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U5 Lebensräume für Tiere und Pflanzen, Artenvielfalt

Die Fläche wertvoller Lebensräume für Tiere und Pflanzen hat weiter zugenommen. Für einen langfristigen Erhalt der Biodiversität reichen die vorhandenen Flächen und ihre Vernetzung jedoch nicht aus. Insbesondere seltene und gefährdete Arten sind weiterhin unter Druck.

Zielrichtung aus Nachhaltigkeitssicht

Tiere und Pflanzen sind für ihr Überleben auf Landschaften und Lebensräume angewiesen, die ihren Ansprüchen an Qualität, Quantität, Vernetzung und Funktionalität entsprechen. Eine hohe Artenvielfalt ist zudem Voraussetzung für Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Luft- und Wasserreinigung sowie Bodenfruchtbarkeit und Grundlage für natürliche Rohstoffe. Sie ist damit auch wesentlich für unser Wirtschaften. Zugleich dienen ökologisch wertvolle und vielfältige Lebensräume zur Erholung für Menschen.

Für die langfristige Erhaltung der Biodiversität und der Ökosystemleistungen wird im Aargau gemäss der Bedarfsanalyse der Ökologischen Infrastruktur Aargau ein Bedarf an natürlichen und naturnahen Flächen von insgesamt 29 Prozent der Kantonsfläche, darin eingeschlossen Wald, Offenland, Siedlungen und Gewässer ausgewiesen. Die Grössenordnung entspricht gesamtschweizerischen Erkenntnissen (scnat 2013). Ebenso ist zum Erhalt der einheimischen Arten die Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten einzudämmen und die Neueinbringung zu verhindern. Die Umsetzungsprogramme Natur 2020 und Natur 2030, die Umsetzung und Erhaltung des Auenschutzparks, die Sanierung der Wildtierkorridore, das Programm Labiola in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft, das Waldnaturschutz- sowie das Gewässerrevitalisierungsprogramm sind die wichtigen Eckpfeiler für den Natur- und Landschaftsschutz im Kanton Aargau (BVU 2015, BVU 2020b).

Der Anteil wertvoller Lebensräume wird anhand der Schutzgebiete sowie weiterer ökologisch wertvoller Flächen im Kanton gemessen, die mittlere Artenvielfalt anhand eines Indexes repräsentativer Artengruppen.

Stand Lebensräume für Tiere und Pflanzen, Artenvielfalt 2020

Der folgende Text beschreibt den Stand der Indikatoren U5.1 (2000–2019) und U5.2 (2000–2019)

Die Fläche wertvoller Lebensräume, repräsentiert durch nationale und kantonale Naturschutzgebiete, qualitativ hochwertigen Biodiversitätsförderflächen in der Landwirtschaft sowie Naturschutzflächen im Wald, hat weiter zugenommen und betrug 2019 10,5 Prozent der Kantonsfläche. Die Steigerung in den letzten Jahren resultierte vor allem auf der Zunahme von Biodiversitätsförderflächen mit der Qualität "QII plus Vernetzung" im Landwirtschaftsgebiet, welche über das Programm Labiola gefördert werden. Die Fläche der 350 Naturschutzgebiete von kantonaler Bedeutung (NkB) ausserhalb des Waldareals beträgt 1'137 Hektaren oder weniger als 1 Prozent der unbewaldeten Kantonsfläche und hat in den letzten Jahren nur wenig zugenommen. Gerade für seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten sind diese Flächen jedoch besonders wertvoll. Im Rahmen der Aufnahme der Flächen für die Ökologische Infrastruktur wurden 2020 insgesamt rund 16 Prozent der Kantonsfläche als Kern- und Vernetzungsgebiete identifiziert. Bezogen auf die ausgewiesenen notwendigen 29 Prozent besteht damit weiterhin Handlungsbedarf. Insbesondere muss mit einem funktionierenden Vernetzungssystem die Isolation von Populationen verringert werden. Empfindliche Naturschutzflächen wie Trockenwiesen und Flachmoore werden durch übermässige Stickstoffeinträge aus der Luft weiterhin geschädigt. Ursache dieser Einträge sind vor allem Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft und dabei insbesondere aus der Nutztierhaltung. Im Aargau sind die Belastungsgrenzen (Critical Loads) für den Stickstoffeintrag in sensible Ökosysteme an vielen Orten des Kantons überschritten (BVU 2019).

Der Kessler-Index hat insgesamt über alle Nutzungen hinweg seit 2011 zugenommen. In den Wald- und Landwirtschaftsflächen entwickelte sich der Index in den letzten zwei Jahrzehnten ähnlich. Er lag 2019 bei beiden Nutzungstypen 15 bis 20 Prozent über dem niedrigen Ausgangswert von 1996. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen sind allerdings die Brutvögel rückläufig und weisen den tiefsten Wert der drei Nutzungstypen auf. Dagegen haben die Pflanzenarten hier seit 1996 zugenommen. Dies deutet auf eine mindestens teilweise positive Wirkung der Massnahmen im Rahmen des Programms Labiola hin. Zum positiven Verlauf des Kessler-Index hat in den letzten Jahren auch die Entwicklung bei vielen wärmeliebenden Tagfalterarten infolge des Klimawandels beigetragen. In Siedlungen verharrt der Kessler-Index weiterhin auf einem tiefen Niveau. Verglichen mit Wald- und Landwirtschaftsflächen weisen hier alle Artengruppen mit Ausnahme der Vögel die niedrigste Vielfalt aus. Die starke Versieglung der Böden dürfte ein wichtiger Grund für den tiefen Wert sein (BVU 2020a, 2020c).

Der Kessler-Index beruht vor allem auf dem Vorkommen häufiger und mittelhäufiger Arten. Auch das Biodiversitätsmonitoring Schweiz stellt fest, dass verbreitete, wenig anspruchsvolle Arten tendenziell etwas häufiger werden. Demgegenüber sind gefährdete Arten mit spezifischen Lebensraumansprüchen nach wie vor unter Druck, wie schweizweit auch die langen Roten Listen der gefährdeten Arten zeigen (BAFU 2017). Gemäss systematischen Erhebungen im Aargau haben wenig spezialisierte Tagfalterarten in den letzten 20 Jahren um rund 20 Prozent zugenommen, anspruchsvolle Arten hingegen um 10 Prozent abgenommen (BVU 2019a). Gesamtschweizerisch zeigt sich, dass knapp die Hälfte von 167 untersuchten Lebensraumtypen bedroht sind (BAFU 2018). Zudem gelten von bisher über 10'350 beurteilten Pflanzen-, Tier- und Pilzarten, knapp die Hälfte als bedroht oder potenziell gefährdet (BAFU 2017).

Indikator U5.1: Flächen wertvoller Lebensräume, Aargau

Der Indikator entspricht der Summe der nationalen und kantonalen Naturschutzgebiete, der qualitativ hochwertigen Biodiversitätsförderflächen in der Landwirtschaft sowie der Naturschutzflächen im Wald.
Der Anteil wertvoller Lebensräume soll zunehmen.

Flächen wertvoller Lebensräume, Aargau, 2000–2019

(Daten: BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer 2020a)

Die in dieser Grafik dargestellten Daten können im Excel-File abgerufen werden: Excel-Datei abrufen (XLSX, 19 KB)

Entwicklung Indikator in Richtung Nachhaltigkeit
langfristig (seit 2000)positiv
kurzfristig (seit 2016)positiv

Aktualisierung Daten 2023

Flächen wertvoller Lebensräume, Aargau, 2000–2022

(Daten: BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer 2023)

Die in dieser Grafik dargestellten Daten können im Excel-File abgerufen werden: Excel-Datei abrufen (XLSX, 17 KB)

Entwicklung Indikator in Richtung Nachhaltigkeit
langfristig (seit 2000)positiv
kurzfristig (seit 2016)positiv

Indikator U5.2: Kessler-Index der Artenvielfalt, Aargau,

Der Kessler-Index zeigt die Veränderung der mittleren Artenvielfalt bei Brutvögeln, Tagfaltern, Schnecken und Pflanzen. Der Index unterscheidet die Nutzungen Wald, Siedlung und Landwirtschaft.

Der Kessler-Index soll zunehmen.

Kessler-Index der Artenvielfalt, Aargau, 2000–2019

(Daten: BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer 2020a)

Die in dieser Grafik dargestellten Daten können im Excel-File abgerufen werden: Excel-Datei abrufen (XLSX, 18 KB)


Entwicklung Indikator in Richtung Nachhaltigkeit
langfristig (seit 2000)positiv
kurzfristig (seit 2016)positiv

Aktualisierung Daten 2023

Kessler-Index der Artenvielfalt, Aargau, 2000–2021

(Daten: BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer 2022)

Die in dieser Grafik dargestellten Daten können im Excel-File abgerufen werden: Excel-Datei abrufen (XLSX, 10 KB)

Entwicklung Indikator in Richtung Nachhaltigkeit
langfristig (seit 2000)positiv
kurzfristig (seit 2016)positiv

Herausforderungen für das Thema Lebensräume für Tiere und Pflanzen, Artenvielfalt

  • Die bestehenden Flächen an wertvollen Lebensräumen und deren Vernetzung reichen bei weitem noch nicht aus, um einen langfristigen Erhalt einer reichhaltigen Biodiversität, welche sich gegenüber Veränderungen (z. B. Klimaerwärmung) anpassungsfähig zeigt, zu sichern.
  • Der übermässige Stickstoffeintrag über die Luft schädigt empfindliche Lebensräume wie Trockenwiesen und Flachmoore und ist eine Herausforderung für die Qualitätsverbesserung dieser Lebensräume.
  • Das Bevölkerungswachstum verstärkt den Druck auf die wertvollen Lebensräume und Landschaften durch intensive Nutzungen, den Verkehr, Lichtimmissionen, Naherholung und Freizeitaktivitäten weiter und gefährdet diese.
  • Die Förderung der Siedlungsentwicklung nach innen kann zu einem Zielkonflikt mit den Bestrebungen nach mehr und qualitativ hochwertigen naturnahen Lebensräumen im Siedlungsgebiet führen.
  • Die zunehmende Lichtverschmutzung wirkt sich zunehmend auf die Biodiversität aus, indem beispielsweise nachtaktive Insekten beim Bestäuben von Pflanzen gestört werden.

Quellen

Mitarbeit
Referenzen
  • Akademie der Naturwissenschaften Scnat. (2013). Flächenbedarf für die Erhaltung der Biodiversität in der Schweiz, Bern: Scnat
  • Bundesamt für Umwelt BAFU (2018): Umwelt Schweiz 2018, Bern: BAFU
  • Bundesamt für Umwelt BAFU (2017): Biodiversität in der Schweiz: Zustand und Entwicklung, Bern: BAFU
  • Departement Bau, Verkehr und Umwelt BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer (2020a): LANAG, Resultate 2019, Rodersdorf: Hintermann und Weber
  • Departement Bau, Verkehr und Umwelt BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer (2020b): Programm Natur 2030, 1. Etappe 2021-2025, Aarau: BVU
  • Departement Bau, Verkehr und Umwelt BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer (2020c): Flächen wertvoller Lebensräume und Kessler-Index, Datenlieferung, Aarau: BVU
  • Departement Bau, Verkehr und Umwelt BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer (2019): Zahlen zu LANAG 2018, Rodersdorf: Hintermann und Weber
  • Departement Bau, Verkehr und Umwelt BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer (2015): Natur 2020, 2. Etappe 2016-2020, Aarau: BVU
  • Gysi Esther, Holzer Franziska, Hänzi Peter (2019c): Verringerung von Ammoniak-Emissionen – eine Herausforderung für die Landwirtschaft, Umwelt Aargau Nr. 80, Aarau: BVU
Link

Für das Thema "Lebensräume für Tiere und Pflanzen, Artenvielfalt" relevante SDGs der Agenda 2030

Die Symbole der 17 SDG in der Übersicht.

Spotlight Klima

Visualisierung der klimatischen Erwärmung über die letzten Jahrzehnte: Kühle Jahre werden als Striche in kühlen Farben, warme Jahre in warmen Farben dargestellt. Über die Jahre nehmen die warmen Farben zu.

Der Klimawandel setzt die Biodiversität zusätzlich unter Druck

"Der Klimawandel führt zu Veränderungen der Artenzusammensetzung. Während einzelne wärmebedürftige Arten davon profitieren, werden die Populationen vieler bereits heute seltener und gefährdeter Arten noch mehr unter Druck kommen. Zusammen mit der nach wie vor unzureichenden Vernetzung der Lebensräume beschleunigt der Klimawandel deren Aussterben, wenn keine Gegenmassnahmen ergriffen werden. Hitze- und Trockenheitsereignisse wirken sich namentlich auf Feuchtlebensräume nachteilig aus und erfordern gezielte Aufwertungs- und Vernetzungsmassnahmen aber auch die Wiederherstellung ehemaliger Feuchtflächen."

BVU, Abteilung Landschaft und Gewässer

Der Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen die ein nachhaltiges Handeln fordert. Die Spotlights-Klima beleuchten aktuelle Herausforderungen oder laufende Projekte in Zusammenhang mit dem Klimawandel aus Sicht der kantonalen Verwaltung.
Weitere Informationen zum Klimawandel

Bericht Nachhaltige Entwicklung im Kanton Aargau 2020

Symbolbilder verschiedener Themenbereiche der Nachhaltigkeit.

Bericht Nachhaltige Entwicklung 2020 (PDF, 154 Seiten, 9,8 MB)

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung

Keyvisual AG Agenda 2030.

Der Kanton Aargau trägt gemeinsam mit dem Bund zur Umsetzung der UNO-Agenda 2030 bei.

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Bild: © Kanton Aargau