1. Ausgangslage und strategischer Rahmen
Die Raumplanung bezweckt unter anderem die Schaffung und Erhaltung der räumlichen Voraussetzungen für die Wirtschaft. Wohn- und Arbeitsgebiete sind einander zweckmässig zuzuordnen und insbesondere durch das öffentliche Verkehrsnetz hinreichend zu erschliessen (Art. 1 und 3 Bundesgesetz über die Raumplanung [RPG]). Um die Standortgunst des Aargaus als attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum zu nutzen, sollen an geeigneten Standorten Voraussetzungen für wettbewerbsfähige regionale Dienstleistungs-, Industrie- und Gewerbeschwerpunkte mit guter Arbeitsplatzstruktur und guter Erreichbarkeit geschaffen werden (Richtplankapitel H 3 > Strategie H 3.1). Es wird eine wirtschaftliche Entwicklung mit hoher Wertschöpfung und guten, zukunftsfähigen Arbeitsplätzen angestrebt (Richtplankapitel H 6 > Strategie H 6.4). Zur Förderung des Wirtschaftsstandorts Kanton Aargau arbeiten Kanton und Gemeinden zusammen (§ 9 Gesetz über die Standortförderung [SFG]).
Im Richtplan sind dazu Arbeitsplatzgebiete mit übergeordneter Funktion als wirtschaftliche Entwicklungsschwerpunkte (ESP) von kantonaler und regionaler Bedeutung bezeichnet. Je nach Standortvoraussetzungen sind dazu anzustrebende Vorrangnutzungen festgelegt (Richtplankapitel S 1.3 > Planungsanweisungen 1.1 bis 1.4). Zudem sollen Arealentwicklungen zur Um- und Neunutzung von bereits eingezonten Flächen gefördert werden (Richtplankapitel S 1.4 > Planungsanweisung 1.1).
Der kantonale Richtplan sieht sowohl für Arbeitszonen (insbesondere Ansiedlungen) als auch für Zonen für öffentliche Nutzungen von regionaler Bedeutung ein Kontingent von räumlich nicht festgelegtem Siedlungsgebiet vor (Richtplankapitel S 1.2 > Planungsgrundsatz B). Vorab sind jedoch die aktuell rund 600 ha bestehende Arbeitszonenreserven zu nutzen und zu entwickeln. Für Siedlungsgebietserweiterungen über die bestehenden Reserven hinaus ist gemäss Art. 30a Abs. 2 Raumplanungsverordnung (RPV) eine Arbeitszonenbewirtschaftung vorausgesetzt. Es sind unter anderem die Bedingungen gemäss Planungsanweisung 1.3 des Richtplankapitels S 1.2 zu erfüllen.
Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen dienen der Gemeinde zur Erfüllung essenzieller öffentlicher Aufgaben. Sie sichern wichtige Flächen, welche die Gemeinden für den aktuellen und künftigen Bedarf an öffentlichen Bauten und Anlagen wie beispielsweise Schulraum benötigen. Entsprechend sind sie seit jeher für die langfristige Entwicklung der Gemeinde von grosser Bedeutung und somit auch ein wichtiger Teil der allgemeinen Nutzungsplanung (§ 15 Gesetz über Raumentwicklung und Bauwesen [BauG]). Ihr (frei-)räumliches und funktionales Potenzial zur Aufnahme erkennbarer Trends und Bedürfnisse ist aus aktueller Warte nicht hoch genug einzuschätzen. Dabei geht es um wirkungsvolle Beiträge an wichtiger werdende, vielfältige Lebensbelange wie beispielsweise individuelle Lebenssituationen und -phasen mit dennoch starkem Bedürfnis nach Gemeinschaft, Förderung der Kleinteiligkeit des Siedlungsraums, dem Erfordernis nach (spontanen) Bewegungsmöglichkeiten und Gemeinschaft im Dorf sowie nach generationengerechten Treffpunkten mit guter Aufenthalts- und Erlebnisqualität.
2. Handlungsspielräume für Gemeinden
Aufgabe der Gemeinden ist es, in Arbeitszonen die planerischen Voraussetzungen für die Entwicklung bestehender und die Ansiedlung neuer Betriebe zu schaffen sowie die Verfügbarkeit des hierfür nötigen Baulands (unter anderem auch grösserer zusammenhängender Flächen) sicherzustellen. Dies gilt in besonderem Masse für die ESP von kantonaler oder regionaler Bedeutung. Sie sind durch eine aktive Bewirtschaftung in Abstimmung auf ihre Lage, Erschliessung und die vorgesehenen Vorrangnutzungen zu hochwertigen, wettbewerbsfähigen und flexiblen Arbeitsplatzschwerpunkten zu entwickeln.
Die Gemeinden können im Rahmen der allgemeinen Nutzungsplanung in den Arbeitszonen gebietsbezogen Vorgaben bezüglich Nutzung und Verkehr vorsehen (zum Beispiel Mindestvorgaben für Ausnützung, gebietsweise Nutzungsbeschränkungen für arbeitsplatzextensive beziehungsweise verkehrsintensivere Nutzungen wie Lager- und Logistikbetriebe oder Verkaufsnutzungen, Mobilitätskonzept; vgl. 3.1 Umsetzungsbeispiele für die BNO). Solche Einschränkungen müssen jedenfalls (verkehrs-)planerisch motiviert und verhältnismässig sein. Andernfalls verletzen sie unter Umständen die Wirtschaftsfreiheit.
Aufgrund der Grösse der Arbeitsplatzgebiete sollte geprüft werden, ob gebietsbezogen quantitative und qualitative Vorgaben zugunsten der Freiraumqualität festzulegen sind (beispielsweise Anforderungen an die Anordnung und Gestaltung der Aussenräume hinsichtlich Aufenthaltsqualität, Klima und Biodiversität; siehe auch Modul Siedlungsqualität).
Einzonungen von Arbeitszonen im Sinne von Planungsgrundsatz B des Richtplankapitels S 1.2 setzen unter anderem eine haushälterische Nutzung der Bauzonen voraus. Primär sind daher rechtskräftige bebaute und unbebaute Bauzonen zu nutzen. Das zwingende Vorgehen bei der Arbeitszonenbewirtschaftung ist im Planungswegweiser, Kapitel 7 (Unterkapitel 7.2, ab Seite 8) beschrieben.
Die Planung von Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen ist auf die längerfristig zu erwartende Bevölkerungsentwicklung und -struktur sowie den benötigten Infrastrukturbedarf (Bauten und Anlagen) abzustimmen. Zu überprüfen ist nebst der ausreichenden Flächendimensionierung insbesondere auch die geeignete Lage der Zonen innerhalb des Gemeindegebiets sowie deren sinnvolle Abgrenzung. Bei allfälligen Umzonungen von Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen und/oder Arbeitszonen in Misch- beziehungsweise Wohnzonen sind zwei planerische Nachweise zu erbringen: einerseits der Nachweis, dass die Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen beziehungsweise Arbeitszonen nach der Planungsmassnahme weiterhin ausreichend dimensioniert sind und andererseits der Nachweis, dass für die neue Wohn- und Mischzonen ein tatsächlicher Bedarf nach Art. 15 RPG besteht. Umzonungen von Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen in eine andere Bauzone, namentlich Wohn-, Misch- oder Arbeitszone, sind zudem mehrwertabgaberelevant (vgl. Planungswegweiser, Kapitel 6).
3. Planungsinstrumente
Als relevante Grundlagen zur Arbeitszonenbewirtschaftung dienen nebst dem Werkzeugkasten 7 des Planungswegweisers insbesondere auch gemeindespezifische Planungsgrundlagen, wie das Räumliche Entwicklungsleitbild (REL) und allenfalls weiterführende thematische Vertiefungen (Studien, Masterpläne etc.).
Zur Abschätzung des aktuellen und künftigen Bedarfs an Flächen für öffentliche Nutzungen können entsprechende Planungsgrundlagen wie eine Schulraumplanung, Sportraumkonzepte etc. hilfreich sein. Wichtige Hinweise für die künftigen Anforderungen ergeben sich zudem aus der Analyse der demografischen Alterung. Welche künftigen Anforderungen und Erfordernisse ergeben sich daraus?
3.1 Umsetzungsbeispiele für die BNO
Bei den nachfolgenden Beispielen für die Zonenbestimmungen der Arbeitszonen und der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen ist zu beachten, dass diese Bestimmungen in der Regel durch weitere Vorgaben zu ergänzen sind, damit sie als hinreichend und angemessen bestimmt angesehen werden können. Jedenfalls festzulegen ist eine Empfindlichkeitsstufe gemäss Lärmschutz-Verordnung.
Darüber hinaus wird es bei den Bestimmungen zu den Arbeitszonen regelmässig nötig sein, die Baumasse (namentlich Höhe und Grenzabstand) zu regeln.
In Bezug auf die Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen besteht eine langjährige Praxis, aufgrund des anerkannten und breit gefassten Zwecks solcher Zonen die Baumasse im Einzelfall zu bestimmen. Gleichwohl sind bereits auf Stufe der allgemeinen Nutzungsplanung diejenigen Vorschriften zu erlassen, die im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung zum Schutz der umliegenden Zonen, des Ortsbilds oder der Nachbarschaft nötig sind. Unter Umständen ist es daher erforderlich, die wichtigste Baumasse festzulegen und einen Verwendungszweck vorzusehen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass in Rechtsverfahren die Auslegung der offenen Zonenvorschriften anhand direkt benachbarter Zonen oder Zonen mit ähnlicher Nutzung (sogenannter Referenzzonen) erfolgt. Dies kann zu ungewollten und unvorhergesehenen Einschränkungen führen.