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INV-VIM927 Geislerain 5, 7, 9, 1700 (ca.) (Dossier (Bauinventar))
Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | approx. 1700 |
Grundlage Datierung: | Schätzung |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Teil einer Baugruppe |
Weitere Teile der Baugruppe: | VIM006, VIM008, VIM926 |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
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Dokumentation |
Inschriften: | „VIB 17 .. HIHB“ (Stubenwand) |
Würdigung: | Aus dem 17. oder frühen 18. Jahrhundert stammendes ehemaliges Strohdachhaus von ausserordentlich grossen Dimensionen, das im aufsteigenden Gelände am Rietenberg als markanter Baukörper in Erscheinung tritt. Das in ortsüblicher Ständer- und Fachwerkbauweise aufgeführte Gebäude birgt unter der mächtigen Dachfläche eine intakte rauchgeschwärzte Hochstudkonstruktion mit der imposanten Zahl von sechs Firstständern (Hochstüden). Als ebenso wertvolles Zeugnis des ländlichen Bauens haben sich im Dachraum grossflächige Trennwände aus Rutengeflecht erhalten. Der abgewinkelte Hausgrundriss mit den drei ineinander greifenden Wohnungen spiegelt eine vielschichtige Bau- und Nutzungsgeschichte, welche noch nicht in allen Teilen geklärt ist. Im Verband mit den beiden denkmalgeschützten Bauernhäusern Halde 2 (VIM006) und Halde 4/4A (VIM008) sowie dem Doppelbauernhaus Geislerain 6 (Bauinventarobjekt VIM926) ist das Gebäude prägender Bestandteil der ländlichen Baugruppe Halde, welche sich durch eine grosse Authentizität und typologische Vielfalt auszeichnet. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Die Konstruktionsmerkmale der sechsteiligen Hochstudkonstruktion lassen eine Entstehungszeit im 17. Jh. oder frühen 18. Jh. vermuten. Der traufseitig mehrfach gestaffelte Wohnungsgrundriss gibt einen Hinweis, dass das Gebäude im Laufe der Zeit wohl sukzessive erweitert und zusätzlich unterteilt wurde [1]. Eine überlieferte Jahrzahl „1749“ über dem Tenntor (heute nicht mehr erkennbar) und eine fragmentarische erhaltene Inschrift „VIB 17 .. HIHB“ an der Stubenwand des inneren Hausteils C dürften sich eher wohl auf eine Umbautätigkeit als auf das Erstellungsdatum des Hauses beziehen [2]. Im ersten Brandkataser von 1805 ist das Gebäude als „zweistöckiges Haus mit Scheune, Gewölbe- und Tremkeller, von Holz, mit Schaub (Stroh) gedeckt“ verzeichnet. Eigentümer der damals schon bestehenden drei Hausteile waren Johannes Fischbach, Gemeinderats (A), Antoni Fischbach (B) und Joseph Fischbach (C). Gemäss den Unterlagen der Gebäudeversicherung wurde der Strohbelag 1899 durch eine Ziegeleindeckung ersetzt [3]. Weitere Umbautätigkeiten sind mit der Jahrzahl 1839 am Stalleingang bezeugt. Zwischenzeitlich umfasste die Liegenschaft vier entsprechend kleinräumige Wohneinheiten, heute sind es wieder deren drei. Die nördliche Hausfassade (Hausteile B und C) wurde 1953 mit einer waagrechten Bretterverschalung abgedeckt. Darunter aber ist mehrheitlich noch die alte Ständerkonstruktion mit fassadenbündig eingepassten Flecklingen vorhanden (gemäss Inventar Bauernhausforschung 1988). Zurzeit finden punktuelle Umbautätigkeiten im inneren Hausteil C statt, welche teils in die historische Substanz des Gebäudes eingreifen. Der nordöstliche Hausteil B hat man vor kürzerer Zeit einer fachgerechten Innenrenovation unterzogen, bei der die Raumstruktur und Teile der historischen Ausstattung erhalten blieben. |
Beschreibung: | Der grossvolumige Baukörper birgt unter mächtigem Teilwalmdach einen unter drei Parteien aufgeteilten talseitigen Wohntrakt und einen hangseitig anschliessenden Scheunenteil, bestehend aus Stall, Tenn und nachträglich angefügtem Schopf. Der Wohnteil ragt auf beiden Seiten mehrstufig von der Scheunenflucht vor. Die unregelmässig befensterten Aussenwände sind als Ständerkonstruktion mit fassadenbündig eingefügten Flecklingen aufgeführt (teilweise durch ein jüngere Bretterverschalung abgedeckt). In deutlichem Kontrast hierzu tritt das talseitige Giebelfeld als Fachwerk mit schlicht gehaltenem Riegelbild in Erscheinung. Im Hausinneren haben sich teilweise noch ältere Wände mit Bohlenfüllungen erhalten. Als Rarität sind die grossflächigen Wände aus Rutengeflecht zu bezeichnen, welche zur Unterteilung des offenen Dachraums dienen. Im Gadengeschoss haben sich ältere, kleinteilige Schiebefenster und unverglaste, mit rautenförmigem Gitterwerk versehene Öffnungen erhalten. Das Herzstück des grossvolumigen Bauerhauses bildet die intakt erhaltene, über den gesamten Baukörper sich erstreckende Dachkonstruktion. Diese setzt sich aus insgesamt sechs Firstständern (Hochstüden) zusammen, von denen zwei beidseits des Tenns vom Schwellenkranz bis zur Firstpfette aufragen, ein dritter in die Trennwand zwischen Stall und Wohnteil gestellt und drei weitere über dem langgestreckten Wohnteil positioniert sind. Die Längs- und Queraussteifung des mächtigen Dachgefüges erfolgt in gängiger Art mittels Sperrrafen und Windstreben, und als zusätzlicher originaler Bestandteil kommen in diesem Falle noch stehende Stuhljoche hinzu. Das imposante, durchgehend russgeschwärzte Dachgebälk bezeugt die frühere Existenz von offenen Rauchküchen, bei denen der Rauch vom Funkenfang ("Chemihurd") ohne Kaminabzug in den offenen Dachraum geleitet wurde und von dort durch das Strohdach ins Freie entwich. In den ursprünglichen Verhältnissen dürfte das Haus wohl zwei quer zum First angeordnete Wohnungen besessen haben, von denen die äussere nachträglich unter dem First aufgeteilt worden ist (heutige Hausteile A und B). Das bei grösseren Strohdachhäusern verbreitete Grundrissmuster mit zentraler Küche und beidseits anschliessenden Wohn- und Vorratsräumen ist beim inneren Hausteil C noch gut erkennbar. Bemerkenswerterweise ist hier die Stube als Hauptwohnraum nicht wie üblich nach Süden, sondern nach Norden – zu den Nachbarbauten auf der „Halde“ – ausgerichtet. Bei den äusseren Hausteilen hat der zentrale Küchenbereich anlässlich der Aufteilung der Wohnungen eine Unterteilung erfahren, so dass die beiden Küchen heute als schmale Räume in Erscheinung treten. Den drei Wohneinheiten entsprechend setzt sich der kleinbäuerlich dimensionierte Ökonomieteil aus drei in der Firstlinie aufgeteilten Stalleinheiten (zwei davon heute zusammengelegt) und einem durchlaufenden, von allen Parteien gemeinschaftlich genutzten Tenn zusammen. Westseitig schliesst ein jüngerer, ebenfalls noch in traditioneller Bohlenständerbauweise gehaltener Schopfanbau unter Pultdach an. Als Wandfüllung dienten hier offensichtlich viele Hölzer in Zweitverwendung, was vom sparsamen Umgang mit den Baumaterialien zeugt. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), regionale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Namentlich in Regionen mit Realerbteilung und dem Institut der Gerechtigkeiten suchte man im 18. Jh. den Bau von neuen Häusern möglichst zu verhindern. Um den zunehmenden Bevölkerungsdruck aufzufangen, wurden deshalb die bestehenden Gebäude vielfach angebaut und in mehrere Haushaltungen unterteilt (vgl. Räber 1996, S. 278, 281-282). [2] Kurzinventar Bauernhausforschung, Villmergen III-20/4 (1988). [3] Bauarchiv Villmergen, Brandlagerbücher. |
Literatur: | - Pius Räber, Die Bauernhäuser des Kantons Aargau, Bd. 1, Basel 1996, S. 136 (Abb. 187). |
Quellen: | - Kantonale Denkmalpflege Aargau: Bauernhausforschung Aargau, Kurzinventar, Villmergen III-20/4. - Kantonale Denkmalpflege Aargau, Fotoarchiv. |
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=46740 |
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