Der Nachhaltigkeitsbericht in ansprechender, kompakter Form: der Flyer bietet einen Überblick über die SDGs und das Fokusthema Klima.
Bericht Nachhaltige Entwicklung: Zusammenfassung
Bereits zum sechsten Mal zeigt der Kanton Aargau mit einem Fachbericht umfassend und integrativ, wo er aus Sicht der nachhaltigen Entwicklung steht. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der Jahre 2020 bis 2024. Die Zusammenfassung beschreibt die wichtigsten Erkenntnisse und Herausforderungen.
Der Nachhaltigkeitsbericht liefert Informationen und Erkenntnisse, die auf einer ganzheitlichen Beurteilung des Entwicklungsstands für insgesamt 32 Themenbereiche aus den Nachhaltigkeitsdimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt beruhen. Ebenso werden die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) beschrieben. Im Fokus steht die Entwicklung der letzten vier Jahre. Erstmals ist das Monitoring der kantonalen Klimastrategie Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Die Bilanz des Kantons Aargau fällt aufgrund der Vielzahl an Themen gemischt aus. Bei isolierter Betrachtung der Indikatoren in den jeweiligen Themenbereichen zeigt sich eine Entwicklung, die je nach Thema als positiv, stabil oder auch rückläufig bewertet werden kann. Ziel des Berichts ist es jedoch, eine ganzheitliche Einschätzung zu präsentieren. Daher werden die messbaren Indikatoren durch weiterführende Informationen ergänzt. So entsteht ein differenziertes Bild, das Erfolge würdigt und gleichzeitig in vielen Bereichen Potenziale für Verbesserungen aufzeigt – über alle Dimensionen der Nachhaltigkeit hinweg.
Um die integrative Sicht der Beurteilung zu verstärken, zieht der Nachhaltigkeitsbericht des Regierungsrats die Agenda 2030 der UNO mit ihren 17 SDGs als Referenzrahmen bei. Auch hierzu lässt sich die Umsetzung beurteilen: Der Kanton Aargau erreicht, ebenso wie die gesamte Schweiz, einen weit fortgeschrittenen Stand. Die positiven Entwicklungen und die detaillierten Herausforderungen werden im Folgenden unter den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und umweltbezogenen Querschnittsthemen "Wirtschaftsstandort", "Bildung", "Soziale Ungleichheiten, Armut und Gesundheit", "Biodiversität und Wasserqualität", "Klimaschutz" sowie "Institutionen und Partnerschaften" zusammengefasst.
Wirtschaftsstandort: Noch nicht ausgeschöpftes Potenzial
Die Volkswirtschaft, gemessen am kantonalen Pro-Kopf-Bruttoinlandprodukt (BIP), und das Ressourcenpotenzial, gemessen am wirtschaftlichen Potenzial der Steuerpflichtigen, entwickeln sich im Kanton unter dem schweizerischen Durchschnitt. Dennoch sind die Standortqualitäten für Unternehmen, im nationalen Vergleich, überdurchschnittlich attraktiv. Das gilt auch für die Wohnqualität. Dementsprechend ist der Kanton Aargau ein Wohn- und Pendlerkanton mit anhaltend hohem Bevölkerungswachstum.
Die Leistungsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts beruht auf dem Zusammenspiel der Wirtschaftsstruktur, des Arbeitsmarkts, von Innovation, Bildung und der freien Verfügbarkeit von Gewerbeflächen. Die erwerbsfähige Bevölkerung wächst im Kanton Aargau stärker als in anderen Kantonen und viele Arbeitnehmende pendeln in die umliegenden Zentren. Der Pendlerkanton Aargau kann dadurch das Arbeitsmarkt-Potenzial der ansässigen Bevölkerung nicht ausschöpfen, die Verfügbarkeit von Fachkräften bleibt ein Schlüsselfaktor. So zeigt es sich beispielsweise, dass das Potenzial der Frauen als Fachkräfte mehr genutzt werden könnte. Indizien dafür sind die niedrige Erwerbsquote und der hohe Anteil an Teilzeitarbeit in dieser Bevölkerungsgruppe. Für Personen mit familiären Aufgaben als auch für die Unternehmen im Kanton Aargau bleibt die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit eine Herausforderung.
Ein nachhaltiges Wirtschaftssystem ist nicht nur leistungsfähig, sondern integriert auch die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Punktuell lässt sich eine positive Entwicklung erkennen: Im Kanton Aargau werden immer mehr Recyclingbaustoffe verwendet. Allerdings steigt der Rohstoffverbrauch in der ganzen Schweiz weiter an und der Weg zur Kreislaufwirtschaft ist noch weit. Um ein ressourcenschonendes Handeln zu etablieren, bedarf es des Engagements der Wirtschaft und der Gesellschaft. Für Unternehmen bieten sich wirtschaftliche Chancen, wenn sie ihre eigenen Stoffkreisläufe schliessen oder Modelle zur Effizienzsteigerung respektive zur nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen einführen können.
Bildung: Türöffner und Treiber für mehr Innovation
Bildung ist die zentrale Ressource für die nachhaltige Entwicklung und deshalb ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Dem Kanton bieten sich gute Voraussetzungen: Aargauerinnen und Aargauer verfügen im Allgemeinen über eine gute Bildung. Den allermeisten Schulabgängerinnen und Schulabgängern gelingt der direkte Übertritt nach der obligatorischen Schulzeit in eine berufliche Grundbildung oder Mittelschule (Sekundarstufe II). Ein Bildungsabschluss auf Sekundarstufe II ist Voraussetzung für einen erfolgreichen Eintritt in den Arbeitsmarkt. Die vom Bund und den Kantonen festgelegte bildungspolitische Zielquote, welche definiert, wie viele Erwachsene die Sekundarstufe II erfolgreich abschliessen sollten, ist noch nicht erreicht. Beim Übertritt von der obligatorischen Schule in die Sekundarstufe II sowie beim Abschluss auf dieser Stufe unterscheiden sich zudem die Quoten zwischen Schweizer und ausländischen Staatsangehörigen.
Der Kanton Aargau gewichtet eine gute Bildung hoch und engagiert sich über alle Bildungsstufen hinweg bis hin zur Spitzenforschung. So unterstützt er unter anderem den Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und der Wirtschaft. Forschung und Innovation steigern die Attraktivität des Kantons als Arbeitsstandort. Die Ausgangslage ist diesbezüglich gut: Mehrere Technologie-, Forschungs- und Innovationsinstitutionen bilden ein dynamisches Umfeld mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: rund ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in einer innovativen Branche.
Soziale Ungleichheiten, Armut und Gesundheit: Weitere Herausforderungen
(Bezug zu den SDGs 1, 2, 3, 10, 11)
In der Nordwestschweiz (Aargau, Basel-Landschaft und Basel-Stadt) lebt beinahe jede zehnte Person in einem Haushalt mit einem Gesamteinkommen unter der Armutsgrenze. Die Quote blieb über die Berichtsperiode grundsätzlich stabil. Unter anderem könnten steigende Mietpreise die Armutsquote im Kanton Aargau künftig stärker beeinflussen. Von Armut betroffen sind vor allem Einelternhaushalte, Personen mit niedrigem Bildungsniveau, alleinlebende Erwachsene und Personen mit Migrationshintergrund.
Die für den Kanton Aargau erfasste Sozialhilfequote liegt unter zwei Prozent und damit auf einem tiefen Niveau. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein Teil der armutsbetroffenen Personen auf ihren Anspruch an finanzieller Unterstützung verzichtet. Auf Sozialhilfe angewiesen sind jedoch immer mehr Familien. Kinder und Jugendliche stellen – mit steigender Tendenz – die mit Abstand grösste Gruppe der Bezügerinnen und Bezüger dar. Bei dieser Altersgruppe erhöht sich das Risiko, im Erwachsenenleben selbst mit Arbeitslosigkeit und Armut konfrontiert zu sein.
Für Personen mit Migrationshintergrund können sprachliche Defizite, geringere berufliche Qualifikationen und administrative Hürden eine Integration in den Arbeitsmarkt erschweren und somit die wirtschaftliche Unabhängigkeit gefährden. Das kann unter anderem auch dazu führen, dass die gesellschaftliche Integration erschwert wird. Die Statistik weist weitere Herausforderungen für Personen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu Schweizerinnen und Schweizern aus: eine geringere Lebensqualität bezogen auf die Wohnsituation und die Gesundheit. Die Gruppe selbst schätzt ihr eigenes Wohlbefinden als geringer ein.
Die Lebenserwartung der Schweizer Bevölkerung gehört zu den höchsten weltweit. Zudem darf der Gesundheit der Aargauer Bevölkerung grundsätzlich ein hohes Niveau attestiert werden. Dennoch sind ernährungsbedingte Krankheiten (Diabetes, Adipositas) für jede Altersgruppe relevant. Kinder und Jugendliche sind vulnerable Altersgruppen; sie haben seit der Covid-19-Pandemie zunehmend mit psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen zu kämpfen. Auch unter Erwachsenen nimmt die Zahl derer zu, die unter Depression, Stress, Einsamkeit, Schlafstörung oder anderen Symptomen eines psychischen Unwohlseins leidet. Auch die Folgen des Klimawandels können sich negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken.
Biodiversität und Wasserqualität: Druck nimmt zu
(Bezug zu den SDGs 6, 11, 14, 15)
Im Kanton Aargau werden Bauzonenflächen laufend besser ausgenützt. Dies unterstützt die geforderte Siedlungsentwicklung nach Innen. Dennoch macht das überdurchschnittlich hohe Bevölkerungswachstum den Umgang mit der begrenzten natürlichen Ressource Boden weiterhin herausfordernd. Die Entwicklung der Siedlungsfläche, der Bedarf an Infrastrukturbauten oder landwirtschaftliche Tätigkeiten führen zu einer intensiveren Nutzung des Raums. Dadurch werden Anstrengungen zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität gebremst. Spezialisierte und seltene Arten, die besondere Ansprüche an ihren Lebensraum stellen, stossen auf erschwerte Bedingungen. Empfindliche Naturräume werden insbesondere durch Stickstoffeinträge beeinträchtigt.
Die Mittellandregion wird landwirtschaftlich intensiv genutzt und ist durch grosse Siedlungsflächen und ein dichtes, weiter wachsendes Verkehrsnetz belegt. In diesem Umfeld geschützte Lebensräume zu erhalten, neue Räume freizuhalten und diese untereinander zu vernetzen wird zur besonderen Herausforderung. Es besteht Nachholbedarf im Aufbau einer hochwertigen Ökologischen Infrastruktur. Positiv zu werten ist die laufende quanitative und qualitative Aufwertung von Feuchtlebensräumen mithilfe des Auenschutzparks und der Renaturierung von Fliessgewässern. Zudem entwickeln sich die bewaldeten Gebiete erfreulich: Die Naturschutzflächen im Wald nehmen zu, was der Artenvielfalt förderlich ist.
Die Wasserqualität im Grund- und Oberflächenwasser konnte in den letzten Jahren kaum verbessert werden. Grund dafür sind Einträge von Fremdstoffen aus Landwirtschaft, Siedlung, Industrie und Verkehr. Zur Gewässerbelastung tragen unter anderem Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Medikamentenrückstände, Mikroplastik aus dem Pneuabrieb und langlebige Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) bei. Schadstoffbelastetes Wasser kann über Fliessgewässer aus dem Kanton Aargau bis in die Nordsee gelangen.
Zu den bereits spürbaren Folgen des Klimawandels gehören unter anderem Trockenperioden und Ereignisse mit Starkniederschlag. Ein integrales, vorausschauendes Wassermanagement stimmt diese Entwicklung mit den vielfältigen Nutzungsinteressen an der beschränkten Ressource Wasser ab. Mit der Erarbeitung einer kantonalen Wasserstrategie ist der Kanton Aargau pionierhaft unterwegs.
Klimaschutz: Anspruchsvolle Ziele und ein ambitionierter Reduktionspfad
Der Regierungsrat verabschiedete 2021 eine Klimastrategie mit Zielen und Handlungsfeldern für den Klimaschutz und die Klimaanpassung. Das Monitoring zeigt die bisherige Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen: In den letzten 30 Jahren sanken sie um etwa 20 %, insbesondere in den Bereichen "Gebäude" sowie "Wirtschaft und Industrie". Zahlreiche effizienzsteigernde Massnahmen bewirkten eine Abnahme des Endenergieverbrauchs. Dennoch zeigt sich, dass das Erreichen des Ziels "Netto-Null-Emissionen bis 2050" für den Kanton eine grosse Herausforderung bleibt. Trotz dem aktuellen Emissionsrückgang sind erhebliche Lücken zum ambitionierten Reduktionspfad absehbar.
Um die anspruchsvollen Klimaschutzziele zu erreichen, braucht es deshalb weitere Anstrengungen, insbesondere für eine Dekarbonisierung des Verkehrs und für den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Heizenergie. Die Weiterentwicklung der Strategie energieAARGAU für die Periode 2025 bis 2035 bildet einen wichtigen Meilenstein, um die kantonalen Ziele den veränderten und verschärften Zielsetzungen auf Bundesebene anzupassen und den Fokus noch stärker auf das Netto-Null-Ziel zu richten. Die Versorgungslage im Stromsektor war in den letzten Jahren zeitweise angespannt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und die dezentrale Produktionsstruktur bleiben für das Stromnetz eine grosse Herausforderung.
Die Auswirkungen des Klimawandels sind lokal verstärkt spürbar und werden voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen: Trockenperioden nehmen zu; Starkniederschläge werden intensiver und Überschwemmungen häufiger. Die zunehmende Zahl an Hitzetagen und Tropennächten kann die Gesundheit von Menschen und Tieren beeinträchtigen. Deshalb setzt sich der Kanton aktiv für eine Anpassung an den Klimawandel ein. Er fördert Massnahmen, welche die klimabedingten Risiken direkt oder indirekt vermindern, und welche die unabdingbaren Klimaveränderungen auch als Chance für eine Aufwertung nutzen.
Institutionen und Partnerschaften: Starkes Fundament für den Kanton Aargau
Der Kanton Aargau bewegt sich in einem dynamischen Umfeld, das von komplexen Umfeldentwicklungen geprägt ist. Dank einem stabilen Staatshaushalt ist er jedoch gut aufgestellt. Die Verschuldung konnte vollständig beseitigt werden. Die gute Positionierung der öffentlichen Hand wird durch starke und glaubwürdige Institutionen unterstützt, die transparent handeln. Zudem arbeitet die Verwaltung im Vergleich zur restlichen Schweiz überdurchschnittlich effizient. Die instabilen geopolitischen Verhältnisse führen allerdings zu Unsicherheiten beispielsweise in den Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung und erschweren die Planung und Budgetierung des öffentlichen Haushalts.
Die nachhaltige Entwicklung kann nur partnerschaftlich vorangetrieben werden. Der Kanton arbeitet mit allen drei Staatsebenen und dem grenznahen Ausland zusammen, um die Herausforderungen anzugehen und Lösungen in den verschiedenen Themenbereichen proaktiv zu finden. Zudem stärkt der Kanton seine Zusammenarbeit mit Gemeinden, Unternehmen und kantonsnahen Betrieben über Veranstaltungen, einen regelmässigen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Projekte.
Insgesamt profitiert der Kanton Aargau von einer soliden und breit aufgestellten Grundlage, um weiterhin einen bedeutsamen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten. Der Kanton nimmt eine Vorbildfunktion wahr. Sein umfassendes Engagement für die nachhaltige Entwicklung schafft Voraussetzungen für eine hohe Lebensqualität von allen Aargauerinnen und Aargauern.
Agenda 2030
Der Kanton Aargau trägt gemeinsam mit dem Bund zur Umsetzung der UNO-Agenda 2030 bei.