Ansichtsbild: |
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Chronologie |
Entstehungszeitraum: | 1801 |
Grundlage Datierung: | Inschrift (Schlussstein Tenntor) |
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Typologie |
Objektart (Einzelobj./Teil Baugr./Baugr.): | Einzelobjekt |
Nutzung (Stufe 1): | Landwirtschaftliche Bauten |
Nutzungstyp (Stufe 2): | Bäuerlicher Vielzweckbau |
Epoche / Baustil (Stufe 3): | Biedermeier |
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Dokumentation |
Inschriften: | 1801 (Schlussstein Tenntor) |
Würdigung: | Das 1801 erbaute und um die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Westen erweiterte Bossarthaus ist ein auffallend grossvolumiger, stattlicher Mauerbau, eingebettet in eine gepflegte Umgebung. Die Schaufassade zeigt anschaulich die spätbarocke und spätklassizistische Prägung der beiden Bauphasen, wobei der ältere Wohnteil noch wesentliche Teile der alten Wohnungsausstattung bewahrt. Der zurückhaltend renovierte Ökonomieteil mit Tenn, Futtertenn und Stall ist in seiner Substanz weitgehend erhalten geblieben. Das von einem der beiden führenden Windischer Geschlechter jener Zeit errichtete Bauernhaus ist nicht nur ein wichtiger Bauzeuge der ländlichen Oberschicht, sondern auch ein prägendes Element der alten, traufständigen Siedlungsanlage entlang der Dorfstrasse. |
Bau- und Nutzungsgeschichte: | Das Bossarthaus wurde 1801 durch den Sigristen Friedrich Rauber an der Stelle eines Vorgängerbaus errichtet [1]. Bereits der Kernbau mit seinem sechsachsigen Wohnteil war ein vornehmes Bauernhaus der dörflichen Oberschicht, gehörten die Rauber doch neben den Meier zu den führenden Windischer Familien des Ancien Régime. Auf der Michaeliskarte von 1840 ist ein ähnlich gelagerter Baukörper wie der heute bestehende zu erkennen. Im ersten Brandkatastereintrag ist er als "zweistöckiges Haus samt Scheune und Weintrotte von Stein mit Ziegeln bedeckt und zwei gewölbten Kellern" [2] verzeichnet. In unmittelbarer Nähe am Fahrrain über der Reusskurve lag der wertvollste Windischer Weinberg. Seine volkstümliche Bezeichnung erhielt das Bossarthaus, nachdem die Liegenschaft 1867 von Heinrich Bossart von Effingen erworben wurde. Dieser baute 1873 die "angebaute Trotte" zu "3 Wohnungen" um [3]. Damit wurde der Wohnteil an der Stelle der Trotte westseitig um vier Fensterachsen verlängert. Wenig später richtete Bossart im Obergeschoss des alten Wohnteils eine Speisewirtschaft ein [4]. Der jüngere westliche Hausteil wurde 1981 ausgekernt. 1986 erfolgte ein sorgfältiger Umbau des Scheunentraktes zu einem Ausstellungs- und Konzertraum. |
Beschreibung: | Das westlich der Pfarrkirche und des Altes Schulhauses gelegene Bossarthaus ist ein herrschaftliches, vollständig gemauertes Bauernhaus mit Wohnteil, Tenn, Futtertenn und Stall (Mittertennhaus). Das durchlaufende, geknickte Giebeldach ruht auf einer Sparrenkonstruktion mit doppeltem liegendem Stuhl und Aufschieblingen. Wegen der beträchtlichen Spannweite ist das Dach über der Scheune mit einer Hängesäulenkonstruktion versehen. An drei der vier Gebäudeecken fassen gequaderte Lisenen mit bekrönendem Kapitell den Baukörper, an der Schaufassade trennt ein ebensolcher lisenenartiger Pilaster den neuen Wohnteil vom alten Kernbau. Die stichbogig ausgeschnittenen Fenstergewände des inneren Kernbaus mit den kräftig profilierten, wulstig-gerundeten Gesimsen verleihen diesem Gebäudeteil ein spätbarockes Gepräge. Gleiches gilt für das mit Louis XVI-Motiven verzierte Stichbogentürgewände mit ausgeprägter Gesimsbekrönung. An der Nordseite hat sich ein originales Türblatt aus Nussbaumholz erhalten, dessen überschobene Füllungen geschweifte, typisch spätbarocke Eckmotive zieren. Am jüngeren, aussenliegenden Wohnteil setzte sich hingegen die spätklassizistische Formensprache mit gefalzten Rechteckgewänden und Blockbänken durch. Ihr entspricht die vordere, biedermeierliche Haustür des alten Wohnteils, deren Türblatt ein Rautendekor und zwei Ochsenaugen aufweist. Die rückwärtige Nussbaumtüre weist ebenfalls zwei Ochsenaugen auf, jedoch in Form eines Oblichtes. Die ehemalige Scheunenfront dominieren die Korbbogentore von Tenn und Futtertenn. Beide weisen betonte Bogenanfänger und Schlusssteine mit spezieller Bekrönung auf. Den Schlussstein des Tenntors schmücken die Initialen FR des Bauherrn Friedrich Rauber und die Jahreszahl 1801. Schartenartige Öffnungen am Obergeschoss dienten zur Belüftung der Heubühne. Das grosszügig konzipierte Hausinnere des Kernbaus von 1801 erschliesst ein entlang dem Tenn durchlaufender Flur mit rückwärtigem Treppenaufgang. Nach einem weit verbreiteten Grundrissmuster gliedert sich das Vorderhaus in Stube und Nebenstube (im Obergeschoss mit einer zusätzlichen Kammer über dem unteren Korridor), das Hinterhaus in Küche (mit nachträglich abgetrenntem Bad) und ein Zimmer. Mit geringen Veränderungen ist diese bauzeitliche Raumaufteilung erhalten geblieben. Die weitgehend noch vorhandene spätbarocke Innenausstattung verrät eine habliche Bauherrschaft. Besonders erwähnenswert ist die ehemalige Wirtsstube im Obergeschoss, die gestemmte Wandtäfer und Füllungstüren aus Nussbaumholz sowie eine Sichtbalkendecke mit eingeschobenen, sehr breiten Bohlenbrettern und profilierten Deckleisten bewahrt. Der Korridor im Erdgeschoss besitzt noch den originalen Muschelkalk-Plattenbelag. Ein alter hölzerner Treppenlauf mit schlichtem Staketengeländer führt ins Obergeschoss, wo im Vorraum noch der ursprüngliche Ziegelboden vorzufinden ist (Inneres gemäss Kurzinventar 1994). Das Innere des umgebauten Ökonomieteils macht die alte Unterteilung in Tenn, Futtertenn sowie Kuh- und Rossstall noch nachvollziehbar, wobei der offene Garbenboden über dem Tenn den Blick auf die Dachkonstruktion freigibt. Der rückwärtig anschliessende Schweinestall mit Unterstand wurde in Holz neu aufgeführt. Unter dem älteren Kernbau erstrecken sich quer zur Firstrichtung zwei mächtige gewölbte Keller mit separaten Aussenzugängen. Vor der westlichen Giebelseite und an der südwestlichen Gebäudeecke befindet sich ein wohl neu gestalteter Garten mit buchsbaumgefassten Beeten und einer schmiedeeisernen Umfassung. Der traufseitige Vorplatz behält eine alte Kopfsteinpflästerung mit teilweise noch erhaltenen Platanen. |
Erwähnung in anderen Inventaren: | - ICOMOS Liste historischer Gärten und Anlagen der Schweiz, Kanton Aargau. - Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS), lokale Bedeutung. |
Anmerkungen: | [1] Ein zu diesem Vorgängerbau gehörender Speicher von 1678 musste in den 1970er-Jahren der Friedhoferweiterung weichen (http://www.museum-schuerhof.ch/site/index.cfm?id_art=103036&vsprache=DE). [2] Staatsarchiv Aargau, Lagerbuch Windisch, ZwA 1942.0001/4538. [3] Staatsarchiv Aargau, Lagerbuch Windisch, 1850–1874, CA.0001 0214. [4] Staatsarchiv Aargau, Lagerbuch Windisch, 1875–1898, CA.0001 0215. |
Literatur: | - Max Baumann: Geschichte von Windisch. Vom Mittelalter zur Neuzeit, Brugg 1983. - Kunstführer durch die Schweiz, Bd. 1, hg. v. d. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2005, S. 80. - http://www.museum-schuerhof.ch. - Zwei Jahrzehnte Aargauer Architektur, in: Schweizer Ingenieur und Architekt, 23, 1987, S. 697–721, hier S. 716. |
Quellen: | - Staatsarchiv Aargau, Lagerbuch Windisch, [1809 – 1828], ZwA 1942.0001/4538. - Staatsarchiv Aargau, Lagerbuch Windisch, 1850–1874, CA.0001 0214. - Staatsarchiv Aargau, Lagerbuch Windisch, 1875–1898, CA.0001 0215. |
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Related units of description |
Related units of description: | siehe auch: DOK-WIN839.001 Dorfstrasse 25, Haus Bossart, 1801 (Dossier (Dokumentationsobjekte))
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URL for this unit of description |
URL: | http://www.ag.ch/denkmalpflege/suche/detail.aspx?ID=48486 |
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