INV-VIL908 Hauptstrasse 74, 1740 (Dossier (Bauinventar))

Archive plan context


Ansichtsbild:
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Identifikation

Signatur:INV-VIL908
Signatur Archivplan:VIL908
Titel:Hauptstrasse 74
Bezirk:Brugg
Gemeinde:Villigen
Adresse:Hauptstrasse 74
Versicherungs-Nr.:108
Parzellen-Nr.:1017
Koordinate E:2658476
Koordinate N:1264450
Situationsplan (AGIS):http://www.ag.ch/app/agisviewer4/v1/html/agisviewer.htm?config=agis_geoportal_fs.json&thema=185&scale=5000&basemap=base_landeskarten_sw&x=2658476&y=1264450

Chronologie

Entstehungszeitraum:1740
Grundlage Datierung:Inschrift (Hauseingang)

Typologie

Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.):Einzelobjekt
Nutzung (Stufe 1):Profane Wohnbauten
Nutzungstyp (Stufe 2):Wohnhaus

Dokumentation

Inschriften:„KA 1740 VO" (Hauseingang)
Würdigung:Markanter steilgiebliger Mauerbau spätgotischer Prägung, der in der bestehenden Form nach einem Brand von 1740 entstanden ist. Nördlich an den dreigeschossigen Baukörper schloss früher in der regionaltypischen Bauweise der Juradörfer eine Scheune unter niedrigerem First an. Der äusserlich intakte, mit auffälligen rötlichen Tür- und Fenstergewänden ausgestattete Wohnteil bewahrt im Innern noch weitgehend die ursprüngliche Raumaufteilung und einige ältere Ausstattungselemente. Mit dem ähnlich gearteten Nachbargebäude Hauptstrasse 72 (Bauinventarobjekt VIL907) ergibt sich eine stimmungsvolle Häuserzeile am nördlichen Dorfeingang.
Bau- und Nutzungsgeschichte:Gemäss der Inschrift „KA 1740 VO" über dem strassenseitigen Eingang wurde das Haus 1740 durch Kaspar Vogt erstellt, möglicherweise unter Einbezug von Teilen eines älteren, abgebrannten Vorgängerbaus. Aus den Aufzeichungen von Pfarrer Johann Ulrich Stäbli geht hervor, dass am 15. März 1740 im Haus des Kaspar Vogt Feuer ausgebrochen war, dem fast der gesamte Hausrat und 11 Stück Vieh zum Opfer fielen. Dank einer grosszügigen Brandsteuer habe der haushälterische und wohlbemittelte Mann sich in der Folge ein viel grösseres und schöneres Haus zu leisten vermögen [1].

Im ersten Brandkataster von 1809 wird das Gebäude als "3-stökiges steinernes Wohnhaus mit Ziegeldach" beschrieben [2]. Eigentümer der drei Wohneinheiten waren Rudolf, Caspar und Heinrich Vogt, die sich auch die nördlich anschliessende, zweigeschossige Scheune teilten (1967 abgebrochen). Eine Beschreibung von 1850 gibt die ineinander greifenden Eigentumsverhältnisse anschaulich wieder.
- Wohnteil A: östliche Wohnung im EG; 1 Kammer im zweiten Stock; hintere Hälfte des unteren Estrichs.
- Wohnteil B: westliche Wohnung im EG; 1/3 gewölbter Keller; 1 Kammer im ersten und 2 Kammern im zweiten Stock; vordere Hälfte Estrich.
- Wohnteil C: Wohnung im ersten Stock; 1 Kammer im zweiten Stock; oberer Estrich, 2/3 Keller.
Die Dreiteilung des Hauses blieb bis ins 20. Jh. bestehen, heute wird das Gebäude als Einfamilienhaus genutzt.
Beschreibung:Der dreigeschossige kubische Mauerbau ist, um Gartentiefe zurückversetzt, traufständig an die Hauptstrasse gestellt. An den schlanken Baukörper schloss früher nordseitig eine zweigeschossige Scheune mit weit herabgezogener Dachfläche an (vgl. historische Aufnahme in der Bilddokumentation). Die Giebelfronten des erhalten gebliebenen Wohnteils sind vollumfänglich, die Trauffassaden bis auf Höhe des ersten Obergeschosses mit verputztem Bruchsteinmauerwerk aufgeführt. Einen deutlichen Kontrast hierzu bildet das kräftige Fachwerk am kniestockartigen zweiten Obergeschoss.
Im Gegensatz zum benachbarten Wohnhaus Hauptstrasse 74 (Bauinventarobjekt VIL907) zeigt sich die Dachfläche noch im ursprünglichen Zustand mit nur geringem Dachknick, strassenseitig ist sie noch mit alten Biberschwanzziegeln eingedeckt. Das Dachgerüst, eine Sparrenkonstruktion mit doppeltem liegendem Stuhl und Firstsäule, dürfte ebenfalls aus der Zeit des Wiederaufbaus von 1740 stammen. Mit Hilfe von Aufschieblingen, die auf einer buggestützten Flugpfette ruhen, wurde traufseitig ein ausladender Vorschermen geschaffen.
Die Fensteröffnungen, welche namentlich auf der Hausrückseite unterschiedliche Formate und eine ungleichmässige Anordnung zeigen, dürften mehrheitlich noch ins 18. Jh. datieren. Die Gewände bestehen aus rötlichem Sandstein, der nordwestlich von Villigen am Rotberg gebrochen wurde. Gleiches gilt für den rundbogigen Kellereingang und für das Stichbogenportal des strassenseitigen Haupteingangs, der am Sturz die Bauherreninschrift „KA 1740 VO" (= Kaspar Vogt) trägt.
Im Innern ist die interessante, auf drei Wohneinheiten ausgelegte Raumordnung im Wesentlichen noch nachvollziehbar. Strassenseitig führt der stichbogige Haupteingang in einen nordwestlich gelegenen Flur mit Aufgang ins Obergeschoss. Im Erdgeschoss waren zwei Wohnungen mit ursprünglich wohl gemeinsamer, mittig gelegener Küche eingerichtet, welche zum einen über den Haupteingang und den Flur und zum andern über einen Direkteingang an der südlichen Giebelfront erschlossen war. Stube und Nebenstube sind zur Strasse hin orientiert, rückwärtig schliessen die Räume einer zweiten Wohnung mit nachträglich eingebauter Küche an. Letztere ist heute über einen zusätzlichen, wohl jüngeren Ausseneingang auf der Rückseite zugänglich. Die Räume der hinteren Erdgeschosswohnung sind heute erheblich verändert, während diejenigen auf der Strassenseite noch Teile einer älteren Ausstattung aufweisen (Sichtbalkendecken mit eingeschobenen Bretterböden und profilierten Deckleisten, grüner Kachelofen mit Sitzkunst). In den beiden Obergeschossen sind nebst einer dritten Wohnung noch zusätzliche Räume der beiden unteren Wohnungen eingerichtet. Unter der Stube und der Hälfte der Nebenstube erstreckt sich ein quer zum First angelegter Gewölbekeller, den man strassenseitig durch ein breites gefastes Rundbogentor betritt (Hausinneres gemäss Kurzinventar von 1993).
Erwähnung in anderen Inventaren:- Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), nationale Bedeutung.
Anmerkungen:[1] Bericht von Pfarrer Johann Ulrich Stäbli im Reiner Kirchenbuch (zit. aus: Baumann 2009, S. 368).
[2] Staatsarchiv Aargau, Bezirksamt Brugg Zw 1936.0001: Brandkataster Gemeinde Villigen 1809-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0206-0208: Brandkataster Gemeinde Villigen 1850-1938.
Literatur:- Max Baumann, Villigen - die Geschichte, Stilli und Villigen 2009.
- Michael Stettler, Emil Maurer, Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau, Band II: Die Bezirke Lenzburg und Brugg, Basel 1953, S. 450.
- Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, Bern 2005, S. 72.
- Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 2, Baden 2002, S. 325 (Abb. 626).
Quellen:- Staatsarchiv Aargau, Bezirksamt Brugg Zw 1936.0001: Brandkataster Gemeinde Villigen 1809-1850; Staatsarchiv Aargau, CA.0001/0206-0208: Brandkataster Gemeinde Villigen 1850-1938.
- Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv.
 

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URL:http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=46392
 

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