraum trotz niedriger Seitenschiffe als Einheit aufgefasst, womit die Kirche einen bereits in den 1930er Jahren konzipierten Typus aufgreift. Die Sorgfalt, mit der sich Moser der Detailausführung annahm, äussert sich in unauffälligen, eleganten Abweichungen von den Grundformen bzw. von der Geraden wie auch in den Holzarbeiten. Hauptbaukörper und Campanile bilden seit ihrer Erbauung eine locker in den Siedlungsrand eingebettete Anlage. Als erstem Sakralbau im Dorf kommt dem Bauwerk eine erhebliche lokalgeschichtliche Bedeutung zu. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Wie alle Siggenthaler gingen die Katholiken von Untersiggenthal seit alters her in Kirchdorf in die Pfarrkirche. Platzgründe und der Wunsch nach kürzeren Wegen gaben den Anlass, die Abspaltung weiterer Pfarreien ins Auge zu fassen. 1932 gründeten die Untersiggenthaler deshalb einen Kirchenbauverein und begannen, Geld für eine neue Kirche zu sammeln. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Pläne jedoch umgesetzt werden. 1956 wurden Untersiggingen und der westliche Teil von Obersiggingen kirchlich selbständig [1]. Der neue Kirchenbau kam 1952-53 ausserhalb des alten Dorfkerns Untersiggingen, etwas weiter westlich auf einem freien Feld an der Dorfstrasse zu stehen und wurde am 5. Juli 1953 geweiht [2]. Für das Projekt zeichnete der Badener Architekt Alois Moser, ein Neffe des Architekten Karl Moser, verantwortlich. Alois Moser hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Kirchenbauten realisiert, die meisten in der näheren Umgebung [3]. Aus finanziellen Gründen verzichtete man die ersten Jahre auf einen Glockenturm; das Geläut bestand ursprünglich aus einer einzigen Glocke, welche im oberen Teil des über das Kirchenschiff hinaus ragenden Chorbereichs untergebracht ist. Nachdem 1965 der frei stehende Campanile erstellt worden war, diente die Glocke im Chorturm noch als Totenglöcklein. Auch ein Pfarrhaus konnte erst 1955-56 gebaut werden. Damit war die Anstellung eines Pfarrers möglich, nachdem die Kirche bis dahin von Vikaren und Aushilfen bedient worden war [4]. Im Zuge einer durchgreifenden Chorumgestaltung wurde der Altar vorgerückt und stattdessen eine Orgel in der Chornische platziert, was der Klarheit des Raumeindrucks abträglich war. Gleichzeitig erfolgte eine Erneuerung der liturgischen Ausstattung. |
Beschreibung: | Die katholische Kirche Herz Jesu steht am westlichen Siedlungsrand des alten Dorfkerns Untersiggingen und ist über die Wiesen und Felder hinweg von weit her sichtbar. Der nach Nordwesten ausgerichtete Längsbau lehnt sich an das basilikale Schema an, wobei die Proportionen anders gewählt sind. So wird der Baukörper von einem breiten Hauptschiff unter geradem Satteldach dominiert, während die Seitenschiffe und der Chorturm auf ein Minimum reduziert sind, so dass sie fast mehr symbolischen Charakter haben. Der dadurch kompakt und gedrungen wirkende Baukörper trägt ein knappes Satteldach, das aufgrund seines nach Innen versetzten und somit nicht einsehbaren, leicht erhöhten Auflagers über den Fassadenmauern zu schweben scheint. Konstruktiv handelt es sich um einen hell gestrichenen Betonskelettbau, dessen verputzte Füllungen vermutlich aus Backsteinen aufgemauert sind. Der Baukörper ruht auf einem leicht zurückspringenden, mit Natursteinplatten verkleideten Sockel, der unter dem Chorbereich das Untergeschoss bildet. Vertikale Betonstützen gliedern den Baukörper längs in sieben Segmente, von welchen auf beiden Seiten drei als flächenfüllende Fenster mit Betonsprossen versehen sind, alternierend mit geschlossenen Feldern. Gegen aussen zeichnet sich die Grenze zwischen dem Chorbereich und dem Schiff einzig durch die Länge der Seitenschiffe ab, welche auf mittlerer Höhe der Fassade unter einem Pultdach ansetzen. In der nordwestlichen Ecke ist in der Fortsetzung des Seitenschiffs unter Querfirst die Sakristei angefügt. An der Westfassade bildet die kastenartig vortretende Chorpartie den Hauptakzent. Unter einem separaten Satteldächlein geborgen, überragt sie turmartig mit dem hinter Betonsprossen verborgenen Glockenraum das Kirchenschiff. An der östlichen Schmalseite befindet sich der von einem gefalteten Vordach auf Holzstützen geschützte Eingang, bestehend aus einer zweiflügligen Holztür mit windfangartigem Gehäuse sowie zwei einfachen Seitentüren, deren Bullaugen geschmiedete Kreuze aufweisen. Darüber ist die ganze Mittelpartie der Fassade als raumhohe Bahn mit Betonsprossenfenstern durchbildet. Der 400 Sitzplätze fassende Innenraum ist mit wenigen Ausnahmen noch im ursprünglichen Zustand erhalten. Er präsentiert sich als Einheitsraum mit flacher Holzdecke, dem zu beiden Seiten niedrige Laufgänge mit winkelförmigen Nischen zugeordnet sind (je eine von einem Beichtstuhl besetzt). Das hellgrau gefasste Betonskelett übernimmt auch hier, gegenüber den hellen Wandflächen leicht hervortretend, die rasterartige Gliederung. Dazu kontrastieren die geometrisch unterteilten, mit Gläsern in kräftigem Rot, Blau und Grün besetzten Betonsprossenfenster. Kleinformatige Glasmalereien des Brugger Künstlers Willi Helbling (1920-2015) von 2002 ergänzen den Fensterschmuck in den Seitenschiffen. Ein Sisalteppich belegt heute im Schiff den bauzeitlichen Flintkot (Kunstaphaltboden) mit Kunststeinriemen, ein heller, ursprünglich auf die Chornische beschränkter Steinboden, zeichnet den ganzen, leicht erhöhten Chorbereich aus. Die Nische erhält durch raumhohe Fensterbahnen an den Seiten, die aufgrund des eingezogenen Chors als Lichtquelle kaum sichtbar sind, farblich ungebrochenen Lichteinfall. Sie war ehemals als Aufstellungsort für den Altar bestimmt, ist seit dessen Verschiebung zum Schiff hin jedoch von der Orgel besetzt. Ausstattungsteile wie die in Holz gefertigten Türen und Kirchenbänke sowie mehrere geschnitzte Relieftafeln und die lebensgrossen Holzplastiken von Josef Gasser aus Lungern nehmen den warmen Holzfarbton der Decke wieder auf. Die sorgfältige Gestaltung des Baus kommt in zahlreichen Details zum Vorschein. Am Äusseren sind dies beispielsweise die elegant konkav geschnittene Rückwand der Chornische, die an den Ecken des Dachs radial verlaufenden Rafen, im Innern die sternförmigen Schnitzereien an der Holzdecke, der zum Chor hin leicht abfallende Boden und der in der Mitte leicht gebogene Deckenbalken am Übergang zur Chornische. Im Untergeschoss der Kirche befinden sich zwei Versammlungs- und Unterrichtslokale. Etwas abgerückt vom Kirchenbau, neben dem Zugang von der Strasse her, steht der nachträglich errichtete Glockenturm, ein nüchterner Betonbau mit kreuzförmigem Glockenraum, vertikal gesetzten Lamellen und leicht abgesetztem knappem Satteldächlein. Die Herz Jesu-Kirche zeigt viele Parallelen zur unmittelbar davor von Alois Moser errichteten katholischen Bruderklaus-Kirche in Killwangen (1951-52), sowohl in Bezug auf Konzept und Gesamtanlage (Einheitsraum, freistehender Campanile, Chorbereich mit Untergeschoss, Staffelung Satteldach Hauptbaukörper und Chor) als auch auf die Gestaltung einiger Details (Betonsprossenfenster, Eingangstüren, polygonale Betonpfeiler zwischen Haupt- und Seitenschiffen, Lichtführung im Chor). Eine grosse Nähe besteht auch zur Marienkirche in Würenlos, die Alois Moser als erstes grosses Projekt 1936-37 realisierte. So stehen diese Kirchenbauten auch in der Fortführung einer Architektursprache, die sich bereits mit den Kirchen des Neuen Bauens in den 1930er-Jahren herausgebildet hatte [5]. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Kurzinventar Sakralbauten ab dem 20. Jahrhundert (Kantonale Denkmalpflege Aargau 2009). |
Anmerkungen: | [1] Hoegger 1995, S. 166. Boner 1983, S. 255-257. [2] Grundstein mit Inschrift "1952" in der Ostfassade sichtbar eingemauert. [3] 1936-37 St. Maria in Würenlos, 1949 St. Maria in Nussbaumen, 1949-50 St. Josef in Rheinfelden, 1950 Mariahilf in Zürich-Leimbach und 1951-52 Bruderklaus in Killwangen. Spätere Kirchenbauten folgen in Langenthal BE (St. Maria, 1953-54), Emmenbrücke LU (St. Maria, 1957-58) und Obermumpf (St. Peter und Paul, 1960-62), Erweiterungsbauten in Schwaderloch (St. Antonius von Padua, 1956-57) und Mumpf (St. Martin, 1956-57), vgl. Brentini 1994, S. 292. [4] Meier/Steigmeier 2008, S. 191. [5] Vgl. Brentini 1994, S. 92 (zur Marienkirche in Würenlos), 93 (Abb.). |
Literatur: | - Georg Boner, Die Geschichte der Gemeinde Untersiggenthal, Baden 1983, S. 258 (Abb.). - Georg Boner, Geschichte der Gemeinde Untersiggenthal, Untersiggenthal 1962, Abb. (Taf. zw. S. 120 und 121). - Fabrizio Brentini, Bauen für die Kirche. Katholischer Kirchenbau des 20. Jahrhunderts in der Schweiz, Luzern 1994, S. 92-93, 292. - Bruno Meier/Andreas Steigmeier, Untersiggenthal. Eine Gemeinde im Umbruch, Untersiggenthal 2008, S. 191. - Peter Hoegger, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Bd. 7, Basel 1995, S. 166. - Hermann Reinle, Neue katholische Kirchenbauten im Bezirk Baden, in: Badener Neujahrsblätter 1955, S. 51-52 (Taf. zw. S. 48 und 49). - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 135. |
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