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G3 Integration

Bei der Integration der ausländischen Bevölkerung besteht im Kanton Aargau Handlungsbedarf: Ausländische Jugendliche erreichen weniger häufig einen Schulabschluss auf Sekundarstufe II als Schweizer Jugendliche und die Arbeitsmarktintegration der ausländischen Bevölkerung gestaltet sich schwieriger.

Die gesellschaftliche Integration aller Menschen unterschiedlicher Herkunft und ethnischer Zugehörigkeit, unterschiedlichen Geschlechts, Alters oder sozialer Stellung, unterschiedlicher religiöser, welt­an­schaulicher oder politischer Überzeugung sowie unterschiedlicher körperlicher und geistiger Verfassung ist wesentlich für eine funktionierende Gesellschaft.

Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ist in allen Lebensbereichen relevant. Sie bedarf der Zusammenarbeit aller Akteursgruppen und eines positiven Umgangs mit Heterogenität. Grundlegende Voraussetzung für Integration ist eine gute Bildung für alle Gesellschaftsgruppen sowie die Teilnahme am Berufsleben. Sie ermöglichen ein selbstbestimmtes Leben, den selbstständigen Erwerb des Lebensunterhalts und die Teilhabe in anderen Lebensbereichen. Der Kanton Aargau verfolgt in der Integrations­förderung den Regelstrukturansatz. Die Integration erfolgt primär in der Schule, im Arbeitsmarkt oder im Bildungswesen, das heisst, in den bestehenden integrationsrelevanten Regelstrukturen.

Indikatoren: Abschlussquote Sekundarstufe II nach Nationalität und Arbeitslosenquote nach Nationalität

Die Integration der ausländischen Bevölkerung dient als Indikator für die gesamtgesellschaftliche Integration. Möglichst viele ausländische Jugendliche sollen einen Abschluss auf der Sekundarstufe II erlangen. In der Schweiz gilt die Zielsetzung, dass 95 % aller 25-Jährigen über einen Abschluss auf Sekundarstufe II verfügen (WBF, EDK 2023). Die Arbeitslosenquote der ausländischen Bevölkerung soll nicht höher sein als jene der Schweizer Bevölkerung.

Die Quote der Erstabschlüsse auf Sekundarstufe II nach Nationalitäten misst den Anteil der jungen Erwachsenen bis 25 Jahre, die nach der obligatorischen Schule einen Abschluss der Sekundarstufe II (berufliche Grundbildung und Allgemeinbildung) in der Schweiz erlangen.

Quote Erstabschlüsse Sekundarstufe II nach Nationalität, Aargau, 2015 - 2021

Daten: BFS 2024
Entwicklung Indikator in Richtung Nachhaltigkeit
langfristigunverändert
kurzfristig (seit 2020)unverändert

Der Indikator zeigt die Arbeitslosenquote nach Nationalität. Sie ist das Verhältnis der registrierten Arbeitslosen zu den Erwerbspersonen.

Arbeitslosenquote nach Nationalität, Aargau und Schweiz, 2000 - 2023

Daten: SECO 2024
Entwicklung Indikator in Richtung Nachhaltigkeit
langfristig (seit 2000)negativ
kurzfristig (seit 2020)positiv

Stand 2024

Leicht positiver Trend in der Bildung und Chancen im Arbeitsmarkt je nach Nationalität

Zwischen schweizerischen und ausländischen Staatsangehörigen zeigen sich im Kanton Aargau Unterschiede darin, welcher Bildungsweg nach der obligatorischen Volksschule eingeschlagen wird. Rund 90 % der Schweizer Schulabgängerinnen und Schulabgänger beabsichtigten 2024 direkt in eine berufliche Grundbildung oder Allgemeinbildung überzutreten. Bei der ausländischen Bevölkerung liegt dieser Anteil bei 70 %. Etwas weniger als ein Viertel (24 %) der Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit ausländischer Staatsangehörigkeit haben 2024 ein Brückenangebot gewählt und eine kleine Prozentzahl beabsichtigte ein Praktikum (3 %) oder hatte noch keine Anschlusslösung (3 %). Währenddem die Quote der beruflichen Grundbildung oder Allgemeinbildung bei den Schweizer Schulabgängerinnen und Schulabgängern seit 2020 um rund 1,5 Prozentpunkte gestiegen ist, hat diejenige der Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit ausländischer Staatsangehörigkeit seit 2020 um 4 Prozentpunkte zugenommen (Statistik Aargau 2024, 2020).

Von den in der Schweiz geborenen Schweizerinnen und Schweizer haben 2022 im Kanton Aargau 93 % bis zum 25. Altersjahr einen Abschluss auf der Sekundarstufe II erlangt. Die bildungspolitische Zielsetzung von 95 % wurde 2022 nicht mehr erreicht (2021 betrug sie exakt 95 %). Bei im Ausland geborenen Schülerinnen und Schülern ist der Unterschied zur Zielsetzung grösser, die Abschlussquote beträgt 84 %. Auch wenn Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz geboren wurden, ist immer noch ein Unterschied feststellbar. Bei ihnen erreichen 86 % einen Abschluss auf Sekundarstufe II. Die Quote ist 2022 für alle drei Gruppen gesunken. Langfristig zeigt sich jedoch bei den im Ausland geborenen Personen ein positiver Trend, während der Trend für die anderen Kategorien gleichbleibend ist (BFS 2024). Die direkten Übertritte aus der Realschule in die Sekundarstufe II sind gestiegen. In der Realschule ist der Anteil an ausländischen Jugendlichen besonders hoch (Statistik Aargau 2024). Gelingt der direkte Übertritt von der Realschule in die Sekundarstufe II, steigen auch die Chancen auf einen Sekundarstufen II-Abschluss. Zusammen mit den steigenden Übertritten zeichnet sich somit trotz der noch bestehenden Unterschiede bezüglich Schulabschlüsse ein positiver Trend in der Bildung ab.

Seit 2019 wird die Integrationsagenda Schweiz umgesetzt, im Rahmen derer Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene in ihrer Ausbildung systematisch und verstärkt gefördert werden. In Kombination mit der hohen Nachfrage nach Auszubildenden (DVI 2024, Adecco 2023) können Jugendlichen, welche erst seit kürzerer Zeit im Schweizer Bildungssystem integriert sind, Zukunftsmöglichkeiten geboten werden.

Die Arbeitslosenquote der ausländischen Bevölkerung betrug 2023 im Kanton Aargau 4,6 % und ist seit Jahren mehr als doppelt so hoch wie diejenige der Schweizer Bevölkerung. Die Differenz ging bis 2019 kontinuierlich zurück, vergrösserte sich aber während der Covid-19-Pandemie erneut. Mittlerweile ist der Unterschied zwischen den Nationalitäten wieder ähnlich wie vor der Covid-19-Pandemie. Die Arbeitslosenquote der Schweizer Bevölkerung im Kanton Aargau unterscheidet sich seit einigen Jahren kaum vom Schweizer Durchschnitt. Allerdings ist die Arbeitslosigkeit unter der ausländischen Bevölkerung im Kanton Aargau höher als unter der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz insgesamt (SECO 2024).

Der Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung liegt im Kanton Aargau bei über einem Viertel und somit im schweizerischen Durchschnitt (Statistik Aargau 2023). Rund 60 % der ausländischen Wohnbevölkerung stammten 2023 aus EU/EFTA Staaten und 88 % aus einem europäischen Land (SEM 2023a). Zudem lebten 2023 über 9'000 Asylsuchende im Kanton Aargau. Mehr als die Hälfte davon waren Personen mit Schutzstatus S. Aufgrund der Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine wurde im März 2022 erstmals der Status S in der Schweiz angewendet. Dabei handelt es sich um eine Aufnahme ohne Asylverfahren, bei der ein rascher Schutzbedarf besteht. Nach der Ukraine stammen die meisten Asylsuchenden aus Afghanistan und der Türkei (DGS 2024). Der häufigste Einwanderungsgrund 2023 war die Erwerbstätigkeit (57 %), gefolgt vom Familiennachzug (31 %) (SEM 2024).

In der Schweiz haben Personen mit Migrationshintergrund, besonders ausländische Staatsangehörige, eine signifikant geringere Lebensqualität als schweizerische Staatsangehörige ohne Migrationshintergrund. Dies zeigt sich bei der Wohnsituation, der Arbeit, Ausbildung, Gesundheit oder dem subjektiven Wohlbefinden. Arbeitnehmende mit einer Tertiärbildung mit Migrationshintergrund, arbeiten zum Beispiel eher in einem Beruf, für den sie überqualifiziert sind, als Beschäftigte ohne Migrationshintergrund. Signifikante Unterschiede bestehen auch beim Anteil der Personen, die in der Schweiz Schwierigkeiten haben über die Runden zu kommen, schlechte Wohnbedingungen haben oder zahnmedizinische Leistungen nicht in Anspruch nehmen (BFS 2022). 2021 waren es schweizweit 1,5 % Personen ohne Migrationshintergrund, die auf zahnärztliche Untersuchungen verzichten, bei der Bevölkerung mit Migrationshintergrund waren es 3,9 % (BFS 2023). Zusätzlich erfahren Personen mit Migrationshintergrund oft rassistische Diskriminierung. 2022 wurden in der Schweiz 17 % der Bevölkerung rassistisch diskriminiert. 69 % davon wurden nach eigenen Angaben im Arbeitsalltag oder bei der Arbeitssuche diskriminiert (EDI 2024).

Herausforderungen

  • Gute Deutschkenntnisse sind eine wichtige Voraus­setzung für den Schulerfolg. Um allen Kindern gute Bildungschancen zu gewähren, nimmt die Forde­rung der frühen Deutschförderung für Kinder mit anderer Erstsprache als Deutsch zu (BKS 2024a).
  • Spät zugewanderte Jugendliche und junge Erwach­sene werden schlecht erreicht und sind nur in gerin­gem Masse in der Lage, vom bestehenden differen­zierten, dadurch auch komplexeren Bildungsange­bot als im Herkunftsland zu profitieren. Eine Aus­bildung auf Sekundarstufe II ist jedoch eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche und nachhaltige Integration in den Schweizer Arbeitsmarkt, die eine längerfristige Unabhängigkeit von der Sozialhilfe gewährleistet (BASS 2019, SEM 2023b). Eine Massnahme, welche die berufliche Integration unterstützt, ist die Integrationsvorlehre für Erwachsene. Im Kanton Aargau stehen für das Schuljahr 2024/25 insgesamt 25 Plätze in verschiedenen Berufsfeldern zur Verfü­gung (BKS 2024b).
  • Migrantinnen und Migranten kehren im Alter immer seltener in ihre Herkunftsländer zurück. Das Ge­sundheitswesen im Allgemeinen, die Alterspflege und Altersarbeit sind bei der Ausübung ihrer Dienst­leistungen zunehmend mit spezifischen Bedürf­nissen der Migrantinnen und Migranten konfrontiert (Nationales Forum Alter und Migration).
  • Durch die steigende Anzahl unterschiedlicher Kul­turen und Religionen und das daraus entstehende Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit nach Integration und dem Wunsch nach Individualismus sind die Regelstrukturen, insbesondere die Bil­dungslandschaft stark gefordert. Die Eingliederung von wenig qualifizierten Arbeitnehmenden bleibt generell schwierig. Der Arbeitsmarkt richtet sich zunehmend auf gut qualifizierte Arbeitskräfte aus. Da zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer, je nach Herkunft, häufiger einen schlechteren Bildungsstand aufweisen, kann dies bei dieser Bevölkerungsgruppe zu steigender Arbeitslosigkeit führen. Auf der anderen Seite sind Ausländerinnen und Ausländer mit Tertiärbildung oft in Stellen, für die sie überqualifiziert sind.

Verweise

Poster mit allen Symbolen der 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung (UNO) in Quadraten, welche alle eine eigene Farbe haben.

Für das Thema "Integration" relevante SDGs der Agenda 2030

Titelbild des Nachhaltigkeitsberichtes 2024 des Kantons Aargau; Collage mit Grafiken und Fotos aus dem Kanton passend zu den verschiedenen Themenbereichen des Nachhaltigkeitsberichts

Das Thema "Integration" ist Teil vom Nachhaltigkeitsbericht des Kantons Aargau:

Quellen

Mitarbeit
Referenzen
  • Adecco Gruppe Schweiz (2023): Fachkräftemangel Index Schweiz 2023, Zürich: Adecco
  • Büro für Arbeits- und Sozialpolitische Studien BASS AG (2019): Auslegeordnung zu spät zugewanderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen an der Nahtstelle I, Bern: EDK
  • Bundesamt für Statistik BFS (2023a): Legislaturindikator: Verzicht auf notwendige ärztliche oder zahnärztliche Leistungen aus finanziellen Gründen, Neuchâtel: BFS
  • Bundesamt für Statistik BFS (2023b): Quote der Erstabschlüsse auf der Sekundarstufe II und Maturitätsquote, Neuchâtel: BFS
  • Bundesamt für Statistik BFS (2022): Migration und Integration: Migrationsbewegungen und Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Neuchâtel: BFS
  • Departement Bildung, Kultur, und Sport BKS (2024a): Pilotprojekte "Deutschförderung vor dem Kindergarten", Aarau: BKS
  • Departement Bildung, Kultur und Sport BKS (2024b): Integrationsvorlehre für Erwachsene, Aarau: BKS
  • Departement Gesundheit und Soziales DGS, Kontaktstelle Asyl- und Flüchtlingswesen (2024): Aktuelle Zahlen zu Personen aus dem Asylbereich, Aarau: DGS
  • Departement Volkswirtschaft und Inneres DVI, Amt für Migration und Integration (2024): Kantonale Umsetzung Integrationsagenda Schweiz, Aarau: DVI
  • Eidgenössisches Departement des Innern EDI, Fachstelle für Rassismusbekämpfung FRB (2024): Rassismus in der Schweiz: Zahlen, Fakten, Handlungsbedarf, Bern: FRB
  • Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF und Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK (2023): Bund und EDK bestätigen ihre gemeinsamen bildungspolitischen Ziele, Bern: WBF, EDK
  • Staatssekretariat für Migration SEM (2024): Einwanderung ausländische Wohnbevölkerung nach Einwanderungsgrund und Ausländergruppe vom 1.1.2023 bis am 31.12.2023, Bern: SEM
  • Staatssekretariat für Migration SEM (2023a): Total Bestand ausländische Wohnbevölkerung im Aargau und in der Schweiz 2022, Ausländerstatistik, Bern: SEM
  • Staatssekretariat für Migration SEM (2023b): Integrationsagenda Schweiz (IAS), Webseite: https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/integration-einbuergerung/integrationsfoerderung/kantonale-programme/integrationsagenda.html, abgerufen am 24.04.2024
  • Staatssekretariat für Wirtschaft SECO (2024): Arbeitsmarkt und Arbeitslosenversicherung, Statistik und Arbeitsmarktanalysen, Amstat: Arbeitslose nach Nationalität, Bern: SECO
  • Statistik Aargau (2024): STEP I 2024: Befragung der Abgängerinnen und Abgänger der Sekundarstufe I, E-Dossier, Aarau: Statistik Aargau
  • Statistik Aargau (2023): Bevölkerungsentwicklung erstes Halbjahr 2023, Aarau: Statistik Aargau
  • Statistik Aargau (2020): STEP I 2020 – Tabelle 8: Abgängerinnen und Abgänger der Regelschule nach Oberstufentyp, Nationalität und Anschlusslösung, 2020, Aarau: Statistik Aargau